Leben retten mit echten Sanitätern ! Mit GameStar-Gründer Toni Schwaiger frage
GameStar erkundet 'Ambulance Life' mit Sanitätern: Realität trifft auf Simulation

GameStar widmet sich 'Ambulance Life', einem Spiel, das den Alltag von Rettungssanitätern simuliert. Im Gespräch mit erfahrenen Sanitätern werden Ausbildung, Priorisierung im Einsatz und der Umgang mit Routine beleuchtet. Der Vergleich zwischen Spiel und Realität zeigt Stärken und Schwächen der Simulation, während Themen wie Datenschutz, Nachwuchsprobleme und der Einsatz von KI diskutiert werden.
Begrüßung und Vorstellung des Streams
00:12:48Der Stream beginnt mit einer herzlichen Begrüßung der Zuschauer auf dem GameStar-Twitch-Kanal. Es wird das Spiel 'Ambulance Life' vorgestellt, entwickelt von Asia Interactive, einem Münchner Unternehmen. Das Spiel dreht sich um den Alltag eines Rettungssanitäters. Passend dazu werden die Gäste Toni Schwaiger, ein GameStar-Gründer, und Simon, ein aktiver Rettungssanitäter, begrüßt. Toni teilt seine Vergangenheit mit GameStar und seine jetzige Tätigkeit im Rettungsdienst. Simon erzählt von seinem Freiwilligen Sozialen Jahr beim BRK und seiner Begeisterung für Computerspiele, insbesondere Souls-like-Spiele. Toni und Simon werden im Laufe des Streams Einblicke in die Realität des Rettungsdienstes geben und Fragen der Zuschauer beantworten. Der Streamer betont die Möglichkeit, Fragen über den Chat zu stellen.
Ausbildung und Aufgaben im Rettungsdienst
00:19:40Es wird erläutert, dass Toni und Simon hauptberufliche Rettungssanitäter sind. Simon erklärt, dass die Ausbildung zum Rettungssanitäter 520 Stunden dauert und einen Grundlehrgang, Praktika im Rettungswagen und im Krankenhaus umfasst. Toni ergänzt, dass er Notfallsanitäter ist, eine dreijährige Ausbildung, die seit 2014 existiert. Er beschreibt seinen Werdegang von der GameStar zur Notfallrettung, einschließlich seiner Ausbildung zum Rettungsassistenten und der späteren Höherstufung zum Notfallsanitäter. Er ist nun Wachleiter und Praxisanleiter für angehende Notfallsanitäter. Der Unterschied zwischen Rettungssanitäter und Notfallsanitäter wird hervorgehoben, wobei der Notfallsanitäter eine umfassendere Ausbildung und größere Verantwortung trägt. Im Spiel Ambulance Life werden die Unterschiede zwischen Paramedics und Emergency Medical Technicians angesprochen.
Erster Einsatz im Spiel und Realitätsvergleich
00:28:19Der erste Einsatz im Spiel, ein Autounfall, beginnt. Der Streamer fragt nach der Ausrüstung im echten Rettungsdienst. Im Spiel wird ein modernes Tablet zur Dokumentation verwendet, während in der Realität ein digitales Pad genutzt wird, das aber nicht so fortschrittlich ist. Die korrekte Umlagerung von Unfallopfern auf die Trage wird thematisiert, wobei betont wird, dass im Spiel die Vorgehensweise zu einfach dargestellt wird. In der Realität muss auf mögliche Wirbelsäulenschäden geachtet und eine Vakuummatratze verwendet werden. Der Streamer gesteht seine Unsicherheit bei der Ersten Hilfe und vergleicht dies mit der vereinfachten Darstellung im Spiel. Die Medikamentengabe wird angesprochen, wobei Toni erklärt, dass Notfallsanitäter unter bestimmten Bedingungen Medikamente wie Ketamin verabreichen dürfen, ohne einen Notarzt hinzuziehen zu müssen.
Priorisierung und Vorgehensweise im Einsatz
00:34:25Es wird das ABCDE-Schema erläutert, nach dem Notfallsanitäter und Rettungssanitäter ausgebildet werden, um in Notfallsituationen Prioritäten zu setzen. Das Schema umfasst Airway (Atemwege), Breathing (Atmung), Circulation (Kreislauf), Disability (Neurologie) und Exposure (alles andere). Der Streamer hat im Tutorial gelernt, zuerst den Sauerstoffgehalt zu messen und den Blutdruck zu prüfen. Die Gabe von Lorazepam im Spiel wird kritisiert, da es nicht die erste Wahl bei einem Verkehrsunfall wäre. Stattdessen sollte man versuchen, den Patienten zu beruhigen. Probleme mit Rettungsgassen werden diskutiert, wobei festgestellt wird, dass sich die Situation in den letzten Jahren verbessert hat, aber die Wahrnehmung von Rettungswagen im Straßenverkehr immer noch schwierig sein kann. Bei einem weiteren Einsatz mit mehreren Verletzten wird das Triage-Verfahren erklärt, bei dem Patienten nach Dringlichkeit der Behandlung eingeteilt werden. Die Stabilisierung der Halswirbelsäule wird als wichtiger Schritt bei Verkehrsunfällen betont, der im Spiel vernachlässigt wird.
Routine im Rettungsdienst und besondere Schicksale
00:52:29Mit der Zeit stumpft man im Rettungsdienst ab, da viele Einsätze zur Routine werden. Besonders am Anfang im freiwillig sozialen Jahr ist alles aufregend, doch nach Jahren wird vieles normal. Es gibt jedoch immer wieder einzelne Patienten und Einsätze, die besonders berühren. Ein Beispiel ist die Reanimation einer jungen Frau mit Kind, die erfolgreich und ohne Folgeschäden verlief. Solche positiven Erlebnisse bleiben lange in Erinnerung. Der Großteil der Einsätze ist jedoch Routine, wie das Einladen und Fahren von Patienten, was zwar wichtig, aber für das Rettungsteam weniger aufregend ist. Es gibt auch die Möglichkeit, dass Einsätze zu belastend werden können, ähnlich wie bei Feuerwehr und Polizei, aber das ist selten.
Datenschutz und fehlende Rückmeldung über Patienten
00:55:22Der Datenschutz erschwert es, Informationen über den weiteren Verlauf der Patienten zu erhalten. Offiziell dürfen Kliniken keine Auskunft geben, da die Patienten nicht mehr in der Obhut des Rettungsdienstes sind. Dies wird als unprofessionell kritisiert, da es wichtig wäre, die ganze Geschichte abzurunden und zu erfahren, ob beispielsweise ein Verdacht auf Herzinfarkt sich bestätigt hat. Nur wenn man die Patienten zufällig wiedersieht, kann man sich persönlich erkundigen. Das Blaulichtfahren verliert mit der Zeit an Reiz, da man aufgrund der Meldebilder oft schon einschätzen kann, ob es sich um einen Routineeinsatz handelt. Früher war das Fahren mit Blaulicht ein Privileg, heute ist es wichtiger, einen guten Einsatz zu haben, bei dem man etwas bewirken kann.
Ausbildungssituation und Nachwuchsprobleme im Rettungsdienst
00:59:03Die Ausbildung zum Notfallsanitäter ist attraktiv, aber Ausbildungsplätze sind heiß umkämpft. Die Ausbildung ist teuer und kostet über 100.000 Euro, die von den Krankenkassen getragen werden müssen. Es gibt aufwendige Bewerbungsverfahren mit sportlichen Tests und Allgemeinwissen. Im Gegensatz zur Krankenpflege ist es einfacher, Nachwuchs zu finden, da der Job eine Abenteuer-Außenwirkung hat. Obwohl die Ausbildung cool ist und die Bezahlung in Ordnung ist, hören viele nach kurzer Zeit wieder auf. Viele verlassen den Beruf nach durchschnittlich 1,8 Jahren, da es wenig Entwicklungsmöglichkeiten gibt. Im Vergleich zu anderen Ländern gibt es kaum Aufstiegsmöglichkeiten oder Weiterqualifizierungen.
Verbesserungsvorschläge und Studiengänge für Notfallsanitäter
01:03:20Es wird versucht, aufbauende Studiengänge für Notfallsanitäter zu schaffen. Es gibt drei Richtungen: Pädagogik (Berufsfachschullehrer), Medizin und Verwaltung/Management. Diese Studiengänge sollen Notfallsanitätern ermöglichen, sich weiterzuentwickeln. Es wird ein Stromschlagfall im Spiel simuliert. Stromschläge sind in der Realität selten, aber gefährlich, besonders bei Arbeiten an S-Bahnen. Oft enden solche Unfälle tödlich. Im Spiel wird ein Patient nach einem Stromschlag behandelt und ins Krankenhaus gebracht. In der Realität würde man bei einem Massenanfall von Verletzten die Patienten zuerst sichten und priorisieren (Triage).
Häufige Verletzungen und Umgang mit Schmerzen
01:07:58Die meisten Unfälle passieren zu Hause, besonders bei älteren Menschen, die leichter stürzen und sich Knochen brechen. Im Chat wurde die Frage gestellt, ob man bei offenen Fleischwunden Schmerzmittel geben sollte. Die Antwort ist: Es kommt darauf an, ob die Schmerzen tolerabel sind. Manchmal sehen Verletzungen schlimm aus, tun aber nicht weh. Ein Beispiel ist ein Handwerker, der sich einen Nagel in den Knochen geschossen hat und kein Schmerzmittel wollte. Es kommt vor, dass Patienten sich nicht behandeln lassen wollen. Oft haben sie unrealistische Erwartungen an die Möglichkeiten des Rettungsdienstes. Der Rettungsdienst kann nur erste Maßnahmen ergreifen und muss die Patienten oft ins Krankenhaus bringen, wo bessere Untersuchungsmöglichkeiten vorhanden sind.
Realitätsnahe Details und unerwarteter Notfall im Spiel
01:10:42Ein Detail im Spiel, das stört, ist, dass bei der Spritze immer noch die Kanüle drauf ist, obwohl sie in den Zufluss kommt. Plötzlich erleidet der Patient im Spiel einen Herzstillstand. Es werden rote Meldungen angezeigt und eine Reanimation wird erforderlich. Morphin sollte gegeben werden, aber die Situation eskaliert. Tatsächlich ist es schon einmal vorgekommen, dass ein Patient nach Morphingabe reanimationspflichtig wurde, da Morphin bei niedrigem Blutdruck gefährlich sein kann. Normalerweise sind auf einem Rettungswagen zwei Personen, ein Notfallsanitäter und ein Rettungssanitäter. Allein ist es schwierig, einen reanimationspflichtigen Patienten zu versorgen, da man zum Drücken und Beatmen mehr Leute benötigt.
Häufige Verletzungen im ländlichen Raum und Umgang mit Simulatoren
01:14:22Im ländlichen Raum sind Schenkelhalsfrakturen bei älteren Menschen häufig. Die häufigste Fraktur beim Menschen ist das Handgelenk. Es wird die Frage diskutiert, ob Simulatoren im Retterbereich gut sind oder eine Romantisierung darstellen. Es wird positiv gesehen, dass die Leute in den Beruf reinschnuppern können, aber es wird auch angemerkt, dass die Realität oft nicht hundertprozentig dargestellt wird. Es ist schade, dass in den Spielen oft kleine Details fehlen, wie die korrekte Handhabung von Spritzen oder Infusionen. Es wäre gut, wenn sich die Entwickler mehr Expertise einholen würden.
Triage bei einem simulierten Massenunfall
01:17:50Bei einem simulierten Massenunfall wird die Triage geübt. Zuerst werden die Patienten grob gesichtet und priorisiert. Wer gehen kann, wird zum Sammelplatz geschickt. Bei spritzenden Blutungen wird ein Tourniquet angelegt. In der Realität würde man zu zweit vorgehen und die Patienten mit Kärtchen in verschiedenen Farben (Rot, Gelb, Grün) versehen. Das erste Rettungsmittel sollte sich nicht auf einen Patienten stürzen, sondern zuerst eine Lageeinschätzung geben und weitere Kräfte anfordern. Es wird angemerkt, dass die Kleidung der Personen im Spiel unrealistisch ist. Bei so einer Unfallstelle würde man immer Schutzkleidung und einen Helm tragen.
Smartwatches im Rettungsdienst und Elektronische Patientenakte
01:35:14Smartwatches können mittlerweile Stürze erkennen und EKG-Funktionen bieten, die laut Experten fast so gut sind wie teure medizinische Geräte. Im Chat kam die Frage auf, ob die elektronische Patientenakte hilfreich für Rettungskräfte sei. Aktuell wird im Kreisverband die Krankenkassenkarte eingelesen, um Daten wie Wohnort und Krankenkasse für das Protokoll zu erfassen, was eine Erleichterung darstellt. Besonders bei älteren Patienten mit längerer Vorgeschichte ist dies sinnvoll, da oft Arztbriefe und Medikamentenpläne fehlen. Jüngere Patienten müssen selbst entscheiden, ob sie jede Information aufnehmen lassen möchten. Derzeit werden nur grundlegende Daten wie Krankenkasse und Adresse ausgelesen, was besonders hilfreich ist, wenn Patienten bewusstlos sind oder die Sprache nicht sprechen. Eine Patientenvorgeschichte kann aktuell noch nicht ausgelesen werden. Währenddessen wird ein simulierter Patient mit blauen Fingern und Lippen behandelt, inklusive Intubation und Herzüberwachung.
Apple Watch als Medizinprodukt und Behandlungssimulation im Spiel
01:39:58Die Apple Watch ist ein geprüftes Medizinprodukt und kann Herzfrequenzabweichungen und Arrhythmien erkennen, was potenziell vor Schlaganfällen schützen kann. Im Spiel wird die Behandlung eines Patienten simuliert, inklusive Transport in eine Patientenablage. Die korrekte Bezeichnung für die Liegefläche ist 'Trage', nicht 'Bahre'. Einblick in den Beruf des Rettungssanitäters wird gegeben, wobei die Abwechslung und die Tatsache, dass kein Tag dem anderen gleicht, besonders betont werden. Nach einer simulierten Autobahn-Katastrophe wird der Eindruck vom Spiel geschildert: Es sei ein guter Ansatz, um Leute an das Thema heranzuführen, aber es hapert an Feinheiten wie Blaulichtfahren und Patientenversorgung. Grafische Ungereimtheiten fallen auf, wie Kanülen an falschen Stellen. Es wird die Frage aufgeworfen, ob die Entwickler Fachpersonal konsultiert haben oder nur gegoogelt haben.
KI in der Medizin und Augmented Reality im Rettungsdienst
01:47:33Diskussion über den Einsatz von KI in der Medizin, einschließlich Krebserkennung und Auswertung von 3D-Ultraschallaufnahmen. KI wird bereits zur Vorselektion bedenkliche Leberflecken beim Hautarzt eingesetzt. Augmented Reality könnte in der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie und zur besseren Vorstellung von Anatomie und Pathologie hilfreich sein, möglicherweise auch in der Ausbildung und im Training mit realistischen Puppen, die verschiedene Zustände simulieren können. Der nächste Schritt in der Notfallversorgung könnte der Tele-Notarzt sein, bei dem ein Arzt per Videoanruf aus der Ferne Anweisungen gibt. Es wird diskutiert, welche drei Dinge im Beruf verbessert werden sollten: Bezahlung, Anerkennung und Software. Während die Bezahlung sich verbessert hat, gibt es bei der elektronischen Dokumentation noch Luft nach oben, insbesondere bei der Geschwindigkeit und Automatisierung von Eingaben. Mehr Anerkennung und ein professionelleres Auftreten des Berufsstandes wären wünschenswert.
Anerkennung, Respekt und technische Aspekte im Rettungsdienst
01:57:06Es wird über mangelnden Respekt gegenüber Rettungskräften und Behinderungen durch Schaulustige gesprochen, wobei die Situation auf dem Land tendenziell entspannter ist. Die zunehmende Verbreitung von Handyaufnahmen bei Polizeieinsätzen wird kritisiert. Einer der GameStar-Gründer gesteht, dass Spielen nicht sein Hauptinteresse ist, sondern eher das Erschaffen und Programmieren. Das Spiel Ambulance Live wird hinsichtlich seiner Steuerung und des Game Loops diskutiert. Die Steuerung mit der Trage ist gewöhnungsbedürftig, und der Game Loop wird als schnell eintönig empfunden, da die Situationen im Spiel weniger abwechslungsreich sind als im echten Berufsalltag. Es wird angeregt, die Behandlungsmöglichkeiten im Spiel realistischer und vielfältiger zu gestalten, um mehr Menschen für die Medizin zu begeistern.
Berufswünsche, Bürokratie und Anpassungsmöglichkeiten im Spiel
02:08:18Ein Rettungssanitäter äußert kein Interesse an einem Medizinstudium, da ihm die Arbeit im Krankenhaus zu sehr auf Schreibtischtätigkeiten beschränkt erscheint. Die Möglichkeit, andere Fahrzeuge und Sirenen im Spiel auszuwählen, wird angesprochen. Ein wichtiger Aspekt der Arbeit ist das Protokollieren, das rechtliche Absicherung bietet und die Nachvollziehbarkeit der Behandlung für Patienten und Krankenhäuser gewährleistet. Trotz der Notwendigkeit der Dokumentation sollte der Fokus immer auf dem Patienten liegen, um durch Gespräche Ängste zu nehmen. Es wird betont, wie wichtig es ist, dass Ärzte sich Zeit für ihre Patienten nehmen und ihnen das Gefühl geben, gehört zu werden. Abschließend werden die Anpassungsmöglichkeiten im Spiel gezeigt, wie die Auswahl des Aussehens und des Fahrzeugs, sowie verschiedene Sirenen. Es wird gehofft, dass das Spiel einen Einblick in den Beruf des Rettungssanitäters gegeben hat.