Politik & wir ! MixTalk ! 35 Jahre Deutsche Einheit - wen juckt's? [!Thema]
35 Jahre Deutsche Einheit: Diskussion über Ost-West-Unterschiede im ARD-Mixtalk

Im ARD-Mixtalk analysieren Experten und Politiker 35 Jahre nach der Deutschen Einheit die noch bestehenden Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Themen sind Identität, mediale Darstellung, strukturelle Ungleichheiten, Lohngefälle, Rentenunterschiede und die Rolle der Treuhand. Es werden Lösungsansätze zur Stärkung der Einheit und zur Förderung von Chancengleichheit diskutiert, darunter eine Aufarbeitung der DDR-Geschichte, die Anerkennung von Leistungen im Osten und die Notwendigkeit einer gesamtdeutschen Verantwortung.
Viele freuen sich, am Tag der Deutschen Einheit frei zu haben – aber, Hand aufs Herz: Wie wichtig ist das Thema Ost und West heute noch für euch? Wir diskutieren mit euch über die Deutsche Einheit: Von Ost-West-Klischees, über ungleiche Chancen bis hin zum Wir-Gefühl in Deutschland. Und zusammen schauen wir in die neuste Bundesvibe-Doku zum Thema Deutsche Einheit: [https://1.ard.de/bundesvibe-deutsche-einheit](https://1.ard.de/bundesvibe-deutsche-einheit) Mit dabei sind: Hakon, die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Josephine Ortleb (SPD), Nora Seitz (CDU), Paula Piechotta (BÜ‘90/Die Grünen), Paartherapeutin Dr. Ilka Hoffmann-Bisinger, die Konfliktwissenschaftlerin Prof. Sabrina Zajak und Journalistin Marieke Reimann.
Begrüßung und Einführung in das Thema
00:10:4200:10:42 Hallo und herzlich willkommen hier auf dem ARD-Kanal. Ich freue mich sehr, dass ihr mit dabei seid, heute am Tag der Deutschen Einheit. Ja, schönen Tag der Deutschen Einheit allerseits. Heute mit einem ganz, ganz besonderen Twitch-Stream und zwar mit einer Ost-West-Kooperation kann man sagen und mit einer Ost-West-Doppelmoderation. Bei mir ist oder wir sind zusammen hier Katharina Röhm vom SWR vom Südwestrundfunk ist da.
00:11:06 Genau, und vor mir sitzt Florian Prokop vom RBB, quasi Ost und West, man könnte sagen ganz symbolisch heute, schon vereint. Und wir streamen nicht nur auf Twitch, sondern auch auf dem YouTube-Kanal vom SWR, von SWR aktuell. Schön, dass ihr da seid. Genau, also es ist eine Politik und Wir und Mixtalk-Kooperation hier heute stattfindet. Unser Thema heute 35 Jahre Deutsche Einheit, wen juckt's? Und lieber Chad, schön, dass ihr dabei seid.
00:11:34 Ich bin Jahrgang 88, Katharina, du bist Jahrgang 90. Wir haben jetzt beide die Wiedervereinigung also nicht aktiv miterlebt, aber vielleicht ja ihr. Das würde mich direkt mal am Anfang interessieren. Schreibt doch mal eine Eins in den Chat, wenn ihr wirklich aktive Erinnerungen habt an die Wiedervereinigung oder eine Zwei, wenn ihr keine Erinnerungen habt.
00:11:56 Kommt da schon was? Genau, ich sehe, es wird schon über das Datum diskutiert. Ja, das stimmt. Und vor allem auch bei YouTube wird diskutiert, sehe ich. Das sind YouTube-Kommentare. Auf Twitch kommt jetzt bei mir gerade erstmal noch nichts rein. Dann starten wir doch erstmal stimmungsvoll rein, oder? Würde ich sagen. Ja, genau, weil wir wollen ja...
00:12:17 heute nicht zu sehr in die Vergangenheit schauen. Wir wollen uns vor allem mit dem Heute beschäftigen. Wir wollen eher fragen, warum interessiert uns das Ganze heute? Aber genau, lass uns doch trotzdem mal ein paar Erinnerungen anschauen, oder? Genau, ihr könnt ja mal sagen, Chat, ihr könnt ja mal sagen, wenn wir uns gleich die Bilder angucken, vielleicht kennt ihr sie auch schon, vielleicht kommen sie euch bekannt vor. Schreibt doch mal rein, was ihr dabei fühlt, was euch dabei durch den Kopf geht. Soll ich noch? Mach mal.
00:12:49 Also Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen, Reiseanlässe und Genehmigung werden kurzfristig erteilt? Also ich glaube...
00:13:09 Viele der Bilder kennt man auch, aber ich glaube, es ist fast nicht nachvollziehbar, wie überwältigend das damals gewesen sein muss. Also auch diese Emotionen, diese Freude und ich glaube, wenn man damals das noch nicht so miterlebt hat, ist es, glaube ich, es ist einfach gar nicht zu fassen, was für eine Euphorie das damals war und auch für ein Freiheitsgefühl. Und ich glaube...
00:13:33 Es gibt in jeder Generation so ein prägendes Erlebnis, wo jeder weiß, da war ich. An dem Tag habe ich gerade das gemacht, als das passiert ist. Ich weiß nicht, wie haben es deine Eltern erlebt? Berlin nun freu dich. Berlin nun freu dich, haben wir gerade noch gehört. Ich weiß, dass meine Mama zu Hause geblieben ist, aber mein Papa ist mit Freunden sofort nach Berlin und sofort in den Westen gefahren. Ich glaube, eine der ersten Sachen, ich weiß nicht, ob wirklich an dem Abend, aber eine der ersten Sachen, die meine Eltern...
00:14:01 gekauft haben, drüben besorgt haben, war ein Teddy, den ich auch heute noch habe. Und ich glaube, die haben also auf jeden Fall gute Party gemacht und hatten, glaube ich, auch eine ganze Karte am nächsten Tag, weil sie, glaube ich, viel Sekt getrunken haben. Also die haben sich auf jeden Fall gefreut. Wurde richtig gefeiert. Ja.
00:14:18 Wie war es bei deinen Eltern? Weißt du da was? Ich habe meine Mutter im Vorfeld zu diesem Schirm mal gefragt, wie sie es denn wahrgenommen hat. Und sie musste ein bisschen lachen, weil sie krank im Bett lag. Und ihr Onkel hat aber angerufen und gefragt, ob sie mit nach Berlin fahren will, weil die sind direkt mit dem Auto losgefahren. Und sie konnte leider nicht, weil sie krank war. Und das ist natürlich sehr schade. Sie war dann ja irgendwann schon nochmal drüben. Ja, das auf jeden Fall.
00:14:41 Sie hat auch erzählt, dass man dann, nachdem die Mauer gefallen ist, dass man überall Trabis auf den Straßen gesehen hat, also dass man das danach auch noch so ein bisschen gespürt hat. Also mich kriegen die Bilder schon auch immer wieder, muss ich sagen. Also wenn ich mir das angucke, so diese Besonderheit und diese Freude überträgt sich schon bei mir. Ja, es ist schon beeindruckend, aber ich glaube, und es wird ja wahrscheinlich sein, worüber wir heute auch diskutieren werden, inwiefern...
00:15:10 Beschäftigen uns heute noch die Folgen dieser Wiedervereinigung? Ist die Einheit schon da? Juckt es uns noch? Und was macht dieser Feiertag mit uns? Darüber wollen wir heute auch mit euch sprechen. Wir haben ja im Chat gefragt, was es mit den Menschen im Chat macht. Und jetzt sehen wir auch ein paar Leute, die auch auf Twitch sind. Deswegen können wir vielleicht mal zeigen. Ah, sehr schön. CupcakeTV sagt, krass, das ist so surreal, dass Deutschland mal wirklich geteilt war. Ich habe es nicht miterlebt, aber man spürt es. Finde ich interessant. Wo würdest du sagen, spürt man das? Kannst du ja gerne nochmal in den Chat auch schreiben.
00:15:39 Theoretisch schreibt, sie sind mir gerade gefragt worden, ob wir alt sind. Ja, wir reduzieren heute alle aufs Alter und auf die Herkunft. Ja, das machen wir die nächsten zwei Stunden. Sehr schön. Und Maria Brigittis schreibt, war in Bremen tatsächlich vor dem Fernseher und konnte es nicht glauben. Am nächsten Tag waren Besucher aus dem Osten in Bremen und viele Bremer wollten Gastgeber sein. Es gab mehr Gastgeber, also auch so ein Willkommen heißen. Ja. Sehr schön.
00:16:12 Könnt gerne auch in den Chat schreiben, wenn ihr sagt, was euch genau dieser Tag, Tag der Deutschen Einheit, was er euch so bedeutet, ob ihr euch als Ossi fühlt, als Wessi fühlt und natürlich mit all unseren Gästen, die wir heute so eingeladen haben, könnt ihr gerne dann mit ins Gespräch kommen, mit dabei sein. Und übrigens zu diesem Thema, das wir heute haben, 35 Jahre Deutsche Einheit, wen juckt's, gibt es auch eine Bundesweib-Reportage.
00:16:40 Also da haben die Kollegen einen Film gemacht, den können wir euch gerne ans Herz legen. Den findet ihr in der ARD Mediathek. Und ein paar Menschen von denen, die da im Film vorgestellt werden, die sind heute auch hier live zu Gast.
00:16:52 Genau, aber wie immer könnt ihr auch zu Gast sein. Typisch wie bei Mixtalk und bei Politik und Wir könnt ihr euch dazu schalten. Einfach den Anklingeln-Button oben über dem Chat oder unter dem Stream drücken, dann werdet ihr durchgeleitet und dann landet ihr bei uns. Könnt mitdiskutieren oder wenn ihr zum Beispiel auch eine Frage an einen Gast habt, kommt einfach rein und stellt die ganz direkt. Richtig. Helene Lestrange schreibt übrigens auch nochmal zu unseren Videos, die wir gezeigt haben, dass das sehr berührende Bilder sind.
00:17:22 Genau. Und würde ich sagen, starten wir direkt rein und holen mal unseren ersten Gast mit dazu.
Erster Gast Marike Reimann und Harkon über Ost-West-Identität
00:17:3100:17:31 Gucken. Hi, einen wunderschönen guten Abend. Hallo Marike. Marike Reimann ist da. Schön, dass du da bist. Du bist ja quasi, du bist in Rostock geboren und warst auch zuletzt zweite Chefredakteurin beim SWR und damit die erste ostdeutsche Chefredakteurin beim öffentlich-rechtlichen Sender im Westen. Also bringst sowohl da auch beruflich im Westen einiges an Erfahrung mit.
00:18:00 Und wenn du diese Bilder gerade eben gesehen hast, wie wurde denn die Wiedervereinigung in deiner Familie aufgenommen? Wie wurde darüber gesprochen? Also ich war, ich bin 87 geboren, ihr habt es gerade schon gesagt und ich war so zweieinhalb, sage ich mal.
00:18:17 Ich kann mich natürlich nicht mehr genau daran erinnern. Ich weiß nur, dass ich dann versucht habe, meiner kleinen Schwester, die 90 geboren ist, zu erklären, was die Wiedervereinigung ist und habe das am Sendeplatz des Sandmanns festgemacht, weil der Sandmann auf einmal woanders kam und dann auch zu einer anderen Zeit. Ich habe gesagt, das ist die Wiedervereinigung. Der Sandmann kommt und kommt jetzt woanders und kommt wann anders. Und die Rosinenbrötchen bei mir vor dem Kindergarten sind teurer geworden. Das war für mich sozusagen aus der Perspektive einer Dreijährigen.
00:18:46 Wiedervereinigung. Ansonsten ist Wiedervereinigung für mich natürlich, dass ich total ostsozialisiert bin, gleichzeitig aber auch irgendwie nordsozialisiert, kommen wir bestimmt gleich noch zu. Ja, genau. Lass uns das noch mal kurz hinten anstellen. Wie war es denn in deiner Familie für deine Eltern? Was war denn das für ein Umbruch, diese Wende?
00:19:06 Also insgesamt war es ja ein riesiger Umbruch für alle DDR-Bürger und Bürgerinnen. Einfach, ich sag mal, vier von fünf Leuten haben ihre Arbeit verloren, also jede Menge, obwohl man davor in der DDR jetzt Arbeitslosigkeit so fast gar nicht kannte. Und meine Eltern waren auch davon betroffen, weil sie beide ihre Jobs verloren hatten und dann auch echt nochmal gucken mussten mit Ende 20, Anfang 30, wie sie sich neu aufstellen und wie sie vor allen Dingen auch, also meine Mutter dann,
00:19:34 eine sehr junge Familie durchkriegen. Das war schon sehr einschneidend, weil dann natürlich auch die Gespräche bei uns am Armbrotstisch dahingehend waren, sozusagen Job verloren, dann vielleicht im neuen Job Westdeutsche, die sozusagen in diesem ganzen Führungstransformationsaustausch dann, das war ja in vielen Unternehmen so, dass dann Westdeutsche in die Führungsposition gegangen sind, in denen vorher Ostdeutsche waren. Das war natürlich auch Thema, dass dann
00:20:01 meine Mutter auch Vorgesetze hatten, die westdeutsch waren. Und das war jetzt, das kenne ich auch von Freunden nicht unbedingt immer so, dass man gut damit umgehen konnte, dass nun in allen Führungskreisen westdeutsche Personen irgendwie zugegen waren. Ja, also da auch ein großer Umbruch. Und wir holen jetzt noch jemanden in unserer Runde mit dazu.
00:20:24 Hallo Harkon. Das bin ja ich, einen wunderschönen guten Tag. Einen wunderschönen guten Abend. Hallo. Du bist auch 87 geboren, bist Streamer, bist in Hessen geboren und da wir ja heute bei allen so ein bisschen auf Ost-West-Connection gucken, du bist mit 15 dann nach Ost-Berlin gezogen. Schön, dass du da bist.
00:20:50 Ich weiß nicht, ob du gerade eben die Bilder gesehen hast. Machen die noch was mit dir oder fühlt sich das schon ganz weit weg an? Also man hat es ja nicht selber miterlebt, deswegen ist es wahrscheinlich sowieso weiter weg. Aber wie geht es dir dabei? Ich glaube, meine Gedanken an dem Tag waren ein bisschen andere, als dass die Mauer gerade aufgeht. Im Großen und Ganzen ist es natürlich trotzdem schön zu sehen, dass es vor allen Dingen auch friedlich gelaufen ist. Ich meine, es hätte auch anders ausgehen können. Das ist es zum Glück nicht. Und es sind natürlich auch schöne Bilder am Ende des Tages für mich. Ja, würde ich sagen.
00:21:18 Das haben wir gerade eben schon angesprochen, inwiefern so Labels wie Ostdeutsch, Westdeutsch heute noch eine Rolle spielen. Wir haben vorher mal drüber geredet, Flo, du meintest, für dich ist Ostdeutsch...
00:21:28 noch mehr Teil der Identität? Das ist auf jeden Fall was, ich weiß nicht, ob es Marike, ob es dir ähnlich geht. Ich habe mich jetzt nie als Ostdeutsch gefühlt, aber als ich so als Jugendlicher dann mal im West, in Gelsenkirchen war ich, in einem Theateraustausch und da wurde ich sozusagen im Westen zum Ossi gemacht. Da habe ich das das erste Mal so überhaupt mitbekommen und später haben wir das uns so ein bisschen gegriffen und haben gesagt, okay, wenn wir hier irgendwie als Ossi definiert werden, dann machen wir das eben so, aber so wie wir das wollen. Geht das ähnlich, Marike?
00:21:58 Ich erinnere mich noch daran, ich habe mein erstes Studium in Ilmenau gemacht. Das ist eine Kleinstadt in Thüringen und damals gab es noch StudiVZ. Die Älteren unter euch erinnern sich vielleicht. Und da gab es so Gruppen von meinen MitkommunitorenInnen, die quasi geschrieben haben, hey, für mich hat es, ich war nicht schlau genug für den Westen, deswegen studiere ich jetzt im Osten solche Geschichten. Und dann später, als ich dann als Journalistin gearbeitet habe, wurde ich echt oft darauf angesprochen, warum ich kein Sächsisch spreche, obwohl ich doch aus dem Osten komme. Ich denke mir so, ey Leute, habt ihr mal oft?
00:22:27 die Landkarte geguckt. Ich bin ursprünglich aus Rostock, da spricht man jetzt echt alles andere als Sächsisch. Und so generell so diese Zuschreibungen in den Medien, so alle sprechen irgendwie Sächsisch, kommen so ein bisschen dümmlich daher und so weiter, das zieht sich schon so durch mein Leben, ja. Also ich kann ja an der Stelle mal die westdeutsche Perspektive wiedergeben.
00:22:49 Ich glaube, bei mir in der Jugend war es tatsächlich so, dass Westdeutsch irgendwie gar nicht so groß zur Identität dazugehörte. Also klar, man hat es irgendwie mal im Geschichtsunterricht gehört, aber es war jetzt nichts, was so identitätsstiftend war. Harkon, du bist ja auch im Westen geboren. Wie ging es dir denn damit? Ging es dir ähnlich oder ist das nur meine Perspektive? Absolut das Gleiche. Also das hat für mich tatsächlich nicht so die Rolle gespielt, aber jetzt nicht, weil ich sage, dass ich da irgendwie moralisch überlegen war, sondern es war einfach so etwas, wo ich gar keine Berührungspunkte mit hatte in meiner Jugend.
00:23:17 hatte dann mir auch nie Gedanken darüber gemacht, weil ich es wahrscheinlich auch gar nicht musste. Und mein Opa hat das dann irgendwann zu mir gesagt, bevor wir umgezogen sind, sodass die mich natürlich auch als Westdeutschen sehen werden. Und ich habe das irgendwie überhaupt gar nicht verstanden, was er davon mir wollte in dem Augenblick. Aber tatsächlich habe ich es dann so gehabt, dass ich in Ostdeutschland, wurde ich dann von ein paar Leuten immer als der Wessi bezeichnet. Und wenn ich dann wieder zu Hause war in meiner Heimat, dann war ich auf einmal der Ostdeutsche. Also das kenne ich dann auch.
00:23:45 Wenn du als Wessi bezeichnest wurdest, was ist dir so begegnet an Vorurteilen? Ich würde sagen, das Übliche. Also natürlich, die Eltern sind immer reich, haben eine Firma. Alle, wo man herkommt, sind auch alle reich. Klassisch halt. Hä, ist das nicht so? Ja, natürlich. Also wir sind ja alle Millionäre. Wenn wir über diese Labels sprechen. Das sind die gute Art und Vorteile sozusagen, würde ich sagen.
00:24:12 Wenn wir über diese Labels sprechen mit Ost und West.
Bedeutung der Ost-Identität und Berichterstattung
00:24:1600:24:16 Ist ja auch die Frage, ob die heute, also irgendwann, man könnte ja denken, das verblasst irgendwann, das ist irgendwann nicht mehr so wichtig. Jetzt wurde diese Woche der Bericht der Ostbeauftragten der Bundesregierung von Elisabeth Kaiser der Bericht vorgestellt. Und da sagt sie, obwohl junge Menschen ganz selbstverständlich, so wie ich auch, im Vereinigten Deutschland aufgewachsen sind, spielt die Identifikation mit Ostdeutschland immer noch eine große Rolle. Und es gibt auch Stimmen, die sagen, das wird sogar wieder wichtiger. Marike, würdest du da mitgehen?
00:24:43 Ja, auf alle Fälle. Ich meine, also ich glaube, wir haben alle mitbekommen, dass jetzt auf einmal das Thema Ostdeutschland, ich sage mal so mindestens seit fünf bis zehn Jahren.
00:24:51 wieder mehr in der Berichterstattung eine Rolle spielt. Und der Hintergrund ist ja eigentlich ein trauriger, sag ich mal. Also die AfD-Wahlergebnisse sind hochgegangen. Dann wurde über den Osten, wo ja auch die Frage ist, was ist dieser Osten eigentlich, sehr pauschalisierend berichterstattet. Also die Zuschreibung auf die Gruppe der Ostdeutschen war weiß, eher so ein bisschen zurückgeblieben, proletarisch, AfD-Wählende, alle gegen irgendwie was Progressives.
00:25:20 Hintergrund ist eigentlich eher ein trauriger Anlass, aber was daraus entstanden ist, ist eine neue Diskussion über eine Ost-Identität, die ich total gut finde. Also dass es jetzt auf einmal Podcasts gibt, es gibt viele Bücher, es gibt Streams wie euren, die auch außerhalb dieser Jubiläen, sag ich mal, also jetzt ballt es sich ja gerade, weil Tag der Deutschen Einheit und Mauerfall, das sind immer so die Daten, zwischen denen es viel stattfindet, aber es findet auch zwischendurch jetzt langsam mehr statt und das ist irgendwie verdammt gut.
00:25:47 Ja, also ich glaube auch, dass für viele das irgendwie eine Rolle spielt und dass die Diskussion da auch Fahrt aufgenommen hat. Wir gucken mal kurz in den Chat. Rift Law schreibt zum Beispiel dazu, ich bin mit 15.
00:26:03 Na, wieso funktioniert es nicht? Ich schrei, ich drücke auf. Gerne. Das läuft bei uns. Naja, oder auch nicht, weil ich kriege es auch, glaube ich, nicht. Okay, warte, ich lese es einfach so vor. Ich bin mit 15 auf ein Internat in Frankfurt oder gekommen. Das war so 2000. Die erste Frage war, ob ich aus dem Westen komme. Hatte ich mir vorher nie Gedanken darüber gemacht. Also Harkon, auch das, was du gerade sagst, man wurde dann irgendwie doch nach der Herkunft und nach dem Wessi gefragt.
00:26:28 Und ich versuche es nochmal mit einblenden. Ja, Golden Fox NPC schreibt, Tag der deutschen Einheit war mir nie ganz bewusst, dass Schulen nicht viel dazu erklären. Bin gespannt, viel von euch dazu zu erfahren. Also ich glaube, bei mir im Geschichtsunterricht war das auch nicht großes Thema, muss ich gestehen. Also wir hatten sehr ausführlich englische und französische Revolution. Man sich fragt, wie sinnvoll das ist im Vergleich und dann DDR so gut wie gar nicht.
00:26:51 Ich kann mich auch nicht ehrlich gesagt so richtig daran erinnern. Ich habe nur irgendwann später den Aha-Effekt gehabt, dass meine Geschichtslehrer natürlich auch schon, also ich denke da an eine Geschichtslehrerin, die ich hatte, die schon älter war, die auch vermutlich schon in der DDR-Geschichtslehrerin war. Und ich kann mich leider nicht mehr gut erinnern, wie sie die DDR vermittelt, also wie wir das sozusagen gelernt haben und ob es ein großes Thema war. Ich glaube, wenn es eins gewesen war, könnte ich mich vielleicht besser erinnern. Marike? Also ich weiß, dass es...
00:27:20 Auf alle Fälle war die ganze Nazi-Zeit sehr, sehr viel Thema. Und französische Revolution haben wir auch gefühlt jedes Jahr gehabt. Deswegen musste ich gerade so schwunzeln, weil es dann auch in meinem Abi-Thema war. Daran erinnere ich mich noch gut. Ja, bei uns auch. Und DDR war dann so zwischen, okay, zwei deutsche Staaten haben sich gegründet, dann Stasi, Mauertote, Mauerfall, that's it. Das ging so, glaube ich, über zwei Wochen. Und da dachte ich so, ey, Moment, ich wohne hier irgendwie in Rostock. Ich bin umgeben von Ostdeutschen und Lehrern und Lehrerinnen, die irgendwie in der DDR aufgewachsen sind. Kann es ja irgendwie nicht gewesen sein. Ich weiß.
00:27:49 aber, dass wir so Projektwochen hatten. Also an meiner Schule gab es auf alle Fälle Projektwochen, wo es zum einen einen Austausch gab mit der Westdeutschen Schule. Ich weiß ja nicht mehr, welche Stadt oder welches Bundesland das war. Und dann gab es so eine Beschäftigung mit dem Leben in der DDR. Und da konnte man dann teilnehmen. Ich weiß, dass ich damals teilgenommen habe, weil es mich voll interessiert hat. Das war so das, was in der Schule stattgefunden hat. Aber ich finde, man merkt.
00:28:13 dass vor allen Dingen so Ostkultur bei vielen Leuten auch in Führungspositionen, die mir schon so begegnet sind, echt keine Rolle spielt. Also das Wissen über Ostpolitik und Ostkultur, Osthistorie ist echt wenig. Und wenn ihr euch zum Beispiel so an die 90er, Nullerjahre oder so erinnert, da gab es auch oft so 70er, 80er Shows bei RTL, ProSieben, so im Unterhaltungsfernsehen. Und ich weiß noch, dass ich so als Kind immer dachte,
00:28:39 Hä, so 70er in der BRD, 80er in der BRD oder bei Sportdokus auch so. Es wurde immer so die BRD-Geschichte als die Deutschland-Geschichte ausgelegt. Und das ist bis heute echt so ein bisschen ein Problem, auch in der Berichterstattung, dass es halt zwei Staaten gibt mit unterschiedlichen historischen Punkten. Und da muss man eigentlich genau darauf achten, dass man das dann auch gut wiedergibt. Haken, wie geht es dir da? Ja, ich wollte einhaken. Es gab tatsächlich so eine DDR-Show auf RTL.
00:29:07 Die waren im gleichen Stil. Aber ich sag mal, ist ein bisschen her, ich die geguckt habe, aber so richtig neutral würde ich die jetzt auch nicht nennen. Ist wahrscheinlich nicht so gut gealtert auch. Nee, nee, nee, die wurde damals moderiert von Oliver Geissen oder so. Ich erinnere mich dran, Harkon. Im Stile von die Top 100 irgendwas aller Zeiten und das war nicht ganz so gut. Kann ich die Frage nochmal hören? Ich habe sie gerade vergessen, sorry.
Aufarbeitung der DDR-Geschichte und strukturelle Ungleichheiten
00:29:3200:29:32 Also inwiefern wir uns eigentlich auch mit der Geschichte genug auseinandergesetzt haben, was zum Beispiel Geschichtsunterricht angeht. Also wissen wir eigentlich genug über diese Zeit? Nee, das ist inwiefern eine Katastrophe. Also zum einen, sie hat gerade gesagt, sie hatte das irgendwie zwei Wochen in der Schule als Thema. Ich glaube, ich hatte das zwei Stunden in der Schule als Thema. Da wurde so gesagt, der DDR hat es gegeben, gibt es jetzt nicht mehr und fertig. So, ist dann auch gut. Schnell abgehakt.
00:29:58 Und das Thema DDR, also ich beschäftige mich sehr viel mit dem Thema, weil ich mich generell sehr viel mit Geschichte auseinandersetze. Und wenn wir uns jetzt zum Beispiel Themen anschauen, wie die Treuhand und die Abwicklung der volkseigenen Betriebe, beziehungsweise halt eben die Kapitalisierung, Privatisierung des Kapitals der DDR damals abgegangen ist. Wenn man das erzählt, dann schlagen die Leute die Hände über dem Kopf zusammen und die haben basically keine Ahnung. Das Wort Treuhand haben Sie vielleicht mal irgendwo gehört.
00:30:26 Aber was da alles wie passiert ist, da muss man schon fast schon Special Interest anmelden und muss lange Vorträge halten. Und dann klickt man auch immer wie so ein halber Verschwörungstheoretiker, wenn man das so erzählt. Ist auch was, was im Chat übrigens kommt, um das kurz einzuwerfen. Kutamo hat da denselben Punkt wie du in der Schule bei mir. Nicht viel über die DDR, selbst über die Treuhand nicht, obwohl ich in den 2000ern in Ostdeutschland zur Schule gegangen bin. Also wenn du einen Lehrplan schreiben könntest, DDR-Treuhand wäre dabei.
00:30:53 Auf jeden Fall. Also ich bin generell dafür, dass man die Treuhand sehr stark aufarbeiten muss, weil da halt einfach viel passiert ist und sehr viele Schweinereien passiert sind. Und das ist für mich maßgeblich ein Grund, warum auch viele Ostdeutsche sich durch die Wiedervereinigung einfach auch verarscht fühlen. Man sagt ja so, jeder Vierte fühlt sich irgendwie nicht als Sieger, sondern irgendwie eher als Opfer der Wiedervereinigung. Und das ist auch ganz viel, worauf rechte Parteien, so eine AfD und so heutzutage auch aufbauen, mit diesem...
00:31:22 Mit diesem Unzufriedensein der Ostdeutschen, mit diesem sich nicht verstanden fühlen der Ostdeutschen, lässt sich ja blöderweise über die Ostkultur, die ja angesprochen wurde als Identität, blöderweise extrem gut Stimmung machen. Demzufolge, das müsste dringend viel stärker unterrichtet werden und auch viel besser aufgeklärt werden.
00:31:41 Das würde ja wahrscheinlich auch dazu beitragen, wie Ost und West zusammenwächst, also wie es zu einer Einheit wird, was ja heute auch unser Thema ist. Und genau das wurde in einer Umfrage abgefragt von Forza, inwiefern denn Ost und West zusammengewachsen sind. Und da kann man so die Entwicklung sehen von 2004 bis heute. Und jetzt gucke ich einmal kurz.
00:32:04 Wir sehen da eben, Violett sagt, nein, ist nicht zusammengewachsen. Türkis sieht gut aus und man sieht von 2004 an, die Kurve steigt. Es wird mehr und ab 2020 macht die Kurve einen Knick nach unten. Und jetzt sind wir aktuell, es waren mal 51 Prozent, die sagen, ja, Ost und West ist gut zusammengewachsen. Jetzt sind wir aktuell bei 35 Prozent. Man muss noch kurz dazu sagen, die jüngere Zielgruppe ist da optimistischer. Also da ist es knapp die Hälfte.
00:32:33 Bei den 14- bis 29-Jährigen, die sagen, Ost und West ist gut zusammengewachsen. Chad, sag doch mal, wenn ihr diese Zahlen seht und diesen Knick in der Kurve, überrascht euch das? Marike, überrascht dich das?
00:32:46 Nee, mich überrascht das nicht, weil Harkon hat es gerade schon angesprochen, die AfD geht da in eine Nische rein mit ihrer Politik, die einfach die etablierten demokratischen Parteien bislang nicht ausgefüllt haben. Also in dem Moment 89, friedliche Revolution, gab es sozusagen ein...
00:33:04 Aus sich heraus Selbstermächtigungsmoment der DDR-Bürger, die auf die Straße gegangen sind, die für ihre Rechte gekämpft haben, die es dann geschafft haben, obwohl sie eigentlich erst mal eine andere DDR wollten, es dann geschafft hat sozusagen, dass Deutschland wiedervereinigt ist. Was dann aber passiert ist, ist, dass es in dem Moment nicht überlegt wurde sozusagen, wie können wir ein neues Deutschland schaffen, also auch die BRD auf den Prüfstand stellen, sondern die DDR ist der BRD beigetreten. So steht es ja auch im Einigungsvertrag.
00:33:34 dass die daraus neu entstehenden fünf Bundesländer sozusagen jetzt zur BRD gehören. Und man hat eben total in diesem Moment verpasst, darüber nachzudenken, brauchen wir eine neue Verfassung, also machen wir das Grundgesetz nochmal anders, brauchen wir eine andere Nationalhymne, eine gemeinsame Nationalhymne und so weiter und so fort. Und was dann dazu geführt hat, ist auch,
00:33:53 Dieser selbstermächtigte Moment der Bürgerbewegungen und der Leute, die demonstriert haben, der ist halt dann ein Stück weit, Harkon hat es auch gerade schon angesprochen, auch durch die Währungsumstellung nochmal zusätzlich und dem, was daraus resultiert ist, nämlich nicht gleich sofort blühende Landschaften, sondern erstmal totale Arbeitslosigkeit und Entwertung des bisher angesparten Vermögens, wenn es auch kleiner war als das im Westen, was es bis heute ist. Das hat halt dazu geführt, dass man sich von den etablierten Parteien, die es bis heute nicht geschafft haben,
00:34:23 eine Ansprache an ostdeutsche explizit zu stellen, abgewendet hat, dass man da Verdruss hat, dass man keinen Bock mehr auf die hat. Und da ist die AfD voll reingegangen, weil sie diese Nische sozusagen für sich erkannt hat, was ja eigentlich absurd ist, weil die AfD ist eine westdeutsche Partei. Die wurde in Oberursel 2013 gegründet und hat 70 Prozent...
00:34:44 Westdeutsche genau als Parteimitglieder und nur einer sozusagen von den Parteivorreitern ist aus dem Osten. Also das spricht sozusagen schon mal dafür, dass es eine total westdeutsche Partei ist, aber sie schafft es halt und das kommt auch daher, weil sie von Anfang an verstanden hat, wie Social Media funktioniert, dass sie ihre Kommunikation auch anders als die alten Parteien halt dafür nutzt, über TikTok, Insta und Co. ihre Agenda rauszuhauen.
00:35:13 ist leicht verständlich in sehr schlichter Sprache und das kommt bei den Leuten an.
00:35:17 Ja, vielleicht ganz kurz, bevor wir darauf weiter eingehen, Marike, kurz hier kam im Chat die Frage, könnt ihr kurz erklären, was die Treuhand wahr ist? Also das war nach der Wende, war die Treuhand dafür verantwortlich, Unternehmen im Osten oder im ehemaligen Osten zu privatisieren und dabei wurden zum Beispiel viele Unternehmen eben übernommen oder verkauft. Dadurch wurden Menschen arbeitslos und eben alles, was damit einherging. Das ist jetzt so ganz kurz runtergebrochen an der Stelle. Und jetzt haben wir gerade so ein bisschen über die Politik und über AfD und so.
Mediale Darstellung und strukturelle Repräsentation
00:35:4700:35:47 weiter, schon mal das so ein bisschen angerissen. Marike, jetzt würde ich dich aber gerne auch noch mal fragen, wie nimmst du das denn wahr, auch mit deiner Erfahrung als Journalistin und in verschiedenen Medienhäusern? Inwiefern ist denn auch die Berichterstattung schuld daran, dass wir vielleicht weniger an die Einheit glauben? Also das müssen wir im Prinzip unterscheiden zwischen einmal so der strukturellen Ebene und dann der Berichterstattungsebene. Strukturelle Ebene ist ganz klar, und das kann ich ja aus meiner eigenen Erfahrung sagen, ist, dass wir
00:36:16 Bezug auf die 20 Prozent der Ostdeutschen, die es in der deutschen Gesellschaft noch gibt, ein wirklich kleines Verhältnis von Führungskräften auch in den Medien haben. Wir haben in der ARD, in der wir quasi gerade unterwegs sind, haben wir nur einen Intendanten mit einer ostdeutschen Biografie und in den Ebenen darunter sieht es ähnlich aus. Also ich war eine von zwei Chefredakteurinnen in der ARD mit ostdeutschem Background und im ZDF gibt es gar keinen mit ostdeutscher Biografie.
00:36:43 In der ZDF-Geschäftsführung alle überregionalen Verlage, auch die, die für Lokalzeitung in Ostdeutschland zuständig sind, sind alle im Westen. Es gibt nur einen überregionalen Chefredakteur mit einem ostdeutschen Background. Also das zieht sich so durch. Und wenn wir da in die Wirtschaft gucken, ist es ähnlich. Also wir haben auch kein DAX-Unternehmen zum Beispiel, was aus dem Osten kommt. Von 258 DAX-Vorständen ist auch nur eine aus dem Osten. Jetzt mal zurück zu den Medien.
00:37:12 Die Berichterstattungsebene ist dann sozusagen das, was...
00:37:15 dadurch zustande kommt, weil da, wo du wenig Ostdeutsche hast, das hast du ja auch, das gleiche Problem hast du auch mit Menschen mit Einwanderungshistorie. Da, wo diese Menschen nicht sind, finden auch ihre Geschichten nicht statt, sozusagen. Da, wo diese Biografien nicht in Redaktionsteams und in Führungsebenen sind, werden die Geschichten anders erzählt, nämlich aus einer westdeutschen Perspektive. Wer sich dafür interessiert, kann mal Juliette Wedel eingeben bei Google und mal gucken, was da rausgekommen ist. Es ist eine Sozialwissenschaftlerin, die sich schon vor 10, 20 Jahren damit beschäftigt.
00:37:44 beschäftigt hat und herausgefunden hat sozusagen in ihren Studien, dass die Perspektive beim Sprechen über den Osten immer eine Westperspektive ist. Also der Osten wird immer an der westlichen Norm gemessen. Und das zeigt sich dann darin, dass wir total stereotypisierte Bilder haben. Also Darstellung von Ostdeutschland mit Trabis und Plattenbauten. Das war so das, was so in den 90ern und 2000er-Jahren passiert ist. Und dann dieses ganz Klassische, was man so am Wording nachlesen kann.
00:38:13 ist, dass man so am Anfang der Wendezeit, hat man noch gesagt, Aufbruchsstimmung und so weiter und dieses Wording flachtet dann immer mehr hinzu ab zu
00:38:22 Arbeitslos, negativ und sowas alles. Also man kann ganz klar zeichnen, dass es eine sehr pauschalisierende Darstellung von Ostdeutschen ist, die oft auch vor allen Dingen als weiße Masse dargestellt wird. Also so die Identität des Ostdeutschen ist dann so der weiße Mann, der rechtsextrem wählt. Und Ostdeutschen wird dann so eine pathologische Links-Rechts-Schwäche, sag ich mal, unterstellt, die daher rührt, dass da alle Diktaturgeschwänge sozusagen unterwegs sind.
00:38:52 sind bis heute. Und das entspricht natürlich überhaupt nicht der Realität. Jetzt, bevor wir Harkon, bevor wir dich dazu hören, ich würde nämlich auch noch deine Meinung dazu interessieren, mit Blick auf die Uhr. Marike, du könntest wahrscheinlich noch so viel mehr zu diesem Thema sagen, aber ich weiß, du hast einen Termin, du musst los. Wir können noch fünf Minuten machen. Okay, perfekt. Aber dann würde ich einmal ganz kurz an Harkon die Frage weiterleiten. Inwiefern hast du denn das Gefühl, dass ostdeutsche Perspektiven zu wenig gehört werden?
00:39:18 Also ich habe die Frage erstmal ganz anders verstanden tatsächlich. Ich fand die Antwort jetzt gerade sehr interessant. Also wenn wir bei struktureller Repräsentation sind, dann fällt mir blöderweise so ein Witz ein, den ich immer mal gehört habe, von wegen, dass jeder Ostdeutsche kennt mindestens zwei Westdeutsche, nämlich einmal seinen Arbeitgeber und einmal seinen Vermieter. Ja, it's funny because it's true. Und bei der medialen Darstellung dann,
00:39:46 Muss ich sagen, finde ich es wirklich stellenweise unter aller Kanone, wie man Ostdeutsche zeigt. Also ich meine, ich habe ja auch mit Medien gearbeitet und ich weiß schon, wie man Framing ansetzen kann. Man versucht schon, wenn man über Ostdeutschland spricht, habe ich so das Gefühl. Es gibt Reportagen, die können das auch gut und die machen das auch besser. Aber man sucht sich gerne mal jemanden, der sechs hält raus.
00:40:09 Am besten noch irgendwie, wenn der noch so ein FDJ-Hemd anhat oder so. Oder vielleicht eine Russland-Fahne in der Hand. Dann wird er auf jeden Fall interviewt, so bei etablierten Medien. Und dann wird halt auch, also ich meine, klar, die Leute sagen auch Schwachsinn. Von daher, das kann man ruhig so nennen. Aber man sagt dann immer, ja, das ist der Osten. Der ist rechts, der träumt von der Mauer, der träumt irgendwie von Putin. Und die sind alle fremdenfeindlich, arbeitslos. Man kennt es, man hat es nie gelernt zur Arbeit. Man hat nie Demokratie gelernt.
00:40:38 Diese ganzen Schwachsinnsbilder, die da aufgemacht werden. Ich wollte gerade sagen, also das Klischee oder diese Stereotype, die es gibt. Wir wollen jetzt an dieser Stelle nicht sagen, dass alle rechts sind oder rechtsextrem oder irgendjemand solche. Aber klar, diese Bilder gibt es, die werden reproduziert. Was würdest du dir denn wünschen von der Berichterstattung? Was braucht es? Ich würde mir wünschen, dass man einfach mit Ostdeutschen spricht, aber schon eben auf Augenhöhe. Dass man den Leuten wirklich mal zuhört.
00:41:06 Und sich wirklich mal anhört, was die für Wünsche haben. Und nicht immer halt da irgendwie so eine Ulknummer oder so eine Comedy-Nummer draus macht. Aber das ist ja das, was jahrelang nicht passiert ist, dass man ostdeutschen Menschen ihre Lebensrealität so ein bisschen abgesprochen hat. Und dass man einfach wirklich den Leuten zuhört und versucht, deren Probleme auch anzunehmen und dafür Lösungen zu finden. Das würde ich mir wünschen. Marike, du nix.
00:41:31 Ich kann das nur unterstützen. Also das wird ja langsam probiert, weil man erkannt hat, oh, es gibt ja echt viele Ossis, die sich von den überregionalen und auch den öffentlich-rechtlichen Medien abwenden. Warum denn nur? Also wenn man sich das mal anguckt und näher damit beschäftigt, Harkon hat es auch gerade nochmal gesagt, was ich vorhin schon meinte, diese stereotypisierte Darstellung, wenn du immer nur erzählt bekommst, du bist ein doofer Nazi, der sechselt und irgendwie nicht auf dein Leben klarkommst, dann noch Putin total abfeierst, genau, und Osteig.
00:42:00 Und du denkst so, hä, aber bin ich doch alles gar nicht. Und das wird dir aber permanent sozusagen gespiegelt. Dann wendest du dich von den Medien, die dir das erzählen und dich so darstellen, im schlimmsten Falle ab. Und es gibt ja auch Studien dazu, dass ganz viele Ostdeutsche über regionale Medien überhaupt nicht mehr konsumieren. Die gucken keine Tagesschau mehr, die haben keinen Spiegel, keine Zeit abonniert, weil sie sich von all dem nicht angesprochen fühlen, weil eben in den letzten drei Jahrzehnten so viel schiefgelaufen ist.
00:42:30 so ein bisschen aufgebrochen. Es gibt in der ARD jetzt auch außerhalb vom Tag der Deutschen Einheit so ein paar Dokumentationen, Ossis in den Medien habe ich da gesehen und jetzt gerade beim ZDF läuft eine richtig gute Serie, die empfehle ich allen. Es ist so eine Tennis-Doku-Serie, also ich hatte das überhaupt nicht auf dem Schirm, aber da an dieser Doku wird ganz...
00:42:51 toll erzählt sozusagen, dass Tennis so als Bonzensport abgestemmelt wurde. Es ist ja auch ein bisschen wahrscheinlich immer noch, aber es gibt auch nicht Bonzen, die Tennis spielen. Wurde in der DDR abgestemmelt als Bonzensport, wurde nicht staatlich gefördert, hieß alle die, die in der DDR Bock hatten, Tennis zu spielen, es einfach konnten, durften nicht ins Ausland, durften nicht zu Grand Slam-Turnieren und so weiter. Und was das aber hieß für die Leute damals und was es bis heute heißt sozusagen, die ein krasses Talent hatten, die dann einfach aber out of the blue nicht mehr dazu in der Lage waren, ihren Sport intern.
00:43:21 national ausüben zu dürfen, das zeichnet die Serie total wieder. Das habe ich in einem ARD-Stream Werbung gemacht für ZDF, sorry, aber die Serie ist mir halt aufgefallen als so richtig, richtig gut erzählte ostdeutsche Geschichte, weil es so auf Augenhöhe ist und das ist so das Wichtige, was Harkon gerade meinte und bei sowas müssen wir bleiben und zwar auch nicht nur, wenn Drittler, Zehnter ist. Also wenn ihr öfter eine RBB-SWR-Kooperation machen wollt, dann fände ich das voll gut.
00:43:48 Ja, das finden wir auch gut an der Stelle.
Wege zur Einheit und Lösungsvorschläge
00:43:5100:43:51 Wenn es nochmal ganz kurz was ein zu den Klischees, im Chat kommt da auch einiges dazu. Und hier zum Beispiel, das Problem ist halt, dass man immer wieder mit allen in einen Topf geworfen wird. Die Ossis wählen AfD, die Ossis tun dieses oder jenes. Mit Mehrheit kann ich ja noch leben, aber ein 22-Jähriger kann mit dieser Unterteilung nichts anfangen. Und dann ist ja so ein bisschen die Frage jetzt mal weg von den Medien und wir in der ARD können das mit der Kritik ja auch sehr gut ab und das wollen wir auch.
00:44:18 Aber jetzt mal nicht nur von der medialen Diskussion, sondern auch gesellschaftlich gesehen ist natürlich die Frage, wie kriegen wir es denn hin, dass es sich wieder mehr anfühlt nach Einheit? Und Günst sagt da zum Beispiel, meint ihr, wir kriegen diese mentale Mauer noch organisch weg oder müsste man da wirklich nochmal einen Kongress oder ähnliches eröffnen? Marike, vielleicht bevor du gleich los musst, was braucht es denn noch?
00:44:42 Boah, Kongress finde ich eine gute Idee. Also es gab ja auch schon diese Einigungskommission, ich erinnere mich daran, da war Marco Wanderwitz noch Ostbeauftragter, also es ist schon ein paar Jahre her, da gab es mal so eine Einigungskommission, die hat sich nochmal mit Vertretern, Vertreterinnen aus Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und so weiter zusammengesetzt und die haben...
00:45:02 nochmal versucht, zum Beispiel aufzuarbeiten, ist der dritte, zehnte der richtige Tag, sich zu erinnern, erinnern wir uns richtig, braucht es eine andere Hymne, bla bla bla bla. Aber irgendwie sind die damals schon zu dem Schluss gekommen, wenn ich mich richtig erinnere, dass es da schon zu spät war. Und ich bin aber grundoptimistisch und weiß nicht, ich denke mir so, es braucht auf alle Fälle.
00:45:24 viel mehr so Benennung der strukturellen Ungleichheiten. Also was liegt wirtschaftlich noch schief? Ossis verdienen 824 Euro brutto weniger im Durchschnitt im Monat als Westdeutsche. Dafür haben Westdeutsche dann auch noch das doppelte Vermögen im Haushalt. Es wird fast nichts geerbt im Osten, weil einfach nichts da ist und weil der Westen schon 40 Jahre Vorlauf hat in Sachen, wie funktioniert Marktwirtschaft. Das habe ich in meiner Familie zum Beispiel auch gemerkt. Also das Höchste dessen, was man mit Geld vielleicht dann gelernt hat, ist,
00:45:54 machen ein Sparbuch bei der Sparkasse und dabei ist es auch geblieben. Also es brauchte diese Benennung von strukturellen Ungleichheiten. Es braucht Role Models. Also es braucht Leute, die nicht sozusagen im Westen gehen, da Jobs machen und sich schämen, dass sie eine Ossiografie haben, sondern die öffentlich und laut sind und dafür einstehen, sozusagen, hey, ich bin auch Ossi und ich habe das so und so hingekriegt in meinem Leben. Ich finde auch, dass es mehr spezielle Förderprogramme braucht.
00:46:20 Stipendienvergabe zum Beispiel ist auch ein ganz großer Punkt. Wenn du nicht in diesem Machtzökel Netzwerken drin bist, die du vor allen Dingen hast, weil deine Eltern da vielleicht schon drin waren, die haben Kontakte, die wissen, es gibt da ein Stipendium oder eine Förderung, wenn du das und das werden willst.
00:46:37 Das haben so Ostdeutsche weniger. Übrigens haben das Migranten, Migrantinnen auch weniger, weil sie auch meistens aus wohlstandsfähren Haushalten kommen, denen auch diese Netzwerke fehlen. Deswegen braucht es spezielle Förderprogramme, die auch nochmal sagen, hey, wir haben hier irgendwie die Ostbiografie in den Blick und wir wollen, dass andere Ostperspektiven in den Medien stattfinden. Deswegen fördern wir die auch expliziter. Es braucht eine Ansprache auf Augenhöhe.
00:47:00 Und es braucht aber auch wirklich in den einzelnen Bundesländern im Westen und im Osten ein klares Bekenntnis dazu, dass Rechtsextremismus ein krasses Problem ist. Rechtsextremismus ist kein ostdeutsches Phänomen. Das sehen wir, wenn wir uns Europa und die Welt angucken. Und das ist ein krasses Problem bei uns in Ost- und in Westdeutschland. Und das so wegzureden als, das sind ein paar Chaoten oder ein paar Spinner, das bringt gar nichts. Es muss viel besser und schneller strafrechtlich benannt und verfolgt werden. Und ich glaube, das alles zusammen.
00:47:29 Macht es dann vielleicht besser in den nächsten 35 Jahren. Da war jetzt schon mal einiges dabei. Ich glaube, jetzt musst du aber los, Marike, glaube ich. Jetzt haben wir schon ein bisschen überzogen. Und dann sprechen wir gleich noch ein bisschen mit Harkon weiter. Marike, vielen Dank, dass du da warst. Danke euch. Ich bin gespannt, wer die Vita-Cola gewinnt.
00:47:50 Tschüss! An dieser Stelle sagen wir in der ARD dann gerne, es gibt auch noch ganz viele andere leckere Cola-Sorten. Genau, wir haben hier eine Markenfühlfalt auf dem Tisch. Das übliche. Harkon, jetzt waren da ja gerade einige Lösungsvorschläge dabei. Was würdest du denn sagen, was braucht es, damit wir noch mehr zusammenwachsen? Ja, also sie hat mir tatsächlich durch ihre Antwort schon sehr die Butter vom Brot genommen. Da war schon wirklich sehr viel dabei.
Lohngefälle, Rentenunterschiede und Treuhand
00:48:1500:48:15 Für mich ist so eine relativ simple Lösung tatsächlich, dass wir nach 35 Jahren dann doch mal dieses Lohngefälle Ost-West abschaffen. Also die Leute kriegen ja einfach für die gleiche Arbeit, sie hat es gerade erzählt, aufs Jahrgerechnet irgendwie 20 Prozent weniger Gehalt, wobei die Lebenskosten mittlerweile ziemlich identisch sind, egal ob Ost oder West. Also da verstehe ich sowieso nicht, warum wir da so lange dran festhalten. Ich glaube, die Renten sind auch noch unterschiedlich, wobei ich da nicht so sicher bin in dem Punkt.
00:48:40 Also wir können auch gerade mal auf die Unterschiede gucken. Gut, dass du es ansprichst. Wir haben da mal was vorbereitet. Und zwar sieht man auf den...
00:48:51 Tafeln, die wir gleich einblenden, so ein bisschen deutschlandweit die Unterschiede. Jetzt muss ich einmal ganz kurz gucken. Magst du es einblenden, Flo? Das läuft bei uns. Das sind die Unterschiede aus dem Westen. Also man kann es vor allem an den Farben vielleicht sehen. Das Lila ist eher viel und da, wo je grüner es ist, umso...
00:49:13 Niedriger ist es. Also zum Beispiel bei der Sparquote sieht man, dass sie im Osten zwischen sieben und zehn ungefähr ist. Und das geht schnell. Genau, das mittlere Einkommen bzw. Medianentgelte war das erste. Jetzt hatten wir noch die Sparquote, Erbschaften, Schenkungen. Aber man sieht überall die gleiche Tendenz, dass eben der Osten da.
00:49:39 obwohl beim letzten hat man so ein bisschen noch so ein Mitteldeutschland, so eine Tendenz, aber ansonsten ist es recht eindeutig, dass da eben der Osten schlecht dargestellt ist. Und das nur kurz als Einordnung, wo man sieht, dass es noch viel mehr Bereiche trifft eigentlich.
00:49:55 Okay, also ich bin ja, wie gesagt, auf dem Thema Treuhand beiße ich mich sowieso fest. Auch ein bisschen Aufarbeitung des ganzen Geschehens auch, dass man ein bisschen auch Leistungen anerkennt seitens der Betriebe damals. Also ich meine, ich habe gerade heute mir nochmal die Reportage angeschaut, wie Betriebe, die hoch profitabel eigentlich waren, auch nach der Währungsunion einfach billig gekauft und abgewickelt wurden.
Anerkennung von Leistungen in der DDR und regionale Politik
00:50:2100:50:21 Sei es jetzt, seien es die Superfestgläser, seien es... Jetzt bist du bei mir. Ich höre dich noch, Harkon. Ich glaube, Flo hat ein kleines technisches Problem. Red weiter. Red weiter, entschuldige. Okay. Und auch einfach mal ein paar Leistungen anerkennt. Ich meine, ich bin jetzt kein Mensch, der die DDR zurückhaben möchte. Im Gegenteil. Aber ich finde, wir müssen halt trotzdem gucken, was ist da richtig gemacht worden. Sei es jetzt eine Betreuungsschlüssel von Kitas, sei es irgendwie auch die...
00:50:48 gezwungenermaßen nachhaltigere Produktion von Gütern, die natürlich wahrscheinlich nicht aus ökologischer Sicht entstanden ist, sondern mehr, weil die Materialien nicht so wirklich vorhanden waren. Aber das kann man ja trotzdem anerkennen im Nachhinein und nicht immer sagen, ja, Osten war prinzipiell schlecht und keiner von euch hat da wirklich gearbeitet. Ihr wart maximal angestellt, aber gearbeitet hat da keiner. Also man muss die Leute auch ein bisschen kennenlernen, finde ich. Ich glaube, das würde schon helfen.
00:51:15 Harkon, jetzt sind nachher hier drei Politikerinnen aus dem Osten, jemand von der CDU, von den Grünen wird jemand da sein und wir haben eine SPD-Politikerin da. Was würdest du dir denn von denen wünschen? Ich würde mir wünschen, dass jemand von der Linken eingeladen wird. Das ist aber ein Wunsch an uns, nicht an die Politikerin. Das haben wir auch schon gemacht, jetzt heute nicht, aber genau, an die Politikerin, die da sind, hast du da was?
00:51:40 Also ich sehe das immer wieder bei allen Parteien, dass sie versuchen, auch im Osten Politik zu machen mit Leuten, die aus dem Westen kommen. Also das Letzte, was ich gesehen habe, war Felix Banaszak, der gedacht hat, Ostdeutschland gibt es auch. Ich fahre da jetzt mal hin und suche die Grünen Wähler in woanders. Wie hieß denn der Ort? Ich weiß es nicht mehr.
00:52:03 Aber du meinst das Thema Personal, oder? Auch so westdeutsches Politikpersonal in den Parteien bzw. ostdeutsches Personal. Ich glaube, dass Ostdeutsche sich besser vertreten fühlen von Menschen, die aus Ostdeutschland auch kommen und die wissen, was los ist in Ostdeutschland. Also das kann schon sein. Ich will jetzt hier niemanden per se seine Qualifikation absprechen, dass er irgendwie gute Politiker, gute Politikerin ist. Aber heutzutage funktioniert Politik über Personen, gar nicht mal unbedingt über Parteien.
00:52:31 sondern über eine emotionale Bindung zu Personen. Da ist es fast egal, welche Partei das ist. Fast egal. Und die Leute müssen einfach PolitikerInnen aus ihrer Heimat kennen. Sei es jetzt irgendwie aus dem Sportverein, aus dem Fußballverein oder weil man mit denen aufgewachsen ist. Wenn da jetzt schon wieder ein Politiker aus dem Saarland kommt und sagt, ich räume jetzt mein Thüringen ein bisschen auf für meine Partei, dann haben wir das Gleiche wieder, dass irgendwelche Westdeutschen in Ostdeutschland den Ton angeben wollen.
00:53:00 Also das ist wirklich einer der größten Fehler, den Parteien machen können, meines Erachtens nach. Also man muss wirklich regional viel stärker reingehen, viel schärfer reingehen mit eigenen Kandidaten. Ja, also Personal und vielleicht auch Ostquote, da schauen wir wahrscheinlich später nochmal drauf. Harkon, vielen Dank, dass du da warst und deine Meinung mit uns geteilt hast. Dankeschön. Sehr gerne. Dankeschön.
00:53:22 Ja, danke auch von mir. Du hast auch coole Antworten und coole Diskussionspunkte aufgemacht, die im Chat schön besprochen werden. Ihr besprecht da sowieso. Es ist total schön, wie ihr im Chat.
Erinnerungskultur und gesamtdeutsche Verantwortung
00:53:3200:53:32 redet und diskutiert. Ich werfe noch mal was ein und zwar, das bezieht sich auch auf die Karte, die wir gerade gesehen haben. Quartamo schreibt, egal was du auf der Karte darstellst, du siehst immer noch deutlich, wo die Grenze war und das nach 35 Jahren. Da sind nicht nur ein, zwei Dinge schief gelaufen. Und Schrömpel schreibt, mich überrascht, dass Null allein, was den Arbeitsmarkt angeht, Löhne sind ja immer noch nicht angeglichen, haben wir gerade auch gesehen. Führungspositionen sind oft von Westdeutschen besetzt und die Unternehmensgewinne landen zum allergrößten Teil im Westen. Das frustriert und macht
00:54:02 Und Menschen denken sich, mit den Ossis kann man es ja machen. Also da schwingt auch viel Frustration mit. So, und jetzt haben wir Clara Küppers eingeladen, um mit uns zu sprechen. Hallo Clara. Hi, grüß euch. Hallo Clara, schön dich zu sehen. Du bist auch Teil der Bundesweib-Reportage. Sag mal, was bedeutet dir denn der Tag der Deutschen Einheit?
00:54:23 Für mich ist das im Gegensatz zu den meisten Leuten um mich herum, ich wohne ja zwischen den Heidelberg, also ganz tief im Westen. Für mich ist das eben nicht nur ein Feiertag, sondern ein Tag, wo man tatsächlich doch nochmal zurückblickt. Also auch wenn wir eigentlich sagen, wir gucken jetzt, wie es heute läuft, ist der 3. Oktober immer nochmal so ein Tag der Rückbesinnung, wo man dann nochmal mit der Familie spricht, der aus dem Osten und der aus dem Westen und irgendwie auch immer nochmal Bilanz zieht.
00:54:48 Um dich vielleicht noch ein bisschen besser kennenzulernen, lass uns doch mal einen Ausschnitt aus der Reportage von Bundesweib schauen zusammen, wenn du magst. Gerne. Bonn in Nordrhein-Westfalen, alte Bundeshauptstadt. Bei Familie Küppers findet die Begegnung zwischen Ost und West jeden Tag statt. Denn ohne die Wiedervereinigung würde es Clara gar nicht geben.
00:55:18 Ihr Vater kommt aus der BRD und ihre Mutter aus der DDR. Also ich bin ja ein Wossi. Das heißt, ich habe einen Elternteil aus dem Osten und einen Alternteil aus dem Westen. Wossi ist natürlich kein feststehender Begriff. Wossi kann jemand sein, der vielleicht hier geboren wurde und dann umgezogen ist oder der eben Eltern hat, die aus verschiedenen Teilen kommen. Und für mich persönlich bedeutet Wossi sein, dass ich eben nicht nur Deutsche oder Europäerin bin, sondern ich bin deutsch-deutsch. Ich habe den Ostteil und den Westteil.
00:55:47 Clara, ich mache mal Pause ganz kurz an der Stelle. Du sagst, du hast den Ost- und den Westteil. Kannst du das genauer erklären? Was ist denn der Ost- und was ist der Westteil in dir? Ja, so wie ich mit meinen Eltern aufgewachsen bin, meine Mama kommt eben aus Potsdam und mein Papa aus Bonn und dann haben die sich getroffen und bei uns zu Hause, da hat sich...
00:56:07 die Identität irgendwie so total vermischt. Also mein Papa hat irgendwie typische Westsachen mitgebracht, meine Mama typische Ostsachen, einiges, über was wir auch heute schon gesprochen haben. Also ich glaube ganz klar für mich, vorne steht da auf jeden Fall dieser Gemeinschaftssinn und dieser Wille irgendwie.
00:56:25 was aufzubauen, was gemeinsam zu machen, was zu reparieren. Und das war auch bei uns zu Hause immer so der Mittelpunkt. Wir waren immer der Mittelpunkt für alle Nachbarn und Freunde und Bekannte. Da kamen immer alle zu uns und meine Mama hat die Leute zusammengebracht. Das klingt wie ein großer Vorteil am Vossi-Sein, so wie du sagst. Ja, auf jeden Fall. Und ich glaube, diese Identitätsfrage, die sich ja dann aufmacht mit halb...
00:56:52 Ost, halb West und was ist ein Wossi eigentlich, ist auch was, was mich total bereichert, weil ich bilde mir zumindest ein, dass ich so Cherrypicking machen kann und einfach das Beste aus beiden Kulturen mitbringe. Jetzt hast du schon gesagt, was du sozusagen vom Ost hast, von deiner Mama hast. Was würdest du denn sagen, ist denn bei dir vom Westteil?
00:57:11 Ich glaube, von meinem Western habe ich so total dieses Stoische, zu sagen, okay, und wir haben hier dieses Problem und wir schauen das jetzt an und gucken nach vorne und machen das so. Und da so dieses Fokussieren auf irgendwas, das habe ich auf jeden Fall von meiner Papa-West-Seite. Lass uns noch ein bisschen, wenn du magst, weitergucken, deinen kleinen Clip hier.
00:57:35 Also bei uns in der Schule ist in den Grundkursen Geschichte die Mauer nicht mal gefallen. Da war überhaupt keine Zeit mehr dafür. Also nur im Leistungskurs hat man überhaupt über den Mauerfall gesprochen. So wenig Berührungspunkte hat man eigentlich damit als junger Mensch hier im Westen. Im alten Bonner Regierungsviertel erinnert ein Mauerstück an die deutsche Teilung. Für die Küppers ein Ort, wo sie die Verbindung spüren zwischen ihrer und der deutschen Geschichte.
00:58:02 Auf der einen Seite finde ich das gut, dass das nicht mehr so ein großes Thema ist für viele junge Menschen, dass man sagt, ja klar, wir sind ein Deutschland. Da sagst du gerade, ja klar, wir sind ein Deutschland und dass du spürst, dass es nicht mehr so ein Thema ist. Wo würdest du denn sagen, gibt es denn aber Momente, wo es doch ein Thema ist, wo vielleicht Unterschiede sind? Ja, ich glaube, das ist dann eben die Kehrseite davon, also die andere.
00:58:29 eben an solchen Tagen wie heute, dass diese Erinnerungskultur und die Aufarbeitung, zumindest nach meinem Gefühl her, hauptsächlich auf der Ostseite stattfindet. Und es ist ja auch irgendwie eine Bürde, die wir mitbringen als junge Menschen in Deutschland, in diesem geteilten Deutschland.
00:58:47 das wir zwar nicht mehr erlebt haben, aber das unsere Eltern geprägt hat und unsere Geschichte einfach geprägt hat, dass die Aufarbeitung davon, da wird irgendwie immer nur auf der Ostseite geschaut und von der Ostseite drüber gesprochen. Und das merke ich immer wieder, als jemand, der im Westen aufgewachsen ist, dass wir keine Berührungspunkte damit haben. Ich meine, das Thema Schule haben wir heute schon angesprochen. Was ich total krass finde, dass diese Bildung eigentlich gar nicht da ist über eine Zeit, die ja wenige Jahre eigentlich nur zurückliegt.
00:59:16 es irgendwie immer im Osten liegt, diese Verantwortung, das Ganze aufzuarbeiten. Ich glaube, da würde dir Modmi auch recht geben. Modmi schreibt im Chat, solange strukturelle Probleme nicht in der Bundespolitik ankommen, außer mal am heutigen Tag, wird es auch keine Besserung geben. Also so ein Bewusstsein dafür, dass das ein gesamtdeutsches Thema ist.
00:59:38 Ja, auf jeden Fall. Also wir dürfen im Westen, glaube ich, so, wir müssen aufhören, so westzentrisch zu denken und zu sagen, okay, ja, wir Wessis, wir sind quasi Deutschland und die Ossis, das ist aber irgendwie Ostdeutschland und die sind so dazugekommen und die müssen jetzt erst mal selber schauen, wie sie damit klarkommen. So, nee, das ist unser Deutschland, das ist auch unser Problem damit, also die Probleme, die es heute noch gibt.
01:00:00 Würde mich auch mal interessieren, wie ihr im Chat das seht, oder was euer Empfinden ist. Ist das dieses ganze Thema, was vor allem durch Menschen aus Ostdeutschland bearbeitet wird, oder seht ihr das schon als gesamtdeutsches Thema? Und sag mal, Clara, hast du das Gefühl, dass wir manchmal auch so ein bisschen Unterschiede herbeireden? Also kann es vielleicht auch sein, dass manche Unterschiede auch einfach Unterschiede sein dürfen und damit ist okay?
01:00:28 Dass wir quasi Unterschiede auch mal aushalten müssen vielleicht? Ja, mega. Also ich glaube, das darf gar nicht unser Anspruch sein. Also wir müssen uns schon irgendwie aneinander annähern und ein Deutschland werden. Aber ich glaube, diese Vorstellung, dass wir irgendwann alle total gleich und total nivelliert sind, das ist nicht nur Quatsch, das ist auch falsch.
01:00:48 einen Teil einer Kultur, einer Herkunft einzustampfen, das kann ja gar nicht die richtige Lösung sein. Wir müssen eher irgendwie was Gemeinsames, was Neues draus schaffen und nicht irgendwas unter den Teppich kehren. Deswegen gibt es ja auch in meinem Sprachgebrauch zumindest diesen Wossi, weil ich eben finde, wir dürfen das auch nicht aus den Augen verlieren und nicht einfach nur kleinreden, was uns unterscheidet, sondern auch daraus was lernen und was mitnehmen. Lass uns mal deinen Film, den letzten Ausschnitt hier nochmal zusammenschauen. Wann war dir das letzte Mal hier?
Wiedervereinigung als fortlaufender Prozess und politische Dimensionen
01:01:1801:01:18 Ich glaube, ich war noch gar nicht hier. Stimmt, es geht hier einfach weiter. Auf der anderen Seite geht natürlich auch so ein bisschen Wissen und Geschichte verloren. Oder dieses Wissen und die Geschichte sind eben eher auf der Seite von den Ostdeutschen, die sich daran erinnern. Und mir ist es total wichtig, dass wir als junge Menschen uns auch diese Verantwortung anziehen und sagen, hey, wir arbeiten heute an der Wiedervereinigung. Das finde ich ganz spannend, an der Wiedervereinigung arbeiten. Wie meinst du das?
01:01:46 Na, diese Phantomgrenze, die wir ja gerade schon angesprochen haben. Also ja, ich habe eben gesagt, manche Unterschiede sind auch okay und richtig und sollen wir auch beibehalten. Aber natürlich dürfen wir nicht so negative Ungleichheiten sagen, ach, die sind halt einfach so und das bleibt jetzt halt auch einfach so. Also dass der Ost immer noch strukturell irgendwie so zurückhängt. Daran müssen wir auf jeden Fall arbeiten.
01:02:15 unsere Erinnerungskultur von uns jungen Menschen da dran. Weil jetzt fragen wir uns irgendwie, wen juckt's? Und manchmal habe ich im Westen das Gefühl, die Westjugend irgendwie nicht so doll. Und das finde ich mega schade, weil das ist ja auch unsere Geschichte. Clara, bleib gerne noch ein bisschen da. Ich würde gerne noch Ilka Hoffmann-Biesinger dazu holen. Die haben wir auch eingeladen. Hallo Ilka.
01:02:40 Ilka, hörst du mich? Ja. Hallo, herzlich willkommen. Hallo. Hallo. Hallo, schön, dass du bei uns bist. Wir haben uns alle aufs Du vorher geeinigt und Ilka, wir haben dich eingeladen, weil du Paartherapeutin bist. Kommen zu dir Ost-West-Paare und würdest du sagen, da gibt es besondere Herausforderungen, die möglicherweise ganz typisch sind? Also ja, es kommen auch Ost-West-Paare, aber da es hier nur 5% davon gibt, sind das auch in meiner Praxis sehr, sehr wenige.
01:03:09 Und ja, also Unterschiede haben alle Paare. Alle Paarbeziehungen kommen eigentlich, weil sie mit den Unterschieden irgendwie umgehen müssen. Und genauso haben natürlich auch Ost-West-Paare Unterschiede. Aber das ist jetzt nicht irgendwas, was Ost-West-Paaren zu eigen ist, dass die die Einzigen sind, die Unterschiede haben, mit denen sie umgehen müssen. Die haben vielleicht andere Unterschiede, aber ich glaube auch gar nicht, dass die Unterschiede so unterschiedlich sind.
01:03:35 Obwohl, wir haben ja gerade schon das Thema aufgemacht, dass es strukturelle Unterschiede gibt von Möglichkeiten, Vermögen anzusparen, anzuhäufen oder zu erben, die ja natürlich auf einer sehr individuellen Ebene auch eine Beziehung beeinflussen können. So könnte ich mir das vielleicht vorstellen. Trägt sich das dann eben doch in Beziehungen rein?
01:03:53 Naja, also das haben wir natürlich auch beim West-West-Paar, dass die aus unterschiedlichen Familien kommen. Einer kommt aus einer Familie mit viel Geld, einer kommt aus einer Familie mit wenig Geld, jemand hat gar nicht geerbt. Also diese Probleme, die sehe ich bei West-West-Paaren ganz genauso wie bei West-Ost-Paaren. Und der springende Punkt ist tatsächlich, wie geht man damit um mit diesen Unterschieden? Vielleicht können wir gerne gleich noch ein bisschen drüber reden. Clara, deine Eltern sind ja ein Ost-West-Paar. Wie haben die sich eigentlich kennengelernt?
01:04:21 Das ist so eine tolle Story. Ich bin total neidisch. Mein Papa aus Bonn und meine Mama aus Potsdam. Die beiden Städte sind seit 1988, glaube ich, Städtepartner. Und dann haben die beiden großen Zeitungen dieser Städte so eine Aktion ins Leben gerufen, um mehr Austausch und mehr Bekanntschaft herzustellen. Und das sah dann folgendermaßen aus. Die Potsdamer haben Briefe geschrieben, richtig noch auf Briefpapier, einfach an.
01:04:50 Unbekannt, einfach an so Hallo, lieber Bonner, bisschen was von sich erzählt kurz. Und die Briefe wurden dann gesammelt und nach Bonn geschickt an die Bonner Zeitung. Und die Bonner Zeitung hat die dann eben bei uns im Bonner Stadthaus alle schön nebeneinander aufgehangen, alle diese Briefe. Und die Bonner konnten dann eben hingehen und sich da eine Briefreundschaft aussuchen. Und dann ist mein Papa als junger Mann eben dahin.
01:05:14 Und es sucht hier rein und hat gedacht, ach, ja, die klingt eigentlich ganz nett. Hat sich dann diesen Zettel genommen, ist dann vorne zu dem Beamten. Und der Beamte hat ihn dann noch gewarnt, ah ja, pass uns aber auf, manche von den Ostfrauen, die wollen ja nur heiraten. Mein Papa war so, ne, ich suche keine Heirat, auf gar keinen Fall. Ja, inzwischen sind sie 30 Jahre verheiratet, haben dann eben eine Brieffreundschaft angefangen und sind auch ganz schnell da dann irgendwie zu...
01:05:42 zueinander gekommen, haben sich viel besucht und ganz viel auch voneinander und übereinander gelernt und haben tatsächlich heute vor 35 Jahren zusammen in Berlin gestanden. Das haben sie sich nicht nehmen lassen und das wirklich live miterlebt. Das ist wirklich eine sehr schöne Geschichte. Ich finde, der Chat sollte unbedingt mal ein paar kleine Herzen da lassen für diese Story. Einmal Liebe für die Kennenlerngeschichte.
01:06:03 Ilka, weil du gesagt hast, man muss dann schauen, wie man mit den Paaren arbeitet. Wir haben mal so ein kleines Gedankenexperiment vorbereitet, Katharina und ich. Es wird jetzt kein Rollenspiel, keine Sorge. Es wird jetzt kein Rollenspiel, aber wir stellen uns vor, Westdeutschland und Ostdeutschland sitzen bei dir auf der Couch und sie hatten beide eine lange Beziehungspause, sind aber jetzt endlich wieder zusammen, sind jetzt auch schon eine Weile wieder zusammen und das war auch ganz aufregend am Anfang, aber irgendwie hat...
01:06:32 Ostdeutschland einfach das Gefühl, gar nicht so richtig mitbestimmen zu dürfen in dieser Beziehung. Es fühlt sich nicht so richtig gerecht behandelt. Ja, und dann ist da vielleicht auch Westdeutschland auf der anderen Seite so ein bisschen genervt, weil es irgendwie für alles verantwortlich gemacht wird und irgendwie muss vielleicht auch noch Rechnungen bezahlen und versteht nicht so ganz, warum Ostdeutschland so unzufrieden ist. Jetzt natürlich alles total überspitzt, aber beide haben so das Gefühl, dass der andere eigentlich keinen blassen Schimmer hat, was so in einem vorgeht. Was würdest du?
01:07:01 Wie würdest du mit diesem Paar arbeiten? Naja, also die erste Frage, die ich stellen würde, ich würde den einen Partner fragen.
01:07:10 ob er mir erklären kann, was das Problem seiner Partnerin ist. Nehmen wir jetzt mal einen Mann, Frau, so ein heterosexuelles Paar. Und dann würde ich die Frau fragen, dass sie mir erklärt, was sie denkt, was das Problem ihres Mannes ist. Das heißt, wenn die gegenseitig erklären können, was für den anderen das Problem ist und der andere das auch abnickt und sagt, ja, das stimmt, das ist gut getroffen, dann sind wir schon mal einen ersten Schritt gegangen. Also das heißt, Empathie herstellen ist es am Ende.
01:07:35 Zum Beispiel, ja. Also dass man sich wirklich vorstellt, dass das einfach deutlich wird, meine Realität ist nicht die einzige Realität. Es gibt mehrere Realitäten und die sind gleichgültig und gleich viel wert. Und ja, Empathie, aber auch wirklich verstehen. Was ist für meinen Partner, meine Partnerin denn das Problem? Und wenn ich das erklären kann, dann ist das schon mal die halbe Miete eigentlich. Und irgendwie kriegen wir das ja nicht hin als Deutsche, Ost- und Westdeutsche. Warum?
01:08:05 Naja, also ich denke, dass diese Sichtweise, meine Realität ist nicht die einzige Realität, dass die sich noch nicht so ganz verbreitet hat. Und dass wirklich so vielleicht auch auf beiden Seiten so manchmal die Idee herrscht, naja, meine Realität ist, das ist so die richtige Sichtweise. Und ich glaube, beide müssten eigentlich viel mehr in Austausch kommen. Wir haben das auch von den anderen vorher schon gehört und da kann ich nur zustimmen. Dieses Gespräch auf Augenhöhe, dieses einander zuhören, dieses...
Austausch, Wertschätzung und politische Verantwortung
01:08:3401:08:34 Eher nicht nur das Problem des anderen erklären. Ich würde zum Beispiel auch in der Paartherapie
01:08:38 beide mal ein Plädoyer halten lassen für die Kompetenzen der anderen Personen. Also wenn der Westen ein Plädoyer für die Kompetenzen des Osten halten müsste und der Osten ein Plädoyer für die Kompetenzen des Westen halten müsste, das wäre auch schon mal ein ganz guter Schritt. Also auch mehr Wertschätzung füreinander. Ja, Wertschätzen, auch einfach würdigen. Ich meine, man muss sich mal fragen, was wäre denn passiert, wenn wir im Westen das erlebt hätten, was die Leute im Osten erlebt hätten?
01:09:06 dann wäre doch genau das Gleiche in Grün mit uns. Ich meine, das ist doch komplett austauschbar. Wir sind doch keine anderen Menschen. Wir haben was anderes erlebt. Wir waren zur richtigen oder zur falschen Zeit, am richtigen oder falschen Ort. Und dafür muss einfach ein Bewusstsein geschaffen werden. Das ist ja nichts Genetisches sozusagen.
01:09:26 Übrigens, wenn ihr Lust habt, hier mitzudiskutieren, dann schaltet euch gerne mit rein. Einfach anklingeln, kommt dazu und diskutiert mit. Und du hast es gerade auch angesprochen, wir müssen in den Austausch gehen. Und Original Pill, Original Pill 3 sagt Unterschiede im Sinne von Individualität. Ja, also auch die anerkennen, dass man vielleicht nicht gleich ist. Aber die Gleichheit bei den Grundbedingungen ist die Gerechtigkeit.
01:09:50 die wir wahrscheinlich brauchen. Aber man sieht auch die unterschiedlichen Perspektiven. Zum Beispiel Hutz Mesmut schreibt, ich aus Bayern bekomme diese Spaltung durch Ost-West null mit. Noch nie ein Diskussionsthema gewesen. Also auch das ist ja spannend, dass das eben ein Thema ist, was vielleicht manche, wie auch der Titel unserer Sendung sagt, vielleicht gar nicht so juckt. Und Mo Speider schreibt, dass die Ostdeutschen mehr Bezug zur Realität haben, sollte ein Vorbild für uns im Westen sein.
01:10:19 Da auch nochmal vielleicht, ich nehme mal an, aus westdeutscher Perspektive geschrieben, wir müssen vielleicht mehr in den Dialog gehen. Also da auch einiges an Ansätzen. Klara, ich habe dich nicken sehen, als Ilka gesprochen hat. Hast du Gedanken zu unserem kleinen Experiment? Ja, mega. Also ich glaube, dass, was du gesagt hast, Ilka mit dem Austausch, das finde ich irgendwie so super wichtig, weil gerade wenn jetzt so ein Kommentar von jemandem kommt, der sagt so, boah,
01:10:44 Bei mir spielt das irgendwie gar keine Rolle, da gibt es gar keine Diskussion. Das finde ich so super schade. Und ich glaube auch nur, dass durch das...
01:10:51 Durch den gegenseitigen Dialog und den gegenseitigen Austausch kann man halt diese Vorurteile abbauen, die es ja aber auch auf beiden Seiten gibt. Wir haben die Vorurteile über die Ossis, diese Jammer-Ossis schon gesprochen, dass sie sich irgendwie nur beschweren und so. Aber genauso gut sind ja auch im Westen den Leuten dann Stereotypen begegnet von diesem Besser-Wessi, der irgendwie die Kultur so übergestülpt hat und so tut, als ob alles besser könnte.
01:11:15 Und dem können wir mega vorbauen, indem wir einfach mal einen Schritt aufeinander zumachen und miteinander reden. Wobei da auch oft Formate fehlen, finde ich. Also wie kommt denn jemand aus Bayern überhaupt an so ein Thema ran oder mal an den Ostsee zum Quatschen? Ja, das stimmt. Übrigens nochmal kurz der Nachsatz, weil ich wollte es auf gar keinen Fall gleichstellen. Kein Bezug dazu zu haben, ist ja nicht gleichzustellen mit Juck mich nicht. Stimmt, da muss man natürlich nochmal differenzieren. War auch so nicht gemeint.
01:11:39 Wunderbar. Ja, diese Orte für Begegnungen, vielleicht ist das ja auch was, was wir mitnehmen können, um es später mit unseren Gästen aus der Politik zu besprechen. Oder gibt es was, was ihr euch wünscht, was wir an die Politik mittragen könnten? Naja, also ich würde sagen, dass Politiker auf jeden Fall nicht Paartherapeuten sein können.
01:12:00 Denn Politiker wollen wiedergewählt werden und ein Paar Therapeut muss für beide da sein. Und das finde ich einen ganz wichtigen Aspekt. Ich glaube, Politiker sind für das Thema Wiedervereinigung vielleicht nicht die Experten.
01:12:13 Ja, ich müsste da gerade so direkt an was denken, was eine der anderen Protagonistinnen aus dem Bundesweib gesagt hat, die Theresia, was mich so total berührt hat. Kleiner Spoiler, die kommt gleich auch noch. Ja, genau, da freue ich mich auch schon, weil sie so über Identität geredet hat und wie sie das wahrgenommen hat, eine der wenigen Ossis zu sein, im besten an der Uni in Köln. Und ich glaube, dass wir in der Politik mehr Platz für verschiedene Identitäten machen müssen.
01:12:40 aufhören, alle gleich zu behandeln, sondern dass wir irgendwie alle zwar gleichwertig behandeln, aber trotzdem jedem irgendwie den Platz, einen Raum und den Raum geben, den er braucht. Wunderbar, dann danke ich euch beiden, dass ihr euch die Zeit genommen habt und wünsche euch noch einen schönen Tag der Deutschen Einheit. Danke, ja? Dito. Und ich streue noch kurz einen Kommentar ein, weil ich das ganz wichtig finde, auch zur Differenzierung des Ganzen. Und zwar schreibt Bekhaus.
01:13:09 Man muss auch sehr vorsichtig sein mit der Verallgemeinerung. Es gibt nicht den Westen, es gibt nicht den Osten, es gibt überall Menschen mit unterschiedlichen Biografien. Der einzige Unterschied ist halt auf der finanziellen Ebene, dass die Startbedingungen im Westen deutlich besser sind. Rein zwischenmenschlich gibt es für viele meines Jahrgangs oder besser gesagt, es stellt sich gar nicht die Frage Ost-West.
01:13:31 Ich wollte es dir verlängern. Ja, ja, Ost-West. Wir fühlen uns nicht als Ossi, nicht als Deutsche. Wir sind Menschen dieser Erde. Das ist auch ein sehr wichtiger Punkt. Natürlich neigt man dazu, sehr schnell zu verallgemeinern und irgendwie sozusagen der Westen, der Osten. Aber das ist auch ein sehr wichtiger Einwander an der Stelle. So, und dann holen wir sie doch rein. Jetzt haben wir gerade schon von Theresia Krone geredet. Übrigens auch.
01:13:53 Eine Person, die ihr in der Bundesweibreportage kennenlernen könnt, wenn ihr euch die in der ARD Mediathek anschauen wollt. Hallo Theresia. Guten Abend. Ah, hörst du sie? Ich hör dich noch nicht. Einmal entmuten. Das klassische Problem. Also wir kriegen aus der Regie, dass du entmutet bist. Chat, hört ihr sie oder liegt das an uns? Sprich nochmal, vielleicht bist du es ja jetzt soweit. Sag nochmal was.
01:14:27 Sonst einmal neu reinkommen vielleicht? Genau, komm doch einmal nochmal neu rein. Und wir gucken nochmal kurz in den Chat zum Überbrücken und dann können wir hoffentlich gleich mit Theresia da nochmal sprechen. Gollum der Schleicher sagt zum Beispiel, wir waren vorhin beim Geschichtsunterricht, bei mir in Baden-Württemberg war der Mauerfall in der 9. Klasse ein großes Thema. Das ist ja mal ein Unterschied zu den Sachen, die wir heute schon gehört haben. Bisher war der Tenor immer, dass ihr...
01:14:56 Darüber nicht so viel. Zwei Stunden. Ja, ist doch schön, auch mal ein Positivbeispiel zu hören. Und zu Sprüchen, die hängen geblieben sind, schreibt Neff Nuxus, Sprüche, die hängen geblieben sind, als ich die ersten Arbeitserfahrungen im Ruhrpott gesammelt habe und erzählt habe, dass ich in Sachsen wohne, waren deine Eltern auch bei der Stasi? Willst du nicht mal für den Soli Danke sagen? Willst du eine Banane? Du sprichst ja gar kein richtiges Ostdeutsch. Chat, euch wird vielleicht aufgefallen sein, irgendjemand in der Redaktion hat Bananen gekauft.
01:15:24 um den Gag an der Stelle auch nochmal zu bringen. Richtig. Wir gucken nochmal, ob wir sie... Theresa, hallo. Könnt ihr mich jetzt hören? Ja, wundervoll. Sehr schön. Geht das jetzt? Schön, dass du da bist. Mega. Ja genau, du wurdest ja gerade eben auch schon so schön angeteasert. Bei dir ist es so, dass deine Mutter kommt aus Ostdeutschland, dein Vater kommt aus Westdeutschland. Jetzt diskutieren wir ja heute Tag der Deutschen Einheit. Wen juckt's? Was sagst du dazu?
01:15:51 Mich juckt es tatsächlich noch. Zum einen, weil ich natürlich gar nicht existieren würde ohne die deutsche Einheit. Also mein Vater hätte nicht nach Ostdeutschland kommen können und nach Schwerin kommen können und dort unsere Familie. Dann hätte auch gar nicht so existiert. Aber ich glaube, es geht noch viel weiter als das. Also ich hätte auch nicht studieren gedurft und ich hätte auch nicht in Frankreich studieren können. Meine Mutter durfte nämlich nicht studieren. Ich weiß nicht, ob ihr das gleich noch einspielt. Aber genau.
01:16:21 Also das wissen nämlich, glaube ich, viele Menschen gar nicht, dass zum Beispiel das Privileg, Abitur zu machen, Klassensprecher zu sein oder auch an die Uni zu gehen, oft daran gebunden war, ob man quasi mit der SED auf einer Linie war oder eben auch die richtige Religion hatte und so weiter.
01:16:39 Also das ist ja auch diese Einschränkung, die es damals gab. Wir haben gerade eben schon über den Geschichtsunterricht geredet, über was man eben auch weiß darüber. Wir haben übrigens auch mit euch bei Reddit darüber diskutiert. Wir waren da im subreddit.de unterwegs und da hat zum Beispiel Okimus geschrieben, wann wird die Treuheit endlich als das anerkannt, was es war und somit auch aufgearbeitet. Denn es war nicht weniger als ein Verbrechen an der ostdeutschen Bevölkerung. Und ich glaube, das ist ja die Aufklärung auf der einen Seite, was ist in der DDR passiert, aber ja auch, was ist danach passiert, was er da an...
01:17:09 anspricht. Wie nimmst du denn das wahr? Müssen wir noch mehr uns mit diesem Thema auseinandersetzen, noch mehr geschichtlich aufarbeiten?
01:17:16 100 Prozent. Also ich glaube, Schule wird immer so als Beispiel gebracht. Was hat man im Geschichtsunterricht besprochen? Habt ihr vorhin auch schon gesagt. Ich bin der Meinung, Schule ist so ein kleiner Teil von dem, was gesellschaftlich passiert. Und das ist so einer der hunderttausend Orte, wo solche Themen besprochen werden können. Nicht, dass es nicht wichtig wäre, aber ich glaube, das muss auch auf allen anderen institutionellen Ebenen und in den Medien und so passieren.
01:17:43 Ich nehme an, ich darf das erzählen, weil der NDR gehört zur ARD, aber ich war am 1. Oktober jetzt auch in der NDR Talkshow zum Thema 35 Jahre Deutsche Einheit. Liebe Grüße an die Kolleginnen und Kollegen. Shoutout, hi, gibt es in der Mediathek, könnt ihr ja gucken.
01:18:06 Ja, das war nicht abgesprochen, aber nein, es waren im Funkhaus in Schwerin vom NDR und das ist selten, dass in Schwerin Talkshows stattfinden. Das ist ja eine mittelgroße ostdeutsche Stadt. Aber es war Publikum da und nach dieser Sendung, wo wir einfach mal so verschiedene Perspektiven auch von verschiedenen Generationen diskutiert haben.
01:18:26 Es kamen so viele Menschen auf uns zu und wollten noch stundenlang weiterreden. Am meisten hat mich berührt, dass teilweise so 50-, 60-, 70-Jährige ankamen zu mir, die 23 ist. Und die haben mir dann gesagt, hey, heute Abend war das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte, ich werde mit meiner Biografie einfach so gesehen, wie ich bin. Und es gibt das erste Mal überhaupt einen Raum dafür, traurig zu sein, für was ich vielleicht auch verloren habe durch diese Einheit.
01:18:54 ohne dass man das direkt bewertet, also ohne dass man sagt, das ist jetzt schlecht oder das ist gut, aber einfach mal einen Raum zu haben, um traurig zu sein, aber vielleicht trotzdem auch froh zu sein über das, was wir gewonnen haben, nämlich viel Freiheit, Bürgerrechte und so weiter. Und dieser Abend hat mir einfach total gezeigt, wie viel Redebedarf es da gibt. Mein Vater sagt immer, die Teilung überwindet man durch Mitteilen. Ich finde das ganz süß. Und ich glaube, das stimmt total. Also es ist total wichtig, dass wir Räume schaffen, wo Menschen aus beiden...
01:19:23 Ja, also aus Bundesländern in beiden Regionen Möglichkeiten haben, sich auszutauschen. Und ich glaube, das fehlt und das fehlt auch auf der politischen Ebene noch oft. Also, dass wir da vielleicht auch eine Plattform brauchen. Du hast gerade eben angesprochen, das, was wir gewonnen haben. Jetzt in dieser Debatte wird ja auch immer wahnsinnig viel darüber geredet, was uns trennt. Hast du das Gefühl, das Positive kommt dabei so ein bisschen zu kurz?
01:19:50 Also ich verstehe schon, woher dieser Begriff Jammer aus sich zum Beispiel kommt, aber das finde ich halt auch super pauschalisierend und ich glaube, das entmündigt auch schnell. Und trotzdem ist es natürlich so, dass, glaube ich, oft der Vorwurf so ein bisschen ist, Menschen aus Deutschland hätten mehr selbst gestalten müssen, hätten sich mehr anstrengen müssen, hätten mehr eine Initiative zeigen müssen.
01:20:17 Und ich glaube, da ist auch was dran, aber ich glaube, das liegt vor allem daran, und da muss man dann eben auch ein bisschen kulturell sensibel sein, dass wenn man 40 Jahre lang in einer Diktatur aufgewachsen ist, in der für einen alles vorherbestimmt war.
01:20:30 warum sollte man dann auf einmal wissen, wie man sich engagiert oder wie man politische Bewegungen aufbaut oder wie man sich vielleicht ein eigenes Unternehmen aufbaut. Und ich habe oft das Gefühl, diese Sensibilität fehlt mir da total. Deswegen, ich finde es gut, Gemeinsamkeiten herauszustellen und auch Erfolge. Aber ich finde, das darf nicht auf Kosten von Trauer passieren, auf Kosten von...
01:20:56 realen Biografiebrüchen, die auch passiert sind und anderen Erfahrungswerten, die auch da sind. Gleichzeitig weiß ich, dass du sagst, es gibt auch eine gewisse Gefahr, was diese Ostalgie angeht, die vielleicht auch gerade mehr politisch beackert wird, dass da eine politische Instrumentalisation stattfinden kann. Schönes Wort.
01:21:20 Ja, voll. Also wir sehen ja, dass in diesen Umfragen, die ihr heute auch schon erwähnt habt, dass es natürlich ganz viele Menschen gibt. Die Mehrheit der Menschen in Ostdeutschland sagen, sie sehen die Einheit als nicht gelungen oder weniger gelungen an. Das finde ich wahnsinnig alarmierend, ist aber natürlich auch jetzt nicht überraschend.
01:21:44 Und ich glaube, dass oft darauf reagiert wird, indem man eben die Ostidentität dann wieder so in den Mittelpunkt stellt. Oder irgendwie jetzt Björn Höcke hat dann eben eine Tour durch Thüringen auf Simson gemacht und versucht so bei jungen Menschen anzuknüpfen an, glaube ich, diesem Gefühl von, wir werden nicht gehört, für uns gibt es keinen Platz für unsere Geschichten.
01:22:03 Ich finde das wahnsinnig schwierig, da anzuknüpfen, weil ich glaube, dass es auch wahnsinnig ausgrenzend ist und natürlich dann oft für Populismus und Extremismus genutzt wird. Ich möchte aber auch eine Lösung anbieten, nämlich es ist nachgewiesen, in allen Ländern der Weltrechtsextremismus ist das nicht nur ein Problem in Ostdeutschland.
01:22:24 dass das Einsparen an Infrastruktur zum Beispiel dazu führt, dass Menschen eher extremistische Positionen vertreten und eher sensibel für Populismus sind. Also wenn wir nicht wollen, dass diese Form von Extremismus vermehrt in ländlichen Regionen auftritt, vermehrt in Ostdeutschland auftritt, vermehrt auch bei jungen Männern auftritt, dann ist es ein Weg zum Beispiel zu sagen, wir investieren in Infrastruktur und Perspektiven, weil dann Leute auch nicht das Gefühl haben,
01:22:52 Abgehängt zu sein, also nicht nur kulturell, sondern ja auch, wenn der Bus nie kommt. Oder ich weiß nicht, eine Freundin von mir wohnt in Werningerode, die braucht von Hannover irgendwie zweieinhalb Stunden. Früher war das in 40 Minuten möglich mit der Bahn. Also so, wenn Infrastruktur einfach kaputt gespart wird, dann fühlen sich auch mehr Menschen abgehängt und greifen dann vielleicht auch auf Neues zurück, verherrlichen dann eine Diktatur.
01:23:17 Da sind ja auch, du hast jetzt auch gerade von Bernigerode und Hannover gesprochen, da kann man ja auch sagen, dass so Sachen einfach auch regionale Unterschiede sind, Stadt-Land-Unterschiede. Oder gibt es da nochmal was speziell Ostdeutsches?
01:23:32 Du hast gerade gesagt, du hast von dem Bus in Wernigerode und Hannover erzählt. Das ist ja sozusagen ein Stadt-Land-Unterschied. Würdest du sagen, es geht also eher vielleicht auch darum, Stadt-Land-Unterschiede wieder kleiner zu machen? Oder gibt es da nochmal einen speziellen ostdeutschen Unterschied, den man beachten muss?
01:23:55 Ja, also ich finde erstmal, es gibt Unterschiede zwischen Menschen, die in Bayern geboren sind und Menschen, die in Schleswig-Holstein geboren sind.
01:24:06 Das ist ja auch so. Also nicht alles ist immer eine Ost-West-Frage, manches ist auch eine Nord-Süd-Frage. Und viele der Probleme, die wir besprechen, gibt es zum Beispiel in Frankreich auch zwischen Nord-Süd oder in Italien zwischen Nord-Süd. Also dass es Vermögensungleichheit gibt, gibt es in ganz vielen Ländern der Welt. Die gibt es ganz oft eben auch zwischen städtlich und ländlich. Aber ich glaube, es gibt eben auch einen Unterschied zwischen Ost und West. Und die rauszuarbeiten, fände ich eigentlich ganz cool und auch wichtig.
01:24:34 Und ich glaube, das ist eben oft verbunden mit 40 Jahre lang in der Diktatur gelebt zu haben, mit Propaganda konfrontiert gewesen zu sein und so weiter. Das verändert natürlich, wie man die Welt sieht. Und ich kenne das von meiner Mutter. Ihre erste Sprache in der Schule war halt Russisch. Meine Mutter spricht bis heute relativ gut Russisch. Das Englisch musste sie dann halt später lernen.
01:24:59 Und natürlich hat sie in der Schule dann auch entsprechend russische Autoren gelesen. Also so, das prägt einen natürlich und das erklärt dann vielleicht auch, warum zum Beispiel in ostdeutschen Bundesländern eher eine andere Russland-Politik gefahren wurde, die man sicherlich auch kritisieren darf und muss. Das ist zumindest meine persönliche Einstellung. Und ich fände es einfach gut, wenn wir...
01:25:22 Einerseits diese Unterschiede auch gerne rausarbeiten, aber nicht immer alles auf Ost und West schieben, sondern vielleicht auch gucken, was liegt eben eher an Stadt und Land und dann eben aber auch nach Lösungen gucken. Und wenn...
01:25:36 mit jeden zehn Minuten, wo der Bus seltener kommt, die AfD mehr Prozentpunkte kriegt oder extremistische Parteien insgesamt mehr Prozentpunkte kriegen, dann ist das, glaube ich, nicht nur eine Lösung für Wernigerode, sondern auch für das Ruhrgebiet oder andere Regionen, wo Menschen sich abgehängt fühlen.
01:25:58 Ja, und vielleicht sollte nicht nur der Bus öfter kommen, sondern auch das Internet besser werden. Du bist leider ein ganz bisschen pixelig bei uns, wo wir davon sprechen. Und wo du gerade Stadt und Land ansprichst, da kam tatsächlich auch bei Reddit ein guter Einwand von Capitano Capitano. Der meinte, auch meiner Meinung nach sollte man grundsätzlich nicht zwischen Ost und West, sondern Stadt und Land unterscheiden. Der Osten hat einfach den Nachteil, dass er sehr ländlich geprägt ist. Also daher auch nochmal die Frage, was gibt es noch für Ursachen? Arm, Reich, Stadt, Land, was für Faktoren können da noch eine Rolle spielen? Und du hast gerade eben auch gesagt, es muss...
01:26:27 muss investiert werden in Infrastrukturenperspektiven. Das ist etwas, was wir sicher später auch nochmal an die Politik weitergeben. Theresia, vielen Dank, dass du da warst. Danke, dass du dabei gewesen bist. Super. Danke euch.
01:26:39 Und ihr dürft euch übrigens gerne live selber einmischen, dazuschalten, sei es per Chat oder per Stream Together. Ihr könnt also gerne hier live mit uns diskutieren, eure Fragen stellen oder eure Gefühle zu diesem Tag hier gerne mit uns teilen. Gut, und dann holen wir jetzt die nächste dazu aus der Reportage, aus der Bundesweibreportage und zwar Nicole Bogott ist da.
01:27:06 Hi. Hi. Funktioniert? Einen wunderschönen guten Abend. Funktioniert wunderbar. Hallo. Sehr schön. Du kommst aus Wantez in Brandenburg. Du engagierst dich vor Ort und bist Mitgründerin von der Werkstatt der Mutigen. Ein sehr schöner Titel, wie ich finde. Ihr bringt Menschen zusammen, die sich regional engagieren, zusammen mit PolitikerInnen in den Austausch. Und es geht auch darum, regionale Lösungen für bundesweite Veränderungen zu finden. Und ich würde sagen, bevor wir rein starten.
01:27:34 Gucken wir doch mal einen kleinen Ausschnitt aus deiner Reportagerei an. Die alte Grenze ist bis heute an vielen Stellen immer noch spürbar. Zum Beispiel beim Vermögen oder bei den Wahlergebnissen. Auch in Nicoles Heimat Wandlitz in Brandenburg, nördlich von Berlin. Bei der Bundestagswahl 2025 zeigt sich, in Ostdeutschland gewinnt die AfD durch die Erststimme mit wenigen Ausnahmen fast alle Wahlkreise.
01:28:07 Es ist so ein bisschen, als ob es so zwei Realitäten gibt. Zur Bundestagswahl hat man ja die Karte gesehen, also die Deutschlandkarte, und da konnte man ja sehen, Erststimmen und Zweitstimmen. Und man sieht ja eigentlich so ganz genau diese Phantomgrenze. Klar, es gibt auch in Westdeutschland Inseln, es gibt auch in Ostdeutschland ein paar Inseln, die anders sind, gerade bei den Wahlergebnissen. Gucken wir an der Stelle.
01:28:30 Machen wir mal kurz Pause. Du beschreibst da diese Phantomgrenze. Wenn du diese Wahlergebnisse siehst und das hat ja auch damit zu tun, dass es anscheinend eine gewisse Unzufriedenheit mit der Politik gibt. Wie nimmst du denn das vor Ort wahr in deinem Umfeld? Wie unzufrieden sind denn die Leute und was sind die Probleme?
01:28:53 Ja, das war jetzt so eine große Frage. Also Wandlitz ist ja auch ein Ort, wo die AfD sehr hohe Wahlerfolge hat. Und ich glaube, dass das natürlich kein Wandlitz-spezifisches Problem ist. Aber man muss da auf jeden Fall genauer hingucken. Und ich glaube, ein Staat...
01:29:22 ist wirklich diese Grenzen. Ihr hattet ja die Karten vorhin auch. Da hat man das eigentlich ganz schön gesehen auch. Es gibt nach wie vor nach 35 Jahren gibt es halt viele Unterschiede. Das wurde jetzt auch besprochen schon. Und ich glaube, das Problem ist einfach, dass da zu wenig hingeguckt wird. Und es ist einfach wie so ein blinder Fleck. Und jetzt wählen die Leute. Und ja, man muss halt gucken, ob.
01:29:50 da reagiert wird irgendwie. Ja, ja. Blinder Fleck, da kommen wir gleich noch mal drauf. Wir gucken mal kurz weiter. Es wird dann auch schon sichtbarer, dass es da Unterschiede gibt. Auch der Blick auf das Vermögen zeigt krasse Unterschiede zwischen Ost und West. Beim durchschnittlichen Haushaltsvermögen besitzen westdeutsche Haushalte mehr als doppelt so viel Vermögen wie ostdeutsche. Und das 35 Jahre nach der Wiedervereinigung. Autsch.
01:30:21 Ich glaube, das ist schon ein Thema, was man sich mal angucken muss. Während diese Ungleichheiten in ostdeutschen Bundesländern spürbar sind, wissen im Westen viele Menschen weniger über den Umbruch und seine Folgen. Ich würde mir einfach wünschen, dass die Menschen vor Ort auch merken, das wird wahrgenommen, das wird ernst genommen, das wird gesehen. Weil wenn man kein Problembewusstsein hat, dann wird sich diese Schere, die ja irgendwo da ist, nicht schließen.
01:30:51 Genau, die Schere. Hast du eine These, warum dieses Problembewusstsein so nicht da ist?
01:31:03 Das ist eine super Frage. Warum ist es nicht da? Ich habe es auch erst entdeckt, muss ich echt sagen. Also ich war ja viele Jahre gar nicht vor Ort, muss man dazu sagen, und bin jetzt erst vor so zweieinhalb Jahren wieder mal längerfristig da, ohne jetzt einfach nur so zu besuchen. Und hatte das so gar nicht auf dem Radar, dass ich eigentlich irgendwie...
01:31:30 gefühlt in einer leicht anderen Realität lebe, als jetzt auch westdeutsche Freundinnen und Freunde, die auch durchaus politisch sehr engagiert und sehr informiert sind. Und das ist mir jetzt erst aufgefallen zu den Kommunal- und Europawahlen, die waren ja, dann waren die Landtagswahlen und dann waren die Bundestagswahlen. Und das waren für mich so ganz interessante Punkte, wo ich das überhaupt selber erst realisiert habe. Könnte ich...
Emotionale Narrative und Problembewusstsein
01:31:5601:31:56 Fällt mir auch schwer, das jetzt so zu analysieren, warum. Also eine Sache, die ich vielleicht beobachtet habe, ist, dass es ganz emotional aufgeladene Narrative auch im Westen gibt, über den Osten. Und dass die ganz fest sind. Und da muss man halt auch gucken, mit wem man sich da unterhält, wie da auch andere Leute drauf reagieren. Also jetzt einfach mal so.
01:32:22 in den Raum gegeben. Es ist gar nicht so leicht, glaube ich, das auch für die andere Seite aufzunehmen. Geben wir das doch mal an den Chat weiter. Chat, was sagt ihr denn? Haben wir genug Problembewusstsein?
01:32:40 Wenn nicht, warum nicht? Also woran hakt es da an der Stelle noch? Und wenn wir auf die strukturellen Unterschiede gucken und auch wo es noch hakt, da holen wir uns doch noch mal eine Expertin mit dazu. Und zwar holen wir Prof. Dr. Sabrina Zajak zu uns mit in die Runde. Einen wunderschönen guten Abend.
01:32:59 Guten Abend. Guten Abend, hallo, das klappt sofort. Ich wollte gerade sagen, immer kurze Erleichterungen, wenn der Ton funktioniert. Du bist Leiterin der Abteilung Konsens und Konflikt am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung und forscht unter anderem zu Globalisierungskonflikten, Arbeit und soziale Bewegungen. Sabrina, wir haben jetzt am Anfang schon viel darüber gesprochen, ob wir uns ostdeutsch oder westdeutsch fühlen. Wovon hängt denn ab, wie stark wir uns mit diesen Labels noch verbunden fühlen?
01:33:29 Das hängt natürlich schon sehr stark davon ab, von verschiedenen Zugehörigkeitskonstruktionen und Gefühlen, wie man sich verwurzelt fühlt und verordnet fühlt, also sozusagen zu einer Region zugehörig. Und wir sehen zum Beispiel, wenn wir Fragen in Umfragen...
01:33:48 Fühlst du dich eher westdeutsch? Fühlst du dich eher ostdeutsch? Oder fühlst du dich eher deutsch? Das sind Fragen nach starker Zugehörigkeit. Also ich habe entweder eine starke Westidentität oder eine starke Ostidentität oder eine allgemein deutsche Identität. Hat man doch noch ein bisschen eher eine starke Ostidentität im Osten? Und der Westen sagt in der Tendenz eher, ich fühle mich eher deutsch.
01:34:12 irgendwie widerspiegelt, dass das Thema Wiedervereinigung im Westen viel weniger ein Thema ist, weil ist ja klar, wir sind ja jetzt alle deutsch, aber im Ost noch nicht. Also es geht bis in das Identitätsbewusstsein noch mit hinein. Und hängt das auch mit dem, wir haben gerade eben das Problembewusstsein angesprochen, also hängt das auch damit zusammen? Wenn ich da ein Problem sehe, dann ordne ich mich vielleicht da auch anders ein.
01:34:38 Wir sehen in der Tat, dass diejenigen, die eine starke identitäre Zugehörigkeit haben, auch andere Fragen über ostdeutsche Benachteiligungen stärker bejahen. Also wir sehen, dass dann Leute, die eine sehr starke Identität haben, eher Sätzen zustimmen. Ja, Ostdeutsche sind immer noch Bürger zweiter Klasse oder aber auch sowas wie Ostdeutsche müssen viel mehr leisten, um aufzusteigen. Also es gibt da schon Unterschiede.
01:35:04 Okay. Und auf die Unterschiede schauen wir jetzt nochmal gemeinsam. Also wir haben jetzt schon einiges angesprochen, was das Einkommen angeht. Es gibt ja noch mehr Unterschiede, zum Beispiel wie viel gespart werden kann, wie viele Erbschaften es gibt. Also da gibt es ja einige Faktoren. Und eben auch bei den Führungspositionen. Und da kam jetzt der Elitenmonitor der Universität Leipzig-Jena und der Hochschule Zittau-Görlitz raus.
01:35:31 Und da geht es um Eliten, kurz vielleicht zur Erläuterung. Es geht um Personen in Führungspositionen, die eben Entscheidungen treffen, die auch gesammengesellschaftlich relevant sind. Und wir gucken jetzt mal auf die Zahlen zur Orientierung. Je nachdem, wen man fragt, geht man davon aus, dass Ostdeutsche in der Gesamtbevölkerung einen Anteil von ungefähr 20 Prozent ausmachen. Da schwanken die Zahlen auch ein bisschen. Aber schauen wir doch mal drauf in den Führungspositionen.
01:35:58 Wie es da aussieht. Bist du schneller? Warte. Ne, ich hab. Ha. Okay. Also Anteil Ostdeutscher in Spitzenposition. Da haben wir in der Politik 21,4 Prozent, Medien 10,3, Wissenschaft 8,9, Wirtschaftsverbände 4 Prozent, Bundesrichter 2,7 Prozent und generelle 0 Prozent. Da guckt man drauf. Und Nicole, was würdest du sagen? Was ist deine erste Reaktion auf diese Zahlen?
01:36:26 Eigentlich sind die bekannt. Also wer es wissen will, kann es wissen. Also deswegen, ich finde, jedes Mal, wenn man sich so eine Sendung anguckt, also ihr seid jetzt natürlich auch ein Jugendformat, deswegen ist es gut, dass man die alle einblendet, aber wer es wissen will, kann es wissen. Also es wird in jeder Sendung das neu erzählt, als ob so, wow, gucken wir mal auf die Zahlen, aber eigentlich sind die bekannt. Okay, also etwas...
01:36:52 Wessen wir uns eigentlich auch bewusst sein sollten dann wahrscheinlich. Da würde mich interessieren, Sabrina, vielleicht gucken wir nochmal in der Geschichte zurück. Wieso oder wie wurden denn die Positionen nach der Wende besetzt? Wie war denn da die Praxis?
01:37:06 Darf ich vielleicht noch sagen, was vielleicht trotzdem noch spannend ist an diesen Zahlen? Also auch vielleicht, wenn man es wissen kann, sind sie trotzdem spannend, weil erstens denkt man ja, oder ist ja immer wieder die Geschichte, naja, das wächst sich schon aus. Da muss man nichts tun, das passiert von alleine, sieht man, funktioniert nicht. Das andere ist natürlich Elitentransfer, also wie sich Eliten wandeln, dauert natürlich lange, man muss schon ziemlich alt sein und so weiter und es ist alles ein bisschen langsamer in den Top-Führungspositionen.
01:37:36 Da ist eine Behäbigkeit drinnen, aber trotzdem erklärt es immer noch die Unterrepräsentation. Und gleichzeitig sehen wir aber, dass in bestimmten Sektoren das doch...
01:37:45 auch möglich ist. Die Verteilung ist unterschiedlich und unterschiedlich starke Unterrepräsentation. Das heißt, es sagt durchaus was darüber aus, dass die Durchlässigkeit unterschiedlich ist. Heißt ergo, je nachdem, wie ein Sektor strukturiert ist oder von uns gemacht wird und durchlässig gemacht wird, kann es auch funktionieren. Und dass da die Politik ein bisschen am besten funktioniert, ist ja auch mit Demokratie verbunden, ist ja auch erstmal so eine positive Message. Also da, wo etwas sehr demokratisch organisiert ist, funktioniert es ein bisschen besser.
Elitentransfer und Netzwerke
01:38:1401:38:14 als in anderen Bereichen, die sehr viel auf Klientelismus und geschlossene Zirkel basiert. Und natürlich spiegelt sich da noch wieder das, was in den 90er Jahren passiert ist, Stichwort Elitentransfer, also ganz viel im Ostdeutschland in den Führungspositionen. Zum Teil wurden sie ganz abgeschafft, bestimmte Positionen und wurden dann einfach vom Westen mit übernommen. Also das, was wieder vereinigt wurde, heißt ja ganz oft, einfach wurden bestimmte Teile im Osten.
01:38:43 Abgeschafft. Und dann war einfach das, was schon in Westdeutschland war, plötzlich einfach für alle da. Also das ist ja nicht gerade so ganz demokratisch vom Verfahren her. Oder aber es wurden explizit Leute aus dem Westen in Führungspositionen in den Osten auch gebracht. Warum? Weil gesagt wurde, naja.
01:39:02 Das sind ja zum Teil eben aus dem Parteikader gewesen und so weiter. Also undemokratische Personen, die diese Ämter jetzt nicht mehr ausfüllen können oder diese Positionen. Deswegen müssen sie jetzt aus dem Westen besetzt werden. So, und das hätte sich ja theoretisch auswachsen können. Aber man sieht, naja, aber sind Positionen besetzt.
01:39:22 Und reproduziert sich das so? Das ist dann doch sehr netzwerkmäßig geschlossene Zirkel und so weiter. Also so ganz frei und offen funktioniert das ja noch nicht. Und das sieht man bis heute und das ist dann auch auf den Zahlen. Kannst du das vielleicht nochmal ganz kurz erklären, dass wir das verstehen? Also warum wächst sich das nicht so leicht aus? Was hat das mit Netzwerken zu tun?
01:39:43 Es ist nicht nur eine Netzwerkgeschichte, also die Reproduktion in den Aufstieg funktioniert manchmal auch sehr langsam so, aber Qualifikation, also wir haben ganz häufig das Gefühl oder diesen Glaube schon, naja, wenn ich qualifiziert bin, kann ich immer so weiter aufsteigen, aber es sind doch recht viele Leute auch qualifiziert und steigen trotzdem nicht weiter auf, weil es hat doch dann immer damit zu tun, eines der, wir haben mit sehr vielen Eliten auch gesprochen und da hieß es damals, ja, ich wurde gefragt.
01:40:12 Ja, das ist aber schön für dich. Tolle Qualifikation. Du wurdest gefragt. Das heißt, du kennst jemanden, der dich fragt. Und es fängt schon an, wo kommt dein Elternhaus her? Wo waren deine Eltern, wo sie dich mitgenommen haben schon als Kind? Dann warst du vielleicht in irgendwelchen Clubs und so weiter. In irgendwelchen Sportbereichen, wo halt nur bestimmte Kinder wieder rumrennen. Also manche Sachen bleiben dann halt einfach oder bestimmte Schulen oder Privatschulen. Also manche Sachen sind einfach nicht so offen, wie sie auf den.
01:40:42 ersten Blick scheinen. Sabrina, im Chat hat Kai F eine Frage an dich. Er sagt, Kai F schreibt, ich habe bei Deutschlandfunk vor Jahren mal einen Bericht gehört, dass es Vorurteile gegen typisch ostdeutsche Vornamen gibt, wie Kevin, Steve, Chantal, Jacqueline und sie deshalb schwerer in Führungspositionen kommen. Kann das stimmen?
01:41:02 Ja, das kann auch stimmen. Es gibt, wir wissen, so eine Studie habe ich jetzt noch nicht für Ostdeutsche gelesen oder für ostdeutsche Namen, aber wir wissen das aus anderen Studien zum Arbeitsmarkt mit Namen, die migrantisch klingen.
01:41:15 Und da sieht man dann ganz häufig, dass Leute, oder nicht deutsch klingen, nicht wahrgenommen deutsch, dass dann diese Personen stärker benachteiligt werden. Also bei allen anderen, wenn alle anderen Faktoren gleich sind, also das Level der Bildung und so weiter, das Bewerbungsanschreiben gut, und man tauscht, also man nimmt dasselbe Bewerbungsanschreiben, tauscht die Namen, dann werden Leute mit nicht deutschen Namen benachteiligt im Vergleich zu mit deutschen Namen. Und ich könnte mir auch gut vorstellen, dass...
01:41:40 dass auch einen Effekt bei ostdeutschen Namen gibt, die dann bestimmt, also gerade vor allem bei solchen Namen, die sehr stark ja dann auch stereotypisiert werden oder in Talkshows sich manchmal drüber lustig gemacht wird und so weiter oder in der Vergangenheit wurde. Ja, genau, müsste man schon sagen, es könnte möglich sein. Jetzt werden wir gleich im Anschluss auch noch mit drei Politikerinnen reden von grüne SPD und
01:42:03 Union. Chat, wenn ihr Fragen an die habt, dann packt sie schon mal rein. Wir leiten das gleich sehr gerne weiter. Und jetzt würde mich interessieren, was würdet ihr euch denn von der Politik wünschen, damit Ost und West noch besser zusammenwächst? Nicole, was sagst du? Was würdest du dir wünschen?
01:42:20 Also von der Politik generell, ja, dieses Problembewusstsein zu erlangen, sage ich mal, also sich wirklich mit diesen Zahlen, Daten und Fakten auseinanderzusetzen und nicht nur auf einer abstrakten Ebene, sondern auch, was es dann auch dann bedeutet für Menschen im realen Leben. Ich glaube, das wäre schon mal wirklich ein ganz toller erster Schritt.
01:42:46 dass man auch mal darüber hinauskommt, über diesen Schockmoment, dass es diese Zahlen gibt. Also ich glaube, wenn man da immer festhängt, dann bewegt sich ja nichts nach vorne. Und auf der anderen Seite natürlich auch Präsenz vor Ort. Ich glaube, das ist auch total wichtig.
01:43:06 Ja, und auch vielleicht eine Offenheit für innovativere Formate, die mehr Bürgerbeteiligung oder Bürgerinnenbeteiligung möglich machen. Und Sabrina, was würdest du sagen, was muss die Politik noch leisten? Wo hakt es noch? Ja, also da kann ich mich meiner Vorrednerin gerade...
01:43:26 extrem anschließen. Politiker müssen sich vor Ort wirklich blicken lassen. Also die politischen Kämpfe werden gerade auf kommunaler Ebene verloren, weil Parteien wie die AfD einfach extrem gut aufgestellt ist, vernetzt ist, sehr viel Zivilgesellschaft fördert, gute Angebote macht, sich als Kümmerer präsentiert, präsent ist, selbst wenn sie sich nicht kümmert. Das reicht ja schon, sich als Kümmerer zu präsentieren, jemandem zuzuhören, zu tun, als ob man zuhört oder so, weil andere Parteien gar nicht mehr präsent sind.
01:43:55 Also das Versagen der Parteien, der Mehrheitsparteien oder der Mainstream-Parteien trägt dazu bei, auch dass andere Kräfte gestärkt werden. Also ganz klar, da muss reingegangen werden, da muss viel, viel, viel mehr gemacht werden. Und das sieht man ja alleine schon beim Plakatieren in Wahlkämpfen, dass manche Parteien schon gar nicht mehr vertreten sind.
01:44:15 In den Plakaten. Also bis dahin, da muss einfach viel, viel mehr passieren, auch im digitalen Raum, auf Social Media, gerade für die Jugend, bessere Angebote machen und so weiter, die Leute da wirklich abholen und dann eben auch ganz klar die Probleme lösen. Dann hat man es eigentlich. Also die Rezepte sind da, aber es passiert eben nicht. Also warum? Fragen Sie gleich mal nach.
01:44:39 Bevor wir jetzt gleich in den nächsten Blog gehen, würde mich noch eine Einschätzung von euch interessieren. So eine kleine Bestandsaufnahme. Stellen wir uns vor, die Deutsche Einheit ist ein Ladebalken. Wir downloaden gerade die Einheit. Wo stehen wir? Wie viel Prozent haben wir? Was würdet ihr sagen vom Gefühl her? Wie viel Prozent haben wir schon erreicht? Sabrina, was sagst du? Wie viel Prozent haben wir?
01:45:03 Einfach aus dem Bauch. Ich komme gerade mit dem Bild wahrscheinlich nicht ganz so richtig ganz klar so, weil was heißt es denn eigentlich auch? Also was ist denn genau damit gemeint? Ich hatte mir gedacht, dass du das hinterfragst. Ja, weil es muss ja vielleicht gar nicht alles gleich sein.
01:45:24 anerkannt sein. Manchmal hat man das Gefühl, Wiedervereinigung, da muss ich ständig immer irgendwas so anpassen. Ja, da haben wir gerade eben auch schon drüber gesprochen, dass es gar nicht gemeint, sondern mehr, dass es quasi, dass wenn wir über strukturelle Ungleichheiten reden, über quasi auch Unzufriedenheiten, die da sind, also quasi, dass wir da noch mehr zusammenwachsen, ohne dass es sich alles angleichen muss. Und wir feiern heute ja Tag der Deutschen Einheit.
01:45:53 jetzt Einheit als Begriff in den Raum geworfen. Magst du trotzdem eine Prozentschätzung abgeben? 60 Prozent. Okay. Und Nicole, was sagst du? Na, 50-50 würde ich eher sagen. Also ich glaube, es ist wirklich noch viel Luft nach oben. Sehr, sehr viel. Leider nach 35 Jahren.
01:46:16 Und so Initiativen wie Project Together hat ja diese Werkstatt der Mutigen gegründet, muss ich vielleicht noch mal kurz richtigstellen. Das ist eine bundesweite Initiative. Da kann jeder mitmachen. Solche Sachen sind mal was machen. Ich bin da total hilfreich. Danke euch auf jeden Fall, dass ihr dabei gewesen seid. Vielen Dank, dass ihr euch da zugeschaltet habt. Und Chad, sag mal, wie viel Prozent würdet ihr angeben? Genau. Und dann danke ich euch und freue mich, dass Josefine Ortle...
Politikerinnen diskutieren über Einheit
01:46:4401:46:44 Sie ist bei der SPD, sie ist die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags und herzlich willkommen. Hallo. Hallo. Wir hören dich noch nicht. Wir haben uns übrigens aufs Du geeinigt. Vorher darf ich, jetzt hören wir dich. Ne, würdest du einmal sprechen?
01:47:06 Ja, also ich höre aus der Regie, dass du dich bei dir entmuten musst, dass es irgendwo ein Button gibt bei dir, wo du, das ist das klassische Videokonferenzen-Ding. Ich kann ja vielleicht, während du suchst, schon mal sagen, du bist in Saarbrücken heute. Saarbrücken hat gerade den Vorsitz im Bundesrat und deswegen findet, beziehungsweise fand da zum Tag der Deutschen Einheit ein großes Fest heute statt, auf dem du gewesen bist. Vielleicht kannst du jetzt mit uns sprechen.
01:47:33 Während sie das einrichtet, ich gucke noch mal kurz auf unseren Ladebalken in der Zwischenzeit. Also wir haben da 50 Prozent, Ila Sali sagt 50, der Benir sagt 85 Prozent. Ah, hier hängt der, Dimon schreibt, der Ladebalken hängt bei 70 Prozent. Einfach Standard bei Windows, ja, wir kennen es. Kevin Dish schreibt 35 Jahre und bei 40 Prozent.
01:47:59 Paddy Payday 85 Prozent, optimistischer. Flink 55 Prozent. Ich sehe 45, ich sehe 60. Okay, also wir sind schon mal mindestens bei 50 bei den meisten. Ah ne, ich sehe auch einmal 30 Prozent. Also durchwachsen, aber auf jeden Fall immer noch Luft nach oben, könnte man festhalten. Okay, ich würde es einmal noch mal testen. Vielleicht kann mir auch...
01:48:25 Siehst du, also ich höre aus der Regie, dass du bei dir einmal dich entmuten musst. Und vielleicht einmal, kommst du einmal nochmal neu rein. Vielleicht klappt es, wenn du dich das nächste Mal, vielen Dank für die Mithilfe. Dann würde ich erst mal vielleicht Paula Pichotter noch reinholen. Paula Pichotter ist bei den Grünen. Hallo, herzlich willkommen.
01:48:47 Hallo, hallo, guten Abend. Hallo, dich hören wir sofort. Hallo, einen schönen guten Abend. Wir haben Ton. Wir haben Ton, ja. Du bist bei den Grünen, bist Sprecherin in der AG Ost und erstmal dir noch einen schönen Tag der Deutschen Einheit. Schön, dass du dir Zeit genommen hast. Sag mal, wir wollen, vielleicht machen wir dann alle dich zusammen auch mit Nora rein, oder? Dann würde ich nämlich neben dir noch Nora Salz gerne eigentlich begrüßen.
01:49:13 damit wir hier alle dabei haben. Nora Salz ist bei der CDU. Herzlich willkommen, Nora Salz. Ich glaube, wir haben heute irgendwie so ein bisschen Internetprobleme, sehe ich. Aber wir hören dich, super. Wir hören dich. Wir haben also jetzt hier die grüne Paula Pichotter und Nora Salz von der CDU da.
01:49:35 Lass uns doch mal ein bisschen starten. Paula, im Koalitionsvertrag von Union und SPD gibt es kein explizites Kapitel zu Ostdeutschland. Wir haben jetzt gerade in den Gesprächen schon gehört, dieser Wunsch nach dem Problembewusstsein. Würdest du sagen, dass es kein Kapitel gibt? Ist das ein Zeichen für die Einheit oder ein Zeichen dafür, dass CDU und SPD den Osten übersehen? Ich würde sagen, ein Zeichen dafür, dass es nach dieser Bundestagswahl nicht mehr ganz so viel um Ostdeutschland geht wie nach der letzten.
01:50:03 Weil natürlich auch mit dieser Bundestagswahl einfach aus den Nicht-AfD-Fraktionen sehr, sehr, sehr viel weniger Abgeordnete im Bundestag sitzen als davor. Und die können natürlich auch weniger Druck für Ostdeutschland machen.
01:50:14 Dann gibt es natürlich immer noch die, die sagen, Leute, wir haben doch jetzt eigentlich 35 Jahre Wiedervereinigung hinter uns. Jetzt ist es auch langsam mal gut. Da müssen wir nicht mehr jedes Mal die gleichen Sätze in den Koalitionsvertrag schreiben. Die gibt es auch. Aber ich glaube, ihr habt ja jetzt auch zwei Stunden lang drüber geredet, warum es noch unglaublich große Probleme gibt. Und ich bin zum Beispiel auch Ärztin, selbst die Lebenserwartung ist noch super unterschiedlich, insbesondere bei den Männern. Der ostdeutsche Mann ist ein richtig großes Problem in Sachen Lebenserwartung. Und das sind alles Punkte, die weiter danach rufen, dass da viel gemacht werden muss.
01:50:43 Und es ist auch nicht selbstverständlich, dass es dann automatisch im politischen Geschäft passiert, weil Ostdeutsche sind auch im Bundestag immer in der Minderheit. Also wir sind immer nur die berühmten 20 Prozent, wenn überhaupt. Und das bedeutet, dass wir, also ich will jetzt nicht sagen, immer betteln müssen, um irgendwie was zu bekommen. Aber wir haben nie die eigene Kraft im Bundestag, im Bundesrat, wirklich Sachen selber durchzudrücken. Und im Bundesrat wurde nach der Videovereinigung auch darauf geachtet, dass die ostdeutschen Bundesländer da nicht so viel Sperrminoritäten und möglichen.
01:51:12 haben, Prozesse aufzuhalten. Nora, seit du bist bei der CDU, stimmst du zu bzw. wie sehr hast du dir denn ein eigenes Kapitel zu Ostdeutschland im Koalitionsvertrag gewünscht?
01:51:26 Also ehrlich gesagt, ich wünsche mir kein eigenes Kapitel. Ich wünsche mir dafür, dass wir im Osten gemeinsam als Abgeordnete im Osten für die demokratischen Parteien gemeinsam dafür kämpfen. Das wäre so mein ganz großer Wunsch, weil ich meine, wir brauchen uns nicht darüber zu unterhalten in dieser Bundesregierung und vor allen Dingen auch auf der Regierungsbank neben so wenig Abgeordnete aus dem Osten.
01:51:55 Platz wie eigentlich in den letzten Jahren nicht. Das müssen wir auch nicht wegleugnen. Und mich stört das persönlich wahnsinnig, weil wir sind weniger Frauen wieder geworden mit dieser Bundestagswahl und es sind weniger Ostdeutsche geworden auf der Regierungsbank. Das muss man jetzt einfach auch mal klar und ehrlich sagen. Trotzdem, und das muss ich sagen, ich gucke jetzt nicht in den Koalitionsvertrag, ich schaue, wo man im Osten
01:52:24 Oder wo man für den Osten jeden Tag was tun kann. Bei mir zeigt zum Beispiel auch gerade Chemnitz, meine Heimat Chemnitz, die dieses Jahr Kulturhauptstadt ist, jeden Tag aufs Neue, wie man Beteiligung, wie man Austausch miteinander pflegen kann und Ähnliches. Und das versuche ich natürlich auch jeden Tag mit in die Arbeit im Deutschen Bundestag zu nehmen. Ja, du hast gerade eben schon die...
01:52:47 Abgeordneten und die Position in der Politik angesprochen und wie im Fernost und West da repräsentiert ist. Jetzt haben wir vorher auch schon auf Repräsentation in Führungsebenen geguckt und da gibt es ein Positionspapier der Ostdeutschen Landesverbände der CDU, die folgendes sagt.
01:53:04 Ostdeutsche müssen in Führungspositionen angemessen vertreten sein. Dies ist eine Generationenaufgabe, die bisher unzureichend umgesetzt ist. Selbst gegenwärtig sind Studierende aus den ostdeutschen Bundesländern bei den Stipendien der Begabtenförderungswerke unterrepräsentiert. Wir werden Maßnahmen ergreifen, um diesen Anteil zu erhöhen. Nora, was sind denn das konkret für Maßnahmen? Was wird denn getan?
01:53:28 Ich glaube zum Beispiel, wir können aus der Politik heraus nur bedingt was am Rahmen steuern. Ich glaube tatsächlich, es muss ja auch eine intrinsische Motivation geben, da was zu tun.
01:53:43 Wir können nicht alles regeln als Politik. Das ist schon mal ein Punkt. Ich möchte allerdings an der Stelle auch ganz klar meine eigenen Erfahrungen mit einbringen, weil ich war in einer Führungsposition. Ich komme nicht klassisch aus der Politik. Ich bin Vizepräsidentin beim Deutschen Fleischerverband geworden. Ja, jetzt kann man sagen, auf den fünf Positionen musste auch ein Ostdeutscher sitzen. Aber ich bin eine Frau. Ich war unter 60.
01:54:07 praktisch mir diesen Führungsanspruch über Jahre hinweg selber erarbeitet. Und mir haben einfach auch Leute aus dem Westen was zugetraut und Platz gemacht und haben mich ernst genommen und haben das versucht, in irgendeiner Form mit mir gemeinsam praktisch durchzuziehen.
01:54:24 als Team, als Gesamtdeutsches. Und gerade da muss ich sagen, hat es mir im Ehrenamt immer sehr, sehr geholfen. Da kann ich weder sagen, ich bin als Frau diskriminiert worden, noch sonst irgendwas, weil jeder mich dort an der Stelle ernst genommen hat. Das ist Verbandsarbeit, das ist nicht Politik. Ich finde es immer schwierig, wenn wir solche Wünsche formulieren und dann nicht konkret sagen, was wir eigentlich damit wollen. Ich glaube tatsächlich, wir müssen den Rahmen schaffen, dass es möglich ist.
01:54:52 Und dass wir vor allen Dingen natürlich auch den Wunsch danach stärken. Aber den Rahmen zu schaffen wäre ja dann doch, du hast gerade eben gesagt, die Politik kann da nicht alles regeln, aber den Rahmen zu schaffen wäre dann ja doch Aufgabe der Politik. Ich würde das an der Stelle gerne mal an Paula weiterreichen. Wenn du das so hörst, reicht das, was aktuell getan wird, um da auch die Repräsentation zu stärken und auch den Anteil an Führungskräften, die aus Ostdeutschland kommen?
01:55:20 zu erhöhen. Reicht das aus?
01:55:23 Also ich glaube, in der Politik funktioniert es tatsächlich relativ gut von allein, weil da Menschen von unten nach oben gewählt werden. Also sehr viele Ostdeutsche würden einfach gerade als Ministerpräsidenten oder als ihren Abgeordneten für den Bundestag niemanden mehr wählen, der nicht aus Ostdeutschland kommt. Als wir die ersten westdeutschen Ministerpräsidenten hier in den ostdeutschen Bundesländern losgeworden sind, wurde das als großer Schritt in Richtung Wiedervereinigung und selbstbewusste ostdeutsche Bundesländer gesehen.
01:55:53 Kolleginnen gesagt haben, da wächst es sich nicht von alleine aus, da wird es teilweise sogar schlimmer. Und ich komme zum Beispiel aus der Hochschulmedizin. Ich habe im Westen gearbeitet und ich habe im Osten gearbeitet. Ich musste mir im Westen anhören, dass man sich wundert, dass ich mich normal anziehen kann. Und ich bin auch in Osten zurückgegangen, weil ich mich nicht mehr den ganzen Tag verstellen wollte und weil ich nicht mehr so stigmatisiert werden sollte. Also du sitzt, ich habe auch Erlebnisse hinter mir.
01:56:18 Da sitzt du nachts mit irgendwelchen Arztkolleginnen zusammen und dann erzählen die dir, dass ostdeutsche Frauen ja sexuell viel freizügiger sind als westdeutsche Frauen. Da hast du keine Lust mehr, da zu arbeiten. Und das sind schon reale Erfahrungen in Deutschland und insbesondere in so Bereichen wie Wirtschaft, aber auch Medien, wo wir sehr, sehr viel ...
01:56:36 über Elitenrekrutierung haben, darüber, dass Vorgesetzte entscheiden, wer gefördert wird und wer nicht. Da haben wir einfach das große Problem, dass sehr, sehr viele die Menschen fördern, die ihnen selber am ähnlichsten sind.
01:56:48 Und Ostdeutsche haben selten die gleichen gesellschaftlichen Codes in der Kindheit erlernt wie der westdeutsche Chirurgiechef. Und es ist einfach ein riesengroßes Problem, wenn wir insbesondere auch in Ostdeutschland dann in den Eliten eine Unterrepräsentation von Ostdeutschen haben. Also in den ostdeutschen Bundesländern werden Ostdeutsche an den Gerichten von westdeutschen Richtern verurteilt und haben quasi auch westdeutsche Hochschullehrer und haben auch westdeutsche Chefärzte. Ich glaube, das Problem haben...
Quoten, Vermögenssteuer und Umverteilung
01:57:1801:57:18 Das hatten wir vorher mit der Wissenschaftlerin ja auch schon. Ich glaube, das Problem haben wir verstanden. Die Frage ist ja, was ist die Lösung? Und da wird ja zum Beispiel manchmal auch sowas wie eine Ostquote eingeworfen. Zum Beispiel in der Wirtschaft oder auch im Kulturbereich gab es jetzt auch oder im Medienbereich gab es jetzt auch Forderungen dazu. Und weil, wie die Wissenschaftlerin vorher schon erzählt hat, es dauert, bis sich sowas von alleine verwächst, wenn man darauf vertraut, sehr, sehr lange. Und die Frage ist, wollen wir so lange?
01:57:47 Was sagt ihr zur Quote? Nora, wäre das eine Lösung?
01:57:54 Gibst du, ich bin kein Quoten-Fan, aber das liegt wirklich auch an meinen eigenen Erfahrungen. Ich habe das nie, nee, nee, nee, sorry, an der Partei, da muss ich sagen, da können wir jetzt drüber streiten. Aber das ist vielleicht auch der riesengroße Vorteil meines Vorlebens, dass ich eben nicht die klassische Politikerin in der CDU bin, sondern dass ich wirklich dieses Verbandsleben hinter mich gebracht habe.
01:58:23 Und da muss ich sagen, da hat man ja alle Chancen in meinem Leben eröffnet, egal in welchem Teil ich gearbeitet habe. Okay, aber ich halte fest, du denkst, es ist keine sinnvolle Maßnahme, da an Quoten sich zu orientieren. Paula, wie siehst du denn das? Also ich glaube tatsächlich, dass Quoten überhaupt nicht geil sind, aber eine der wenigen Möglichkeiten...
01:58:45 dass sich tatsächlich was ändert. Die funktionieren schlicht und ergreifend. Das sehen wir bei den Frauenquoten, die auch Nebenwirkungen haben, klar, aber die am Ende einen Unterschied machen. Es gibt aber für die unterschiedlichen Bereiche noch so ein paar unterschiedliche Punkte. Also zum Beispiel in der Bundesverwaltung gibt es jetzt verschiedene Förderprogramme, dass Ostdeutsche in den Bundesverwaltungen gezielt gefördert werden. Und damit die überhaupt auf diese Stufe kommen, müssen die zum Beispiel in den Verwaltungen schon aufsteigen können. Und dafür ist es zum Beispiel ganz wichtig, dass du in Ostdeutschland auch Bundesbehördenstandorte hast.
01:59:14 Und auch die sind unterrepräsentiert. Deswegen war uns das in den letzten Jahren in den Koalitionsverträgen zum Beispiel immer ganz, ganz wichtig. Also wenn Ostdeutsche nicht anfangen, in Bundesbehörden zu arbeiten, dann werden sie irgendwann auch nicht in den Entscheidungspositionen in Bundesbehörden ankommen. Und zum Beispiel bei den Richterinnen und Richtern ist jetzt eine super spannende Zeit, weil die jetzt alle, die in den 90er Jahren kamen und die gesamten Richterposten aus westdeutschen Bundesländern und westdeutschen besetzt wurden, die gehen jetzt gefühlt alle mit einmal in Rente. Und das ist natürlich eine riesengroße...
01:59:44 Chance hier diesen Elitenaustausch aus den 90ern schon ein Stück weit auch in einer Generation relativ stark wieder ein Stück weit gerechter aufzustellen. Und das wäre zum Beispiel auch was, was abgesehen von der Quote noch sehr sinnvoll ist, aber das ist zum Beispiel sehr spezifisch für die Justiz. Und da muss man schlicht und ergreifend auch darüber reden, ob man zum Beispiel auch klagen kann, wenn man aufgrund seiner ostdeutschen Sozialisation zum Beispiel bei Bewerbungen benachteiligt wurde. Das ist bislang nicht der Fall.
02:00:11 Paula, im Chat stellt sich Hus Mesut die Frage, ob sowas wie eine Quote, um Ostdeutsche in mehr Führungsebenen zu bringen, nicht mehr Spaltung bringen könnte. Wie würdest du darauf reagieren? Ich würde fragen, ob die Frauenquote mehr Spaltung gebracht hat oder am Ende zu mehr Frauen in Führungspositionen geführt hat. Und jetzt warte ich auf seine Antwort. Also Mesut darfst du gerne nochmal im Chat antworten.
02:00:39 Und was anderes im Chat steht an die CDU von Waldläufer Streicher. Warum haben Sie es in all Ihren Regierungsbeteiligungen seit 2007 nicht hinbekommen, die Vermögenssteuer wieder zu aktivieren? Ist vielleicht auch die Frage, ob das die CDU denn wollte. Aber ich glaube, wo es da auch vielleicht mit rausgeht, ist auf die Frage, wir hatten ja schon jetzt auch viel heute davon gehört, wie ungleich Vermögen verteilt sind, Erbschaften verteilt ist.
02:01:06 Und da gibt es ja zum Beispiel den Steffen Mauer, den Soziologen, der in einem seiner Bücher in Ungleich vereint sagt, sinngemäß, entweder wir machen den Osten irgendwie reicher oder wenn wir nicht wissen, wie, dann müssen wir Erbschaften und Kapital anders besteuern und das umverteilen. Ansonsten müssen wir damit leben, dass die Verhältnisse ungleich sind.
02:01:27 Ähm, Nora, also vielleicht zurück zur Ursprungsfrage. Wieso hat es die CDU nicht geschafft, die Vermögenssteuer wiederzubeleben? Ich glaube, das steht außer Frage, dass die CDU das nicht wollte. Aber wäre das nicht eine gute Idee, ist ja die Frage.
02:01:45 Naja, gut, also da kommen wir jetzt mal mit meiner eigenen persönlichen Geschichte. Und zwar, ich habe tatsächlich geerbt. Bei uns gibt es tatsächlich Kapital in der Familie, allerdings Kapital in Form eines großen Hauses. Sprich, alles, was ich in meinem Leben geerbt habe, waren sehr, sehr viele Schulden. Sehr, sehr viele Schulden und sehr, sehr viel Ärger.
02:02:04 Und dazu muss man auch sagen, die Struktur, und das ist ja das, was heute Abend auch schon sehr, sehr oft angeklungen ist, das fehlende Eigenkapital innerhalb von Betrieben, von Familien, von Dingen, die man vererben kann, von Werten, die geschaffen wurden. Einfach, weil es daran liegt, dass wir 1945 einmal angefangen haben und nach 1990 auch alles nichts mehr wert war. Und ich muss dazu sagen, ich war zur Wende 6.
02:02:30 Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich das proaktiv mitgelebt habe, aber alles, was aus der Wende heraus resultiert hat, hat mein Leben sehr, sehr stark geprägt. Und dazu gehört die Geschichte mit dem Haus. Dazu würde auch die Geschichte mit der Flascherei gehören, die meine Mutter auch von meinen Großeltern abgekauft hat und sich damit im Grunde genommen illiquide gemacht hat. Und das sind einfach Probleme, die so ganz klassisch für den Osten sind. Wenn wir jetzt Vermögenssteuern einführen.
02:02:59 Und da sind wir ja in der Politik immer sehr schnell dabei, alles ja gleich einmal mitten durch die Gesellschaft durchzuziehen und uns nicht zu fragen, wie ist denn das eine und wie ist denn das andere? Und wie treffen wir uns da möglicherweise in der Mitte? Ich weiß, wen die Vermögenssteuer treffen soll. Das ist mir schon durchaus bewusst. Und der Gedanke dahinter ist nicht ganz schlecht. Aber wir treffen eben aktuell mit der Gesetz...
02:03:22 die wir uns, die da jetzt aktuell stattgefunden hat und auch in den letzten Jahren stattgefunden hat, sehr, sehr schnell auch die falschen mit. Da müssen wir differenzierter schauen, da müssen wir genauer auch in der Gesetzgebung sein. Das ist auch was, was ich Frau Pichotta und mir ins Hausaufgabenheft reinschreibe, wo es sicherlich nach Nachbesserungsbedarf gibt.
02:03:41 Aber wie gesagt, wenn man jetzt bei mir auf das Haus mit den Schulden und dem, was da noch so an Sanierungsstau ist, noch eine Vermögenssteuer draufknallen würde, einfach weil man sagt, das Haus hat aber einen ganz anderen Wert als das, was Sie abzahlen, ja, wovon soll ich es bezahlen? Also die Frage muss man sich dann auch stellen. Und ich habe das mal sehr, sehr schön mit einem Linken gemacht, der auch immer sehr, sehr an der Vermögenssteuer hing in der Diskussion und habe ihm dann mal so die Rechnung aufgemacht, wie es wäre, wenn wir einfach mal teilen würden.
02:04:11 Wie meinst du teilen? Verstehe ich gerade nicht.
02:04:15 In der Wende einfach mal das Haus aufteilen und dann eben alle Pflichten, alle Vermögenssteuern, alle Werte, die da dranhängen und eben auch die ganzen Schulden. Ich habe das Gefühl, es würden ein paar gerne mit dir teilen, aber ja. Paula, jetzt sind ja diese Ungleichheiten... So schön ist das Haus nicht. Jetzt sind ja diese Ungleichheiten trotzdem da und eine Möglichkeit, auch so wie Steffen Mau das sagt, um das anzugleichen, wäre eben...
02:04:43 eine Erbschaftssteuer zu reformieren oder eine Vermögenssteuer wieder einzufügen. Wie stehst du denn dazu oder die Grünen dazu? Also auf jeden Fall, aber man muss dann echt aufpassen, dass der Osten nicht wieder leer ausgeht, weil die Einnahmen aus der Erbschaftssteuer, die bleiben aktuell in den Bundesländern.
02:05:00 Und jetzt wissen wir, wenn quasi über 90 Prozent der Erbschaften in den alten Bundesländern stattfinden, dann würden auch über 90 Prozent der Einnahmen in den alten Bundesländern bleiben. Das würde dem Osten ziemlich wenig helfen. Und deswegen ist es ganz, ganz wichtig, dass man dann zusätzlichen Mechanismus schafft, wie die Einnahmen aus der Erbschaftssteuer wiederum gleichmäßig oder gerecht verteilt werden auf die unterschiedlichen Bundesländer. Und da kannst du jetzt schon davon ausgehen, dass es dafür nicht ohne weiteres eine Mehrheit im Bundesrat oder im Bundestag dafür gibt.
02:05:30 Also was sind Ideen, die du vorschlägst, die konstruktiver werden?
02:05:35 Ich glaube, dass du definitiv so einen Umverteilungsmechanismus haben musst plus Erbschaftssteuer, weil es schlicht und ergreifend so ist, dass diese Vermögensunterschiede massiver Quell von Unzufriedenheit sind und die Ossis auch ziemlich wenig dafür können. Also die Ossis haben einfach 40 Jahre länger dafür bezahlt für die Verbrechen von NS-Deutschland. Die haben 40 Jahre länger in der Diktatur gelebt, haben nicht nur 45 neu angefangen, sondern konnten auch 40 Jahre teilweise ja nicht mal in dem Beruf arbeiten, in dem sie gerne gearbeitet hätten.
02:06:05 und haben in den 90ern dann oft nochmal neu angefangen. Und wenn du in einer Stadt wie Leipzig hier sitzt und 90 Prozent der Wohnungen gehören Menschen, die nicht hier wohnen, das ist in Westdeutschland unvorstellbar, aber das macht natürlich auch was mit einer Stadt und das macht die Leute hier unglaublich unzufrieden und das führt auch dazu, dass den Menschen, denen die Häuser hier gehören, sich vor Ort gar nicht einbringen und zum Beispiel auch das Stadtpolitik verändert. Und wir müssen davon dringend weg und natürlich müssen auch die Häuser hier endlich wieder zu denen, die drin wohnen.
02:06:34 Ich sehe hier gerade noch eine Frage aus dem Chat und zwar an dich Paula und zwar Neff Nuxus schreibt, wo ist das Bündnis 90 geblieben? Wie konntet ihr die Vertreter der DDR-Bürgerrechtsbewegung in die Partei integrieren, aber daraus keine Mehrheiten in den neuen Bundesländern generieren? Wie ist das zu erklären?
02:06:54 Also das ist super spannend, weil das waren ja quasi die Bürgerrechtler, die 88, 89 unglaublich viel vorgekämpft haben, als sich viele andere noch nicht getraut haben. Die dann dachten, oh mein Gott, jetzt haben wir endlich 89 bei den Demonstrationen in Leipzig, in Plauen, jetzt haben wir endlich die Leute hinter uns. Jetzt gibt es endlich eine Mehrheit in der DDR auch für eine Reform. Und die wollten aber ja eine andere Form von friedlicher Revolution. Die wollten ja eine weiterentwickelte DDR und die wollten einen ganz langsamen Annäherungsprozess. Und die wurden einfach von der Geschichte über...
02:07:24 Plötzlich wollten alle Menschen in Ostdeutschland vor allen Dingen den schnellen Beitritt zur D-Mark. Und das hat auch die Bürgerrechtler komplett zur Seite gedrückt. Bei den ersten Wahlen hatten die dann sehr schnell unter fünf Prozent.
02:07:37 Und es war so, dass schlicht und ergreifend die Warnungen, die sie hatten, die Konzepte, die sie hatten, damals nicht in die Zeit gepasst haben und dann über zehn Jahre hier ganz, ganz langsam erst wieder politisch relevant wurden. Und diese Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler, die sind bis heute, manche von ihnen auch ein Stück weit verbittert, weil sie auch wenig Dankbarkeit dafür bekommen haben, was sie damals eigentlich auch an Mut geleistet haben. Also viele von denen hatten ja massivste Probleme mit der Stasi, haben wirklich viele persönliche Nachteile in Kauf genommen.
02:08:07 Und am Ende ist diese friedliche Revolution halt nicht so hundertprozentig so gelaufen, wie sie sich das vorgestellt haben. Und was dann noch dazu kommt, wenn du Ostdeutsche bei den Grünen bist und dann auf Bundesebene was werden wolltest, dann war es auch oft förderlich, wenn du jetzt nicht in jedem Satz damit begonnen hast, dass du Ostdeutsche bist. Aber das haben wir nicht nur bei uns Grünen, das hat zum Beispiel auch immer Angela Merkel erzählt.
02:08:29 Dadurch, dass Bundespolitik immer mehrheitlich westdeutsch ist, wenn du da als Ostdeutsche was werden willst, kaschierst du erstmal ziemlich gut, dass du Ostdeutsche bist. Was natürlich dazu führt, dass dann auch wieder viele Ostdeutsche sich weder von Angela Merkel noch von anderen Ostdeutschen lange vertreten gefühlt haben. Und das ist was, was wir gerade versuchen aufzubrechen. Und das hat Hakan ja, glaube ich, vorhin auch gesagt. Du brauchst Identifikationsfiguren. Und das ist vielleicht eine der ganz großen Lehren aus den letzten fünf oder zehn Jahren.
02:08:57 Wunderschön, ein Bogen zum Anfang unserer Streams geschlagen. Ich würde noch eure Einschätzung interessieren. Wir haben ja so ein bisschen uns den Ladebalken angeguckt. Die Einheit, sie lädt noch. Wir downloaden die Einheit noch. Chat, ihr habt gesagt, da ist alles dabei von 30 bis 70 Prozent. Also auch sehr pessimistische Einschätzung, aber auch sehr optimistische. Wie seht ihr das zum Abschluss? Was wäre denn eure Bestandsaufnahme? Bei wie viel Prozent stehen wir gerade? Nora, was sagst du?
02:09:24 Ich wäre vielleicht so bei 60, 65 Prozent. Es gibt eine ganze Menge zu tun. Ich merke das jetzt gerade im Kulturhauptstadtjahr. Es ist immens, was hier in Chemnitz passiert. Wir haben zwar ein halbes Jahr gebraucht, bis wir die Menschen hier aus Chemnitz mit an Bord hatten, aber jetzt fühlen die auch diesen Spirit. Und ja, also ich glaube tatsächlich, wir sind so bei 65 Prozent. Es gibt noch jede Menge zu tun. Ich sehe das auch noch.
02:09:50 Ich bin jetzt gespannt, was Frau Pichotta sagt. Weit über der Hälfte, aber noch nicht zielerreicht. Ich würde sagen, wenn man sich jetzt nur so die materiellen Sachen anschaut und so, da sind wir vielleicht so bei 50-50. Aber jetzt so eine Generation nach der Friedlichen Revolution geht ja die Aufarbeitung erst so richtig los und wir erzählen erst so richtig die Geschichten von vor 89 und es kommen noch mal Traumata hoch, die bis jetzt gar nicht groß ausgesprochen wurden. Und ich glaube, dieses kulturelle Zusammenwachsen, die geschichtliche Aufarbeitung, da sind wir erst so bei 2030.
02:10:19 Danke euch beiden. Sehr schön. Danke euch. Schön, dass ihr da wart. Schön, dass ihr da seid. Schönen Abend noch. Gerne. Tschüss. Danke. Und raus sind sie. Da war jemand sehr schnell am Drücker. Also ich fand es mega, mega spannend. Ich habe total gerne im Chat geschaut, wie ihr diskutiert habt. Chat, was habt ihr denn aus der Diskussion mitgenommen? Machen wir mal ein kleines Fazit.
02:10:42 Finde ich gut, genau. Erzähl das mal. Vielleicht erzählst du auch, was du aus der Diskussion mitgenommen hast? Ich nehme mit, dass wir viel zu tun haben noch, dass es, glaube ich, einfach auch mehr Problembewusstsein braucht. Jetzt fängst du an zu snacken, ne? Jetzt fange ich an zu snacken. Wir haben so schöne...
02:11:00 Da stürzen wir uns auf jeden Fall. Mitgebracht bekommen, hingestellt bekommen, die haben wir jetzt erst die Gelegenheit zu essen. Sorry, ich habe dich unterbrochen. Egal, Essen geht vor. Ich glaube, es gibt noch viele Baustellen, aber wir müssen auch das Positive sehen. Wir haben heute viel darüber gesprochen, was es noch für strukturelle Probleme gibt, wo es noch Baustellen gibt. Aber ich glaube, auch das Positive zu sehen und das, was uns vereint, ist wichtig, vor allem an einem Tag wie heute. Und auch, dass wir mit der geschichtlichen Aufarbeitung...
02:11:29 dass wir da noch riesige Baustellen haben. Das ist, glaube ich, auch ein Punkt, der heute immer wieder kam, dass wir da einfach noch mehr lernen und noch mehr.
02:11:36 drauf gucken müssen. Was hast du mitgenommen? Ich hänge total bei der Paartherapeutin Ilka und bei diesem Gedankenspiel kann sozusagen, wir hatten vorhin dieses Gedankenspiel gespielt, der Osten ist zusammen mit dem Westen in Paartherapie und die Frage, kann der jeweils andere, die jeweils andere deutsche Hälfte erklären, was ist eigentlich das Problem des anderen und ich glaube, darüber werde ich noch ein bisschen nachdenken, weil das finde ich total spannend, weil wenn der eine wirklich erklären kann, wie es dem anderen geht, dann haben wir uns auf jeden Fall gut zugehört.
02:12:05 Und das ist super, wenn wir das an so einem Tag wie heute machen. Ich glaube aber auch, das müssen wir weitermachen. Das hört nicht auf. Ja, ich sehe gerade was im Chat. Was nimmt ihr mit? Bruce Mesmo schreibt, vor dem Stream waren mir die Unterschiede und die Spaltung gar nicht so klar. Fand ich sehr informativ. Freut uns. Sehr schön. Cloud Surferin schreibt, wir brauchen eine Vision, eine neue, eine zukunftssichere Vision für Deutschland rund und Europa. Auch das ist sicher ein Ausblick.
02:12:34 Heyja schreibt, die großen Unterschiede werden nie aufgearbeitet werden. Es wird nie gleich sein. Auch noch ein Punkt, den wir heute ja hatten. Jüngere Generationen werden mehr und mehr vergessen, woher die strukturellen Probleme stammen, aber sie werden bleiben. Maximal seichter werden, aber nie gehen. Dann lese ich noch Kai F. vor. Er schreibt,
02:12:54 Solange essentielle Probleme wie Armut bestehen und Vermögen im Westen deutlich höher ist, ist noch viel zu tun, wenn wir zwischenmenschlich zusammenhalten, sind wir aber auf einem guten Weg. Und wenn ihr zwischendurch erst reingeschalten habt und euch denkt, ich will eigentlich alles sehen, aber irgendwie euch Twitch satt, das hier alles könnt ihr auch in der ARD Mediathek schauen, genauso wie die passende Bundesweib-Doku.
02:13:16 Und morgen gibt es um 14.30 Uhr den Sportschau-Kollegen Malte Völz, der hier ist mit der Sportschau und Ron-Robert Zieler ist dabei. Ist das was, Katharina? Das was, du bist auch Riesenfußballfan, das merkt man. Also Flo, guckt morgen, sehr schön. Und ansonsten sage ich vielen Dank euch fürs fleißige Mitdiskutieren. Chat, vielen Dank für die spannenden Aspekte, für die vielen Kommentare und auch danke an alle Gäste, die heute mit dabei waren.
02:13:44 Danke, danke, danke. Kommt gut nach Hause. Wir kommen gut nach Hause. Ihr seid vielleicht schon zu Hause. Macht's gut. Danke euch und einen wunderbar entspannten Abend.