ARD - 29.01.25 19:16 - 02:08:16 - 76.465 - Twitch
Der Stream beginnt mit einer herzlichen Begrüßung der Zuschauer und der Ankündigung des heutigen Themas: Wohnen. Es geht um Mieten, Kaufen und die damit verbundene Verzweiflung, die viele Menschen in der aktuellen Zeit empfinden. Der Moderator fordert die Zuschauer auf, ihre Wohngeschichten, Quadratmeterzahlen, Wohnungspreise und Wohnorte (Stadt oder Land) im Chat zu teilen, um einen Einblick in die vielfältigen Wohnsituationen zu erhalten. Zitate des Deutschen Mieterbunds verdeutlichen die Problematik, dass Wohnen für viele zum Armutsrisiko geworden ist, während steigende Mieten und ein Mangel an bezahlbarem Wohnraum herrschen. Es wird jedoch auch die differenzierte Betrachtung des Wohnungsmarktes betont, da es nicht nur negative Erfahrungen gibt und auch nette Vermieter existieren. Zuschauer werden ermutigt, sich per Streamtogether zuzuschalten und ihre Geschichten live zu teilen.
Anni und Jan aus Essen, Eltern von zwei Töchtern, schildern ihre schwierige Situation bei der Wohnungssuche. Ihre Tochter Emma hat Cerebralparese, eine motorische Behinderung, was die Suche nach einer geeigneten, barrierefreien Wohnung zusätzlich erschwert. Die Familie lebt seit sieben Jahren in einer barrierefreien Mietwohnung, die jedoch aufgrund von Eigenbedarf des neuen Vermieters gekündigt wurde. Anni und Jan suchen nun nach einer neuen Wohnung oder einem Haus, das barrierefrei ist oder perspektivisch barrierefrei gemacht werden kann, was sich als große Herausforderung erweist. Sie müssen Kompromisse eingehen und überlegen, ob ein Haus mit zwei Etagen und nachträglichem Lift-Einbau in Frage kommt. Die allgemeine Problematik des angespannten Wohnungsmarktes in Deutschland verschärft ihre Situation zusätzlich.
Nadine, ein Community-Gast, teilt ihre positiven Erfahrungen mit einer betreuten Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderung in NRW. Sie wohnt in einem Haus in ländlicher Lage mit guter Busanbindung zur Stadt und ist sehr zufrieden mit ihrer Wohnsituation und ihrem Vermieter, der seit zehn Jahren die Miete nicht erhöht hat. Da sie in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung arbeitet, zahlt sie einen angepassten Satz für das Wohnen, was ihre Situation finanziell erleichtert. Ihre Schilderung bietet einen Einblick in eine gelungene Wohnlösung für Menschen mit besonderen Bedürfnissen und zeigt, dass es auch positive Beispiele auf dem Wohnungsmarkt gibt. Es wird kurz auf die Frage eingegangen, ob ein Umzug in den ländlichen Raum eine Option für Anni und Jan wäre, was diese jedoch aufgrund des fehlenden Netzwerks ablehnen.
Thorsten, auch bekannt als Schattenlord, berichtet über seine Erfahrungen als Hausbesitzer auf dem Land und die damit verbundenen Herausforderungen. Er erklärt, dass die Preise für Bauland stark vom Bundesland abhängen und in manchen Regionen sehr hoch sein können, was sich auf die Mietpreise auswirkt, wenn man ein Haus bauen und vermieten möchte. Thorsten nennt als Gründe gegen das Wohnen auf dem Land die schlechtere Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, die längeren Reaktionszeiten der Polizei und das Fehlen von Supermärkten und Ärzten. Er beschreibt die Situation in vielen Dörfern als schwierig und betont, dass die Infrastruktur oft mangelhaft ist. Thorsten wohnt in einem 250 Quadratmeter großen Bauernhaus mit seiner Schwester, seinem Schwager und seiner Oma und genießt die Ruhe und den Garten, kann aber jederzeit die Innenstadt erreichen.
Robin Osterafroh stellt seine revolutionäre Idee der Super-WGs vor, bei der viele Menschen zusammenwohnen, um Kosten zu sparen. Er argumentiert, dass durch die gemeinsame Nutzung von Gegenständen und die Teilung von Fixkosten erhebliche Einsparungen möglich sind. Sein Community-Projekt sieht vor, ein Schloss oder eine Flotte zu kaufen, in der hunderte oder tausende Menschen zusammenleben könnten. Er führt Beispiele wie Rundfunkgebühren an, die nur einmalig anfallen würden. Der Chat weist jedoch darauf hin, dass der Rundfunkbeitrag inzwischen pro Person und nicht pro Haushalt gezahlt wird. Die Idee der Super-WGs wird als unkonventioneller Ansatz zur Lösung von Wohnraumproblemen präsentiert, der jedoch auch auf praktische Schwierigkeiten stößt.
Monika Schmid-Balzert vom Mieterverein München berichtet über ihre 25-jährige Erfahrung im Mietrecht und ihre Motivation, Menschen mit juristischem Wissen zu helfen. Sie schildert einen besonders krassen Fall, in dem die Wohnungstür älterer Mieter während ihres Urlaubs zugemauert wurde. Der Vermieter wurde daraufhin zu einer Geldstrafe verurteilt. Monika betont, dass solche Fälle in München aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes häufig vorkommen. Sie unterstützt die Forderung nach mehr sozialem Wohnbau nach Wiener Vorbild und einer vernünftigen Bodenpolitik, bei der die öffentliche Hand Flächen günstig an Genossenschaften vergibt, um bezahlbares Wohnen zu ermöglichen. Sie weist darauf hin, dass Deutschland mit 52,4 Prozent Mietern das Mietland Nummer eins ist und München als Problemstadt gilt, in der es besonders teuer ist zu wohnen.
Die hohen Mietpreise in Deutschland, insbesondere in München und Umgebung, sind ein langfristiges Problem, das sich über Jahrzehnte aufgebaut hat. Wirtschaftlich starke Regionen ziehen Menschen an, was den Wohnungsmarkt zusätzlich belastet. Neben den hohen Preisen spielen auch gestiegene Zinsen und die Finanzkrise von 2008 eine Rolle, da Investitionen verstärkt in Immobilien flossen, was zu Spekulationen und Renditeerwartungen führte. Energiepreise und unterschiedliche Mietmodelle (Kalt- und Warmmiete) verschärfen die Situation zusätzlich. Viele Menschen scheuen den Umzug in günstigere Regionen, da sie dort ihr soziales Netzwerk verlieren würden. Ein Beispiel hierfür sind Anni und Jan, die aufgrund von Eigenbedarf ihre barrierefreie Wohnung verlassen müssen und Schwierigkeiten haben, eine neue zu finden, da sie auf die Unterstützung ihrer Familie angewiesen sind und ein Schulwechsel für ihr behindertes Kind kompliziert wäre. Es wird die Frage aufgeworfen, ob menschliche Grundbedürfnisse wie Wohnen privatisiert werden sollten, um Profit zu erzielen. Alternativ wird angeregt, über kleinere Wohnformen wie Tiny Houses nachzudenken, um den Pro-Kopf-Wohnflächenverbrauch zu reduzieren, der in Deutschland sehr hoch ist. Allerdings wird betont, dass dies nicht dazu führen darf, die Ansprüche der Menschen zu senken, sondern eine Möglichkeit sein sollte, den Markt zu entlasten. Konzepte wie Wohnungstausch und flexible Grundrisse werden als Lösungsansätze diskutiert, um den Wohnungsmarkt zu entspannen.
Monika Schmid-Balzert berichtet von Schikanen im Zusammenhang mit Eigenbedarfskündigungen, die oft als Druckmittel eingesetzt werden, wenn sich Mieter gegen ungerechtfertigte Betriebskostenabrechnungen oder Mieterhöhungen wehren. Vermieter nutzen Eigenbedarfskündigungen, auch wenn der Kreis der berechtigten Personen zu weit gefasst ist oder fadenscheinige Gründe vorgeschoben werden. Anni und Jan schildern ihre Situation, in der sie aufgrund des Verkaufs ihres Mietshauses eine Eigenbedarfskündigung erhalten haben und nun innerhalb eines halben Jahres eine neue barrierefreie Wohnung für ihre Familie mit einem schwerbehinderten Kind suchen müssen. Sie haben sich an den Mieterschutzbund gewandt und kennen ihre Rechte, befürchten aber dennoch einen Rechtsstreit mit dem neuen Vermieter. Trotz der schwierigen Lage sind sie offen für eine einvernehmliche Lösung, um einen potenziell langwierigen Rechtsstreit und ein angespanntes Verhältnis zum Vermieter zu vermeiden. Die Familie erhält Unterstützung von Freunden und Familie, was jedoch nicht für alle Wohnungssuchenden selbstverständlich ist. Im Chat wird die Frage aufgeworfen, welche Unterlagen bei der Wohnungssuche verlangt werden dürfen und ob die Forderungen der Vermieter nicht zu weit gehen.
Sebastian Blaumeiser stellt sich als Finanzdienstleister im Bereich Immobilienfinanzierung vor und betont, dass der Wohnungsmarkt nicht pauschal als komplett kaputt bezeichnet werden kann. Er räumt jedoch ein, dass die Mietpreise, insbesondere in Großstädten wie Köln, sehr hoch sind. Eine gute Vorbereitung sei entscheidend, um auf dem Wohnungsmarkt erfolgreich zu sein, da die Regularien für den Immobilienkauf strenger geworden sind. Anni und Jan berichten von ihrem zeitaufwendigen und nervenaufreibenden Prozess der Wohnungssuche, der eine detaillierte Haushaltsrechnung und die Klärung der eigenen Bedürfnisse erfordert. Ein Chat-Teilnehmer fragt, ob es üblich sei, bei Besichtigungsanfragen einen kompletten Lebenslauf und Finanzinformationen offenlegen zu müssen. Sebastian erklärt, dass viele Kleinvermieter sich absichern wollen, da sie oft ihr Altersvorsorgevermögen in die Immobilie investiert haben und vor Mietnomaden geschützt werden müssen. Monika stimmt zu, dass Vermieter ein berechtigtes Interesse an den Einkommensverhältnissen der Mietinteressenten haben, kritisiert aber die teils absurden Forderungen nach umfassenden persönlichen Daten. Sie verweist auf eine Studie, die zeigt, dass Mietnomaden ein vergleichsweise seltenes Phänomen sind und die Angst davor oft übertrieben dargestellt wird. Trotzdem räumt sie ein, dass ihre Familie selbst schlechte Erfahrungen mit Mietnomaden gemacht hat und sie daher ein gewisses Maß an Vorsicht walten lassen.
In einem eingespielten Video des SWR und NDR wird die aktuelle Wohnsituation in Deutschland beleuchtet. Mieter berichten von ihren Erfahrungen mit steigenden Mieten und der Schwierigkeit, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Es wird die Frage aufgeworfen, wie viel die Zuschauer für ihre Wohnungen zahlen und wie sich die Mietpreise in den letzten Jahren entwickelt haben. Die durchschnittliche Angebotsmiete für eine 80-Quadratmeter-Wohnung in Hamburg ist innerhalb von zehn Jahren um 40 Prozent gestiegen. Monika betont, dass viele Menschen inzwischen einen Großteil ihres Einkommens für die Miete aufwenden müssen und insbesondere Rentner unter den steigenden Kosten leiden. Einer der Gründe für die steigenden Mieten ist die wachsende Bevölkerung und der Zuzug in die Städte. Sebastian erklärt, dass Vermieter derzeit in einer vorteilhaften Position sind, da sie sich ihre Mieter aussuchen und hohe Mieten verlangen können. Er sieht das Problem vor allem im fehlenden Wohnungsbau und der hohen Nachfrage. Um mehr Gerechtigkeit auf dem Wohnungsmarkt zu schaffen, müssten mehr Wohnungen gebaut werden, was jedoch aufgrund fehlender Förderungen schwierig ist. Andi und Jan berichten von ihren Erfahrungen bei der Wohnungssuche und dem Wunsch, Eigentum zu erwerben, um der Unsicherheit von Mietverhältnissen zu entgehen. Sie kritisieren, dass es nicht nur an der Anzahl der Wohnungen mangelt, sondern auch an der Verteilung der Fläche und den Zuschnitten der Wohnungen. Im Chat wird gefordert, dass die öffentliche Hand mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen muss und Anreize geschaffen werden müssen, um nicht in die größten Städte zu ziehen.
Sebastian Blaumeiser kritisiert sogenannte Immo-Influencer, die unrealistische Vorstellungen vom Immobilienkauf vermitteln. Diese Influencer würden oft suggerieren, dass man ohne Eigenkapital kaufen könne, was jedoch bei Banken auf wenig Gegenliebe stößt. Kunden kämen dann mit überzogenen Erwartungen zu Banken und seien schockiert, wenn die Realität anders aussieht. Das Hauptziel dieser Influencer sei es, Kurse oder Bücher zu verkaufen, nicht aber, Menschen tatsächlich ins Eigenheim zu bringen. Blaumeiser betont, dass er und sein Team Kunden beim Kauf unterstützen, sowohl zur Vermietung als auch zur Selbstnutzung, und sie vor unrealistischen Finanzierungen bewahren müssen. Er unterstreicht die Wichtigkeit von gesundem Menschenverstand beim Immobilienkauf, da es um existenzielle Summen gehe, die langfristig bezahlbar sein müssen. Monika Schmid-Balzert äußert sich besorgt darüber, dass Wohnen als Daseinsvorsorge dem Marktgesetz unterworfen sei und plädiert für eine stärkere soziale Verantwortung.
Monika Schmid-Balzert erklärt, dass das Wegfallen der Mietpreisbremse eine ungezügelte Spirale nach oben bei den Mieten bedeuten würde, da jede neu abgeschlossene Miete ohne Mietpreisbremse in den Mietspiegel einfließt und sich auf Bestandsmieten auswirkt. Sebastian Blaumeiser betont, dass die Frage, ob sich ein Kauf lohnt, sehr individuell ist und von der persönlichen Situation abhängt. Er nennt das Beispiel von Jan und Anni, für die ein Kauf sinnvoll sein könnte, um sich vor unberechenbaren Vermietern zu schützen. Er betont, dass es viele emotionale Gründe für einen Kauf gibt und Investoren anders rechnen als Menschen, die ein Eigenheim suchen. Ein kurzer Videoausschnitt zeigt, dass Deutschland im Jahr 2023 das Mietland ist, da mehr als die Hälfte der Bevölkerung zur Miete wohnt. Gründe dafür sind hohe Immobilienpreise, kostenintensive Bauweise, hohe Nachfrage, begrenztes Angebot und historische Entwicklungen.
Xiao Zhu vom Verein "Wohnen für Alle" erklärt, dass ihr Verein Wohnungen aufkauft, um sie an Menschen mit geringem Einkommen weiterzuvermieten. Sie berichtet von einem Fall, in dem sie eine Wohnung in Berlin-Spandau für 100.000 Euro erworben haben. Der Verein unterstützt vor allem gesellschaftlich marginalisierte Gruppen, insbesondere Geflüchtete. Es wird eine Zahl der Antidiskriminierungsstelle des Bundes genannt, wonach mehr als jeder Dritte mit Migrationshintergrund bei der Wohnungssuche rassistische Diskriminierung erfahren hat. Anni und Jan berichten, dass die Behinderung ihrer Tochter bei der Wohnungssuche eher ein Pluspunkt sei. Sebastian Blaumeiser betont, dass er bei der Vermietung keine Unterschiede mache und es auf das Bauchgefühl ankomme. Roger Jost merkt an, dass Barrierefreiheit nicht nur für ältere Menschen, sondern auch für Menschen mit Behinderung wichtig ist. Blaumeiser erklärt, dass kleine Vermieter eher an Barrierefreiheit denken, während große Vermieter eher auf die Zahlen schauen.
Es wird ein Experiment aus Österreich vorgestellt, bei dem Anfragen für Wohnungsbesichtigungen mit unterschiedlichen Namen verschickt wurden. Dabei wurde festgestellt, dass Personen mit einem typisch deutsch gelesenen Namen deutlich häufiger eingeladen wurden als Personen mit einem ausländisch klingenden Namen. Xiao Zhu kritisiert Blaumeisers Aussage, dass es auf das Bauchgefühl ankomme, da dies zu passiver Diskriminierung führen könne. Esme gibt den Tipp, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitern ein Empfehlungsschreiben für die Wohnungssuche ausstellen können. Blaumeiser warnt jedoch vor Übervorbereitung bei der Wohnungssuche. Amarantha merkt an, dass das Bauchgefühl von Vorurteilen geprägt sein könne. Andi und Jan sind von Anfang an im Stream dabei. Abschließend wird das Thema Enteignung diskutiert. Xiao Zhu befürwortet Enteignungen als letztes Mittel, um Staatsversagen der Vergangenheit wiedergutzumachen. Andi und Jan sehen Enteignungen kritisch, da das Eigentum im Grundgesetz geschützt sei. Blaumeiser plädiert für kreativere Lösungen anstelle von Enteignungen.