Faules Deutschland? Müssen wir mehr arbeiten? Politik & wir mit Ricarda Lang (Bü'90/Grüne) und Marvin Schulz (CDU) und DIR!
Arbeitsmoral in Deutschland: Debatte um Mehrarbeit, Fachkräftemangel und Effizienz

Die Sendung beleuchtet die Frage, ob Deutschland mehr arbeiten muss, um seinen Wohlstand zu erhalten. Ricarda Lang (Grüne) und Marvin Schulz (CDU) diskutieren über Fachkräftemangel, Qualifikation, Teilzeitquoten und die Rolle von Politik und Arbeitgebern. Es geht um Flexibilität im Arbeitsrecht, existenzsichernde Löhne, Digitalisierung und die Rentenperspektive. Auch die Bedeutung von Führung und Anerkennung für die Motivation der Arbeitnehmer wird thematisiert.
Einleitung zur Debatte über Arbeitsmoral und Wirtschaftswachstum
00:09:4200:09:42 Schön, dass ihr da seid. Ich hoffe, ihr hattet alle ein schönes, langes, entspanntes Wochenende. Wenn es nach dem Bundeskanzler geht, dann sollen wir in Zukunft ein bisschen weniger chillen und mehr arbeiten, denn er sagt, mit 4-Tage-Woche und Work-Life-Balance können wir den Wohlstand unseres Landes nicht erhalten. Fakt ist, der Wirtschaft geht es nicht gut und deswegen diskutiert ganz Deutschland, müssen wir mehr arbeiten und wenn ja, wer denn eigentlich? Die Rentner?
00:10:06 Gen Z oder am Ende wir alle. Darüber diskutiere ich heute mit euch. Und hier bei mir im Studio sitzt Ricarda Lang, ehemalige Grünen-Chefin. Schön, dass Sie da sind. Und Sie sagen, eigentlich arbeiten viele schon längst genug, werden nur nicht richtig dafür bezahlt. Und Marvin Schulz ist da, CDU-Bundestagsabgeordneter und findet, nur so ein bisschen mehr ist schon drin, vor allem was die Effizienz angeht.
00:10:29 Ich habe eine Gemeinsamkeit gefunden. Sie sind beide 1994 geboren. Also nicht mehr Gen Z, Millennial, so wie ich. Knapp dran vorbeigeschrammt. Genau. Wir werden aber auch heute über die verschiedenen Generationen sprechen, über die angeblich unterschiedliche Arbeitsmoral der Generation. Aber ich möchte zuerst wissen, ob Sie gearbeitet haben am Feiertag gestern oder am Wochenende. Am Wochenende ja, gestern nicht. Da hatte ich meinem Mann versprochen, dass der Tag komplett frei ist und habe das auch geschafft einzuhalten. Das hat geklappt. Ja.
00:10:58 Ich habe beide Tage gearbeitet, aber es waren schöne festliche Termine im Wahlkreis. Das ging dann. Aber mit acht Stunden kommt man nicht weit, oder? Als Politikerin, als Politiker? Wie viel machen Sie so? Selten. Kommt ein bisschen auf den Tag an, ob es Sitzungswoche oder nicht ist. Aber jetzt zum Beispiel heute ging es bei mir um acht los und wir machen bis 22 Uhr. Das ist nicht die Seltenheit, hat man dann doch häufiger als Politikerin. Was bei Ihnen ganz interessant ist, weil Sie ja gegen die Auflösung des Acht-Stunden-Tages sind. Also darüber sprechen wir heute auch. Da sind Sie kein gutes Vorbild selber, ne?
00:11:26 Das stimmt. Ich finde aber auch, dass die Arbeitsschutzrechte, die wir haben, durchaus immer auch Schutz für die Schwächsten sind. Also für diejenigen, die zum Beispiel in prekären Jobs arbeiten, die sehr wenig Selbstbestimmung haben. Und als Politikerin würde ich schon sagen, habe ich relativ viel Souveränität in der Gestaltung meiner eigenen Zeit und suche mir schon selbst aus, anders als das vielleicht in anderen Jobs der Fall ist. Also wir wollen heute über die konkreten Ideen der Bundesregierung sprechen. Das ist eben die Wochenarbeitszeit, die Aktivrente.
00:11:52 steuerfreie Überstunden und wir schauen auch, wie kommt das in der Praxis an. Also jemand aus der Pflege wird sich dazu schalten, aus der Metzgerei, ein Metzgermeister, ein Startup-Gründer. Und wir schalten später auch nach Griechenland, denn während wir hier über die Viertagewoche diskutiert haben, haben die Griechen die Sechstagewoche eingeführt und da interessiert mich natürlich total, wie das läuft. Aber Chat, das ist wie immer eure Sendung.
00:12:15 Schreibt mir, schaltet euch dazu. Und ich würde gerne erst mal von euch wissen, würdet ihr Eurowork Life Balance opfern für die Wirtschaft? Schreibt mir mal eine 1 in den Chat, wenn ihr findet, ja, wir sollten alle ein bisschen mehr arbeiten. Oder eine 2, wenn ihr sagt, weniger ist eigentlich auch gut. Und wenn ihr irgendwo dazwischen steht, könnt ihr mir das auch sagen. Genau, schreibt mal und dann kann ich hier mitlesen. Was sehe ich hier? 2, 1, 2, 2, 2, 2.
00:12:42 Okay, auf jeden Fall mehr Leute, die Bock auf weniger Arbeit haben und nicht auf mehr Arbeit. Ich gucke mal, was es für Kommentare schon gibt aus dem Chat. Also Al Woods sagt, hatte mal 38 Stunden als Gleitzeitmodell, das war top. Und Pappiges Brot sagt, wann soll ich als Lkw-Fahrer mehr arbeiten? Ich zahle eh schon immer Strafen für keinen Parkplatz gefunden oder andere Sachen.
00:13:07 Genau, auch eine spannende Perspektive. Wann soll man das überhaupt machen? Wie geht das? Dann geht es auch um Arbeitsrecht, wahrscheinlich Gesundheit. Ruhe Zeiten. Genau, Themen, die wir besprechen werden. Bevor wir tiefer einsteigen, würde ich einfach eine Runde Schnellcheck mit Ihnen machen. Sie haben da so, genau, Daumen hoch, Daumen runter. Also können mit Ja oder mit Nein antworten. Und meine erste Frage ist, würden Sie über sich selbst sagen, dass Sie eine gute Work-Life-Balance haben?
00:13:36 Beide nein. Warum?
Work-Life-Balance, Feiertagsopfer und Leistungsbereitschaft
00:13:3900:13:39 Ich glaube, wir haben das gerade schon festgestellt, man kommt relativ schnell in der Politik in so ein Hamsterrad und ehe man sich versieht, ist mehr Work als Life in der Balance. Und da dann bewusst wieder rauszukommen, wenn der Terminkalender fremdbestimmt ist, ist eine Aufgabe. Aber Work-Life-Balance ist schon mal was Gutes, sagen Sie. Ich glaube, dass Work-Life-Balance nicht verkehrt ist. Die Idee zu sagen, nur Work zu haben, führt ja auf...
00:14:06 lange Sicht immer in Krankheit und das kann ja nicht unser Ziel sein.
00:14:10 Ja, bei mir ist auf jeden Fall die Work-Life-Balance besser als in der Zeit, wo ich Parteivorsitzende war. Da hätte ich diesen in dem wahrscheinlich dreimal hochgehalten und habe dadurch tatsächlich auch gemerkt, dass ich eine bessere Politikerin werde. Also das finde ich ja auch interessant bei dieser Debatte. Auf der einen Seite geht es einfach darum, was ist gesund für uns, was tut vielleicht auch unseren Familien gut. Und auf der anderen Seite glaube ich, dass wenn man ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Arbeit und all dem, was daneben passiert, das ist ja nicht nur einfach auf dem Sofa chillen, sondern auch sowas wie Ehrenamt. Das ist Zeit, die man mit den Kindern verbringt, Zeit, die man mit seinen Liebsten verbringt.
00:14:40 denkt, dass einer das oft sogar in der Arbeit besser macht. Ich kann das auf jeden Fall für mich sagen, seit ich so ein bisschen aus diesem extremen Hamsterrad rausgetreten bin, wo ich einfach nur von Termin zu Termin zu Termin hachte und es fast nichts anderes mehr daneben gibt, habe ich mehr Zeit, auch mal langfristig zu denken, auch mal über ein bisschen größere Visionen nachzudenken. Das macht dann sogar am Ende, glaube ich, zu einer besseren Politikerin. Also weniger Arbeit kann auch produktiver machen. Das ist ja auch ein Take, über den wir heute sprechen wollen. Dann die nächste Janineinfrage. Würden Sie einen Feiertag opfern, wenn es der Wirtschaft?
00:15:09 Ja, nein? Ah, interessant. Interessant, dass Sie das Ja sagen, weil das ja aktuell eigentlich nicht auf dem Plan steht bei CDU und SPD, oder doch? Vielleicht habe ich es jetzt auf die Karte gesetzt. Ich weiß es nicht, aber die Frage war ja, ob ich persönlich bereit wäre, das zu tun. Und die Zahlen sind ja bekannt. 8,5 Milliarden würde zum Beispiel der Pfingstmontag bringen, wenn man den streichen würde. Genau, so ist es. Und das ist zumindest was, worüber man...
00:15:38 Ich glaube, nachdenken muss, was nicht heißt, dass man sich am Ende des Tages dafür entscheidet. Aber ich glaube, wir sollten in der Politik wirklich versuchen, erst einmal Debatten zu führen und zwar ergebnisoffen zu führen und nicht von vornherein gleich hysterisch alles auszuschließen.
00:15:52 Ach, hysterisch muss man, glaube ich, das meiste ich auch gar nicht werden. Ich bin nur nicht der Überzeugung, dass das ist, was der Wirtschaft wirklich helfen würde. Wir haben Fragen von Fachkräftemangel, gar keine Frage und müssen uns da auch überlegen, wie schaffen wir es, dass a Menschen, die wollen, mehr arbeiten können und b wir es zum Beispiel hinbekommen, dass es weniger Arbeitslosigkeit in diesem Land gibt. Nur wenn man jetzt einen Feiertag abschaffen würde, würde das ja bedeuten, dass das für...
00:16:14 alle gilt. Und wir haben eben auch Gruppen, ein Lkw-Fahrer hatte sich vorher schon zu Wort gemeldet, gleich werden wir mit der Pflegekraft reden. Die sind heute echt schon oft am Limit, verdienen dabei auch ziemlich, ziemlich wenig. Und denen jetzt zu sagen, ihr müsst alle noch mal mehr arbeiten, das fände ich einfach ungerecht. Sollte es einen Bonus geben für Menschen, die sich nie krank melden?
00:16:38 Es wird ja auch darüber gesprochen, dass der Krankenstand relativ hoch ist. Sie sagen nein. Das heißt, Sie gehen davon aus, dass Leute blau machen? Nein. Ich glaube, es könnte einen Bonus geben für Leute, die nie krank machen. Aber kann man was dafür, dass man nie krank ist? Ich glaube, man kann, und Ricarda hat das ja gerade anhand ihrer eigenen Berufskarriere dargelegt, schon versuchen, Rahmenbedingungen zu setzen, die zumindest der langfristigen Gesunderhaltung.
00:17:07 Wenn man am Ende des Tages krank wird, wird man krank und trotzdem, glaube ich, muss man sich in Deutschland Gedanken darüber machen, wie man Leistungsbereitschaft ankurbeln kann. Da bin ich übrigens ganz bei dir, dass zum Beispiel das Abschaffen eines Feiertages alleine nicht helfen wird. Aber die Frage war ja auch nicht, ist das unsere solitär betrachtete Maßnahme und dann geht es der deutschen Wirtschaft gut, sondern kann man vielleicht ein Paket zusammenschnüren und auch das könnte eine von vielen Maßnahmen sein, um der Wirtschaft zu helfen.
00:17:37 Haben Sie schon mal gedacht, Arbeit nervt? Klar. Ja. Ist das die Arbeit oder die Kollegen im Bundestag? Was nirft da mehr? Beides. Also ich glaube, wer behauptet, dass er noch nie von seiner Arbeit genervt wird, der lügt sich wahrscheinlich ein bisschen, selbst was in die Tasche.
00:17:58 Ich finde, den Job, den wir haben, ist ein irres Privileg. Also ich bin unfassbar glücklich und auch geehrt, das machen zu dürfen, aber natürlich auch eine riesen Verantwortung. Und jeder hat diesen Termin, wo man den Kollegen hat, der ohne Ende redet und nie zum Punkt kommt, wo man davor reingeht und sich denkt, oh nein, auf dieses Meeting habe ich jetzt wirklich gar keine Lust. Es ist ja auch nicht nur die Arbeit, die wir jetzt ausüben dürfen, sondern üblicherweise haben Politiker ja auch ein Leben vor der politischen Karriere.
00:18:25 Und wenn ich da an mein Arbeitsleben in der Berliner Verwaltung zurückdenke, was wahnsinnig viel Spaß gemacht hat an ganz vielen Stellen, muss ich aber trotzdem feststellen, insbesondere wenn es so an Fragen von Produktivität und Effizienz ging, da ist man hin und wieder mal genervt gewesen. Was war eigentlich Ihr erster Job? Erinnern Sie sich? Bei mir war der allererste Job, als wirklich noch Nebenjob war, Reiterferienbetreuung.
00:18:52 Ich habe Eis im Kino verkauft.
00:18:56 Verstehe. Also ich schaue mal in den Chat, wie da so die Stimmung ist. Es gibt schon ein paar sehr spannende Kommentare. Also Müsli Micha sagt, es wurde nicht umsonst von sehr vielen Menschen erst die Einführung des Acht-Stunden-Tages und Arbeitnehmer-Innenrechte gekämpft. Daran sollten wir unbedingt festhalten. Also da geht es um die Frage, sollte der Acht-Stunden-Tag bleiben oder sollte eine Wochenarbeitszeit eingeführt werden?
Fachkräftemangel, Qualifikation und Teilzeitquote
00:19:2400:19:24 Dann hier sagt Caladan 0404. Bestimmte Jobs, gerade mit Schichten machen, erwiesenermaßen krank. Wie soll man da noch mehr arbeiten oder einen Boni für nie Kranke argumentieren? Das wäre ehrlich gesagt auch mein Problem, wenn wir auf so einen Boni schauen würden. Dafür, dass jemand nie krank macht, klingt ja erstmal irgendwie total vernünftig. Aber es hat, glaube ich, zwei Nebeneffekte, die ich sehr falsch finde. Und zwar das eine, es wäre eine schlechte Stellung für Menschen, die zum Beispiel chronisch krank sind, die gar nichts dafür können, dass sie sich krank machen.
00:19:53 krank melden müssen, die kriegen dann weniger Geld als ihre Kollegen, die irgendwie komplett gesund sind. Das fände ich ziemlich ungerecht. Und das Zweite ist, dass es wahrscheinlich sogar einen Anreiz dafür setzen würde, auch dann, wenn es einem eigentlich nicht so gut geht, sich trotzdem zur Arbeit zu schleppen, da im Zweifelsfall noch die andere mit einer Grippe anzustecken und dann so für Schleißerscheinungen zu haben. Das heißt, wenn ich immer wieder mich nicht krank melde, obwohl es mir eigentlich nicht so gut geht, im Zweifelsfall dann irgendwann nach einem Jahr.
00:20:20 richtig auf dem Zahnfleisch zu gehen, dann vielleicht sogar ein Burnout zu haben, komplett auszufallen, mehrere Monate krank zu sein. Mir ist es lieber, jemandem schlecht geht, bleibt mal zwei Tage zu Hause und ist danach wieder fit. Also man geht arbeiten, obwohl man eigentlich gar nicht fit ist. Ich glaube, wir müssen uns ein Stück weit von der Idee lösen, dass diese Maßnahmen, die jetzt ja hier auch gerade abgefragt wurden, immer auch konsequent für alle und bis zum Schluss.
00:20:46 gelten müssen. Es kann diese Einzelfälle geben, von denen du gerade gesprochen hast, aber deshalb jetzt gesamtgesellschaftlich zu sagen, also wir können nicht darüber nachdenken, dass wir beispielsweise Boni zahlen für Leute, die nicht krank sind. Wir können nicht darüber nachdenken, die wöchentliche Arbeitszeit vielleicht in den Blick zu nehmen und nicht nur den Acht-Stunden-Tag. Und die Einzelfälle, die hier auch genannt wurden, die sind ja unbenommen auch schwierig.
00:21:13 Das führt uns nur eben genau zu der Situation, zu der wir jetzt gerade gekommen sind und die Sie ja auch in der Einleitung bereits festgestellt haben. Der deutschen Wirtschaft geht es nicht gut. Und wenn man sich da mal anschauen muss, die Gründe dafür, warum es der Wirtschaft nicht gut geht, sind vielseitig, auch viele, die wir hier bestimmt auch sehr kontrovers diskutieren könnten, von Energiepreisen bis zur Frage von Bürokratie. Wenn wir auf das Thema Fachkräfte schauen, ist das eins der größten Bottlenecks. Also die Frage, dass wir zu wenig...
00:21:42 qualifizierte Fachkräfte haben. Das muss man ja auch mal sagen. Wir haben auf der einen Seite aus meiner Sicht ein Matching-Problem. Das heißt, es war doch eine
00:21:49 nicht extrem ansteigende, aber leicht ansteigende Zahl von arbeitslosen Menschen, die aber häufig nicht die Qualifikationen mitbringen, die in den Jobs, wo gerade freie Stellen sind, gesucht werden. Das heißt, da müsste ich überlegen, wie schaffe ich eigentlich eine Weiterbildung und Qualifikation, das zusammenzubringen. Die werde ich nicht einfach nur mit Anreizen, auch nicht mit Zuckerbrot und Peitsch dahin bekommen, sondern muss ich wirklich gucken, wie schaffe ich es, die Qualifikationen zu schaffen. Und dann haben wir eine sehr hohe Teilzeitquote in Deutschland. Liegt aber vor allem daran, dass Frauen in Deutschland verhältnismäßig viel Teilzeit arbeiten.
00:22:18 Ich habe im Kopf, 15 Prozent aller Frauen sagen, sie würden gern mehr arbeiten, wenn sie könnten. Das heißt, da müssten wir eigentlich ansetzen. Da rede ich aber nicht nur über individuelle, streng dich doch mal an oder sei doch nicht so faul, sondern strukturelle Bedingungen vom Ehegattensplitting bis zu den Kita-Betreuungsplätzen. Genau über die Punkte wollen wir heute noch sprechen. Es gibt aber schon jemanden aus der Community, der sich dazuschalten möchte. Roy Bär.
00:22:42 Ah, jetzt check ich das Wortspiel. Es ist anders geschrieben, weil es alle ausgehen, aber man ausspricht. Hi, bist du schon da? Ja, hey. Siehst du uns, hörst du uns? Hi, wir hören dich. Fantastisch. Schön, dass du dabei bist. Stell dich doch einmal gerne kurz vor und dann gerne deine Frage, dein Kommentar. Wie schaust du auf die Debatte? Ja, Roy Bär kommt aus der Corona-Zeit. Da habe ich dann auch das RP-Spiel kennengelernt. Deswegen ist es ein Rotspiel, ganz gut. Mein Name ist André. Die Leute nennen mich hier in Soest Cash.
00:23:10 weil ich nämlich derzeit einen dritten Ort hier etabliere. Und das bedarf natürlich sehr viel Arbeit. Aber diese Arbeit ist im ehrenamtlichen Engagement sehr hoch und fällt wahrscheinlich zur Debatte gar nicht in die Rechnung. Und da würde mich mal gerne interessieren, weil aus dem letzten Koalitionsvertrag die Förderung für den ländlichen Raum ja auch bestätigt wurden, die wir auch jetzt bekommen mit 450.000 Euro für drei Jahre.
00:23:35 ist es ja auch im jetzigen Koalitionsvertrag so vorgesehen, dass die Förderung im ländlichen Raum weiter vorgesehen ist. Und da haben wir uns ja auch an einer Studie orientiert, mit der 15 Prozent bestätigt wurden, dass eine Vereinsamung auch hier in unserem Land stattfinden wird. In der Form hoffen wir es halt nicht und etablieren diesen dritten Ort. Und das bedarf viel Arbeit. Und deswegen finde ich mich in dieser Debatte zwar eher eingeladen, aber nicht berücksichtigt.
00:24:01 Wichtiger Punkt, genau. Wir haben jetzt vor allem natürlich über bezahlte Arbeit hier gesprochen. Ich gebe die Frage mal weiter. Naja, also natürlich ist es so, dass Arbeit nicht nur in Form von bezahlter Arbeit stattfindet, sondern so, wie du gerade sagtest, André, auch im Ehrenamt und zwar ganz massiv in der Ehrenamtsrepublik Deutschland, in der wir uns befinden. Ich glaube, die Politik...
00:24:24 Hat in der Vergangenheit viel getan, tut, glaube ich, auch jetzt in den nächsten vier Jahren viel dafür, dass Ehrenamt gewürdigt wird. Das tut sie auf der einen Ebene, indem sie institutionalisiert über Ehrenamt nachdenkt, auch jetzt mit der Staatsministerin im Kanzleramt dazu. Aber ja vor allen Dingen auch in den zahlreichen parteipolitischen Gliederungen, die wir beide, glaube ich, so kennen.
00:24:51 sich immer wieder darüber Gedanken macht, wie kann Ehrenamt gesehen werden, wie kann Ehrenamt gewürdigt werden. Ich glaube, dass das eine dauerhafte Aufgabe ist, die, da denke ich an die Ehrenamtler bei mir in Berlin-Reininkendorf, vor allen Dingen dazu angehalten sind, da regelmäßig auch darauf hinzuweisen. Aber es gab ja eine konkrete Frage, reicht dir das als Antwort?
00:25:17 In der Debatte natürlich jetzt nicht, aber das Ehrenamt natürlich in Deutschland sehr gut dasteht. Da habe ich auch ein Zitat zu bekommen. Ehrenamt kann nicht das retten, was hauptberuflich kaputt gemacht wird. Das stimmt auf jeden Fall. Und dieses Ehrenamt habe ich dadurch angenommen, dass ich halt mit meinen 38 Jahren nochmal mit 36 eine Ausbildung zum Zweitmechatroniker gemacht habe. Über Corona habe ich den Quereinstieg zum Triebfahrzeugführer gemacht.
00:25:43 weil ich vorher 2013 als Veranstaltungstechniker auf Reisen war. Und über Corona wurde mir klar, alles klar, hier bewegt sich gerade was auf sehr vielen Ebenen. Bleiben wir dann mal bei dem arbeitlichen Aspekt. Und die Menschen haben vielleicht auch da schon ihre Arbeits-Life-Balance, Work-Life-Balance hinterfragt. Und aus meinem Bereich der Veranstaltungstechnik haben halt, sag ich mal, nur 50 Prozent überlebt und sind in anderen Berufen jetzt aufgegangen.
00:26:10 Und das habe ich mir halt auch dann nochmal so überlegt. Und als ich dann im Triebfahrzeugwagen war und die zwei Jahre über Corona den Personenverkehr bedient habe, war mir klar, das ist nicht mein Leben, weil ich bin Handwerker, ich muss raus, ich brauche irgendwas in der Hand und muss nicht nur Fahrpläne bedienen. Und habe mich dann nochmal dazu entschieden, eine Ausbildung zu machen. Und ich war dann im Einzelhandel von meiner Selbstständigkeit heraus und bin jetzt als Projektmanager für das Ehrenamt quasi hier in meiner Stadt vorgesehen.
00:26:34 Das kann ich alles gar nicht so in meiner Rentenkasse nachher widerspiegeln, weil ich sehr wenig eingezahlt habe, aber trotzdem fleißig war oder tüchtig in der Form. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. Aber ich glaube, ich gehe in der Debatte unter, um der Forderung gerecht zu werden, die die Politik mir gerade und uns allen da draußen stellt.
00:26:52 Ja, ich glaube, das ist auch ein Problem in der Debatte, dass der Blick auf Arbeit sehr, sehr verkürzt ist. Also wenn Arbeit gesagt wird, wird eigentlich meistens nur bezahlte Lohnarbeit gemeint. Das heißt, sowas wie Sorgearbeit, sich zu Hause um Kinder zu kümmern, ein behindertes Kind zu pflegen, fällt komplett runter und auch das, was du angesprochen hast, ein Ehrenamt fällt runter. Und wir haben auch zusätzlich noch das Problem, dass unsere sozialen Versicherungssysteme oft auf sehr viel flexiblere Arbeitsverläufe gar nicht ausgelegt sind. Also das ist noch sehr im Denken von, ich mache eine Ausbildung an einem Ort und dann...
00:27:21 arbeite ich die nächsten 40 Jahre da sicher. Was, glaube ich, für die wenigsten jüngeren Leute heute überhaupt noch die Perspektive ist, teilweise nicht gewollt, teilweise gar nicht mehr möglich. Und das müsste man da auf jeden Fall viel mehr darauf ausrichten, dass auch Ehrenamt eine Rolle spielt, dass Erziehungszeiten besser anerkannt werden, dass es insgesamt mehr Flexibilität gibt.
00:27:41 Und da vielleicht ein letzter Punkt, du hast es die Förderung angesprochen, die es jetzt auch für den ländlichen Raum in diesem Bereich gibt. Ich bin froh, dass das weitergemacht wird. Also ich hoffe auch wirklich sehr, wir werden jetzt am 24. Juni einen neuen Haushaltsentwurf sehen und hoffe wirklich sehr, dass das weitergebracht wird, weil ich glaube, dass viele, auch die dann im Ehrenamt unterwegs sind, sich da engagieren, dann noch das Gefühl haben, oh Gott, ich muss mich von Projektantrag zu Projektantrag hangeln. Es gibt immer eine Unsicherheit, geht es nächstes Jahr weiter, können wir unsere Arbeit?
00:28:10 eigentlich weitermachen. Das heißt, das Mindeste, was wir als Politik tun können, ist immerhin mal für Sicherheit zu sorgen, dass man weiß, hey, ihr werdet hier gefördert, ihr werdet unterstützt. Und die Sicherheit ist natürlich immer gut, dann auf dem Topf oder aus dem Topf zu schöpfen, weil dann irgendwann zugesagt wird. Da merken wir auf kommunaler Ebene auch, dass es da sehr schwierig ist, diese Kulturanträge überhaupt durchzubringen. Auch da bedarf es an uns wieder ein Eigenengagement, sich damit zu befassen. Was mir jetzt so dann...
00:28:38 vielleicht ein Problem damit gibt, ist, wo ist denn die Mehrarbeit jetzt verlangt? Also ich bin jemand, der bekommt einen Auftrag aus meiner Selbstständigkeit heraus, baue die Bühne und du hast bis morgen Zeit und da muss alles stehen. Wo ist denn jetzt die Mehrarbeit? Also was wird denn jetzt mehr von uns verlangt? Das wäre nochmal so für mich der Punkt, den ich vielleicht mitnehmen könnte, um das bei uns schon mal in der Stadt zu...
00:28:59 Plakatieren vielleicht. Ich glaube, wir debattieren diese Frage auf zwei Ebenen. Übrigens jetzt auch bisher schon hier in dem Gespräch. Wir haben auf der einen Seite die Ebene Mehrarbeit, wo sich die Menschen persönlich angesprochen fühlen. Und dann sagen diejenigen, die Vollzeit tätig sind, aber ich arbeite ja bereits schon 40 Stunden oder mehr in der Woche. Ich habe Schichtdienst. Ich weiß gar nicht, wo ich jetzt noch mehr arbeiten soll.
Gesamtgesellschaftliche Mehrarbeit vs. individuelle Belastung
00:29:2800:29:28 aber die Ebene, und das ist die, die meine Partei dort in den Blick genommen hat, der gesamtgesellschaftlichen Mehrarbeit. Und da müssen wir eben feststellen, dass wir zwar auf der einen Seite mit 61,5 Milliarden geleisteten Arbeitsstunden gesamtgesellschaftlich mehr arbeiten als jemals, aber die...
00:29:49 pro Kopf Arbeitszeit seit Jahren zurückgeht, über ein Jahrzehnt zurückgeht. Das heißt, die Aufgabe der Politik, die ja, das habe ich ja gerade schon deutlich gemacht, nicht nur und immer den Einzelfall in den Blick nimmt, sondern vor allen Dingen gesamtgesellschaftlich gucken muss, was für Anreize sie schaffen muss. Zum Beispiel, um die Wirtschaft zum Laufen zu bringen, muss gucken, wie gesamtgesellschaftlich mehr gearbeitet werden kann. Heißt konkret auf deine Frage,
00:30:15 bezogen. Möglicherweise hast du in deiner Selbstständigkeit gar nicht die Möglichkeit mehr zu arbeiten, weil du bereits am Limit dessen bist, was getan wird. Für die anderen 45 Millionen Erwerbstätigen in der Bundesrepublik Deutschland oder die Summe X, die gegebenenfalls oben rauf kommen muss, mag das aber anders aussehen.
00:30:36 Aber dann wäre es natürlich sehr sinnvoll, wenn wir genau über diese strukturellen Bedingungen reden. Also Kita-Ausbau habe ich vorher schon angesprochen. Ich würde mir auch wünschen, dass wir auf Schülerinnen und Schüler schauen, die ohne Berufsabschluss oder ohne Abschluss die Schule verlassen. Meistens die Gruppe, die das größte Risiko von Langzeitarbeitslosigkeit haben, dass wir über Anerkennung von Berufsabschlüssen reden, von Leuten, die aus dem Ausland hierher kommen und hier arbeiten wollen. All das wären ja strukturelle Aufgaben. Aber man muss sagen, dass ja Friedrich Merz und Carsten Lindemann mit so flapsigen
00:31:06 Sprüchen über Work-Life-Balance oder dann im Fall von Carsten Lindemann war es ja schon die Life-Life-Balance, die kritisiert wurde, genau das nicht getan haben, sondern das Problem individualisiert haben, zu den einzelnen Bürgerinnen hingeschoben haben und eben zu einer Frage von Faulheit oder Leistungswillen gemacht haben. Und ich glaube, das vergiftet diese Debatte und zäumt sie genau falsch herum auf.
00:31:26 Wir sprechen jetzt genau gleich. Wir schauen uns mal die Zahlen an, wer, wie viel denn eigentlich mehr arbeiten soll. Vielen Dank schon mal an dich, dass du dabei warst und für die sehr spannende, tolle Perspektive. Du willst noch eine Frage stellen? Ich wollte noch eine Einmerkung bringen. Mein Berufsleben hat damit angefangen, dass ich ein Jahrespraktikum für Sozial- und Gesundheitswesen angefangen habe. Und da habe ich festgestellt, dass nicht die Kinder das Problem waren, sondern die Eltern. Und jetzt, als ich in meinem Berufsleben wieder Zweidarm-Mechatronik gemacht habe mit 36,
00:31:50 habe ich quasi auch gemerkt, dass irgendwo das Bildungssystem da doch dann die höhere Aufgabe trägt, dieser Antwort gerecht zu werden, statt uns selbst dann mit der Arbeit aufzukommen. Weil da ist es, denke ich mal, glaube ich, wichtig anzusetzen, wenn die Probleme dann im Nachhinein ja schon gegeben sind und Dinge nicht mehr anerkannt werden, kriegen wir es nicht mehr gelöst. Auch ein sehr wichtiges Thema.
00:32:08 Auch ein sehr wichtiges Thema, das fast einen eigenen Stream verdient, Bildungspolitik. Vielen, vielen Dank, dass du dabei warst. Vielen Dank für deine Perspektive. Schönen Abend. Wir wollen einmal schauen, wer denn jetzt mehr arbeiten soll und warum. Also wie gesagt, der deutschen Wirtschaft geht es nicht gut. Drittes Jahr in Folge kein Wachstum.
00:32:28 Und eine Lösung, um die Wirtschaft anzukurbeln, kommt von Friedrich Merz. Er sagt eben mehr arbeiten. Und ich spiele den Clip einmal ab, wie er es genau formuliert hat. Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten. Ich habe das im letzten Jahr von dieser Stelle aus gesagt und da hat sich nichts geändert.
00:32:51 Mit Viertagewoche und Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand unseres Landes nicht erhalten können.
00:33:01 Das klingt so, als würde er uns für faul halten. Also erstmal hat er gesagt, wir müssen. Vielleicht hat er auch die politische Kaste in diesem Land gemeint. Aber ganz im Ernst, für faul hält der Bundeskanzler niemanden. Aber auch Sie können ja nicht weg argumentieren, dass er einen Fakt hat, wenn er sagt, wir werden mit vier Tage Woche und nur Work-Life-Balance den Wohlstand in diesem Land. Aber was ist denn das Problem an Work-Life-Balance? Ich glaube, das Problem ist nicht, dass wir...
00:33:29 Work-Life-Balance haben, sie darf ihm nur nicht zu Lasten von Work sein.
00:33:35 Und wenn wir darüber reden, dass wir bei gleicher Lohnfortzahlung eine Viertagewoche haben wollen, dann brauche ich kein Mathematikprofessor sein, um festzustellen, dass das mit den Wirtschaftszahlen in diesem Land nicht zu Wachstum führen wird.
00:34:04 der Gesamtgesellschaft. Tatsächlich, ich will Ihnen einmal kurz die Zahlen zeigen, darauf bezieht sich ja der Bundeskanzler auch, tatsächlich sehen wir einmal die Beschäftigungsstunden, Arbeitsstunden und da ist noch Luft nach oben. Also Deutschland mit 1036 Stunden, da gibt es noch Länder wie Polen und Griechenland, da wird sehr viel mehr gearbeitet und der Wirtschaftswissenschaftler Moritz Schularek sagt, ja, wenn wir 30 Prozent mehr drauflegen.
Produktivität, Effizienz und die Rolle der Politik
00:34:3000:34:30 Dann geht es der Wirtschaft auch um 30 Prozent besser. Also was spricht denn dann dagegen? Ich glaube, bei allem Respekt, den ich vom Hochschularek habe, ist das eine sehr wissende Milchmädchenrechnung. Denn die Frage ist ja, wie effektiv sind die Arbeitsstunden, die geleistet werden? Und da haben wir tatsächlich auch ein Problem in Deutschland, dass wir eine relativ stagnierende Produktivität haben. Nicht sinkend, aber doch seit längerer Zeit stagnierend. Und einfach nur die Leute arbeiten mehr, zeigen auch Statistiken, dass ab einem bestimmten Grad sowohl es fehleranfälliger wird, es unfallrisikobehafteter wird und auch es ungesünder wird.
00:34:59 Das heißt einfach nur, die Leute müssen mehr arbeiten, wird in vielen Fällen nicht dazu führen, dass sie effizienter arbeiten oder produktiver arbeiten. Und die Viertagewoche, ehrlicherweise finde ich das so ein bisschen eine Scheindebatte, weil kaum Leute in diesem Land haben eine Viertagewoche. Und die Gewerkschaften hatten noch nie die allgemeine Forderung von einer Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich. Das wurde in bestimmten Sparten gemacht, um ehrlicherweise einen Jobabbau zu verhindern. Also zum Beispiel in der Automobilindustrie, wo man gesagt hat, wir haben wenige Arbeitsstunden zu vergeben. Das heißt, die werden anders verteilt.
00:35:28 Aber was wirklich helfen würde, wäre, wie gesagt, zu gucken, bei welchen Leuten gibt es ein Potenzial, dass sie mehr arbeiten könnten und auch mehr arbeiten wollen. Denen müssen wir es ermöglichen, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen. Das wäre gut für die Wirtschaft und auf der anderen Seite zu schauen, wie können die Arbeitsstunden, die geleistet werden, dann auch möglichst effizient geleistet werden. Ich kenne zum Beispiel viele.
00:35:47 sich die Hände über den Kopf zu schlagen über eine digitale Infrastruktur, die ihnen das total schwierig macht, über endlos lange Prozesse, da muss man dann auch sagen, da muss man auch die Politik in die Verantwortung nehmen, wie schwierig wir die Prozesse machen, von Anträgen, die gestellt werden müssen, wo so viele Arbeitsstunden auch ehrlich gesagt einfach vergeudet werden, weil es so viel einfacher möglich wäre, genau. Also ich würde mir das wünschen, dass wir wirklich darüber reden, wie arbeiten wir eigentlich effizienter und produktiver und nicht in so einem Allgemeinen allemär, weil das muss man schon sagen, wenn wir jetzt der Work-Life-Balance allgemein
00:36:16 den Kampf ansagen, dann würde dieses Land weniger gleichberechtigt werden. Es ist ja gut, dass sich zum Beispiel Paare das auch gerechter aufteilen würden. Weniger gesund, da wir wissen, hat jetzt gerade noch eine Studie aus Mai gezeigt, wenn sehr lange an einem Tag mehr gearbeitet wird, eben das Krankheitsrisiko größer wird und am Ende auch weniger sozial werden. Ich schaue nochmal in den Chat kurz und dann sind Sie wieder dran. Ich denke, mehr Arbeitsstunden stärkert nicht zwingend die Wirtschaftlichkeit. Es geht sehr häufig aus eigener Erfahrung mehr um die Effizienz und Effektivität.
00:36:45 Dann noch ein Kommentar. Bestimmte Jobs, gerade mit Schichten, machen erwiesen am meisten krank. Achso, das hatte ich glaube ich schon. Ähnlich, genau. Wie soll man da noch mehr arbeiten oder einen Boni für nie Kranke argumentieren? Dann gab es hier nochmal ein zur Vier-Tage-Woche. Genau. Es gibt genug Studien inzwischen, die zeigen, dass Vier-Tage-Woche die Menschen effizienter macht.
00:37:07 Das stimmt. Die Uni Münster hat das mal ausgewertet. Tatsächlich macht das die Leute ein bisschen produktiver. So, und dann gibt es hier noch einmal einen Kommentar. Bei zehn Stunden am Tag arbeiten als Schreiner ist schnell mal der Finger weg, wenn man nicht konzentriert ist. Das Thema Arbeitssicherheit wird viel zu wenig beleuchtet. Auch darüber wollen wir sprechen, wenn wir nochmal konkret über die acht Stunden sprechen.
00:37:30 am Tag. Und dann hier nochmal Mighty Bone sagt, warum wird eigentlich bei der Arbeitszeit immer mit der Wirtschaftsleistung argumentiert und nie mit der Zufriedenheit der Bevölkerung? Da geht es auch um die Frage, was ist Wohlstand eigentlich am Ende? Das wirkt sehr egozentrisch. Wachstum hat ein Ende und die liegt an der Zahl der Arbeitnehmer. Will man mehr Wirtschaftsleistung, muss man Familien ermöglichen und damit Geburten. Genau. Also da geht es wahrscheinlich auch um.
00:37:58 Wohlstand, Zufriedenheit, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Ich will eine Sache noch mal fragen, Sie nämlich. Es stimmt, dass stundenmäßig mehr drin ist, aber der Bundeskanzler sagt ja auch, wir müssen wieder mehr arbeiten. Und wenn wir uns da mal die Zahlen anschauen, dann sehen wir, dass insgesamt eigentlich so viel gearbeitet wird wie noch nie. Warum sagt der Bundeskanzler, wir müssen wieder mehr arbeiten? Das stimmt doch gar nicht.
00:38:25 Ich nehme das mal zum Anlass, um auch nochmal auf das einzugehen, was du gerade gesagt hast. Es ist nämlich nicht so, dass die Produktivität nur stagniert, sondern sie nimmt übrigens zum zweiten Mal in diesem Jahr, also im Jahr 2024 ab. Und was wir hier auch anhand der Grafik, die jetzt schon wieder weg ist, gerade gesehen haben, ist, dass in der Tat, und das sagte ich gerade, die...
00:38:45 die Anzahl der Stunden steigt, aber eben die Produktivität nicht. Also die geleisteten Stunden pro Kopf, die werden weniger, sechs Prozent seit 2010, weil die einzelne individuelle Person sich dazu entscheidet, weniger zu arbeiten. Und wir einfach mehr Leute haben im System, die arbeiten.
00:39:03 Das liegt aber vor allem daran, dass die Teilzeitstellen jetzt mit eingerechnet werden. Also mehr Frauen arbeiten mehr, aber arbeiten in Teilzeit, das heißt in der Statistik am Ende, kommt immer weniger raus. Achso, ja genau. Du hast jetzt das dritte Mal eher das Thema Frauen und Teilzeit angesprochen. Vielleicht insofern nur ganz kurz dazu. Also erstens, da bin ich bei dir, da ist Potenzial. 15 Prozent war glaube ich die Zahl, die im Raum steht. Die mehr wollen, ja. Genau. Soweit gehört aber auch, wir haben...
00:39:31 Beispielsweise in Berlin, also in der Stadt, in der ich geboren und aufgewachsen bin, seit 2018, weil das dann immer schnell auf Kita-Betreuung gemünzt wird. Die Situation, dass wir kostenlose Kitas haben, das hat jetzt nicht zu signifikanten Steigerungen der Vollzeitstellen bei Frauen geführt. Das ist der eine Punkt. Der andere Punkt ist der, und vielleicht ist das tatsächlich auch ein parteipolitischer Unterschied, wie sehr man auf...
00:39:58 den Staat schaut in diesen Fragen oder eben nicht. In meinen Augen der, dass das ja nicht nur eine Aufgabe des Staates sein kann, der für mehr Kita-Plätze sorgen muss, Klammer auf muss er, dafür braucht es aber auch mehr Geld, weil wir müssen ja dafür sorgen, dass diese Kitas gebaut werden. Ergo Wirtschaftswachstum, ergo mehr Arbeiten. Aber das ist sicherlich auch eine Frage, da wieder, des individuellen Arbeitgebers. Ich glaube, dass wir als Politik
00:40:26 Und vielleicht kommen wir da dann wieder zusammen. Schauen müssen, was können wir tun, um zum Beispiel Arbeitgeber dazu zu motivieren, vor dem Mutterschutz mit werdenden Müttern darüber zu reden, wie könnte gegebenenfalls ein Zielbild aussehen, nach ein, zwei, x Jahren wieder zurückzukehren in den Job. Wo setzt dann eine weitere Karriere an?
00:40:47 Und wenn das geklärt ist, dann hat die Mutter die Möglichkeit, mit dem Partner in Gott sei Dank modernen Rollenbildern darüber zu sprechen, wie bauen wir jetzt hier das Familienleben auf. Aber wenn es die Perspektive sozusagen einer Rückkehr gibt, schon vor dem Mutterschutz, ist das, glaube ich, mehr Motivation zurückzukehren. Ich sage das deshalb so ausführlich, weil ich das ganz...
00:41:14 konkret gerade im freundschaftlichen Umfeld erlebe und diese Debatte übrigens am Pfingstwochenende erst geführt habe. Wäre auch ein echtes Rückkehrrecht auf Vollzeit tatsächlich eine Möglichkeit. Also wenn es eine klarere Garantie für die Frauen könnte, ich kann, wenn ich für eine gewisse Zeit reduziere, danach wieder auf Vollzeit rückwechseln würde, glaube ich, mehr Sicherheiten, tatsächlich auch Planungssicherheit geben. Und vielleicht nur zwei Punkte. Einmal zu diesem wieder mehr Arbeiten. Ich glaube, da muss man schon ehrlich sagen, das ist einfach ein...
00:41:40 der gerne von einer etwas älteren Generation angestoßen wird, dieses die arbeiten noch alle nicht mehr, die Jungen und wir auch damals und die müssen endlich mal wieder, was aber gezeigt wurde, mit der Realität und den Zahlen wenig zu tun hat. Ich finde aber diesen Arbeitgeberpunkt total wichtig, weil ich würde auch sagen, wir haben als Politik die Rolle, die Rahmenbedingungen zu setzen. Da gibt es gerade bei dem Thema Frauen echt noch einiges zu tun. Aber ich würde mir auch wünschen, dass Arbeitgeber dieses Thema Vereinbarkeit, das Thema auch mal flexible Arbeitszeiten zu ermöglichen.
00:42:09 auch als ihren Weg gegen den Fachkräftemangel ziehen. Also wenn zum Beispiel Unternehmen, das kann nicht jedes kleine Unternehmen, aber größere durchaus, Betriebskitas anbieten, dann werden sie viel attraktiver für Frauen. Es gibt mittlerweile Handwerksbetriebe, die arbeiten bewusst mit vier Tage Woche, weil sie sagen, damit gewinnen wir Leute, die sonst nicht zu uns kommen würden. Und ich glaube, wenn man das wirklich sagen würde, die Arbeitgeber tragen auch eine Verantwortung für einen vereinbaren Arbeitsplatz. Das sind meistens die Arbeitgeber, die am attraktivsten für Arbeitssuchende sind.
00:42:39 Die Verantwortung liegt nicht nur, bei den Arbeitnehmern mehr zu machen, sondern auch bei den Arbeitgebern. Ich würde gerne den nächsten Gast zu uns holen. Jemand, der weiß, wie es ist, morgens ganz früh aufzustehen und im Akkord zu produzieren. Und mich interessiert total, wie Timo Rügele die ganze Debatte rund um Arbeit wahrnimmt. Metzgermeister und Streamer. Hi, wir können regelmäßig sehen, wie fleißig du bist. Ich habe dich am Sonntag auch streamen sehen. Das heißt, bei dir gibt es keine Wochen...
00:43:09 Wie lange sind deine Arbeitstage so? Ja, also es kommt ganz darauf an, was halt einfach alles zu erledigen ist. Im Normalfall fangen wir um 6 Uhr früh an. Haben jetzt sogar schon viel später gemacht, als es sonst eigentlich tatsächlich ist. 6 Uhr schon spät? Ja, auf jeden Fall. Im Normalfall fängt man schon um 3 Uhr, 4 Uhr an. Und später geht es dann eigentlich schon zu den Richtungen, dass man da halt teilweise bis 15 Uhr arbeitet. Danach muss ich dann um Social Media mich halt noch kümmern. Hab da noch Ausbau, Online-Job und sämtliche Geschichten.
00:43:36 kommt schon ein bisschen was dazu. Aber das, ja, passt schon. Was bedeutet dir der Job? Der Job ist einfach super. Im Endeffekt ist es jetzt, wir sind ja ein Familienunternehmen, da ist natürlich noch mal eine ganz andere Geschichte, da hilft man ja noch mal viel mehr mit, mit einer ganz anderen Motivation und allem, muss ich sagen. Aber auch an sich, der Abwechslungsreichtum ist einfach Hammer.
00:43:56 dass man da alles macht, von Kopf bis Fuß mehr oder weniger sozusagen, auch alles bearbeitet, richtig. Und halt auch tatsächlich ein Feedback von den Kunden bekommt, Alter, hat das mal wieder geil geschmeckt, wie ist das? Und das finde ich halt einfach echt schön. Und ist es schwer, Leute zu finden, die noch Bock auf sowas haben? Ja, tatsächlich im Normalfall.
00:44:16 Generell sage ich mal ja. Mit Social Media würde ich mal sagen, es ist tatsächlich das Ganze ein bisschen leichter geworden. Definitiv. Man muss halt den Leuten auch zeigen, was da ist. Mit der Philosophie, was nicht in der Theke liegt, wird nicht gekauft. Und wenn ich es nicht vorstelle, den Job, kann es auch keinen gefallen oder dann informiert man sich nicht drüber. Und so haben wir schon echt gut Azubis über Social Media eigentlich mit ins Metzgeranwerk allgemein mit reingeholt. Naja, spannend. Und würdest du sagen, die Leidenschaft, die du hast für den Job, das fehlt, die findet man nicht mehr so oft?
00:44:46 Ja, kann schon sehr gut sein tatsächlich. Es kommt halt immer viel auf den Chef an. Aber tatsächlich, wenn ich viel mit anderen rede oder so, sind die eigentlich sehr, sehr auch aktiv dabei mit viel Leidenschaft und haben da auch Lust drauf. Es wird ja immer so auf die Jüngeren geschimpft, dass die nicht mehr so viel Bock auf Arbeit haben. Wie siehst du das? Das kommt ein bisschen auf die Motivation des Arbeitgebers an, finde ich tatsächlich. Also ich würde es jetzt nicht pauschalisieren prinzipiell. Natürlich merkt man, dass die Arbeitsbereitschaft von Grund auf, finde ich, nicht so hoch ist.
00:45:16 Aber man kann noch viel als Auszubildender, denke ich, ausgleichen. Man verbringt ja viel Zeit miteinander, kann motivieren und schon noch Anreize geben. Ja, wie denn konkret? Naja, indem man einfach Spaß an der Arbeit hat, vielleicht nicht alles viel zu streng nimmt am Ende, sondern halt einfach wirklich dafür sorgt, dass man das Ganze wirklich zu einer Leidenschaft entwickelt. Und dann ist man auch bereit, mal ein bisschen länger zu bleiben oder mal früher zu kommen, wenn es passiert. Und wenn man eine Leidenschaft für irgendwas entwickelt, ist das auch alles kein Thema. Das Problem ist halt, wenn ich keinen Bock auf meinen Job habe,
00:45:45 ist man natürlich meist öfter ein bisschen krank oder oder oder. Und das kann man als Auszubildender mit Spaß bei der Arbeit, indem man schön auf die eingeht, vielleicht auch ein bisschen privat, kann man das, finde ich, schon relativ gut ausgleichen. Und es gibt ja verschiedene Ideen jetzt in der Politik, zum Beispiel, dass Überstunden steuerfrei sein sollten. Was hältst du von so einer Idee? Das ist perfekt, klar. Würde ich direkt mitnehmen.
00:46:10 Das einzige Problem, was ich sehe, das war zumindest damals bei mir so, war, dass es teilweise eben schon Arbeitsschutz gesetzlich verboten ist, mehr zu arbeiten, wo ich damals schon mehr Motivation hatte. Wo ich gesagt habe, eigentlich in der Ausbildung, ich würde gerne mehr arbeiten, aber darf ich halt nicht. Das ist super. Das finde ich halt ein wenig schade drum, aber ich denke, vielleicht wird sich das auch irgendwann ändern, dass jeder einfach so machen kann, wie seine Motivation und auch sein Körper das schafft.
Flexibilität vs. Schutz im Arbeitszeitgesetz
00:46:3800:46:38 Das ist ja eine Idee der Bundesregierung, den Acht-Stunden-Tag sind starren aufzuheben.
00:46:42 Frau Lang, da hören Sie, das würde jemand gerne machen. Warum erlauben Sie ihm nicht die Flexibilität, das selber auszusuchen? Also tatsächlich ist es ja heute schon so, dass das Arbeitszeitgesetz relativ viel an Ausnahmen ermöglicht. Das heißt, ich kann zum Beispiel an einem Tag und einer Woche auf zehn Stunden erhöhen, wenn ich das in einer anderen Zeit wiederum dann ausgleiche. Oder da, wo nach Tarif bezahlt wird und es Tarifbindungen gibt, kann das auch individuell ausgehandelt werden. Ich finde aber durchaus, dass es gut ist, dass es einen Schutz gibt für Leute, die zum Beispiel eine extrem harte körperliche Arbeit.
00:47:11 Dachdecker vorher wurde das Thema LKW angesprochen, wo es ein großes Unfallrisiko gibt, dass man da sagt, es gibt eine gewisse sozusagen auch Schutzlinie, dass das nicht einfach komplett aufgegeben werden kann. Auch da wir wissen, und das war diese Studie, die ich vorher zitiert hatte, nochmal jetzt aus dem Mai von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, dass bei weit über zehn Stunden, was dann ja auch möglich wäre, wenn ich jetzt eine reine Wochenarbeitszeit einführe, die Gefahr von Herz-Reißlauf-Erkrankungen, die Gefahr von psychischen Erkrankungen und eben auch die
00:47:40 Gefahr von Unfällen am Top zunimmt. Und da muss man, glaube ich, am Ende da eine gute Regelung finden. Ich finde, das hat man grundsätzlich mit dem Arbeitszeitgesetz zu sagen, Ausnahmen sind möglich. Auch Arbeitgeber und Arbeitnehmer können was verhandeln, zum Beispiel im Rahmen von Tarifverhandlungen. Aber es gibt einen Schutzstandard, der dann auch wirklich eingehalten wird. Ja, muss ich sagen. Also ich prinzipiell, klar, es kann nicht jeder, aber das muss ja auch jeder dann für sich selber wissen. Also ich meine, jeder...
00:48:06 hat die Fähigkeit, auf seinen Körper ein bisschen selber zu hören, dass man vielleicht teilweise von manchen Chefs vielleicht getrieben wird. Da wäre es schon ein guter Schutz, aber komplett zu verweisen, also ich kann da easy 60, 70 Stunden arbeiten, das wäre überhaupt kein Thema.
00:48:19 Aber ich glaube, das ist genau der Punkt. Es gibt Jobs, die einem da sehr, sehr viel Selbstbestimmung ermöglichen. Also wo man selbst sagen kann, hey, ich höre auf meinen Körper, ich kriege gerade mehr hin. Es gibt natürlich aber auch Jobs, wo man extrem abhängig ist vom Arbeitgeber. Und wenn da dann die Anfrage kommt, du musst jetzt einfach mehr machen, sonst verlierst du diesen Job, es sehr wenig Möglichkeiten gibt, sich dann zu schützen. Vielleicht auch eine Angst vor Armut, eine Angst vor Arbeitsplatzverlust. Und da sehe ich dann schon auch so eine gewisse Schutzverantwortung. Und das ist eben genau der Krux, wo ich auch noch nicht weiß, bei den Ideen, die es jetzt gerade von der Regierung gibt.
00:48:48 jetzt eine Auseinandersetzung mit dem Arbeitsministerium. Die haben gesagt, sie werden da ganz klar auf Freiwilligkeit setzen, also dass es nur dann gemacht werden kann, wenn der Arbeitnehmer auch wirklich sagt, ich will das. Wie das am Ende gewährleistet werden kann, also dass es eben nicht nur Druck ist und man sagt, ja, ja, irgendwie will ich es, weil ich eben so große Angst habe, einen Job zu verlieren, sondern wirklich freiwillig. Da bin ich nochmal ziemlich gespannt, mir dann die Vorschläge von der Regierung auch anzuschauen. Ich glaube schon.
00:49:12 Sorry, ich wollte dich nicht unterbrechen. Ich wollte das gerade sagen. Ja gut, ich meine, man kann es ja auf den Hauptjob festlegen, aber bei einem Nebenjob ist es ja wieder eine ganz, ganz andere Geschichte. Den Nebenjob kann ich mir aussuchen, wo ich will, bin da jetzt auch nicht so drauf fixiert, dass ich das jetzt machen muss. Wenn ich jetzt da irgendwo, was weiß ich, auch nur an der Kasse irgendwie arbeite und da halt dann, keine Ahnung, 15, 20 Stunden in der Woche nochmal zusätzlich reingehe, ist es ja nochmal ein Zusatz, den ich ja für mich will und jetzt gar nicht der Chef quasi Einfluss drauf hat, übertrieben gesagt, solange ich halt natürlich meinen Hauptjob nicht irgendwie da einen Nachteil daraus gebe.
Die Notwendigkeit existenzsichernder Löhne und die Rolle der Arbeitgeber
00:49:4200:49:42 Ja, obwohl ich es da eigentlich immer schade finde, wie viele Leute in unserem Land auf einen Nebenjob angewiesen sind. Also wenn das jemand macht, um sich noch ein bisschen was dazu verdienen, vollkommen okay. Es sind ja aber auch echt viele Leute, die einfach von einem Job nicht leben können. Ich war jetzt gerade eben bei einer anderen Sendung tatsächlich davor, wo danach die Kamerafrau zu mir herkam und meinte, sie ist alleinerziehend, auch in einer relativ schlechten Steuerklasse, weil nicht so gut umgehen mit Alleinerziehenden, macht den Job und macht daneben noch einen Job im Einzelhandel. Und meinte, das geht echt auf die Haut, wenn du das irgendwie noch als Alleinerziehende machst.
00:50:11 Mein Ansatz wäre, jeder, der einen Job hat und im Land in Vollzeit arbeitet, der muss davon auch erstmal leben können, was leider nicht in jedem Bereich gegeben ist, gerade wenn ich auf den Mindestlohn schaue, der da relativ gering ist. Nochmal zurück zu den acht Stunden bzw. Wochenarbeitszeit. Wie wollen Sie denn verhindern, dass das Arbeitgeber ausnutzen und sagen, bei uns ist es einfach so, man muss irgendwie zehn Stunden, elf Stunden arbeiten pro Tag?
00:50:33 Ich glaube, dass da ein falsches Bild von Arbeitgebern ehrlicherweise ihrer Frage zugrunde liegt. Also kein Arbeitgeber, den ich kenne, hat ein Interesse daran, dass seine Lkw-Fahrer Unfälle bauen auf den Autobahnen oder dass die Metzgermeister, ich muss gestehen, ich kenne mich in der Metzgerei nicht so aus, du siehst mir nach, wenn ich jetzt was Falsches erzähle, aber vollkommen übermüdet sich die Finger abhacken. Und deswegen will ich einfach nur dafür werben, dass wir so ein...
00:51:01 bisschen Gottvertrauen auch in unsere Arbeitgeber hier in der Bundesrepublik Deutschland haben, die eine Situation schaffen, wo Arbeitnehmer jetzt nicht unisono überlastet und überfordert werden. Ich will das nicht ausblenden, dass es diese Gefahr gibt, aber wenn wir mit dem Mindset, dass das definitiv passieren wird und zwar überall auf jeder Ebene reingehen, dann können wir uns die ganze Debatte sparen.
00:51:27 Aber nochmal, wenn Sie feststellen, dass es der deutschen Wirtschaft nicht gut geht, dann müssen wir ja darüber nachdenken, was wir tun können.
00:51:35 Ich glaube, dass wir da bei den Arbeitgebern, ich würde sagen, oft diejenigen, die ihren kleinen Betrieb haben, die mehrere Mitarbeiter kennen. Also so wird es ja in der Metzgerei sein. Man kennt seine Azubis, man kennt seine Leute da, hat vielleicht auch ein persönliches Verhältnis. Da teile ich das. Das ist auch meine Erfahrung, auch aus Gesprächen im Wahlkreis. Die haben A ein Interesse daran, dass die Leute lange bei ihnen bleiben. Die wollen, dass die B gut bei ihnen gute Arbeit machen und sowas. Das sehe ich in diesen kleineren Betrieben auch eigentlich als Normalfall an. Wir haben aber natürlich auch Fälle, eine Amazone.
00:52:04 kennen wir ja die Sachen, wo immer wieder Knebelverträge gemacht werden, wo Leute irgendwie übermäßige Stunden da behalten werden, wo es ein Bestrafungssystem gibt, wenn jemand mal ausfällt, weil die Leute nicht mehr können. Und die Fälle gibt es eben auch, wo ich ja auch nicht sagen kann, der Arbeitgeber, der weiß doch nicht mehr. Also ich meine, im Zweifel stecken ja Leute dahinter, die haben noch nie einen dieser Arbeitnehmer irgendwann gesehen, werden das auch nie in ihrem Leben tun. Und die muss ich halt auch mitbedenken, wenn ich Regeln mache, weil am Ende die natürlich für alle gelten müssen. Aber Ricarda, diese...
00:52:31 Diese Situation in den Unternehmen, die gibt es ja jetzt auch mit dem Acht-Stunden-Tag. Also es ist ja nicht so, dass jetzt gerade alles super ist und wir eine Situation schaffen würden mit der Einführung einer wöchentlichen Arbeitszeit, in der das uns dann droht. Also ich bin ja sofort bei dir, wenn du sagst, lass uns darüber... Ich kann es eben noch einfacher machen für dieses Unternehmen. Ich glaube, da kommen sie nicht zusammen. Also sie würden den Arbeitnehmern gerne mehr vertrauen.
00:52:57 Ja, ich würde gerne, es gibt nämlich jemand aus der Community, die sich dazu schalten möchte und da bin ich total gespannt auf den Take. Genau. Hi, schön, dass du dabei bist. Stell dich doch einmal gerne kurz vor und dann gerne, genau, wie schaust du auf diese Debatte? Genau, ich hoffe, ihr hört mich hier auf Twitch, autistisches Igelchen. Und ich möchte gerne
Innovation, Effizienz und die Rolle der Digitalisierung in der Wirtschaft
00:53:2400:53:24 ein neoliberales Argument gegen mehr Arbeit bringen. Das wird wahrscheinlich den CDUler massiv irgendwie verwundern, dass es das auch gibt. Es ist nicht die Stundenanzahl, die am Ende entscheidend sind, sondern was kann ich pro Stunde für eine Leistung arbeiten.
00:53:46 Und es kommt auf die Innovation an. Und wer jetzt der Meinung ist, ja, die Menschen müssen jetzt mehr arbeiten, verhindert im Grunde genommen Innovation. Denn eine schlechte Wirtschaftslage und auch teure Arbeitskosten führen eher dazu, dass ich auch irgendwann mal gezwungen werde.
00:54:05 im Unternehmen Prozesse zu optimieren, zu digitalisieren. Und wir müssen da langfristig hin, weil das ist am Ende das, was Wirtschaftswachstum macht. Sorry, die einfachen Arbeiten, das macht wahrscheinlich das Geringste am BIP aus, sondern es ist am Ende wirklich Hightech, wo wir hinwollen. Wir müssen Potenziale wie KI voranbringen. Wir müssen auch langfristig und es wird kommen.
00:54:32 Die Jobs im Einzelhandel, zum Beispiel auch in Aldi oder sonst wo, wird es nicht mehr geben, weil es irgendwann alles per RFID-Chips gibt. Das heißt, da würden wir schon enorm viel Potenzial einsparen, wenn wir wirklich Prozesse optimieren wollen. Gucken wir uns doch im Unternehmen an, wo wird denn zum Teil Arbeitszeit verschwendet, weil wir nicht faktenorientiert.
00:54:57 schauen, was ist die effiziente Lösung, sondern weil gewisse Leute machtorientiert auch gute Lösungen verhindern. Und ich möchte einfach nicht mehr von CDUlern eine innovationsfeindliche Politik, sondern wir müssen auch gezwungen werden, neu zu denken. Und das wäre ein neoliberaler Take aus meiner Sicht. Eine Frage an Sie. Ja.
00:55:22 Also eine Frage war das jetzt ja nicht, aber durchaus eine Aussage, der ich übrigens zustimme. Nicht nur, weil ich in der Fraktion derjenige bin, der für künstliche Intelligenz zuständig ist in den nächsten vier Jahren und ich deine Einschätzung teile. Übrigens nicht nur bei der Frage Einzelhandel, sondern auch sowas wie Callcenter.
00:55:47 Und dergleichen wird irgendwann und zwar nicht erst in Jahren, sondern zeitnah über künstliche Intelligenz abgewickelt werden. Nur man kann ja das eine machen, ohne das andere zu lassen. Wenn du jetzt sagst, man muss sozusagen... Da habe ich ein Gegenargument. Mein Gegenargument ist, wer die Stunden... Ja, wenn du darauf eingehst, weil man kann das eine und das andere nicht lassen. Wir haben über die Jahre eigentlich eine Arbeitsverdichtung.
00:56:15 Über 20 Jahre. Und da können wir in den Zahlen sehen, das heißt, wer KI ziemlich gut findet, sollte auch datengetrieben argumentieren. Und die Daten von den Krankenkassen zeigen nachweislich, dass aufgrund der Arbeitsverdichtung die Krankenfehltage deutlich in die Höhe gegangen sind. Und ein Arbeitgeber hat das Interesse, Arbeitnehmer zu haben, die ausgeschlafen sind und die...
00:56:39 vielleicht sogar innerhalb von drei Stunden statt acht Stunden die krassere Idee haben und was umsetzen. Und das kriegen wir nicht einfach hin, indem wir acht Stunden komplett voller Stress arbeiten. Deswegen die Gesundheit ist am Ende der Erfolgsfaktor.
00:56:58 für Deutschland. Und wer dann noch sagt, wir müssen auf zehn Stunden hoch, der führte einfach dazu, dass aufgrund der Arbeitsverdichtung diese zehn Stunden noch krasser sind. Weil wir können das nicht vergleichen, wie damals eine 40-Stunden-Woche vor 50 Jahren war. Das war ja damals ein Traumland im Vergleich zu jetzt. Und das einfach nicht mitzudenken, führt am Ende tatsächlich zu Innovationsfeindlichkeit. Jetzt musst du ganz kurz ihn noch reagieren lassen da drauf.
00:57:27 Ja, also du hast hier im Stream gerade einen Metzgermeister, der gesagt hat, er würde gerne 60 oder 70 Stunden in der Woche arbeiten. Ja, kann er ja machen, aber er wird nicht viel BIP beitragen, sorry. Ohne ihm jetzt zu nahe treten zu wollen, aber er wirkt auf mich schon auch gesund und motiviert. Und um nochmal auf das Thema Wirtschafts...
00:57:53 Kraft zurückzukommen, was du eingangs gesagt hast. Ich glaube, dass Innovation natürlich notwendig ist. Aber wenn jetzt das Plädoyer von dir so ist und ich das so richtig verstanden habe, dass wir erstmal dafür sorgen müssen, dass es der Wirtschaft richtig schlecht geht, bevor wir dann Innovation erzwingen.
00:58:13 ist uns, glaube ich, sozialgesellschaftlich auch nicht geholfen. Jetzt spreche ich fast den Text vielleicht, den ich sonst eher bei Ricardo vermuten würde. Naja, aber es ging ja schon darum,
00:58:24 dass Digitalisierung, also man Arbeit einfach effizienter gestalten soll, statt mit den Stunden hochzugehen. So habe ich den Take verstanden. Ja, richtig. Und vor allem, es geht eher darum, dass viele einfach sich dagegen sträuben, Prozesse zu optimieren und zu einfachen Lösungen sich verleiten lassen. Eigentlich müsste man auch in guten Zeiten stets seine Prozesse optimieren und Innovationen vorantreiben. Aber das tun die wenigen, weil sie sich da nicht gerne bewegen. Und deswegen neigen die meisten Unternehmen auch dazu.
00:58:53 wenn es dann irgendwann schlecht geht, dann auch irgendwann Innovation voranzutreiben. Aber es ist nicht intrinsisch motiviert und das ist ein Grundproblem. Und diese Haltung muss sich ändern.
00:59:03 Ich wollte gerade sagen, ich würde gar nicht sagen, es muss dem Unternehmen schlecht gehen, damit sie dann innovativere Prozesse, sondern eigentlich sollte das grundsätzlich der Anspruch sein. Und allein der Fachkräftemangel ist ja Grund genug dafür, dass man effizientere Prozesse hat, dass man vielleicht auch Prozesse, die wirklich Produktion mehr anregen und Innovation machen. Und das ist auch ein Teil von dem, was wir vorher gesagt haben, auch Arbeitgeber mit in die Verantwortung zu nehmen. Ich glaube sowohl, das wurde ja hier auch von dem Metzgermeister angesprochen, bei der Frage, wie motiviert sind die Mitarbeiter.
Marktregulierung, Digitalisierung und die Rolle des Staates
00:59:3300:59:33 als auch bei wie produktiv und effizient sind die Prozesse, haben Arbeitgeber doch ganz schön was mitzureden, manchmal auch ein bisschen was zu verändern. Super, vielen Dank. Wenn man immer sagt, der Markt soll regeln, dann soll der Markt auch regeln. Aber jetzt plötzlich dann einzugreifen, finde ich doch ein bisschen heuchlerisch. Entweder, liebe CDU, ihr wollt Kapitalismus, dann macht es aber. Aber bitte sag den Leuten,
01:00:01 Ja, also schenkt doch den Leuten Wein rein. Ihr seid eigentlich eine Beamtenpartei und möchtet nicht wirklich effizienter arbeiten. Das ist es doch. Jetzt haben wir gerade ein Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung eingeführt, was ich mit diesen Fragen beschäftigen soll. Vielleicht gibst du uns die Chance. Ich arbeite in der Landesverwaltung und dort wird so viel ungenotet. Dann machen wir es gemeinsam.
01:00:28 So, dann geben wir doch dem Ministerium vielleicht mal eine Chance.
01:00:31 Geben wir dem Ministerium doch vielleicht mal eine Chance. Ich glaube, zu Deutschland gehört ein gewisser Grundoptimismus. Den spüre ich bei dir zugegebenermaßen gerade so nicht. Aber vielleicht gibt es ja die Möglichkeit, die Dinge... Ich glaube, ich muss hier kurz dazwischen gehen, weil ihr beide wahrscheinlich noch unendlich so diskutieren könntet. Vielen, vielen Dank für deinen Impuls. Ich glaube, das Plädoyer ist angekommen oder das, was du sagen wolltest. Danke, dass du dabei warst. Vor allem ein Stärken für Ricarda Lang.
01:01:01 Ist angekommen hier. Danke, dass du dich da zugeschaltet hast. Genau, der Timo ist ja auch noch da. Hi. Hallo, ich würde gerne einmal zum Abschluss dich fragen. Es ging ja gerade um Digitalisierung. Kannst du dir das eigentlich bei dir im Job vorstellen? Geht das da irgendwie digitaler, besser oder gibt es da Prozesse, die man mit KI irgendwie...
01:01:23 Verschnellern kann? Im ersten Moment tatsächlich noch nicht. Im Handwerk ist es noch momentan ein wenig schwierig, aber es gibt natürlich Innovationen. Da waren wir jetzt erst auf der IFA zum Beispiel, wo sie sehr viele Maschinen optimieren, sodass man sich teilweise eine Arbeitskraft komplett sparen kann, dass man den Wareneingang, Warenausgang viel, viel besser tatsächlich kontrollieren kann, dass das alles viel schneller und optimaler läuft. Genauso jetzt auch mit einem Onlineshop zum Beispiel.
01:01:45 Da gibt es ja auch so viele Geschichten, wo man eigentlich jederzeit tatsächlich immer mehr verbessern kann. Die Frage ist nur, wie ist es tatsächlich wirtschaftlich möglich, also jetzt für uns möglich, tatsächlich bezahlbar zu machen. Aber darauf arbeitet man hin und kann sich dann Schritt auf Schritt auf jeden Fall viel mehr verbessern. Zum Beispiel auch eine integrierte Duschanlage in der Rauchanlage oder sowas. Da sparen wir uns locker dann am Tag im Schnitt 10, 15 Minuten. Und ins effizientere Arbeiten kommen wir auf jeden Fall durchgängig rein und die Möglichkeiten werden auch gestellt.
01:02:12 Cool. Und dann die letzte Frage an dich. Wir sprechen ja auch heute noch darüber, wie die Rentner immer in die Arbeit kommen können. Könntest du dir vorstellen, das noch länger zu machen, bis, weiß ich nicht, 70 zum Beispiel? Ja, auf jeden Fall. Ich meine, das muss ich jetzt natürlich mal schauen, wie mein Körper natürlich dann reagiert, wie der dann ist. Aber ich würde so lange arbeiten, wie ich es tatsächlich kann, weil es mir Spaß macht. Und das kann, sollte jeder auch so machen, wie er möchte einfach. Okay, cool. Dann danke dir.
01:02:41 dass du dir Zeit genommen hast heute Abend. Sehr spannende Einblicke. Habt noch einen schönen Abend. Ich schaue noch mal kurz, was der Chat sagt. So, was haben wir denn hier? Einmal, Schledi TV sagt, mehr verpflichtende Arbeitsstunden werden zu mehr innerlichen Kündigungen führen und das lässt die Produktivität massiv schrumpfen. Da haben wir ja auch schon ein bisschen drüber gesprochen.
01:03:08 dass Arbeit irgendwie sinnerfüllend sein muss und auch Spaß machen muss, damit es produktiv ist. Dann sagt hier jemand, ich arbeite, um zu leben. Ich lebe nicht, um zu arbeiten. Außerdem wird hier komplett vergessen, dass Menschen auch noch einen Haushalt haben. Der macht sich nicht von alleine. Das ist auch Arbeit, nur wird man nicht dafür bezahlt. Kehrarbeit, auch ein sehr wichtiger Punkt. Was gibt es hier noch für Stimmen aus dem Chat?
Überstunden, Steuerfreiheit und die Rolle der Gleichberechtigung
01:03:3801:03:38 Hier, Flying 852 schreiben, Mehrarbeit sollte sich aber auch lohnen. Wenn von einer Extrastunde fast 50 Prozent Steuern weggehen, dann ist das nicht wirklich ein Anreiz.
01:03:50 Da geht es um die Überstunden. Die möchte die Bundesregierung steuerfrei stellen. Es gibt einen sehr großen Teil in Deutschland, die unbezahlt Überstunden machen. Warum sollen die denn nicht dann steuerfrei sein? Ist doch ein echt gutes Modell, oder nicht? Also erstmal sollen sie bezahlt werden. Wie gesagt, da hast du ja gerade gesagt. Ich glaube, wir haben 683 unbezahlte Überstunden im Jahr 2023. 2024 war es nochmal ein bisschen größer. Und damit sind wir europäische traurige Spitzenreiter. Gibt es ja jetzt tatsächlich auch eine Vorgabe, dass es eine Arbeitszeiterfassung gibt?
01:04:20 geben muss. Da bin ich jetzt mal gespannt darauf, wie die umgesetzt wird. Aber dass wir tatsächlich auch dafür sorgen, dass es keine unbezahlten Überstunden gibt, sondern dass immer klar ist, wenn ich eine Überstunde leiste, werde ich dafür auch bezahlt. Ich bin eher skeptisch, was dieses Thema steuerfrei angeht, weil ja durchaus das ja auch schon in der Ampel diskutiert haben, weil das aus meiner Sicht eine Tendenz haben wird, dass die Leute, die heute schon sehr viel arbeiten, den Anreiz haben, noch mehr zu arbeiten. Jetzt wurde ja aber gerade das Thema angesprochen, ist ja nicht, dass da zu Hause der Haushalt plötzlich verschwindet, sondern es gibt
01:04:49 Es gibt noch das ganze Thema Care-Arbeit, es gibt das ganze Thema Sorgearbeit, die ist weiterhin da. Das heißt, es wird wahrscheinlich einen Effekt geben, dass diejenigen, die eher schon weniger arbeiten in der Beziehung, dann noch weniger arbeiten. Das heißt, ich würde die Gefahr sehen, dass vor allem Männer, die heute Vollzeit arbeiten, noch eine Schippe obendrauf legen und Frauen, die eher schon Teilzeit arbeiten, dann eher zu Hause noch mehr Arbeit übernehmen, was im Zweifelsfall gar nicht zu mehr geleisteter Arbeit führt, aber dazu, dass diese Ungleichheit zwischen Frauen und Männern verstärkt wird und damit auch wiederum das Risiko von Altersarmut und die Finanzierung.
01:05:18 soziale Abhängigkeit von Frauen. Deshalb habe ich das schon der Ampel skeptisch gesehen und sie ist auch jetzt sehr skeptisch. Aber wie verhindert man das? Es kann ja tatsächlich sein, dass der Mann dann sagt, es macht für mich total viel mehr Sinn, dass ich jetzt steuerfrei noch zehn Stunden mehr arbeite als die Frau, die das versteuern müsste. Also produziert man da nicht noch mehr Ungleichheit?
01:05:36 Nein, produziert man nicht, weil beide ja die Möglichkeit haben, wenn sie wollen und übrigens auch die Arbeit es zulässt. Aber geht das auch für Frauen in Teilzeit? Das soll nur für Vollzeit steuerfrei gestellt werden. Ja, ja, ich dachte jetzt in einem Szenario, wo beide Vollzeit arbeiten. Aber ich meine das Szenario, wo eher Vollzeit arbeiten, ziehen Teilzeit, was das häufigst ist in Deutschland. Da wird es für ihn besser gestellt und für sie nicht. Und da sagtest du gerade, da siehst du die Gefahr, dass das... Ja, okay. Dann sollten wir vielleicht auch da nicht immer zuerst die Gefahren sehen, weil von uns keiner...
01:06:06 eine Glaskugel hat und wir nicht wissen, wie sich die Dinge entwickeln und es vielleicht einfach mal ausprobieren. Du hast gerade gesagt 683 unbezahlte Überstunden. Also ganz offensichtlich ist der Need für Überstunden ja da, was übrigens dafür spricht, dass genügend Arbeit geleistet werden muss, wenn, das haben Sie ja vorhin gesagt, die Wirtschaftszahlen trotzdem runtergehen.
01:06:34 Spricht das ja dafür, dass eigentlich noch mehr Arbeit geleistet werden müsste, als bisher geleistet wird. Aber dann ist die Situation doch so, dass man die Dinge, die wir uns...
01:06:48 Ihr in der Ampel, wir jetzt in der schwarz-roten Koalition, die Wissenschaft und die Wirtschaft haben vielleicht auch einfach mal testen sollten und nicht von vornherein immer erst sagen sollten, da sehe ich diese Gefahr, da sehe ich jene Gefahr. Aber nochmal, dann sind wir stuck in the moment. Also es ist ja nicht so, als hätten wir so wahnsinnig viele andere tolle Ideen, über die wir sprechen. Doch, auf jeden Fall. Gerade wenn wir über die Steuerbelastung reden, dann könnte man, habt ihr euch ja auch vorgenommen, ich hoffe, dass es dann auch wirklich kommt, dafür sorgen, dass Arbeit weniger besteuert wird.
01:07:17 Wir steuern Arbeit relativ stark in Deutschland im Vergleich zum Beispiel zu Vermögen oder Erbschaften und gerade auch in der Region von dem mittleren Einkommen. Man könnte das Ehegattensplitting grundsätzlich reformieren, dass es sich für Frauen auch lohnt, mehr zu arbeiten. Gerade ist es so, dass eher ein Alleinernährermodell, also eine Person arbeitet viel und eine Person arbeitet sehr wenig steuerlich besser gestellt wird.
01:07:38 Staat setzt sogar Anreize dafür, weniger zu arbeiten. Und man könnte zum Beispiel, haben wir ja vorher schon drüber geredet, ein Rückkehrrecht auf Vollzeit machen. Das heißt, wenn ich mal eine Zeit auf Teilzeit reduziere, ich danach auf jeden Fall auch zurückkommen kann und dafür auch die Brückenteilzeit, die es ja schon gibt, einfach ein bisschen ausbauen, mehr Möglichkeiten, mehr Flexibilität da schaffen. Also ich glaube, es gäbe sehr gute Möglichkeiten, dafür zu sorgen, dass zum Beispiel Frauen mehr arbeiten können in diesem Land. Aber natürlich muss ich auch die Risiken mitdenken, wenn ich jetzt was mache, was diese Ungleichheit noch verstärkt.
01:08:08 Dann werde ich mir nachher total selbst an den Kopf fassen und denken, Gott, jetzt habe ich dafür gesorgt, dass wir nicht noch ungerechter geworden sind, sogar weniger gearbeitet werden. Wenn ich zum Beispiel das Steuersystem ändern würde, dann würde ich dafür sorgen, dass mehr gearbeitet wird und es gerechter verteilt wird. Wir können uns mal die Zahlen anschauen zu den Frauen. Wir haben es nämlich hier.
01:08:25 Fast 50 Prozent der Frauen arbeiten in Teilzeit und bei den Müttern sind es 68 Prozent und 17 Prozent würden gerne mehr arbeiten. Also sollte man sich nicht erstmal die Frauen in Teilzeit vornehmen, bevor man an die Rentner zum Beispiel geht? Total und ich kann nochmal den gleichen Take machen wie vor 20 Minuten. Drei Gründe, wie man das machen kann.
01:08:46 Man muss erstmal zur Kenntnis nehmen, dass Frauen, die in Teilzeit arbeiten, nicht nur deshalb in Teilzeit arbeiten, weil sie nicht genügend Kita-Betreuungsplätze haben. Weil dann immer die Idee kommt, wir müssen für mehr Kita-Betreuungsplätze sorgen. Das funktioniert nur, wenn wir Geld haben, um mehr Kita-Angebote zu schaffen. Mehr Geld müssen wir aber zunächst einmal erwirtschaften, weil das ja nicht im luftleeren Raum entsteht. Das heißt, wir müssen uns erstens überlegen,
01:09:13 Wenn es denn tatsächlich so sein sollte, dass die Frauen, die in Teilzeit arbeiten, nur deshalb in Teilzeit arbeiten, weil sie keine Kita-Betreuungsplätze haben.
01:09:21 Woher kommt das Geld für mehr Kita-Betreuungsplätze? Und dann, um den Punkt auch noch einmal zu machen, weil Sie die Zahlen angesprochen haben, wir werden auch die Arbeitgeber in die Pflicht nehmen müssen, mit den in Teilzeit arbeitenden Frauen darüber, und zwar vor dem Mutterschutz zu sprechen, wie können wir euch zum Beispiel in Vollzeit, Ricarda hat es gerade eben auch ausgeführt, wieder in die Arbeit integrieren. Weil wenn wir das haben und die Frauen das wissen, dann gibt es eine klare Perspektive und all das, was
01:09:51 sich gegebenenfalls, ich weiß es nicht, weil ich noch nie in der Situation gewesen bin, Mutter zu werden oder in Mutterschutz zu gehen, aber was gegebenenfalls über Jahre entstehen könnte an Ungewissheiten oder auch Unsicherheiten, gehe ich zurück in den Job, wenn ja, wie hat sich der gegebenenfalls verändert und so weiter und so fort. All diese Dinge sind deutlich klarer, wenn ich weiß, wo es nach der...
01:10:13 nach dem Mutterschutz und nach der Elternzeit dann für mich weitergeht. Also mehr Sicherheit. Es ist jetzt natürlich für Sie einfach in der Opposition zu sagen, da ist ein Problem. 2024 fehlten aber über 300.000 Kita-Plätze. Sie hatten als Regierungspartei ja die Chance, daran was zu ändern. Warum hat das nicht geklappt? Geld. Wenn Sie sagen, das ist so wichtig. Wurde ja gerade eben schon angesprochen, weil wir viel zu wenig investiert haben. Wir haben uns mit der letzten Regierung ein sehr, sehr enges Korsett geschaffen innerhalb der Koalitionsverhandlungen, dass wir gesagt haben, A, die Schuldenbremse wird nicht reformiert und B, keine Steuer.
01:10:42 Das heißt zum Beispiel auch keine Vermögenssteuer oder eine schärfere Erbschaftssteuer. Das war von Anfang an eine sehr eng gerechnete Rechnung. Dann kam der Angriffskrieg auf die Ukraine, damit eine hohe Anzahl von Flüchtlingen, eine hohe Anzahl von sozialen Unterstützungen, zum Beispiel Gas- und Strompreisbremsen, die ich richtig fand. Absolut richtig, dass wir die Leute unterstützt haben. Und das hat einfach nicht mehr zusammengepasst mit dem, was wir uns als finanzpolitisches Reset gegeben haben.
01:11:06 Als die Union in der Opposition war, gab es da keine Bereitschaft, was daran zu ändern. Jetzt ist in der Regierung, jetzt hat sie was daran verändert. Wir haben dafür auch als Grünen unsere Hand gehoben. Wir haben explizit gesagt, wir wollen auch aus der Opposition diesen Rahmen schaffen. Und jetzt wurde ja ein Investitionsprogramm aufgelegt. 400 Milliarden für Infrastruktur, 100 Milliarden zusätzlich für Klimaschutz. Und das muss jetzt eben genau auch daran ankommen. Daran werden wir euch auch messen, dass das jetzt nicht in einzelne konsumtive Ausgaben, also irgendwie in den Agrardiesel fließt oder sowas, sondern dass wirklich dieses Geld...
01:11:35 jetzt in die soziale Infrastruktur investiert wird. Und wenn ich mir da noch was aussuchen könnte, aber das ist immer was, wo alle Parteien sich schwer tun mit ihren Ländern, auch meine leider, dass man von diesem Flickenteppich zwischen Bund und Land wegkommt. Wenn wir über effiziente Arbeitsprozesse reden, das von den Arbeitgebern im Land verlangen, dann könnten wir das auch mal für den Föderalismus in diesem Land verlangen. Und das heißt, das auch deutlich einfacher machen, als es gerade ist.
01:11:57 Punkt gemacht. Gehen wir weiter im Plan. Wir haben noch viel vor heute. Und ich würde ein weiteres Konzept ansprechen, das die Bundesregierung hat. Herr Linnemann wurde bei Karin Miosga nämlich gefragt, wer konkret arbeitet denn zu wenig? Und er hat das hier geantwortet. Ich spiele es mal schnell ein. Wer arbeitet denn jetzt zu wenig? Zum Beispiel, ja machen wir es konkret, zum Beispiel Rentner in Deutschland. Warum denn jetzt die Rentner in Deutschland?
01:12:26 Ich glaube, Ricarda hat das gut aufgegriffen und auch die Kinder ins Spiel gebracht. Was hier gemeint ist von Carsten Linnemann, und so interpretiere ich meinen Generalsekretär, weil er sitzt jetzt nicht hier neben mir, ich kann ihn also nicht fragen, ist, dass es die Möglichkeit geben muss, dass Rentner, wenn sie wollen, in Deutschland länger arbeiten können.
01:12:51 Spricht da was dagegen? Nein, also man muss sagen, das war natürlich eine denkbar flapsige und onkelige Aussage von Carsten Linnemann. Das ist, glaube ich, Teil eines Problems, dass an dieses Thema Arbeitszeit so rangegangen wird mit so einem, sagen wir den Deutschen mal, dass sie was leisten müssen und gar nicht gesehen wird, was man dabei für Verletzungen und für Abwehrreaktionen herbeiführt an der ganz konkreten Maßnahme, dass man sagt, zum Beispiel da auch steuerliche Erleichterungen zu machen für jemand, der über das Renteneintrittsalter, das Regelrenteneintrittsalter hinaus arbeitet oder da.
01:13:20 Möglichkeiten von Aktivrenten zu machen, da kann man gut drüber nachdenken. Das ist ja tatsächlich so, wenn ich auf das Renteneintrittsalter schaue.
01:13:27 Nicht jeder Job hat die gleichen körperlichen Voraussetzungen. Wir haben heute bereits Berufsgruppen, die schaffen es so gut wie gar nicht mehr zu den 67 Jahren. Also zum Beispiel gibt es in der Pflege einen sehr, sehr großen Teil von Leuten, die in die Frühverrentung gehen, damit auch ein größeres Risiko von Altersarmut haben, weil sie sagen, das geht körperlich nicht mehr. Und wir haben andere vielleicht eher Schreibtisch-Jobs. Da gibt es durchaus die Möglichkeit, etwas länger zu arbeiten. Und wenn das jemand machen will, das dann finanziell zu ermöglichen, da bin ich deutlich offen dafür. Wie gesagt, ich würde nur Carsten Linnemann empfehlen über das Thema.
01:13:57 nicht immer mit dem großonkeligen Duktus zu reden, sondern ernst zu nehmen, was die Leute bereits leisten. Und wie jemand aus der Pflege darauf schaut, das war die richtige Überleitung, das können wir jetzt hören. Julia Förster müsste uns nämlich zugeschaltet sein. Hi, schön, dass du dabei bist. Ja, erzähl mal, wie sieht es bei dir aus mit der Work-Life-Balance?
01:14:25 Ja, erstmal schönen guten Abend zusammen. Dankeschön für die Einladung. Ja, es ist schwierig. Also ich bin Pflegekraft und arbeite tatsächlich auch Teilzeit, was daran liegt, dass ich aber halt auch mit Social Media noch arbeite. Also ich habe Social Media Management nebenbei studiert. Ich mache aber auch für unsere Pflegefirma zum Beispiel Social Media und habe für mich festgestellt, dass Vollzeit in der Pflege
01:14:54 mir körperlich und psychisch auf Dauer einfach zu viel ist. Also das ist so das, was ich, genau, weswegen ich gesagt habe, okay, ich möchte irgendwie doch noch einen Plan B, mit dem ich quasi mich und die Pflege, also mich in der Pflege entlasten kann. So, genau. Und wenn du dann darüber nachdenkst, dass man quasi Überstunden steuerfrei stellen soll, also noch mehr Stunden drauflegen, würdest du sagen, in deinem Job geht das gar nicht?
01:15:24 Ich würde sagen, es kommt sehr darauf an, in welchem Bereich man arbeitet in der Pflege. Ich habe tatsächlich viele Kollegen, die Vollzeit bei uns arbeiten und noch einen 450-Euro-Job haben, einfach weil sich vom Geld her natürlich mehr rendiert. Ich weiß jetzt nicht, wie die reagieren würden, wenn man denen sagt, okay, pass auf, du brauchst den 450-Euro-Job nicht mehr, weil bei uns kriegst du das jetzt alles steuerfrei. Also ich würde sagen,
01:15:52 Viele junge Leute würden vielleicht ja sagen, aber meine älteren Kollegen, die würden es überhaupt nicht schaffen. Also das ist überhaupt nicht machbar. Und ich denke mal auch, je nachdem, in welchem Bereich man in der Pflege arbeitet, ist es halt generell auch gar nicht mehr machbar, überhaupt noch mehr Überstunden zu machen. Weil man schon so am Limit ist. Vielleicht kannst du es mal mitnehmen in deinen Alltag. Also was macht das da so belastend? Naja gut, also der Pflegenotstand ist, glaube ich, allen mehr als bekannt. Es fehlt an allen Ecken.
01:16:21 Grundsätzlich schon zu wenig Pflegekräfte. Das heißt, wir springen ja eh schon immer mehr ein. Das heißt, wir arbeiten schon für mehr Personal quasi. Also wir arbeiten immer, ich sage immer, eine Person arbeitet für drei oder vier. Das heißt, man ist schon am Maximum. Dann springt man noch ein. Da ist nicht mehr viel Luft nach oben. Also das denke ich. Und fühlst du dich dann angesprochen, wenn Friedrich Merz zum Beispiel sagt, wir müssen alle ein bisschen mehr arbeiten? Nö.
01:16:50 Definitiv nicht. Also ich glaube, wir Pflegekräfte arbeiten mehr als genug. Das tun wir jetzt schon und nee, definitiv nicht. Und wie schaust du denn auf die Debatte? Wie findest du das?
01:17:04 Ich finde es schwierig, weil es gibt einfach Berufe, in denen ich sage, wir können nicht mehr arbeiten. Und wenn ich so einen Satz höre wie eben, mit dem die Rentner müssen mehr arbeiten. Also ich habe tatsächlich Kollegen erlebt, die ein oder zwei Jahre vor der Rente sind, die am absoluten körperlichen Limit sind, wo die Selbstpflege schon am Limit ist und die dann noch andere Menschen pflegen müssen.
01:17:32 Das ist halt körperlich für viele überhaupt gar nicht machbar. Und ja, weiß ich nicht, ob da jetzt Pflegekräfte oder auch im Rentenalter noch länger arbeiten müssen, das steht außer Frage.
01:17:45 Ich habe mich auch gefragt, ist das nicht ungerecht, weil vielleicht Menschen mit besser bezahlten Bürojobs noch easy drei, vier, fünf Jahre irgendwie dranhängen können, aber Menschen, die sehr hart körperlich gearbeitet haben, die nicht so viel Geld verdient haben, vielleicht gar nicht in der Lage sind, dann noch zusätzlich weiter zu arbeiten. Und? Genau, Frage an Sie. Ich weiß nicht, an wen die Frage jetzt gerade ging, ob an Julia oder an mich. Okay, ja und deshalb jetzt das ganze Konzept nicht verfolgen.
01:18:13 Ich frage nur, ob Sie da nicht sehen, dass es ungerecht sein könnte? Ich frage deshalb das ganze Konzept nicht verfolgen. Es ist ja immer wieder die gleiche Debatte. Wir müssen als Politik schauen, dass wir eine Antwort für die Bundesrepublik Deutschland finden. Wohlwissend, dass in einzelnen Berufen, und Pflege gehört ganz sicher dazu, die Voraussetzungen andere sind, als beispielsweise bei mir in der Landesverwaltung oder bei der Kollegin, die...
01:18:40 mit der CDU da so ihre Probleme hatte gerade. Und das weiß die CDU, das wissen auch die Grünen. Ich unterstelle, dass das jede Partei im Deutschen Bundestag weiß. Und trotzdem müssen wir angesichts der Tatsache, dass die Zahlen sind mehrmals eingeblendet worden, die Wirtschaft in diesem Land gerade in einer...
01:19:02 schwierigen Situation ist und all das, was wir ja auch sozialstaatlich uns leisten wollen, finanziert werden muss, darüber nachdenken, wie wir die Wirtschaftssituation ankurbeln können. Und da kann länger arbeiten ein Beitrag sein. Niemand sagt, dass Pflegekräfte länger arbeiten müssen. Und auch der Generalsekretär hat ja auch im Nachgang dieses Auftritts, der da eingespielt wurde, in mehreren Gastbeiträgen, unter anderem im Handelsblatt, noch einmal die Freiwilligkeit dieser Maßnahme.
01:19:29 Wenn ich nur ganz kurz die Gelegenheit nutzen darf, wenn ich hier eine Pflegekraft da habe, weil ich ja gerade sagte, das Thema künstliche Intelligenz und Robotik ist das, was ich bearbeiten darf und angesichts der Tatsache, dass wir ja so ein bisschen Zeit haben. Julia, gibt es aus deiner Sicht in der Pflege, die ja was sehr Menschliches hat?
01:19:50 die Möglichkeit, Robotik und künstliche Intelligenz einzusetzen, um zu helfen und zu unterstützen. Jetzt natürlich auf eurer Seite und auf der Seite derjenigen, die gepflegt werden.
01:20:01 Boah, das ist tatsächlich aktuell bei uns auch auf der Arbeit ein Riesenthema, weil wir jetzt natürlich auch elektronische Akten bekommen, die alles vereinfachen sollen, wo ich sagen muss, dass ich ein großer Fan von bin. Ich weiß, dass das erstmal vielleicht sehr viel Arbeit ist, dass wir uns das erstmal beibringen und uns unsere Strukturen ändern. Ich glaube aber, dass uns das auf lange Sicht auf jeden Fall helfen wird, Prozesse zu verkürzen, was wir unbedingt müssen in der Pflege.
01:20:29 Und ich glaube, dass die KI da auch definitiv etwas ist, was uns vielleicht helfen kann. Weiß ich nicht. Also als Beispiel ein Sturzprotokoll in der Pflege zu schreiben, ist, glaube ich, für jede Pflegekraft das Schlimmste, was es gibt. Weil das heißt, solche Texte zeitaufwendig und es ist der absolute Horror. Und egal, ob man Feierabend hat oder nicht, das muss man schreiben. Und ich glaube, das ist zum Beispiel so ein Punkt, wo ich wirklich hoffe,
01:20:57 dass uns da vielleicht künstliche Intelligenz, dass wir es irgendwie reinsprechen können, wir den Vorfall kurz erklären können und uns da einfach so ein richtiges Protokoll zum Beispiel erstellt wird. Das ist definitiv eine große Hoffnung, dass uns das irgendwie so ein bisschen entlastet. Und Robotik, also ich weiß, dass in manchen Demenzeinrichtungen ja schon so kleine Roboter gibt.
01:21:21 Ich bin so ein bisschen zwiegespalten tatsächlich. Einerseits sieht man natürlich, dass da einfach etwas passiert und zum Beispiel Senioren einfach etwas zu tun haben. Da ist jemand, der beschäftigt sich mit dir, was wir oftmals einfach leider viel zu wenig können. Unsere Zeit ist einfach unfassbar gering in der Pflege. Und ich glaube schon, dass das so ein paar Glücksmomente machen kann. Aber es kann natürlich...
01:21:47 uns Pflegekräfte unsere Empathie, ein herzliches Lachen, eine Handstreichel, eine Umarmung einfach nicht ersetzen. Ich hatte mir das tatsächlich mal angeschaut in der Pflegeeinrichtung bei mir im Wahlkreis, die mit solchen Sachen schon arbeiten. Ich muss sagen, dass ich erst mal auch so ein totales Störgefühl hatte, als ich das gehört habe. Man hört Pflege, man hört künstliche Intelligenz und denkt doch, oh Gott, das passt ja überhaupt nicht zusammen. Aber ich fand es da ganz interessant, weil die so ein bisschen den Ansatz verfolgen zu sagen.
01:22:13 einfache Arbeiten und zum Beispiel auch sowas, wie du jetzt gerade angesprochen hast, viel Bürokratie oder auch manche körperliche Arbeiten von Verteilung oder sowas, dass das übernommen wird von Maschinen, um dann auf der anderen Seite bei den Pflegekräften mehr Zeit zu schaffen, die sie mit den Menschen verbringen können. Weil das ist ja was, was ich oft finde, Pflegekräfte muss ich sagen, ich will mehr Zeit am Menschen verbringen. Ich bin ja in den Job gegangen, um Menschen zu helfen, um Menschen zu unterstützen, um für Menschen da zu sein. Und ich finde, wenn man es so hinbekommt, dass die KI und auch bestimmte
01:22:42 Robotik am Ende Aufgaben wegnimmt von der Pflegekraft, um der mehr Zeit zu nehmen, um wieder das zu machen, warum sie ihren Job gegangen ist, dann kann das, glaube ich, auch ein totaler Fortschritt sein. Ich würde gerne einen Kommentar vorlesen. Da arbeitet jemand auch nämlich in der Pflege. Sagander schreibt, ich arbeite in der Pflege und habe dadurch mehrere Arbeitgeber kennengelernt. Jeder einzelne Arbeitgeber dort reizt die gesetzlichen Rahmenbedingungen aus, begeht Arbeitszeitbetrug und verheizt das Personal komplett.
01:23:08 Pausen kennen wir nicht und dann werden diese nicht gemachten Pausen auch noch nicht mal an Stunden gewährt, sondern die Arbeitszeitänderung wird einfach abgelehnt und gerade im kirchlichen Bereich sind die Mitarbeitervertretungen leider sehr zahnlos. Das vielleicht als Gegenrede dazu, man sollte den Arbeitgebern vertrauen. Erkennst du da was wieder, Julia? Oder kann man das nicht so pauschal sagen? Also ich würde gerade sagen, ich...
01:23:33 Ich habe tatsächlich einen super guten Arbeitgeber. Also ich kann mich da überhaupt nicht beschweren und hatte auch davor einen sehr guten Arbeitgeber. Ich muss aber auch sagen, ich würde es halt auch einfach nicht mit mir machen lassen. Also ich weiß, dass man in der Pflege nicht arbeitslos wird. Und ich sage halt oft auch meiner Pflege-Community, wir müssen uns das nicht mehr gefallen lassen und wir müssen das auch nicht mehr machen. Und es gibt genug gute Arbeitgeber.
01:23:59 Auch gute kirchliche Träger bestimmt. Also wir müssen aus solchen Einrichtungen einfach raus, ganz einfach und da wirklich auch an uns denken. Aber sprecht ihr dann schon dafür, im Zweifel auch dem Arbeitgeber so ein bisschen Vertrauen zu schenken?
01:24:13 Ist für mich aber auch ein Grund, warum ich zum Beispiel das kirchliche Arbeitsrecht sehr skeptisch sehe. Es ist ja so, dass in kirchlichen Einrichtungen nicht nur bestimmte konfessionelle Fragen, sondern zum Beispiel es auch kein Streikrecht gibt. Auch nochmal ein großes anderes Thema. Ich würde gerne hier bei uns bleiben. Ich darf dich zu dem Rentenpunkt nochmal was sagen, weil das, was ja auch du angesprochen hast, ich finde ja, man könnte auch beides machen. Also man könnte sagen, Menschen, die über das Regeleintrittsalter länger arbeiten können, denen wird das finanziell einfacher gemacht. Und auf der anderen Seite Leute,
01:24:42 die in Jobs arbeiten, die körperlich total anstrengen können, die es nicht können, für die wird es sozusagen auch einfacher gemacht, früher in Rente zu gehen. Also wenn man da ein bisschen flexibler ansetzen würde von beiden Seiten aus, ich weiß, da ist wiederum die Sozialdemokratie, ich glaube, das ist jetzt gar nichts, was an deiner oder meiner Partei scheitert, aber das so ein bisschen flexibler zu sagen, ja, es gibt Leute, da geht das länger, das wird einfacher gemacht, aber eben dann muss ich auf der anderen Seite auch Verantwortung übernehmen für die, die du gerade genannt hast, die drei Jahre vom Renteneintrittsalterstunden sich nur durch den Tag schleppen mit der Gefahr.
01:25:12 sich komplett körperlich kaputt zu machen, dass die dann auch ohne Abschläge in Rente gehen. Und Ähnliches wäre für mich tatsächlich bei Arbeitszeitmodellen. Wir hatten vor ein paar Jahren bei uns eine Debatte um das Thema 35-Stunden-Wochen der Pflege, was ja auch erst mal total kontointutiv klingt, zu sagen, im Bereich, wo wir Fachkräftemangel haben. Aber wenn ich mir anschaue, wie viele Leute zum Beispiel in Intensivpflege nach, ich glaube, acht Jahren ist die Verweildauer im Durchschnitt, gehen die Leute da einfach wieder raus. Dann, liebe 35-Stunden-Woche, die kann auch wirklich eingehalten werden. Dann kriegen die Leute da einen vollen...
01:25:41 Lohn. Also ich glaube, gerade in den Bereichen einfach flexibler über früheren Renteneintritten auch andere Arbeitszeitmodelle zu denken, fände ich gut. Nochmal zurück zur Digitalisierung. Da gibt es einen Kommentar aus der Community. Knallhart ermöglicht mehr Digitalisierung und Automatisierung.
01:25:58 Aufruf ermöglicht mehr Digitalisierung und Automatisierung, sodass weniger menschliche Arbeitskraft benötigt wird. So können wir künftig auch mehr Geld für weniger Arbeit zahlen und die Leute sind gesünder und motivierter. Es kann so einfach sein. Das klingt in der Theorie einfach, wie groß der Effekt ist. Ich weiß gar nicht, ob man das schon sagen kann an Digitalisierung, Automatisierung. Genau. Und dann hatte ich hier noch einen anderen Kommentar gesehen, den ich gerne vorlesen wollte. Ach so, genau hier.
01:26:24 Auch von KF Frage, sollte man nicht konkretisieren, in welchen Wirtschaftsbereichen mehr Arbeit nötig ist, als allgemein zu sagen, dass man mehr arbeiten muss. Wer muss denn eigentlich mehr arbeiten? Alle gleich? Nein, haben wir ja gerade festgestellt und ja auch der erste Zuschauer hat ja deutlich gemacht, dass es für ihn persönlich gar nicht mehr zu arbeiten gibt. Aber gibt es bestimmte Berufe, Bereiche?
01:26:51 Na, ich wäre schon mal froh, wenn wir uns gemeinsam darauf einigen könnten, dass grundsätzlich mehr gearbeitet werden muss. Ich habe nicht das Gefühl, dass das Konsens ist an diesem Tisch. Und wenn wir an diesem Punkt wären, dann ist sicherlich ein logischer Schritt, darüber nachzudenken, in welchen Bereichen gilt das besonders. Aber kann man das nicht vorher schon sagen? Also mich würde das interessieren, welcher Bereich denn da besonders viel arbeiten soll.
01:27:19 Ich glaube, dass du gut daran tust, zunächst mal diesen Konsens zu erreichen. Weil das sind ja unterschiedliche Perspektiven. Also wir haben jetzt hier die Perspektive der Pflege gehört. Die Parteien schauen da unterschiedlich rauf. Ich unterstelle, ohne jetzt durch langjährige Zugehörigkeit im Deutschen Bundestag diesen Prozess schon abschätzen zu können. Aber dass das ja auch...
01:27:45 beispielsweise durch Anhörungen verschiedener Branchen funktionieren würde. Aber wir brauchen uns ja über diese Fragen nicht unterhalten, solange wir nicht gesamtgesellschaftlich oder zumindest in der Mehrheit der Politik sagen, wir haben uns darauf geeinigt, mehr arbeiten zu müssen. Du wirst diesen Konsens gar nicht herstellen, solange die große Sorge da ist, dass es am Ende eben wieder die trifft, die sich weniger wehren können, die, die heute schon viel arbeiten, die, die einen geringen Lohn haben. Und es ist zum Beispiel bei pauschalen Abbau von Arbeitnehmerinnenrechten ja einfach der Fall, dass dann die am stärksten betrachten.
01:28:14 Und deshalb glaube ich, solange ihr nicht in der Lage seid, zu sagen, in welchem Bereich brauchen wir mehr Fachkräfte, welche Gruppe meinen wir? Also meinen wir zum Beispiel Frauen, die sagen, ich würde gerne aus der Teilzeit rausgehen? Oder meinen wir die Leute, die heute schon 40 Stunden arbeiten, solange wird es da auch keinen Konsens geben? Weil die ganz pauschale Aussage, einfach alle müssen mehr arbeiten, die würde ich nicht teilen. Es gibt viel zu viele Gruppen, für die das überhaupt gar keinen Sinn macht. Die Aussage, wir müssen mehr schauen in der alternden Gesellschaft, die wir sind, wir haben einen demografischen Wandel, an welchen Stellen wir mehr Erwerbspotenzial haben.
01:28:44 stemmen können. Da bin ich vollkommen dabei, aber dann muss ich auch genau machen, welche Gruppe ich meine und welche ich nicht meine, sonst wird es immer als Ungerechtigkeit wahrgenommen. Was ich total interessant finde, es gibt eine Zahl, die ich fast sogar witzig finde. Es wurde nämlich einmal gefragt, wie viele oder glauben die Menschen, es muss mehr gearbeitet werden? Und da sagen 56 Prozent, ich blende es mal hier ein, 56 Prozent sagen ja, wir müssen insgesamt mehr arbeiten.
01:29:11 Aber nur jeder Vierte sagt, ich würde persönlich mehr arbeiten. Das ist ja irgendwie interessant. Also mehr Arbeit ja, aber bitte nicht ich. Das ist in erster Linie die Bestätigung dessen, was wir ja auch im Laufe dieses Abends schon festgestellt haben, dass wir auf zwei unterschiedlichen Ebenen debattieren. Das ist ja ganz oft so in der Politik, dass es heißt, eigentlich müsste man, eigentlich müssten wir dieses oder jenes tun. Aber wenn es um mich persönlich geht, wenn es mich persönlich betrifft...
01:29:36 dann doch lieber nicht. Und jeder Einzelne, der jetzt hier auch in den Kommentaren vorgelesen wurde, hat ja deutlich gemacht, warum es bei ihm persönlich nicht funktioniert. Nur bringt uns das eben in der Debatte nicht weiter. Jetzt kann man auch sagen, wir in der Politik müssten, den Versuch habe ich ja vorhin unternommen bei dem Zitat des Bundeskanzlers, darüber nachdenken, ob wir
01:29:57 mehr arbeiten müssen und zwar mehr im Sinne von effizienter, nicht mehr im Sinne von zeitlich mehr. Vielleicht gehen wir mit gutem Beispiel voran und Ricarda und ich schauen mal im Nachgang der Sendung, welche Gruppen besonderer Art und Weise vielleicht mehr im Sinne von effizienter arbeiten müssten und dann machen wir einen Vorschlag. Vielleicht ein paar Vorschläge für effizienteres Arbeiten der Politik, aber das wäre glaube ich auch absolut notwendig und gern gesehen.
01:30:23 Dann danke dir, Julia, für deine Perspektive. Danke, dass du dabei warst. Es gibt den nächsten Gast, der schon erwartet und gerne mitdiskutieren möchte, Netto Noah aus der Community, möchte was sagen. Hi, schön, dass du da bist. Stell dich doch einmal kurz vor. Wir hören dich perfekt. Stell dich gerne kurz vor und dann, ja, wie schaust du auf diese Debatte?
01:30:47 Genau, ich bin Netto Noah aktuell Student und in Lohnarbeit tätig. Und ich wollte mal den Punkt voranbringen, dass vielleicht, also die Vier-Tages-Woche, weil man merkt es auch selber, wenn man jetzt Arbeiter ist, dass wenn man zur Arbeit geht und halt, man hat oftmals zu viel Zeit sozusagen für die Arbeit und man, also, man kann dieses, also... Zu viel Work, zu wenig Life. Zu viel Work, zu wenig Life, Nummer eins.
01:31:16 Und Nummer zwei ist auch manchmal, man hat halt einfach viel zu viel Zeit auf der Arbeit. Und manchmal, also normalerweise hat man seine Aufgaben innerhalb von einer Stunde für den Tag erledigt, auf jeden Fall. Und den Rest trinkt man Kaffee oder tut ein bisschen... Echt, was machst du denn? Ich arbeite im Büro, im Büro. Also ich möchte es nicht genau im Hintergrund sagen. Nein, nein, nein. Aber Büroarbeit auf jeden Fall in Teilzeit. Und...
01:31:44 Aber viele Leute, die ich kenne, denen geht es gleich. Okay, du sagst, man kriegt die Arbeit eigentlich auch in kürzerer Zeit hin, du bist genauso produktiv in vier Tagen. Da gibt es eine Studie, die Uni Münster hat sich das mal angeschaut und sagt tatsächlich, geht es Menschen besser? Was spricht dann dagegen? Gar nichts. Und wenn Noah für sich die Entscheidung trifft, weniger arbeiten zu wollen, dann fein.
Flexibilität im Arbeitsrecht und Attraktivität von Pflegeberufen
01:32:1001:32:10 Naja, aber Noah wird ja nicht dem Arbeitgeber sagen, ich trinke Kaffee, sondern kriegt er dann nur vier Tage bezahlt. Dann gibt es am Ende des Tages weniger Geld. Klar, das ist die Konsequenz heraus. Und verstehe mich nicht falsch, Noah, ich gönne dir auch, wo auch immer, in welchem Büro du da...
01:32:30 Arbeit ist und wenn das für dich cool ist, dann ist das alles in Ordnung. Aber vor 20 Sekunden war Julia hier in der Leitung, die hat mir jetzt nicht den Eindruck vermittelt, als könnte sie auch viel weniger arbeiten. Das heißt, wir stellen erneut fest, es gibt einfach Branchen, in denen ist es möglich, wahrscheinlich weniger als acht Stunden zu arbeiten. Dann soll das um Himmels Willen so sein, weil ich niemandem vorschreiben möchte, wie viel er...
01:32:54 zu arbeiten hat. Aber es gibt eben Branchen, in denen haben wir ganz offensichtlich ein Problem, weil zu wenig Leute in dem entsprechenden Bereich arbeiten. Und das irgendwie in Einklang zu bringen, funktioniert, glaube ich, mit mehr Flexibilität, zum Beispiel durch die Flexibilisierung des Arbeitsrechts weg von acht Stunden am Tag hin zu 48 in der Woche. Also ich würde nicht Debatte... Ja klar, mach du das zuerst.
01:33:21 Genau bei so Leuten, die in der Pflege arbeiten oder so, vielleicht ist es dann ja genau auch deswegen der richtige Punkt, dann ist der Job ja viel attraktiver, wenn man nur vier Tage die Woche sozusagen im Krankenhaus geknechtet wird und nicht, also fünf bis sieben Tage. Und vielleicht sollte man dann auch einfach den Lohn höher machen, dass es mehr Leute einfach gibt und alle so entlastet werden, die das arbeiten. Das wäre vielleicht... Das ist das typische Gewerkschaftsargument quasi, zu sagen, es macht es attraktiver, wenn man eben besser zahlt.
01:33:51 Also in der Pflege fand ich eine Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich tatsächlich sinnvoll. Also wie ich gerade schon gesagt habe, wenn so ein großer Anteil von Leuten früh aus dem Job rausgeht, es gar nicht bis zur Rente schafft, dann muss sich da was ändern. Wenn man da zum Beispiel sagen würde, 4-Tage-Woche oder 35-Stunden-Woche bei einem höheren Lohn, würde das diesen Job attraktiver machen. Dafür sorgen, dass mehr Leute in die Pflege gehen und auch mehr Leute in der Pflege bleiben. Das heißt, am Ende man weniger Fachkräftemangel hat, als man gerade hat. Ich würde nur das Thema 4-Tage-Woche nicht ganz so pauschal angehen, also das für alle irgendwie zu machen, weil es gibt Bereiche,
01:34:20 Da kann es sinnvoll sein wie in der Pflege, um mehr Leute zu gewinnen. Es gibt Bereiche, da kann man vielleicht mit seinem Arbeitgeber was aushandeln, weil man eh sagt, okay, ich habe viel zu wenig Arbeit für die Stunden, die ich schon habe. Es gibt Bereiche, wo das Tarifparteien miteinander aushandeln. Das ist auch sinnvoll, finde ich, in Deutschland, dass nicht alles gesetzlich geregelt ist, sondern Arbeitgeber und Arbeitnehmer was aushandeln. Und es gibt Bereiche, da macht es keinen Sinn, auf eine Viertagewoche zu gehen. Deshalb würde ich da tatsächlich nicht so pauschal sein, dass wir vielleicht ein bisschen flexibleres Verständnis von Vollzeit entwickeln. Deutschlandwerk übrigens auch.
01:34:49 für dieses Thema Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ganz gut, dass man sagt, Vollzeit heißt nicht immer die 40 Stunden oder nicht immer die 38 Stunden, sondern es kann eben eine Phase sein, wo das auch mal ein bisschen weniger ist, kann dann eine Phase sein, wo ich wieder auf das volle hochgehe und es gibt die Flexibilität auch für Leute, in welchen Bereichen das Sinn macht, eine Viertagewoche zu machen. Danke, Noah. Aber das habe ich jetzt verstanden, Noah, als würdest du eine Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich haben wollen.
01:35:13 Also wenn man die gleiche Arbeit leistet, die man auch davor geleistet hat, dann kann man ja auch einfach mal einen Tag nicht zur Arbeit kommen und die Firma wird ja dann trotzdem nicht gegen die Wand gefahren. Ja, aber wenn du sagst, dass du deine Arbeit in einer Stunde machst, dann brauchst du ja eine Eintageswoche. Also das war jetzt ein bisschen übertrieben, natürlich. Also auch an meinen Arbeitsgeber, falls ihr gerade zuschaut. Aber nein, generell.
01:35:40 Der Punkt ist generell bei vielen Leuten, die im Büro arbeiten, die ich auch kenne, dass man halt einfach viel Zeit dann einfach trödelt, weil man halt nicht noch neue Aufgaben sozusagen bekommen möchte und dass lieber die Arbeit, also die Qualität der Arbeit bezahlt werden sollte und was man gearbeitet hat und nicht die Zeit, die man halt im Büro verbracht hat. Das ist eigentlich der eigentliche Punkt.
01:36:01 Vielen Dank, dass du das eingebracht hast. Darf ich noch einen Abschluss? Ja, wir müssen ein bisschen anziehen. Wir haben noch ein paar Gäste, die warten. Nur ganz kurz, wenn du sagst, die Qualität der Arbeit soll bezahlt werden, würdest du mehr arbeiten, wenn du die Möglichkeit hättest, auch mehr qualitative Arbeit zu machen, wenn das am Ende des Tages mehr Geld bedeutet? Oder sagst du, nein, ich bin fein mit dem, was ich dann für vier Tage nach der Logik bekommen würde?
01:36:24 Ja, das kommt ja dann immer darauf an, wie die Psyche mitspielt und wie man so dann Zeit hat. Aber wenn man sich das dann selber einteilen kann, ist das ja schon mal eine relativ gute Sache. Also wenn ich dann mir denke, okay, ich könnte jetzt heute noch arbeiten gehen, dann muss ich ja hingehen, sozusagen. Aber dann müsste dann der Samstag geopfert werden, weil dann wäre es ja quasi...
01:36:42 Ich lasse dir dein Wochenende. Danke, dass du dabei warst. Das Thema haben wir noch gar nicht viel geredet, aber es ist natürlich auch eine Frage von Löhnen. Wenn wir darüber sprechen, Leistung muss sich lohnen, was ja auch aus deiner Partei sehr, sehr häufig so als Spruch vor sich her getragen wird, heißt das natürlich auch, wenn ich zum Beispiel Stunden aufstocke, wie werden die bezahlt? Habe ich einen Lohn, von dem ich damit gut leben kann?
01:37:12 mich auch respektiert fühle. Da sprechen wir über Mindestlohn auf der einen Seite, da wird ja Ende Juni eine Entscheidung von der Mindestlohnkommission kommen. Und auf der anderen Seite sprechen wir aber auch über Tarifbindungen. Wir wissen, wer nach Tarif bezahlt wird, wird besser bezahlt, hat bessere Arbeitsbedingungen, oft sogar auch bessere Arbeitszeiten. Da würde ich mir wirklich wünschen, dass wenn man Leistungen muss sich lohnen, ernst nimmt, dann muss das auch heißen, die Löhne müssen rauf in Deutschland.
01:37:32 Hier noch ein Kommentar aus dem Chat zu Noah. Mehr Stunden heißt halt auch nicht mehr Arbeit. Ich kann halt auch noch länger im Büro hocken, aber mehr Arbeit erledige ich.
01:37:43 Dadurch ja nicht. Ist doch schön zu sehen, dass einige auch einen relativ entspannten Job haben. Obwohl da vielleicht auch, wenn wir bei Prozessoptimierung sind, die Arbeitgeber drüber nachdenken, sollte man nicht dann mehr Aufgaben begibt. Haha, er hat nicht ganz Unrecht. Also das bezieht sich wahrscheinlich auch auf Noah. Ich bin Programmierer und bin nach drei bis vier Stunden durch. Danach ein bis zwei Stunden E-Mails beantworten und dann geht Konzentration nix mehr.
01:38:08 Genau, das noch zu dem. Also da fühlen sich ein paar gesehen, Noah. Denen geht es auch so wie dir. Die würden gerne auch wahrscheinlich mehr nach Inhalt und nicht nach Zeit bezahlt werden. Und dann sagt Hörnchen 89, uff, müssen wir mehr arbeiten. Ich denke nicht. Vielleicht sollte man besser haushalten und endlich investieren und nicht nur reparieren und Löcher stopfen.
Vorschläge der Bundesregierung und ungenutztes Potential
01:38:3101:38:31 Ja, aber tatsächlich geht es ja um, also es fehlen ja Menschen, die arbeiten, also um Arbeitskraft und jetzt sprechen wir darüber, welche Lösungen es gibt und diese Lösung bzw. die Idee der Bundesregierung würde ich gerne mit dem nächsten Gast besprechen. Das ist nämlich Elena Hipp, Professorin für Soziale Ungleichheit und Sozialpolitik an der Uni Potsdam. Hallo, schön, dass Sie da sind.
01:38:58 Genau, wir haben leider nicht mehr so viel Zeit, aber ich würde Sie bitten, kurz zu sagen, was Sie von den Vorschlägen halten, die es aus der Bundesregierung gibt. Also flexiblere Arbeitszeiten, die Aktivrente, also Menschen Anreize zu geben, mehr zu arbeiten. Was spricht denn dagegen?
01:39:17 Es waren jetzt mehrere Vorschläge, die heute Abend schon diskutiert worden sind und im Koalitionsvertrag angelegt sind. Also einmal die Aktivrente. Ich glaube, da spricht relativ wenig dagegen. Es ist eine Fortentwicklung des schon existierenden Instruments der Flexi-Rente. Und ich glaube, das ist begrüßenswert, weil tatsächlich manche Gruppen beim Übergang in die Altersrente tatsächlich noch viel zu tun haben, viel zu sagen haben. Und auch dieser harte Cut nicht unbedingt das ist, was für die meisten Menschen gut ist.
01:39:45 Was aber auch klar wurde, jetzt auch durch die Gäste heute Abend, das ist auch nicht für alle geeignet und es ist für manche gar nicht möglich, einfach weil es körperlich nicht geht. Also da würde ich sagen, sozusagen mit Augenmaß, aber ist doch ein guter Vorschlag. So, dann ist noch die Frage nach...
01:40:03 Der Umgestaltung von täglichen Höchstarbeitszeiten zu wöchentlichen Höchstarbeitszeiten. Und da würde ich sagen, ist total viel Vorsicht geboten. Ganz viel wurde heute Abend schon diskutiert zu gesundheitlichen Bedenken.
01:40:18 Gefahr von Arbeitsunfällen vergrößert sich, wenn Leute sehr lange arbeiten. Und ich glaube, ein wichtiger Punkt auch, der auch schon angedeutet wurde, aber den man auch nochmal ganz klar machen muss, ist, dass es natürlich für die Gleichstellung ganz fatal sein könnte. Also wenn es jetzt eben nicht mehr so ist, dass die zehn Stunden pro Tag die Ausnahme sind und es ist auch schon möglich, sondern dass der Arbeitgeber sagt, naja, ich brauche meine Beschäftigten so, dass...
01:40:47 die auch oft diese 10 oder sogar 12 Stunden arbeiten können, dann ist es für viele Familien tatsächlich unmöglich, dass beide Eltern erwerbstätig sind. Also selbst mit Kitas, die 12 Stunden am Tag offen sind, ist das nicht zu regeln. Alleinerziehende, die in Deutschland sehr, sehr viel arbeiten, die eine höhere Erwerbsquote haben als Mütter in Paarbeziehung, die könnten dann schon gar nicht mehr gut arbeiten. Und ich glaube, da muss man eben auch auf...
01:41:16 passen, dass man das Kind nicht wirklich mit dem Bade ausschüttet und man sich eigentlich einen Bärendienst damit leistet. Und die Frage, die generell im Raum steht, und das ist ja so jetzt auch gar nicht im Koalitionsvertrag angelegt, zu sagen, wer muss dann eigentlich mehr arbeiten, das ist auch schon klar geworden, da muss man total differenziert ran.
01:41:36 Es kann nicht darum gehen, dass wir jetzt sagen, alle müssen mehr arbeiten. Es können gar nicht alle mehr arbeiten und es ist auch gar nicht in allen Bereichen gebräugt. So in den Bereichen, wo jetzt schon Fachkräfte fehlen, da kann man natürlich sagen, okay, wir müssen über längere Arbeitszeiten sprechen.
01:41:53 Wir haben Julia gehört, und ich finde das sehr plausibel, das ist gar nicht möglich, aber es ist natürlich möglich, mit mehr Leuten zu sprechen. Und da, glaube ich, muss man eben nochmal über Arbeitsbedingungen sprechen. Wie kriegen wir denn mehr Leute dahin, dass sie in der Pflege arbeiten wollen? Das hat ganz viel mit Arbeitsbedingungen zu tun, schon jetzt eine extreme Überlastung. Und es hat auch was mit Bezahlung zu tun. Und über einen Bereich von Personen, die vielleicht...
01:42:21 näher sich einbringen könnten in den Arbeitsmarkt, über den ist heute Abend relativ wenig gesprochen worden, nämlich geringqualifizierte Personen, die kein Ausbildungs-, kein Zertifikat haben, trotzdem aber Fähigkeiten haben, aber die auf dem Arbeitsmarkt nicht anerkannt werden, die vielleicht auch ausländische Bildungsabschlüsse haben, die zu integrieren, das ist natürlich ein extremes Potenzial und ein Schatz, den es zu heben gilt.
01:42:48 Das ist keine schnelle und vielleicht auch gar keine billige Lösung. Also mehr Fachkräfte aus dem Ausland?
01:42:58 Na, ehrlich gesagt, wir haben auch schon viele Leute da, die arbeiten könnten, aber eben sozusagen noch nicht die richtige Qualifikation haben, deren Qualifikation nicht anerkannt wird. Also das ist das eine Potenzial. Und das andere ist natürlich so in unterschiedlichen Bereichen, gerade in der Pflege, da werden wir jetzt schon aus dem Ausland an. Und ich sehe auch gar nicht, wie wir mit einer demografischen Entwicklung, wie wir sie gerade haben, ohne dass tatsächlich weiterkommen.
01:43:28 Ich glaube, wir haben da auf jeden Fall noch ein inländisches ungenutztes Potenzial und ein ausländisches. Bei dem inländischen gering qualifiziert wurde angesprochen. Ich finde es schon krass, dass wir immer noch jedes Jahr Zehntausende von jungen Menschen haben, die ohne Abschluss das Bildungssystem verlassen. Das ist tatsächlich die Gruppe statistisch gesehen, die die größte Gefahr von Langzeitarbeitslosigkeit haben, kommen auch oft schon aus Familien, wo es eine Thematik mit Arbeitslosigkeit gibt. Da zu schauen, wie fangen wir die eigentlich auf? Wie bringen wir Leute durch die Schule durch?
01:43:58 auch direkt in die Ausbildung, gibt es sozusagen Zwischenmaßnahmen. Das ist einmal eine Frage von Fachkräftepotenzial und ja auch einfach eine Frage von Perspektiven und wie kümmern wir uns um unsere Jugend. Und dann wurde das Thema angesprochen.
01:44:11 Wir sind eine alternde Gesellschaft, auch wenn wir sagen, noch ein bisschen mehr hier, ein bisschen mehr da. Am Ende werden wir massiv Integration und Migration in den Arbeitsmarkt brauchen. Und wir haben mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz eine gesetzliche Grundlage gelegt. Aber Gesetze müssen ja am Ende auch immer umgesetzt werden und in der Realität funktionieren. Wir haben leider immer noch Fälle. Ich hatte jetzt gerade mal im Wahlkreis eine Pflegekraft aus Mexiko.
01:44:34 18 Monate hat die Anerkennung des Berufsabschlusses gebraucht. Ich habe da ein Krankenhaus. Die sagen mir alle, Frau Lang, die kann das, was wir brauchen. Die könnte hier morgen anfangen. Perfekt ausgebildet. Wir sehen ja, was die kann.
01:44:46 Die Frau will das machen, ist da, darf aber nicht. Und da würde ich mir auch wünschen, vorher wurde das Thema Vertrauen angesprochen, ein bisschen mehr Flexibilität. Wenn ich eine Arbeitnehmerin habe, die einen Job will, ein Arbeitgeber, der sagt, die kann alles, dann muss ich vielleicht nicht das zehnte Klassezeugnis dieser Person noch kontrollieren, sondern das einfacher machen, die Anerkennung. Auch kein neues Thema. Warum klappt das nicht? Besser. Weil wir tatsächlich einmal oft, finde ich, in Deutschland eine große Kultur des Misstrauens haben, was die verschiedenen Ebenen angeht. Also jede Ebene, es werden Gesetze beschlossen.
01:45:15 Da will man sich absichern. Dann kommen Verordnungen aus den Ministerien. Da will man sich absichern. Dann geht es auf die Ländesebene, auf die kommunale Ebene und auch das, was wir vorher gesprochen haben, Digitalisierung der Verwaltung. Also du wirst es kennen hier aus Berlin. Die Verwaltung muss dafür auch wirklich fit gemacht werden, das schneller hinzubekommen. Denn in dem Bereich, es gibt auch viele gesetzliche Hürden, aber in dem Bereich ist es nicht so sehr die gesetzliche Grundlage, sondern dass die Gesetze endlich auch umgesetzt werden.
01:45:39 Du bist natürlich bei dem Thema sofort wieder in dem ganzen Entbürokratisierungsbereich und das ist glaube ich mit die größte Hürde, also nicht nur in dem konkreten Fall, den du gerade geschildert hast, sondern ganz grundsätzlich in Deutschland, übrigens auch beim Thema Wirtschaftswachstum, wenn die Unternehmer die Bürokratie, die sie jetzt gerade haben und die sie belastet, wir werden es ja vielleicht heute auch noch hören, nicht mehr hätten.
01:46:02 dann würden sie sich Kosten in Höhe von 65 Milliarden Euro sparen. Das heißt, Entbürokratisierung wäre Wirtschaftswachstum zum Nulltarif. Auch das ist eine Möglichkeit. Und natürlich hast du vollkommen recht. Wir brauchen Zuwanderung, um dieses Thema zu lösen. Ich will sagen, ohne das Thema Migrationspolitik jetzt aufmachen zu wollen, wir brauchen die richtige Zuwanderung. Und ansonsten ist das alles, was Sie gerade, Frau Hüpp, gesagt haben,
01:46:29 für mich so, als dass ich verstanden habe, das sind Ansätze, die müssen aber mit Vorsicht gegangen werden. Ich glaube, das hat sozusagen jeder Beitrag und auch Ihre Diskussion heute Abend sehr schön geschildert. Also es gibt nicht die einfache Lösung, auch weil der Arbeitsmarkt viel zu komplex ist und auch unsere Bevölkerung strukturiert.
01:46:49 Wo wir uns auch hin entwickeln, weil das sozusagen nicht aus einem Guss ist, glaube ich, ist es eben sehr schwierig, sozusagen zu sagen, einfach alle müssen mehr. Und das war ja jetzt auch ganz klar heute Abend, das wird nicht die Lösung sein. Vielen Dank, Frau, für diesen kurzen, aber sehr spannenden Impuls in Ihrer Einschätzung zum Thema. Es gibt jetzt nämlich einen fliegenden Wechsel, denn während wir hier über die vier Tage...
01:47:17 gesprochen haben, oder ist der Cory noch nicht da, lese ich gerade. Hört Athen uns schon? Nee, noch nicht? Okay. Dann, kein Problem, ist jemand aus der Community da, der anspringt und mit uns sprechen möchte? Juan Baliman, hi!
01:47:37 Ja, hallo, schönen Abend. Ich habe ein Quietschen auf dem Ohr. Piepsen? Piepsen, ja. Ja, das ist mein Mikrofon wahrscheinlich. Das andere hat den Geist aufgegeben, das quietscht ein bisschen. Aber ich kann es immer wieder an- und ausmachen, wenn ich spreche. Okay, dann musst du vielleicht ganz kurz sprechen, weil ich finde, wir verstehen dich leider nicht so gut.
Auswirkungen von Mehrarbeit und die Rentenperspektive
01:47:5901:47:59 Und zwar geht es mir um das Thema Mehrarbeit. Mehrarbeit sorgt für mehr Erschöpfung in der Arbeiterschaft. Dadurch werden halt mehr Menschen weniger Kinder bekommen und damit ist der demografische Wandel natürlich wieder mehr unter Druck. Erstmal müssten wir eigentlich über Rente reden, bevor wir über Mehrarbeit reden. Das ist halt mein Punkt.
01:48:23 Du meinst, dass es eine bessere Perspektive geben muss, für die Menschen überhaupt mehr zu arbeiten? Oder wie kann ich das verstehen?
01:48:38 Also erstmal gibt es überhaupt nicht die Infrastruktur, um die Kinder alle zu versorgen. Es gab ja schon wegen Kita-Plätze und so weiter. Aber wenn die Menschen noch mehr arbeiten, dann gibt es noch weniger Kinder. Und dann gibt es zwar genügend Kita-Plätze, aber dann ist das Rentensystem weiter unter Druck. Verstehen Sie, wie ich meine? Ah ja, okay, verstanden. Also, wenn mehr Menschen arbeiten.
01:49:05 Also im Prinzip geht es um die Vereinbarkeit. Das Ziel sollte ja sein, dass man Arbeit und Familie unter einen Hut bekommt. Vollkommen richtig. Was funktionieren kann, indem man zum Beispiel eine wöchentliche flexible Arbeitszeit hat und keinen festen Acht-Stunden-Tag, weil man dann in der Lage ist, zum Beispiel bei Belastungsspitzen auch Arbeitszeit auf einzelne Wochentage zu konzentrieren, was einem die Möglichkeit gibt, an anderen Wochentagen vielleicht
01:49:30 mehr Vereinbarkeit von Beruf und Familie hinzubekommen und sich dann unter anderem dem Thema Nachwuchs zu widmen.
01:49:37 Ja, das hat ja gerade die Wissenschaftlerin auch schon angesprochen, dass wenn ich grundsätzlich einfach eine Wochenarbeitszeit mache, nicht zu sagen zum Spitzenausgleich, das ist ja heute schon möglich, also dass ich bei bestimmten Spitzen reagiere und über die acht Stunden hinausgehe, sondern das einfach einen einzeitigen Zugriff des Arbeitgebers. Wenn ich jetzt einfach nur im Arbeitszeitgesetz, und es wurde auch schon gesagt von der Regierung, so wäre es nicht geplant, ich weiß jetzt einfach nicht, was geplant ist, ich glaube, Sie wissen es selbst noch nicht, aber wenn ich einfach nur sagen würde, ich schaffe die Tageshöchstzeit ab und das setze durch eine Wochenhöchstzeit,
01:50:07 Sieht ja genau das, was gerade schon angesprochen wurde. Also der Arbeitgeber kann einseitig entscheiden. Ihr müsst immer für zwölf Stunden abrufbar sein. Und das würde ja heißen, dass es einfach gar nicht mehr möglich ist, für zwei Leute Vollzeit zu arbeiten. Das würde eher dazu führen, dass weniger Frauen Vollzeit arbeiten oder dass sie zwar irgendwie Vollzeit arbeiten, aber gar keine Zeit mehr für Familienplanung, gar keine Zeit mehr für Sorgearbeit da ist. Ich würde, wenn ich darf, einmal dieses Rententhema aufgreifen, weil ich glaube übrigens, dass das auch, wenn wir mit einer jungen Generation sprechen,
01:50:33 durchaus eine Rolle spielt, dass gerade eine junge Generation oft das Gefühl hat, ihnen wird so gesagt, ihr müsst flexibler sein, ihr müsst mehr arbeiten, ihr müsst mehr leisten. Wo ich immer sage, dass sich durchaus junge Leute auch mal Gedanken darüber machen, im Job arbeiten zu wollen, wo sie dauerhaft gesund sind oder junge Väter mehr Zeit mit den Kindern verbringen wollen. Das ist für mich kein Rückschritt, sondern Fortschritt. Aber vor allem ist das, was auf der anderen Seite steht, was man vielleicht früher mal hatte als Versprechen, dann wird es...
01:50:57 die immer besser gehen als deinen Eltern, dann kannst du dir vielleicht mal ein Eigenheim leisten, dann ist deine Rente sicher. All das fühlt sich sehr unsicher an. Ich kenne wenig Leute in unserer Generation, die wirklich sich noch auf die Rente verlassen, die sagen, das ist sicher. Und ich glaube, deshalb müssen wir auch für eine junge Generation nicht nur Ansprüche stellen, sondern mal über, was sind eigentlich Zukunftsperspektiven, was ist soziale Sicherheit für diese Generation? Gibt es eigentlich noch einen Ausstiegsbesprech? Darüber müssten wir viel, viel mehr reden. Ja, müssten wir.
01:51:24 Okay, da sind Sie sich einig. Sehr gut. Vielen Dank für deinen Impuls, für deine Frage. Wir schalten jetzt nach Athen nämlich. Da gibt es, wie schon gesagt, während wir hier über die Viertagewoche noch diskutiert haben,
01:51:41 Griechenland die Sechstagewoche eingeführt im letzten Sommer. Moritz Pompel ist uns jetzt zugeschaltet. Bei dir scheint die Sonne noch. Schön, dass du da bist. Erklär uns doch mal kurz. Müssen jetzt alle in Griechenland sechs Tage arbeiten? Nee, absolut nicht. Also die Regierung von Premier Mitsotakis, konservative Regierung, die hat letztes Jahr
01:52:08 zum 1. Juli eben dieses neue Gesetz eingeführt, wonach Beschäftigte sechs Tage lang arbeiten können in bestimmten Betrieben, aber das ist wirklich nur eine ganz kleine Anzahl von Betrieben, nämlich solche, die im 24-Stunden-Schichtbetrieb arbeiten oder solche, die das könnten. Das ist so eine kleine Grauzone.
01:52:28 die eine außergewöhnliche Arbeitsbelastung haben. Also das ist der Teil, wo vor allen Dingen die Gewerkschaften auch gesagt haben, das geht gar nicht, dass sowas eingeführt wird. Aber wenn wir uns jetzt unterm Strich die letzten Zahlen anschauen, da sind gerade mal 0,5 Prozent aller griechischer Betriebe daran beteiligt. Also sehr, sehr wenig tatsächlich Arbeitnehmer auch betroffen. Und insofern ist es auch ein bisschen ruhig geworden, kann man sagen, um dieses neue Gesetz.
01:52:56 Bisschen auch falsch verstanden worden, glaube ich, im Ausland, dass jetzt alle in Griechenland sechs Tage arbeiten müssen. Mitsotakis versucht, das immer wieder klarzustellen. Zuletzt war er auch in Berlin bei Merz und hat da auch nochmal darauf hingewiesen, hier gilt nach wie vor die Fünf-Tage-Woche in Griechenland eigentlich.
01:53:13 Mir ist gerade aufgefallen, ich habe vergessen, dich vorzustellen. Das tut mir sehr leid. Warum schalten wir denn nach Athen? Weil du unser Korrespondent da bist für die ARD, Moritz Pompel. Danke, dass du dir Zeit nimmst. Und Chat, wenn ihr Fragen habt, dann könnt ihr die natürlich jetzt stellen. Genau, du hast gerade gesagt, es ist keine Sechs-Tage-Woche für alle. Nicht alle müssen sechs Tage arbeiten. Aber wie kam das denn an? Also gab es da erstmal Zustimmung oder eher Frust? Oder wie haben die Leute das aufgenommen?
01:53:40 Also man kann sagen, in den sozialen Medien ging es ziemlich rund. Da haben viele gesagt, die Arbeitnehmerrechte, die werden da förmlich ausgehöhlt. Und es ist natürlich schon in gewisser Weise auch die Gefahr da, dass wenn jetzt ein Betrieb, der eben im 24-Stunden-Betrieb im Schichtsystem arbeitet und jemand Neuen braucht und diese Person dann fragt, ja, wärst du denn bereit, grundsätzlich einen sechsten Tag zu arbeiten?
01:54:08 dass man sich vielleicht in Zukunft nur noch für solche Menschen entscheidet. Und da sagen die Gewerkschaften eben, also Vorsicht, das kann dazu führen, dass andere Menschen, die es vielleicht nicht können, nicht wollen, die vielleicht auch Zeit mit der Familie verbringen wollen, die es sich erholen wollen und so weiter, dass die dann in gewisser Weise ausgebotet werden. Und auch Arbeitsmarktexperten hier in Griechenland, die bezweifeln sogar auch den Sinn eigentlich dieses Gesetzes.
01:54:36 weil sie sagen, wenn Menschen einen sechsten Tag arbeiten, dann werden sie nicht unbedingt produktiver, sondern das würde vielleicht auch mit weniger Arbeitszeit gehen. Und man befürchtet sogar, dass auch die Konkurrenzfähigkeit sozusagen abnehmen könnte oder die Produktivität insgesamt, weil ein Arbeitgeber auch sozusagen dann einfach sich ein bisschen darauf ausruhen kann, dass er ja schon genügend Leute da hat, die für ihn arbeiten.
01:55:06 dass in gewisser Weise da aber vielleicht auch die Produktivität oder auch die Entwicklung eines Unternehmens darunter leiden kann, wenn man sich auf so einer Situation auswirkt. Die Gründe, warum das eingeführt wurde in Griechenland, sind ja eigentlich ähnlich wie bei uns. Also es gibt den Fachkräftemangel.
01:55:29 Und dann wollte man aber noch Schwarzarbeit eindämmen. Weißt du, ob das irgendwie geklappt hat? Also kann man irgendwie schon da Erfolge messen?
01:55:37 Dafür ist es noch ein bisschen früh. Also es sind, wie gesagt, super wenig Beschäftigte, die da überhaupt betroffen sind. Es war ein Ansehen in der Regierung, dass sie gesagt haben, also viele Betriebe, die beschäftigen ihre Leute, wenn sie dann Fachkräftemangel haben, ohnehin schon einen sechsten Tag. Und dann müssen sie die aber, oder mussten sie bisher schwarz bezahlen, weil es eben per Gesetz gar nicht möglich war, die entsprechenden Leute einen sechsten Tag zu beschäftigen.
01:56:06 Und insofern kann das vielleicht schon zu einer Linderung beitragen, dass man die Schwarzarbeit bekämpft. Oder die schwarz bezahlten Überstunden ist es ja eigentlich nur. Aber da gibt es tatsächlich auch noch keine Zahlen dafür, dass man jetzt sagen könnte, das ist in der Art besser geworden als vorher. Verstehe. Der CSU-Chef Markus Söder lobt das griechische Modell und fordert auch von den Deutschen mehr Fleiß. Ist die Sechs-Tage-Woche auch was für Deutschland?
01:56:35 Naja, vielleicht fangen wir jetzt mal an mit der Aktivrente und den steuerfreien Überstunden und dann können wir schauen, ob die Produktivität nach oben geht oder nicht und dann können wir uns über weitere Maßnahmen unterhalten. Also erstmal nicht. Ich denke, wir fangen jetzt erstmal mit der Aktivrente und den steuerfreien Überstunden an. Danke.
01:56:50 Ich finde es ja ganz spannend, erstmal auch ein bisschen jetzt in der Selbstreflexion zu merken, wie man doch manchmal selbst auch auf so sehr aufgebauschte Nachrichten reinfällt. Also auch ich habe das als eine viel weitergehende Maßnahme und vor allem viel mehr Menschen betreffend verstanden, als Sie das jetzt gerade beschreiben. Man hatte ja das Gefühl, 90 Prozent der Griechen arbeiten jetzt sechs Tage die Woche. Also finde ich auch nochmal für die eigene Medienrezeption ganz interessant. Man kann sich aber immer darauf verlassen, egal wie wenig man sich für Fakten interessiert. Markus Söder interessiert sich weniger dafür und schafft es dann daraus gleich.
01:57:19 eine riesen Debatte zu machen. Ich glaube aber, insbesondere wenn Sie jetzt sagen, das ist für Betriebe gedacht, die im Schichtsystem arbeiten, das hatten wir ja vorher einmal aus der Community rückgespiegelt, dass gerade Schichtarbeiten heute ja schon oft sehr körperlich belastend ist. Und wenn ich dann sozusagen sechs Tage die Woche in der Schichtarbeit ist, glaube ich tatsächlich die Gefahr davon, a gesundheitliche Risiken zu haben und b gar nicht mehr produktiv zu sein, im Zweifelsfall dann irgendwann komplett auszufallen, relativ groß. Deshalb wäre jetzt die Saals-Tage-Woche für mich auf jeden Fall keine Lösung.
01:57:48 Was vielleicht eine Lösung wäre, weil das nämlich oft Betriebe, die Sie gerade angesprochen haben, die ja oft mit Teilzeit arbeiten, auch bei Leuten, die aufstecken wollen. Also das ist übrigens was, worüber wir gar nicht geredet haben, was mir doch auch häufig insbesondere Frauen schreiben. Ich würde sogar gerne bei mir arbeiten. Das ist einmal eine Frage von Kita, aber es ist auch manchmal eine Frage von...
01:58:07 Mein Chef stellt einfach immer weitere Teilzeitkräfte ein, weil das teilweise einfacher zu handhaben ist, als mich aufstocken zu lassen. Also ich glaube, bevor wir über sechs Tage Wochen reden, reden wir darüber, dass die Leute überhaupt erstmal die Möglichkeit haben, auf Vollzeit aufzustocken, wenn sie wollen. Vielen Dank. Aber wenn ich das richtig verstanden habe, war das große Aufregung und jetzt betrifft das 0,5 Prozent der Griechen und die Aufregung hat sich gelegt.
01:58:30 So kann man es momentan zumindest beschreiben, würde ich sagen. Tatsächlich wurde es auch hier teilweise dann so aufgefasst, wie es in Deutschland teilweise aufgefasst worden ist, dass eben die Headline natürlich, die Griechen arbeiten jetzt sechs Tage, die sticht natürlich irgendwie in den Medien, aber ganz so ist es dann eben doch nicht. Vielen Dank, dass du uns aufgeklärt hast und ein Einblick gegeben hast daran, wie es in Griechenland gerade funktioniert. Danke dir. Noch einen schönen Abend. Ciao.
Arbeit als mehr als nur Geldverdienen und die Rolle der Führung
01:59:0001:59:00 Wir machen weiter mit dem nächsten Gast, Matthias Tolei. Nämlich, musst du uns jetzt zugeschaltet sein. Hi, schön, dass du da bist. Ja, wir haben heute viel gesprochen, also gerade über die sechs Tage Woche, steuerfreie Überstunden und so weiter, über Stress auf der Arbeit. Und du bist der Meinung, Arbeit ist ja auch mehr als Geld verdienen und müsste, also wir vergessen so ein bisschen den Sinn.
01:59:26 Und forderst ein bisschen mehr Passion? Habe ich dich da richtig verstanden und zusammengefasst? Ja, das ist auf jeden Fall schon ein ganz guter Einstieg. Darf ich noch einen Satz zu der Thematik davor kurz sagen? Sehr gerne. Also ich bin selber auch kein Anhänger von sechs Tage pro Woche. Vielleicht erst vorweg geschickt. Aber ich glaube, eine Sache müssen wir uns schon fragen in Deutschland. Und zwar, wir konkurrieren jetzt nicht so sehr mit...
01:59:55 Gütern aus Griechenland auf den Weltmärkten. Und im Speziellen konkurrieren wir jetzt insbesondere mit Autoindustrie in anderen Märkten, zum Beispiel aus China. Und ich bin relativ viel in Brasilien, weil ich da Familie habe. Und es ist schon sehr spannend zu sehen, Deutschland und Brasilien haben sehr starke Wirtschaftsbeziehungen. Und die Chinesen laufen uns da gerade so krass den Rang ab. Also die VWs.
02:00:22 Also ursprünglich sehr starke Marke in Brasilien, auch wirklich hoher Markenwert. Die neuen ID.4s aus Wolfsburg, die stapeln sich da und stehen wie Blei in den Verkaufsräumen. Und BYD, der chinesische Konkurrent, macht da gerade das Rennen. Und das sind aber 30 Prozent billiger. Ich habe das selber auch angeschaut. Das sind super Autos. Und da, finde ich, müssen wir uns schon als Land die Antwort geben.
02:00:50 auf die Frage, wie wir damit umgehen, dass die Chinesen einfach so viel mehr arbeiten als wir pro Woche. Da habe ich jetzt selber auch keine Antwort drauf. Also ich sehe auch alles, was Ricarda gesagt hat, kann ich auch nur zustimmen. Man braucht Erholungszeiten. Ich merke es auch bei mir selber, ich arbeite sehr viel. Und ich merke bei mir immer zwischen 50 und 60 Stunden die Woche. Und ich merke einfach jedes Mal, wenn ich Pause mache, wie sehr mir die Regeneration auch gut tut.
02:01:17 glaube ich auch, das habe ich anfangs gesagt, ich glaube jetzt nicht an die 6-Tage-Woche, aber ich glaube schon, dass wir durchaus nochmal über die Arbeitszeit nachdenken müssen, wenn wir auf den Weltmärkten bestehen wollen. Wenn wir sagen, wir geben das auf und in Zukunft Autoindustrie ade und die Chinesen machen das schon und die machen ja auch gute Autos und das passt schon, dann können wir ruhig so weitermachen, aber das wäre quasi nicht mein Anspruch als Unternehmer, dass wir uns so schnell als Auto-Nation geschlagen geben. Das ist jetzt nur so ein Beispiel, weil ich finde, das ist halt nicht so trivial, weil...
02:01:45 Wenn wir eben auf globalen Märkten konkurrieren mit Ländern, die halt wirklich deutlich mehr arbeiten als wir. Das muss man ja auch mal so feststellen. Das wollte ich aber nur kurz mal mitgeben, weil das fand ich jetzt teilweise ein bisschen zu polemisch oder zu vereinfacht dargestellt. Und dann zu deiner Frage zurück. Also ich bin auch viel bei LinkedIn unterwegs und ich lese dann immer von den Arbeitgeberverbänden und Vertreterinnen des Mittelstands und so weiter. Da gibt es ja auch einige lautstarke Personen.
02:02:12 die immer gerne fordern, ja, also wir Deutschen müssen mehr arbeiten und sind alle mal heilfroh, dass der Herr Lindemann und der Herr Merz das mal so deutlich formulieren. Ich bin auch froh, dass die das mal so deutlich formulieren, aber das große Aber ist, wenn immer, wenn ich höre, wenn irgendjemand anders sagt, die anderen müssen jetzt endlich mal, dann bin ich immer hellhörig und frage mich, was ist denn eigentlich dein Teil? Und wenn ich jetzt die ganzen Unternehmerrufen höre in Deutschland, ja, die Arbeitnehmer müssten jetzt mal,
02:02:40 Da bin ich quasi als Arbeitgeber, der nie gesagt hat, hey Freunde, lass doch mal kurz innehalten. Sind wir denn eigentlich vielleicht auch Teil des Problems? Und ich sehe da im Prinzip einen Aspekt extrem krass, also eins, das mir sehr weh getan hat auch, weil es eine kürzliche Studie von Gallup, das ist so ein Forschungsinstitut, das sich ganz viel mit Arbeitnehmern und deren Einstellungen zur Arbeit beschäftigen. Und die haben herausgefunden, dass in Deutschland aktuell 80 Prozent der Arbeitnehmer noch Dienst nach Vorschrift machen.
02:03:10 Also nicht mehr die Extrameile laufen für ihr Unternehmen, sich nicht mehr richtig reinhängen mit allem, was sie haben. Am Wochenende, auch wenn sie mal vielleicht irgendwie Fahrrad fahren gehen um den See, nicht mal drüber nachdenken, wie sie ein kniffliges Problem lösen können, sondern einfach nur noch Dienst nach Vorschrift machen. Und das ist halt eigentlich das Todesurteil für unsere Volkswirtschaft. Und an wem liegt das? Wenn es 80 Prozent sind, dann ist das so eine krasse Zahl, dass ich glaube, dass man zumindest mal bei den Arbeitgebern einen Anteil suchen muss.
02:03:38 Und ich glaube, wir Deutschen, wir sind einfach nicht die großen Storyteller. Ich glaube, wir sind einfach sehr ehrliche Ingenieure und versuchen irgendwie unseren Job da geil zu machen. Aber ich glaube, dass gerade unser Leadership in Deutschland extrem schlecht ist im Vergleich zu angelsächsischen Staaten, mit denen wir jetzt auch in den USA und so weiter konkurrieren. Ich glaube, die sind einfach bessere Geschichtenerzähler und die reißen einfach ihre Leute mehr mit. Und ich kenne so viele Storys aus den ganzen Büchern, die ich mal verschlungen habe, wo...
02:04:05 Keine Ahnung, Hotelmanager. Ich meine, im Hotel zu arbeiten ist, glaube ich, für Leute, die da in der Bar stehen oder die die Zimmer reinigen oder so. Das ist jetzt nicht über jedes Mal der geilste Job. Aber den Leuten den Sinn zu vermitteln, dass jede und jede, die da jetzt mitarbeitet, ein Rädchen im System ist. Von einem System, das eben am Ende des Tages Menschen eine schöne Zeit macht. Nämlich den Menschen, die dann ins Hotel kommen und dann eine gute Zeit haben. Das den Leuten einfach mal hochzuhalten. Und das kann ich jetzt quasi auf den Fabrikarbeiter bei Airbus.
02:04:34 Also ich kann das quasi durch die ganze Volkswirtschaft ziehen und ich glaube, dass wir Arbeitgeber, wir müssen nochmal einfach den Menschen noch mehr klar machen, das Warum. Also warum sollen die jetzt acht Stunden, neun Stunden arbeiten? Warum sollen die das denn machen? Das ist quasi der eine große Punkt, den ich sehe, wo ich sage, hey, da sind wir Arbeitgeber erstmal gefragt, das nochmal besser zu kommunizieren und auch den Menschen zu vermitteln, den Menschen mitzunehmen. Sehr spannender Punkt. Ich würde gerne nämlich jemanden aus der Community dazuholen.
02:05:03 Und genau diesen Punkt besprechen. Also wie macht man das? Wie gibt man Arbeit Sinn? Priexos möchte nämlich mit uns sprechen. Hi. Du arbeitest im Einzelhandel 40 Stunden. Hi. Wir haben nicht mehr viel Zeit, aber vielleicht kurz zu dem Punkt. Kannst du was mit dem Gedanken anfangen? Definitiv, ja. Was Matthias gerade anspricht.
02:05:25 Definitiv. Also allen kann ich auf jeden Fall recht geben, dass auf jeden Fall der Arbeitgeber auf jeden Fall in die Richtung auf jeden Fall auch mehr kommunizieren sollte. Auch in Richtung, warum solltest du mehr arbeiten? Was für Ziele streben wir an zum Beispiel jetzt? Weil meistens ist es ja so, dass der Arbeitnehmer meistens die 40 Stunden Arbeitswoche macht, aber gar nicht wirklich auch mitbekommt, welche Rätchen sich da im Hintergrund drehen. Warum macht man das? Warum macht man dies? Warum macht man jenes?
02:05:52 Einfach mal auch mal einleuchten. Okay, die Woche haben wir jetzt richtig hart gearbeitet. Was haben wir davon? So einfach den Arbeitnehmer auch mal mehr mit an die Hand nehmen. Das ist zum Beispiel das, was ich sehr vermisse im Einzelhandel. Ich bin zum Beispiel einer, ich habe auch immer sehr gerne gearbeitet. Ich habe auch gerne auch mal Überstunden gemacht, wenn es der Filiale oder dem Betrieb selber auch geholfen hat.
02:06:15 Jedoch wurde ich dann auch immer weniger mitgenommen. Ich habe immer weniger verstanden, warum tue ich das? Und dadurch hat es sich dann aber auch wieder reduziert so ein bisschen. Und das fand ich halt sehr schade. Ja, super spannender Punkt. Also wie, was können Arbeitgeber besser machen? Und du sagst, bei dir wäre das gewesen, quasi dir das Gefühl zu geben, dass du Teil von was bist, von einer größeren Sache. Es hat was mit Anerkennung zu tun. Definitiv, hundertprozentig, ja.
02:06:42 Also ich sag mal so, ich glaube, wie gesagt, ich kann das mal so erläutern, so ein bisschen auch so als Beispiel, dass man sich das ein bisschen vorstellen kann. Wenn jetzt ein Arbeitnehmer zum Beispiel um 5 Uhr früh so ein Rewe reinkommt und dann die ersten zwei Stunden bis zur Ladenöffnung da sein Zeug macht, da ganz entspannt und...
02:07:03 Ladenöffnung, so dann bis 14 Uhr arbeitet und dann vielleicht auch noch mal eine Stunde länger macht, weil vielleicht das Obst noch nicht fertig ist oder sowas. Dass man das auch einfach auch mal, sag ich mal, belohnt, sag ich mal. Und es muss ja nicht mal Geld sein. Ich finde auch, man kann mit gewissen anderen Dingen belohnen. Was ich zum Beispiel immer gerne gesehen habe bei meinem Lernbetrieb damals in der Merzgerei war.
02:07:24 In dem Moment, wo ich mehr getan habe und von mir aus auch mehr lernen wollte, kam der Arbeitgeber auf mich zu und hat mir dafür auch andere Dinge ermöglicht. Höheren Standpunkt, mir mehr gezeigt, mir diese Wege ermöglicht, die ich auch dann, sag ich mal, angestrebt habe. Und das vermisse ich so ein bisschen. Die Leute, die wirklich bereit sind, auch mehr zu tun, die...
02:07:45 Die werden gleichgesetzt mit den Leuten, die nicht bereit sind, mehr zu tun. Und da, das höre ich immer wieder, dass man sich dann denkt, ey, ich bekomme am Ende nicht mehr als jemand, der überhaupt keinen Bock hat. Warum sollte ich dann was tun? Auch wenn das, sage ich mal, jetzt wirklich so ein Whataboutism ist am Ende wieder, dass man das sagt, ey, wenn andere das mit dem niedrigeren Ding bekommen, warum sollte ich dann mehr tun? Klar, wenn wir danach denken, ist es immer sowieso am Arsch.
02:08:12 Ja, ich finde es halt wichtig, dass man da wirklich auch sagt, ey, du leistest viel für diesen Betrieb. Ich nehme dich mit. Ich nehme dich mit. Ich gebe dir vielleicht eine höhere Position. Ich zeige dir was, was andere vielleicht noch nicht so gut können. Ich gebe dir da diese Aufmerksamkeit und alles drum und dran. Das finde ich richtig gut. Matthias, würdest du sagen, das ist tatsächlich auf alle Berufe dann auch ausweitbar oder gibt es einfach Jobs, die...
02:08:36 Wo es eben nicht geht, dass man sich erfüllt sieht, wo es einfach ein Job ist, den man mal machen muss, um Geld zu verdienen. Also ist das nicht auch ein bisschen elitär, das zu glauben? Oder wie siehst du das? Nee, also es gibt sicherlich Jobs, die einfach wirklich extrem hart sind und wo es auch schwer ist, der Sache einen Sinn zu geben. Das gibt es bestimmt. Aber ich glaube, das trifft gleich auf ein Prozent oder drei Prozent der Jobs zu. Ich glaube, die allergrößte Anzahl von Jobs.
02:09:05 Wenn die Menschen da nicht wissen, wofür sie es tun, ist es schlechtes Leadership. Und alles, was der Kollege hier, Prixos, sorry, ich kenne den Vornamen nicht, was er gerade bemängelt hat, für mich ist das wirklich alles zusammenzufassen unter Leadership. Und ich glaube, darin müssen wir besser werden. Das ist wie Mathe können. Das wird einem nicht in die Wiege gelegt. Manche Leute bringen das mit ihrem Charakter mit, aber es ist ehrlicherweise etwas, was erlernt werden muss. Und da wird zu wenig investiert.
02:09:35 Also ich habe einen Coach, den finde ich ganz toll, der sagt immer, better people make better leaders. Und ich glaube, wir müssen einfach wirklich darin investieren, dass gerade die Leute, die andere führen, das ist nämlich eine Machtposition, dass das vor allem echt gute Menschen sind. Und dann werden die auch bessere Führungskräfte und dann werden die Leute auch wieder mehr rackern. Aber für den Arsch arbeitet man nicht gerne. Und deshalb, ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir Arbeitnehmer und auch alle Führungskräfte in unserem Land unseres wirklich bewusst sind.
02:10:04 Wir müssen in unser Leadership investieren, müssen darin investieren, einfach gute Mensch zu sein. Und dann, glaube ich, wird das auch mit den Kollegen, die quasi mit uns und für uns arbeiten. Jetzt dürfen Sie ganz kurz beide reagieren. Ich finde es ganz toll, dass wir so konstruktiv enden nämlich am Schluss und wie Arbeit eben auch schöner gestaltet werden kann und dass Arbeit eben auch mehr, oder dass es wichtig ist, dass es mehr ist als...
02:10:25 als eben Geld verdienen. Deswegen dürfen wir jetzt einmal kurz darauf reagieren und dann gehen wir aufs Ende zu. Ja, sehr gerne. Meine Erfahrung ist tatsächlich auch neben dem Warum, was ihr angesprochen habt, auch die Selbstwirksamkeit. Ich war ja in meiner Zeit als Parteivorsitzende auch Arbeitgeberin von der Parteizentrale, wo über 100 Leute gearbeitet haben. Und meine Erfahrung war, wir haben die Leute verloren, entweder weil sie gegangen sind oder weil sie sozusagen so ein bisschen so dieses innere Quitting, also ich bin zwar irgendwie noch da, aber ich fühle mich dem kaum noch verbunden, die immer wieder gegen Wände gelaufen sind, die das Gefühl hatten, ich meine,
02:10:54 mache eine Arbeit, dann kommt plötzlich mein Chef, wirft alles wieder um und vor allem mir wird nichts zugetraut und ich habe auch keine eigene Möglichkeit der Gestaltung. Und ich glaube, das Schlimmste, was einem passieren kann, leider haben Politiker manchmal die Tendenz dazu, als Führungskraft ist Mikro-Management. Also da, wo ich jemandem das Gefühl habe, ich traue dir überhaupt nicht zu, selbst entscheiden zu treffen, warum sollte die Person Bock haben, selbst entscheiden zu treffen? Warum sollte die Person einen Anspruch haben, das möglichst gut zu machen? Warum sollte die Person an sich selbst glauben? Und ich glaube, deshalb auch als Chef mal zu verstehen, du weißt nicht alles,
02:11:24 besser, du musst nicht alles kontrollieren, sondern du vertraust in deine Mitarbeiter. Das ist auch unfassbar wichtig dafür, dass die sich in der Arbeit wiedersehen und das Gefühl haben, ich kann hier auch selbstwirksam sein. Ja, total. Und das, was ihr beide gerade geschildert habt, einmal aus Arbeitgeber- und einmal aus Arbeitnehmerperspektive, also die Bereitschaft zur Reflexion zu sagen, wie kann ich eine gute Führungskraft sein? Wie kann ich die Gelegenheit nutzen als Arbeitnehmer?
02:11:52 Vielleicht auch einen Mehrwert über die reine Arbeitszeit hinaus zu erwirken. Das ist, glaube ich, für uns, die wir hier sitzen, als Politiker, auf der abstrakten Ebene, also dann wieder auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene Aufgabe, weil das, was du gerade gesagt hast, Matthias, da geht es darum, irgendwie so einen Funken zu entzünden und auch Leute zu begeistern und mitzunehmen, ist ja.
02:12:19 genau die Aufgabe von Politik. Und ich glaube, ganz ehrlich sagen zu dürfen, vielleicht teilst du das ja auch, Ricarda, da geht noch mehr und da muss noch mehr gehen, um am Ende des Tages die von dir angesprochenen Probleme in der Autoindustrie und in vielen anderen Branchen, die wir in diesem Land haben, dann auch zu überwinden.
02:12:41 Vielen Dank an euch beide. Habt noch einen schönen Abend. Danke, dass ihr dabei wart. Danke auch an Sie. Kurze Schlussprognosefrage. In 20 Jahren diskutieren wir dann über vier Tage, sechs Wochen. Wie wird dann die Arbeitswelt aussehen? Wie viel arbeiten wir dann ungefähr? Als Ausblick. Was glauben Sie?
02:13:00 Wenn wir alles gut machen, sind wir bis dahin wirklich deutlich effizienter und haben die Digitalisierung nicht als was erlebt, was über uns hereinbricht und irgendwie uns passiert, sondern was wir gestalten und können damit auch die Lebensqualität der Leute verbessern, was zumindest heißt, dass Arbeit besser ins Leben passt. Ich glaube, das wird sich nicht immer bei jeder Person in der Stundenzahl messen, aber darin, dass sie zufriedener sind und vielleicht auch mehr Sinn in ihrer Arbeit sehen. Also weniger digitaler?
02:13:24 Weniger digitaler? Ja, digitaler und ich glaube, besser zum Leben passen. Das wird bei manchen mehr sein, das wird bei manchen weniger sein. Ich glaube aber, dass es in der Tendenz schon mein Ziel ist, dass die Leute nicht mehr arbeiten müssen in 20 Jahren. Dafür werde ich mich auf jeden Fall auch einsetzen. Es wird in den nächsten 20 Jahren flexibler werden. Es wird individueller werden. Ich glaube, dass verschiedene Lebensentwürfe dann bedeuten können, mehr im Sinne von ...
02:13:52 mehr Arbeitszeit zu investieren, aber auch unterm Strich auf jeden Fall effizienter zu arbeiten. Ich hoffe und ich bin guter Dinge, dass die von der Bundesregierung jetzt erdachten Maßnahmen, ich will aber ganz ausdrücklich sagen, auch das, was in der Vergangenheit ja in dem Thema schon getan wurde, dazu führen werden, weil, das ist vielleicht dann das Schlusswort meinerseits, über alle Parteien hinweg ist klar, dass sich
02:14:19 im Arbeitswesen in der Bundesrepublik Deutschland etwas ändern muss. Vielen Dank für die zwei Stunden, die wir hier diskutiert haben. Danke euch, dass ihr dabei wart. Morgen geht es an dieser Stelle weiter mit Mixed Talk. Da geht es um Trading Card Games, geht es hier noch ums Spielen. Wir gehen in die Sommerpause und sehen uns dann am 26. August wieder hier. Macht's gut. Ciao.