Politik & wir ! Wehrpflicht vor GTA VI: Wärst Du dabei? Roderich Kiesewetter (CDU) & Influencer Simon David Dressler

Wehrpflicht-Debatte: Politik und Jugend im Streit um Deutschlands Zukunft

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ARD
- - 02:16:29 - 6.366 - Just Chatting

Die Sendung „Politik und Wir“ beleuchtet die kontroverse Debatte um die Wehrpflicht. Während Politiker wie Roderich Kiesewetter (CDU) mehr gesellschaftliches Engagement fordern, lehnt Influencer Simon David Dressler eine Zwangsdienstpflicht ab. Die Diskussion kreist um die Frage, ob Deutschland eine Wehrpflicht benötigt, wie gerecht diese wäre und welche Rolle junge Menschen in diesem Prozess spielen sollen.

In der Bundespolitik wird wieder über eine Rückkehr der Wehrpflicht diskutiert. Doch wie steht ihr dazu? Wärt ihr bereit, mitzumachen? Und wäre das überhaupt fair? Alternativ gäbe es auch ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr bei der Bundeswehr oder in sozialen Einrichtungen. Darüber reden wir bei „Politik & wir“ mit euch, Roderich Kiesewetter (CDU), Simon David Dressler (Politik-Influencer), Annabell Günther (Reservistin), Wolf Gregis (Veteran), Judith Busse (Deutsche Friedensgesellschaft), Gabor Halasz (ARD-Hauptstadt-Korrespondent) und @paplonerudaxd

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Diskussion um die Wiedereinführung der Wehrpflicht

00:10:04

00:10:04 Hi und herzlich willkommen zu Politik und Wir, eurem ARD Community Talk. Wir sprechen heute über das mögliche Comeback der Wehrpflicht. Denn der Verteidigungsminister, der plant erstmal eine Rückkehr zum freiwilligen Wehrdienst. Was aber ist, wenn es nicht genug junge Leute gibt, die Lust haben, sich da zu melden. Also könnte es möglicherweise dann eben doch auch eine Wehrpflicht geben. Darüber wollen wir heute diskutieren.

00:10:27 Und darüber wird auch gerade in der Politik viel diskutiert. Auch zum Beispiel, dass wenn sich nicht genug junge Leute melden, es möglicherweise dann Auswahl gibt, in dem gelost wird. Das ist eine Variante, über die gerade viel diskutiert wird. Wir wollen heute wissen, wie gerecht ist die geplante Reform vom Wehrdienst? Was ist gut daran, was nicht? Und brauchen wir überhaupt wieder eine Wehrpflicht? Und da begrüße ich erstmal den Chat. Hi da draußen, schön, dass ihr mit dabei seid. Und natürlich auch meine Gäste hier im Studio.

00:10:55 Da ist zum einen Simon David Dressler. Herzlich willkommen. Hi. Er ist 26 Jahre alt, kommt aus der Nähe von Mannheim, schreibt seine Masterarbeit gerade in Linguistik. Er ist sehr aktiv in den sozialen Netzwerken, Influencer, würde ich sagen. Er erreicht auch sehr, sehr viele Menschen, nennt sich selbst progressiver Populist, hat mal als Werkstudent auch für die CDU gearbeitet. Und er sagt...

00:11:18 Ich bin gegen die Wehrpflicht, weil meine Interessen und die Interessen des Staates, in dem ich lebe, nicht die gleichen sind und im Kriegsfall sich sogar widersprechen. Da sprechen wir gleich drüber. Erstmal aber hallo an meinen zweiten Gast, Ruderich Kiesewetter, 62 Jahre alt. Herzlich willkommen. Sitz für die CDU im Bundestag. Er ist Oberst außer Dienst der Bundeswehr, Außen- und Sicherheitspolitiker im Bundestag. Und er sagt...

00:11:42 Unser Land verdient mehr Engagement, gerade wenn Frieden in Freiheit und Selbstbestimmung gefährdet sind. Herr Kiesewetter, was konkret meinen Sie an der Stelle mit mehr Engagement? Meinen Sie damit mehr Verpflichtung? Nein, Engagement heißt für mich in allererster Linie Freiwilligkeit. Aber wenn die nicht ausreicht, kann am Ende auch eine Verpflichtung stehen. Aber wir haben bei uns so eine Nehmermentalität, einfach zu schauen, was geht, was bietet mir der Staat, was kann ich alles mitnehmen?

00:12:10 Und ich glaube, dass unsere Gesellschaft auch von Freiwilligen Feuerwehren, vom Technischen Hilfswerk, von Blaulichtorganisationen lebt. Und wenn Schulklassen in Berlin zu Besuch sind oder in meinem Wahlkreis Ahlenheidenheim, ich in Schulklassen bin, das nimmt die Zahl über die Jahre, ich bin jetzt 16 Jahre Abgeordnete, immer mehr ab, die sich in diesen Freiwilligendiensten engagieren. Und die werden immer älter und können irgendwann auch ihre Geräte nicht mehr tragen. Also deswegen bin ich eigentlich für mehr Engagement aus Einsicht. Okay, also dem Staat was zurückgeben. Herr Dressler, Sie sagen, ich habe...

Interessenkonflikt zwischen Staat und Individuum bei der Wehrpflicht

00:12:38

00:12:38 Ich bin gerade schon bei dem Satz ein bisschen hängen geblieben. Ich bin gegen die Wehrpflicht. Ich wiederhole ihn nochmal, weil er ist auch, muss ich erstmal ein bisschen verstehen. Weil meine Interessen und die Interessen des Staates, in dem ich lebe, nicht die gleichen sind und im Kriegsfall sich sogar widersprechen. Warum unterscheiden sich denn Ihre Interessen so stark von denen des Staates? Denn eigentlich sind Sie doch auch Teil des Staates. Ja, aber der Staat hat besonders im Kriegsfall dann eben ganz andere Interessen als ich. Mein Interesse.

00:13:04 in so einem Ausnahmefall wie dem Kriegsfall oder dem Verteidigungsfall ist ja am Leben zu bleiben. Und das Interesse vom Staat ist in erster Linie nicht unbedingt seine Bürger zu schützen oder die größte Menge seiner Bürger zu schützen, sondern seine eigene Souveränität und seine territoriale Integrität zu bewahren. Und dafür ist ein Staat im Kriegsfall dann auch willens.

00:13:32 seine Bürger in die Pflicht zu nehmen, das heißt im Zweifelsfall zwangs zu rekrutieren, um seine eigene Souveränität zu schützen. Und das ist eine Unfreiheit, die ich ablehne. Da gehen wir auf jeden Fall gleich nochmal in Detail drauf ein. Man merkt schon hier auf jeden Fall Pro- und Kontrawehrpflicht an meinem Tisch. Reden wir gleich drüber, aber erstmal auch nochmal Hallo an den Chat. Und zwar gab es ja eine Wehrpflicht in Deutschland und zwar bis 2011. Dann wurde die ausgesetzt. Jetzt soll sie eben ein Comeback feiern. Wie genau?

00:14:02 Ob erstmal freiwillig, das ist der Plan, später dann vielleicht auch als Pflicht. Darüber wird gerade viel diskutiert. Jetzt wollen wir aber erstmal wissen, was haltet ihr generell davon als junger Mensch für eine bestimmte Zeit dienen? Schreibt mal bitte in den Chat, seid ihr für oder gegen die Wehrpflicht? Und zwar eine 1 für, ich bin für eine Wehrpflicht und eine 2 für, ich bin gegen eine Wehrpflicht. So und jetzt gucke ich erstmal, was so die Community da draußen dazu sagt.

00:14:31 Gucke ich mal, ganz viele Zweien. Ein, eins, zwei, zwei, ja. Also die meisten sind gegen die Wehrpflicht. Zwei Wehrpflicht waren die gut, schreibt Nipfu. Ja, fast alles Zweien. Interessant. Auch auf Social Media boomt tatsächlich im Moment das Thema Wehrpflicht sehr stark. Und da ist vor allem die Haltung, wir sind eher gegen eine Wehrpflicht und wir haben mal einen...

00:14:59 Und da ist vor allem die Angst davor ganz groß eingezogen zu werden, vor allem bei den jüngeren Menschen. Und da kommt jetzt mal kurz ein kleines Beispiel. Wenn du dann geeignet bist, kannst du zur Bundeswehr, das ist aber freiwillig. Aber ab 2027 musst du einen Gesundheitscheck machen, um zu gucken, ob du geeignet bist. Und wenn nicht genug Leute sich dafür freiwillig melden, dann wirst du eingezogen.

00:15:20 2026, ihr müsst an die Front eingezogen werden. Das ist natürlich alles nicht so. Aber es zeigt natürlich, dass sich junge Menschen wirklich, wirklich Sorgen machen. Herr Kiesewetter, wie kann man das vielleicht oder wie sollte die Bundeswehr, was sollte die Bundeswehr machen, um sich so ein bisschen schmackhafter zu zeigen oder attraktiver für junge Menschen? Das schafft sie im Prinzip gerade nicht.

00:15:40 Ja, also ich kann die Sorgen, die Ängste auch völlig verstehen, weil sich unser Land 15 Jahre damit überhaupt nicht beschäftigt hat. Wir haben ja 2011 die Wehrpflicht ausgesetzt, weil wir sie geglaubt haben damals, dass wir sie nicht mehr brauchen und haben auch gleich alles aus dem Fenster geworfen an Erfassung, an Musterung, also dass man sich beteiligen kann. Und damit haben wir aber auch was ganz Wichtiges aufgegeben, nämlich alles, was für den Zivildienst nötig war.

00:16:03 im Bevölkerungsschutz, in der Katastrophenhilfe. Also all das, was man auch braucht, um Land am Laufen zu halten. Ein Staat ist ja kein seelenloser Roboter, der seine eigene Souveränität retten will, sondern ein Staat besteht aus uns allen. Und wenn wir wollen, dass unser Staat leistungsfähig bleibt und vor allen Dingen überlebensfähig bei den möglichen Bedrohungen, dann brauchen wir schon Engagement. Und es ist nicht Aufgabe der Bundeswehr, sondern das ist die ganz verquaste Debatte, die wir in den letzten zwei Monaten hatten, dass nicht richtig erklärt wird, um was es eigentlich geht. Nämlich, es geht um keine Wehrpflicht.

00:16:32 sondern es geht um eine Ausweitung des Freiwilligendienstes. Ich selbst bin für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr. Und es gibt immer mehr Stimmen, die eben sagen, wieso braucht unser Land eine Wehrpflicht? Wir brauchen ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr mit einem Wahlrecht. Und ein kleiner Teil davon wäre Bundeswehr. Jetzt haben wir 800.000 Menschen im Geburtsjahrgang, eingezogen werden dürfen sowieso. Nur deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, was ich auch für nicht so ganz gut halte, also sprechen wir von 600.000, das sind 300.000 Männer. Und davon braucht man zurzeit 20.000 für die Bundeswehr.

00:17:02 Vielleicht in vier Jahren 80.000. Ich glaube schon, dass man die freiwillig findet. Darüber werden wir auch gleich nochmal in Ruhe sprechen. Aber das, was Sie sozusagen sagen, ist, ich möchte ein Gesellschaftsjahr. Das heißt, ist es so ein bisschen so eine Art Zivildienst 2.0, nur dass der eben dann alle betrifft? Also dass alle sozusagen sagen müssen, ich mache Zivildienst oder ich gehe zur Bundeswehr? Das wäre das Ideal, wenn man es auswählen könnte.

00:17:22 Aber wir deckeln ja unsere Angebote an die jungen Leute sind ja sehr begrenzt. Wir haben gerade mal 80.000 Stellen bei 800.000 im Geburtsjahr, im freiwilligen sozialen Jahr. Das sind die Bundesländer und im Bundesfreiwilligendienst. Integrationsarbeit, Migrationsarbeit, Bildungsarbeit, Pflegeunterstützung und so weiter. Und 20.000 Stellen in der Bundeswehr. Also gerade mal 80.000 Stellen insgesamt. Das ist ein bisschen wenig für die, die es wollen. Deswegen gehen ja auch so viele junge Menschen. Weltwärts heißt einer der Dienste oder machen ein Jahr Work and Travel.

00:17:52 Ich glaube, wenn man ein Angebot hat, wo man hinterher, ich sage mal, Führerschein hat oder einen Speißerschein oder wer lieber im Büro sitzt, Datenschutzgrundverordnung oder so. Aber wenn man wählen kann, in der Pflicht wählen, das halte ich für sinnvoll, aber fürs Land. Bisher ist ja noch freiwillig, aber Sie sagen eben, das sollte zur Pflicht werden. Isabella 2004 schreibt, könnten wir bitte alle Waffen wegschmeißen, wäre schön, wenn nie Krieg gewesen wäre. Oder Otto Hansas schreibt.

00:18:17 Macht es doch weiterhin freiwillig, aber attraktiver. Das ist gut. Ich merke schon, hier ist auf jeden Fall, bisher habt ihr viele Zweien geschickt, also ihr seid eher gegen die Wehrpflicht. Ich würde mich total freuen, wenn ihr darüber auch mit uns sprechen wollt. Also schaltet euch gerne dazu. Und wie das geht per Streamtogether, das kann uns Mona aus unserem Team ganz kurz und knapp erklären. Das ist nämlich ganz easy peasy. Mona, bist du schon am Start?

00:18:43 Hallo, Chat. Ich lese hier schon ganz fleißig mit und finde es mega gut, wie vielfältig die Meinungen sind. Die wollen wir natürlich auch on-air hören. Ihr könnt euch zuschalten. Wir haben da diesen kleinen Button anklingeln und dann müsst ihr euch so ein bisschen durchklicken. Ihr braucht eine Kamera und ein Mikro und müsst das auch zulassen in dem Browser. Am besten funktioniert es tatsächlich über Chrome. Und ganz wichtig ist, ich muss einmal mit euch davor ein bisschen chatten. Deshalb schaltet eure Flüsternachrichten frei, dass ich euch kontaktiere.

00:19:12 Oder ihr schreibt mir einfach direkt an den Account ARD-StreamTogether. Nicht Politik und mir, wie ich hier gerade heiße, sondern ARD-StreamTogether. Da führt kein Weg dran vorbei. Wir müssen kurz chatten. Und dann freue ich mich schon, eure Meinungen im Stream zu hören. Bis später.

00:19:32 Bis später. Also ganz easy, kommt dazu. Wir freuen uns hier auf jeden Fall. Und ihr habt ja auch die Möglichkeit, eben mit zwei ganz spannenden Gästen zu diskutieren, eure Fragen auch direkt an die Politik zu stellen. Vincent 16193 schreibt zum Beispiel, ich bin absolut gegen einen verpflichteten Kriegsdienst, nicht für diesen Staat. Wir wollen jetzt erstmal ein bisschen darüber sprechen, wie gerecht ist eigentlich die Wehrpflicht. Wir merken schon, oder auch das Gesellschaftsjahr, wie gerecht ist überhaupt eine Verpflichtung.

Jugendbeteiligung und die Generation der 'Geber'

00:20:01

00:20:01 wollen wir jetzt einmal ganz kurz mit einem Gast sprechen und zwar mit Quentin Gärtner. Ich glaube, der ist schon da. Das ist der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, der ein bisschen Internetprobleme hat, aber trotzdem am Start ist, glaube ich. Er ist sozusagen der Klassensprecher für alle Schülerinnen und Schüler in Deutschland und 18 Jahre alt. Habe ich dich richtig eingeführt, Quentin? Yes, yes.

00:20:25 Also wir haben ja gerade schon das Beispiel aus den sozialen Medien gesehen. Wir haben hier gerade unsere Abstimmung gesehen. Die meisten jungen Leute oder auch Simon David Ressler hier im Studio, die jüngeren Leute, die wir hier bei uns haben, die sind alle eher gegen eine Verpflichtung. Wie stehst du denn zu einer möglichen Wiedereinführung der Wehrpflicht?

00:20:44 Also da muss ich differenzieren. Wir als Bundesschülerkonferenz haben klar gesagt, wir positionieren uns zu Jugendbeteiligung und zu den Themen Bildung. Und im Verlauf dieses Gesetzes ist es eben nicht passiert, dass man mal mit jungen Leuten geredet hat, zumindest nicht im ministeriellen Prozess. Und dass es eigentlich ganggebe, dass man eben Stakeholder einlädt, fragt, was ist Sache, was ist eure Position dazu, dann kann man ja im Zweifel auch nachschärfen. Also selbst wenn wir nur über die Freiwilligkeit reden.

00:21:10 dann kann man da ja nachschärfen und dann kann man darüber sprechen, wie man dafür sorgt, dass die Freiwilligkeit vielleicht attraktiver wirkt. Und wir kritisieren eben, dass man da nicht eingeladen wurde. Ob jetzt eine Währpflicht richtig ist oder ein Dienstjahr richtig ist, da positionieren wir uns als Bundesschülerkonferenz nicht. Ich persönlich habe natürlich eine Meinung, aber wir als Bundesschülerkonferenz machen klar, dass Beteiligung das A und O ist, gerade dann, wenn man was von ganz vielen jungen Menschen haben möchte, dann muss man denen auch was...

00:21:36 Und dann kann man sich nicht nur an ein Mikrofon hinstellen und sagen, jetzt macht mal und habt euch doch nicht so, sondern dann muss man auch mit den jungen Leuten reden. Das, was du gerade sagst, zeigt sich auch tatsächlich an allen Umfragen. Ich zeige die mal kurz für uns alle. Insgesamt ist die Mehrheit der Deutschen für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. Das ist eine Umfrage aus Juli, da sagen 55 Prozent, sie sind für den Wehr- oder Zivildienst für Frauen und Männer. 18 Prozent sind für die Wiedereinführung der Wehrpflicht nur für Männer. Und 23 Prozent sagen Wehr- und Zivildienst sollte weiter ausgesetzt bleiben.

00:22:04 Insgesamt sind sie für die Wiedereinführung, die Deutschen. Allerdings, und das ist eben die zweite Grafik, gibt es ganz große Unterschiede nach Altersgruppen. Also die stärksten Befürworter einer Fährpflicht, die finden sich mit 61 Prozent bei den Menschen, die 60 Jahre alt sind oder auch älter. Und bei den 18 bis 29-Jährigen, die persönlich betroffen waren, sind hingegen 63 Prozent gegen einen militärischen Pflichtdienst. So.

00:22:32 Und du hast aber auch schon gesagt, Quentin, an anderer Stelle, ihr seid eine Gebergeneration. So hast du, glaube ich, mal deine Generation selbst genannt. Das schwingt ja schon mit. Naja, wir als Generation, wir müssen immer geben, geben, geben. Aber wann kommt mal was zu uns zurück? Worauf meinst du das Ganze?

00:22:50 Genau bezogen, weil im Prinzip gab es ja die Wehrpflicht bis vor 14 Jahren auch für die Älteren. Ich kann das sehr konkret machen. Also das eine Thema ist das Rente und Klima. Da können wir jetzt auch ganz vertieft darüber diskutieren. Aber das andere ist Bildung. Also jetzt sind am vergangenen Donnerstag die IQB-Bildungstrendstudien rausgekommen. Also so eine Vergleichsstudie, die aufzeigt, wo die deutschen Schüler stehen.

00:23:17 Und es ist schon wieder eine Katastrophe geworden und das ist mittlerweile ein Slapstick. Also das ist nicht mehr so, dass man sagt, oh shit, die Studien sind schlimm ausgefallen, wir müssen irgendwie gegenstören, sondern alle wissen sozusagen im Vorfeld schon, dass es diesmal schon wieder besonders beschissen gelaufen ist und dass es ja kaum ein Szenario gibt, in dem es gut gelaufen ist. Das heißt, wir machen seit zehn Jahren eine extrem schlechte Bildungspolitik. Wir haben eine extrem...

00:23:41 schlechte Qualität an den Schulen. Wir werden zum Teil im Regen stehen gelassen. Und das ist wirklich so. Im Regen stehen gelassen in den Schulen. Und das merken wir auch. Und wir sehen nicht den ausreichenden politischen Willen zu sagen, okay, wir legen da jetzt auf und versuchen dagegen zu arbeiten. Im Sondervermögen für...

00:23:59 Für Infrastruktur sind weniger als zwei Prozent direkte Investitionen vorgesehen für den Bildungssektor. Klar, die 100 Milliarden aus den Ländern, da tröpfelt sicherlich auch was in den Bildungsbereich rein. Aber was junge Menschen bräuchten, wären klare Investitionen in Bildung, klare Investitionen in mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Das ist nämlich das nächste Thema. Wir haben im Lockdown extrem viel mitgenommen. Wir waren solidarisch. Es war klar, dass junge Menschen...

00:24:24 eine besondere Belastung tragen, wenn sie auf soziale Kontakte verzichten, weil es für junge Menschen besonders schwierig ist, soziale Kontakte zu reduzieren. Und wir haben das gemacht, aber es war klar, dass wir eben dementsprechend auch psychische Belastungen mitnehmen. Das spüren wir jetzt. Wir wissen, dass viel mehr junge Menschen depressiv sind, viel mehr junge Menschen Angststörungen haben, viel mehr junge Menschen einsam sind. Und wir sehen aber keine wirksamen Maßnahmen aus der Politik, um dem entgegenzutreten.

00:24:52 Das heißt, wir wissen schon jetzt in der Langfristperspektive, dass wir dieser Gesellschaft mehr zurückgeben werden müssen, als sie von uns abverlangt. Und das ist falsch.

00:25:05 Ja, danke erstmal für deinen Input. Ich möchte nur kurz an der Stelle sagen, dass die Qualität, die Bildqualität bei dir sehr schlecht ist. Und ich habe gerade aus der Regie vor allem gehört. Bei uns wird es auch ein bisschen so wahrgenommen. Du hast ja aber extra Datenvolumen gekauft für den Stream. Wurde mir auch gerade geschrieben. Also danke dafür. Und du bist aber wahnsinnig gut zu verstehen. Nur an der Stelle sorry auch für alle da draußen, dass Bild nicht so perfekt ist und wir Quentin nicht ganz scharf sehen. Aber deine Punkte kommen super gut bei uns an.

00:25:30 schreibt, stimmt ihr zu und sagt, das Gefühl, dass junge Menschen sich nicht gehört fühlen, ist ja tatsächlich auch nicht neu. Und Tommy Fair stimmt jetzt Herrn Kiesewetter zu und sagt, nicht Wehrpflicht, aber Soziales Jahr für alle Frauen und Männer. Ob sie dann Soziales oder Bundeswehr machen, können sie selbst entscheiden. Das wäre genau ihre Idee. Herr Dressler, was halten Sie von dem Gesellschaftsjahr? Also würden Sie sagen, ist ein...

00:25:53 Ganz guter Kompromiss, weil junge Menschen dann eben auch sagen können, naja, ich will nicht zur Bundeswehr, ich mache was Soziales oder sagen sie, nee, ich bin eigentlich gegen jegliche Form von Verpflichtung. Also ich würde eigentlich gerne was zu dem sagen, was Quentin gerade gesagt hat. Hörst du mich? Ja. Cool, okay. Amazing. Gerne. Gut, ich kann die Position total verstehen und ich bin ja auch irgendwo noch ein junger Mensch.

00:26:17 Zumindest hoffe ich, dass ich noch als junger Mensch durchgehe. Naja, naja. Und ich kann das wirklich total verstehen. Und ich habe mein... Ich glaube, ist das wieder irgendwas bei mir hinten? Alles gut. Na gut. Ich habe mein erstes Video über die Wehrpflicht gemacht vor dreieinhalb Jahren.

00:26:37 Und da habe ich in etwa das gesagt, was du gerade gesagt hast. Ich habe nämlich gesagt, wir jungen Menschen, wir haben während der Pandemie wirklich sehr viel geopfert, auch für eine Krankheit, die primär nicht unbedingt unsere Altersgruppe betrifft. Mein gesamtes Bachelorstudium war online in meinem Wohnzimmer und das war wirklich, das war extrem beschissen. Und ich kenne viele Leute, die ihr Studium deswegen abgebrochen haben, weil es einfach nicht ging.

00:27:07 Es ist ja offensichtlich, dass wir jungen Menschen in Deutschland rein demografisch einfach eine sehr geringe Rolle spielen. Weil wenn man gewählt werden möchte, also neben mir sitzt ein gewählter Politiker, da ist es wichtig, dass man die Altersgruppen anspricht. Oder ist es nicht nur wichtig, da ist es logisch, dass man die Altersgruppen versucht anzusprechen.

00:27:30 wo man die meisten Stimmen bekommt. Es gibt einfach super wenig junge Menschen in Deutschland und deswegen spielen wir demografisch und dann auch demokratisch keine wirklich große Rolle. Ich will jetzt aber vielleicht schon mal ein Hot Take hier reinwerfen. Du hast, Quentin, du hast gesagt, die Politik macht nicht ausreichend. Wäre eine Wehrpflicht denn okay, wenn wir jetzt super sanierte Schulen haben und wenn wir ein unfassbar gutes

Grundlegende Meinungsverschiedenheiten über Staatlichkeit und Pflicht

00:27:57

00:27:57 System für Mental Health hätten und niemand hätte mehr Depressionen. Wäre es dann okay, dass ein Staat sagt, wir werden mit euch, mit euren Körpern unsere staatliche und territoriale Souveränität verteidigen. Wäre es dann okay? Und ich würde halt sagen nein. Genau. Um dann direkt einzuhalten, wenn ich da die Diskussion direkt aufspinnen darf, da verlasse ich den Bereich, was die meinem Amt sagen. Ich höre nichts mehr. Ich höre nichts mehr.

00:28:23 Alles gut, hier kommt gleich jemand rein. Das lösen wir intern. Hier kommt Franz hier aus dem Regie-Team und hilft auf jeden Fall Herrn Dressler. Du hast Bildprobleme und wir haben hier Tonprobleme. Das passt doch wunderbar. Wir sind doch live. Ja, wir sind live. Ja, jetzt höre ich was. Wunderbar. Sehr gut. Ich danke dir. Quentin, jetzt bist du, glaube ich, auch wieder für Herrn Dressler zu hören. Ja, ich höre was.

00:28:46 Gerne jetzt. Ich wollte mich da einmal einwerfen, weil ich da eine sehr starke persönliche Meinung zu habe. Wie gesagt, als Generalsekretär der Bundesteuerkonferenz, wir haben uns klar positioniert. Wir werden Beteiligung fordern, wir werden Investitionen in junge Menschen fordern. Wir werden klarstellen, dass wenn man etwas von uns abverlangt und man uns auch ein Angebot machen kann und machen muss, man dementsprechend schon, bevor wir dann im Zweifel zum Dienst an der Waffe greifen, uns stark gemacht haben, muss man übrigens auch keine Pfeifen in der Kaserne haben. Also man will ja gute Leute haben. Das heißt, man muss dafür gesorgt haben, dass wir uns gut ausgeben.

00:29:15 bildet hat und dass wir resilient und belastbar sind. Stichwort Gesamtverteidigung. Gesamtverteidigungsfähigkeit, die Gesellschaft muss so aufgebaut sein, dass wir resilient und belastbar sind. Wenn das nicht mehr der Fall ist und wenn wir zunehmend von psychischen Belastungen geplagt sind, dann haben wir auch einen Aspekt in unserer Verteidigungsfähigkeit verloren. Wo ich mich ganz persönlich zu äußern möchte, ist, dass in den letzten vergangenen Wochen ganz viele bei mir gefragt haben, ja, aber Quentin, kannst du persönlich?

00:29:44 Würdest du deinem Land dienen an der Waffe oder nicht? Und ich habe immer gesagt, ja, würde ich. Denn für mich gehört zum Konzept wehrhafte Demokratie dazu, dass ich die Demokratie nicht nur im Inland verteidige, sondern eben auch im Ausland. Putin ist genauso ein Antidemokrat in meinen Augen wie die AfD hier in Deutschland. Das heißt...

00:30:04 Ich werde mich hinstellen und wenn Putin uns angreift, unsere Demokratie angreift, werde ich sie verteidigen. Das ist meine Überzeugung. Ich habe ganz andere Pläne. Ich möchte studieren. Ich habe keine Lust auf eine Pflicht. Aber wenn wir um eine Pflicht nicht herumkommen, dann halte ich es als Demokrat, der auch davon profitiert hat, dass wir eine Demokratie haben in diesem Land für unausweichlich, dass man auch einen Beitrag dazu leistet. Wehrhafte Demokratie ist nicht nur ein zackiger Slogan im Inland. Wehrhafte Demokratie bedeutet auch,

00:30:33 bereit zu sein, die Demokratie zu verteidigen, auch im Ausland. Finde ich spannend. Und da sehe ich jetzt doch einen starken Dissens mit Herrn Dressler. Wie würden Sie das sehen, Herr Dressler? Naja, wir haben eine komplett fundamental unterschiedliche Auffassung von Staatlichkeit und was Pflichten von Bürgern sind. Ich halte es für ein extrem konstruiertes Wir, für einen sehr konstruierten Wir-Begriff, dass man sagt,

00:31:02 Du bist hier geboren und deswegen ist jeder, der nicht hier geboren ist, ein potenzieller Feind. Das ist jetzt sehr abstrakt und irgendwie auch abgedroschen. Aber ich komme aus Süddeutschland und ich bin ungefähr eine halbe Stunde von Straßburg aufgewachsen. Und Straßburg ist Frankreich. Und wenn man so die letzten 200 Jahre zurückschaut, dann war Straßburg auch mal nicht Frankreich.

00:31:30 Und dann war es wieder Frankreich und dann war es auch wieder nicht Frankreich. Und im Zweifelsfall wäre es ja so, dass ich, 26-jähriger Simon David Ressler aus Deutschland, ich müsste im Zweifelsfall den 26-jährigen Pierre aus Straßburg als meinen Todfeind ansehen, wenn unsere beiden Staatenlenker das behaupten. Und es ist dann eben die Frage, ist meine...

00:31:59 meine Assoziation oder ist meine Identifikation mit jemandem wie Friedrich Merz, der nicht mein Alter ist, der definitiv nicht meine Steuerklasse ist, mit dem teile ich die Sprache und den Pass. Und das ist genug, um ein Wir zu konstruieren, das stark genug ist, dass jeder, der außerhalb von unseren Grenzen, die historisch sehr zufällig gefallen sind, die hätten auch anders fallen können.

00:32:27 dass jeder, der außerhalb dieser Grenzen geboren ist, mein Feind ist, nur weil dessen Staatenlenker das dann sagt. In Kriegen ist es ja nicht so, dass sich Leute zufällig zusammenrotten und sagen, wir hassen diese andere Nation so sehr, wir organisieren uns jetzt und überfallen dieses Land. Das mag es irgendwie historisch auch gegeben haben, aber es ist ja in der Realität so, dass es da...

00:32:50 Staatenlenker gibt und die entscheiden, ob Krieg oder Frieden ist. Aber Herr Dressler, jetzt muss ich mal kurz sagen, wir leben doch in einer Demokratie und Herr Merz ist ja nicht ein Autokrat, der uns jetzt befiehlt, Krieg gegen Frankreich zu führen, sondern wir leben ja in einer Demokratie, wo wir die Vertreter unseres Volkes, Herrn Kiesewetter, demokratisch gewählt haben. Und der Staat ist doch in einer Demokratie nicht nur Institutionen oder Amtsträger, sondern das sind doch wir alle, das sind doch die Vereine, die Schulen, die Kitas.

00:33:16 Ich saß vor einem dreiviertel Jahr ungefähr oder vor einem halben Jahr in der Phoenix-Runde und da saß mir gegenüber eine junge Frau, die ist Jungoffizierin oder Jugendoffizierin, Frau Hoppe, und die hat Wort für Wort eigentlich genau das gleiche Argument gehabt. Sie hat gesagt, der Staat, das sind doch wir alle, der Staat, das sind für sie auch irgendwie ihre Nachbarn. Und dieser Satz ist mir nicht aus dem Kopf gegangen, weil der Staat ist für mich nicht meine Nachbarn.

00:33:45 Also der Staat ist für mich, man kann so formaljuristisch da rangehen und sagen, gut, der Staat besteht irgendwie aus einem Staatsvolk, einem Staatsterritorium und quasi dann so einer exekutiven, judikativen, was auch immer so. Und dass man das alles in Eins wirft, das ist einfach unanständig und das ist nicht der Realität entsprechend. Aber der Staat, das ist das, was ich am Anfang gesagt habe. Der Staat gibt uns ja auch ganz viel. Kitas, Schulen, Bürgergeld. Und ist es da nicht auch...

00:34:14 auch richtig, dass man dem Staat etwas zurückgibt. Ich will da nur einmal kurz die Diskussion zu Ende führen. Es geht natürlich einmal darum, was ist der Staat, aber auch, wir leben natürlich in einem demokratischen Staat, wo es eben ums Geben und Nehmen geht. Das Problem ist doch, der Staat würde für mich doch niemals sein Leben geben. Also warum sollte ich mein Leben für den Staat geben? Das ist diese Sache, die man sich mal, also wenn ein Staat angegriffen wird, ist es ja nicht so, dass dieser Staat da sitzt und dann sagt, gut,

00:34:43 Wie können wir die maximale Anzahl unserer Bürger schützen und retten? Diese Kalkulation macht er ja nicht, sondern der Staat gibt sich selber das Recht, wir verteidigen uns jetzt.

00:34:57 Und dafür nutzt er seine Bürger. Und dann gibt es ganz viele, die das freiwillig machen. Ich will das nicht so darstellen, als gäbe es, es ging es dann nur immer um Zwang und Gewalt. Das stimmt einfach nicht. Ich würde zwei Sachen sagen. Ich würde den Satz noch zu Ende machen. Und irgendwann ändert sich das aber. Und wir sehen das in der Ukraine seit einer Weile, dass die Menschen da nicht mehr so freiwillig da so viel Lust drauf haben.

00:35:26 Ist es so, dass dieser Staat sich über die körperliche Integrität seiner Bürger hinweg setzt und sagt, nein, ihr verteidigt uns jetzt. Und dann verteidigen sich die Leute nicht selber, sondern die Leute verteidigen den Staat. Und dann sind das zwei verschiedene Entitäten. Ich habe das nicht so ganz verstanden. Das ist sehr konstruiert.

00:35:45 Aus meiner Praxis heraus kann ich nur sagen, wir haben es glücklicherweise geschafft, die alte Erbfeindschaft mit Frankreich zu überwinden. Das ist also ein sehr konstruiertes Beispiel. Entscheidend ist, dass wir in Europäischer Union und NATO genau diese Konflikte überwunden haben. Und es geht, da bin ich ganz bei Quentin Gärtner, eben darum, dass wir äußere Bedrohungen, die außerhalb von EU und NATO stattfinden, abwehren. Nicht um aktiv zu kämpfen, sondern um durch Verteidigungsbereitschaft sie abzuwehren.

00:36:13 Und ich bin sehr gespannt, ich bin sehr oft in der Ukraine, ich war jetzt seit der Vollinvasion, glaube ich, zehn oder elf Mal da. Diese Diskussion in der Ukraine, die Leute kämpfen nicht, weil es ihnen Spaß macht, sondern weil sie wissen, was in den besetzten Territorien passiert. Vergewaltigung, Kindesentführung, Zwangsdienst und vieles mehr. Und das wollen die nicht. Und die sagen, lieber kämpfe ich für mein Land. Und außerdem haben 600.000 junge Männer das Land verlassen, weil sie eben keine Alternative hatten, an der Front zu kämpfen oder ins Gefängnis zu gehen.

00:36:43 Wer gehen wollte, kann gehen. Auch jetzt hat man den Jüngeren ermöglicht zu gehen, weil in der Ukraine leider eben nicht das ist, was wir mühsam wieder schaffen müssen, nämlich Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Da sind die Frauen da und die Alten und schieben die Scherben zur Seite und schaffen die Trümmer weg durch die massiven Bombenangriffe auf Wohnungen, auf Häuser, auf Schulen, auf Krankenhäuser. Das ist ja nur zum Teil ein Krieg an der Front. Die Masse findet im Land statt.

00:37:09 Und da helfen eben viele, dass es nicht schlimmer wird. Und die Ukraine hätte überhaupt keine... Also der Krieg würde ja jetzt in Moldau sein und in den baltischen Staaten, wenn die Ukraine sich nicht gewehrt hätte. Also so gesehen können wir alle extrem dankbar sein, dass die Ukraine überhaupt den Willen hatte, sich zu wehren. Wenn man den Willen nicht hat, sich zu wehren, dann wäre Putin durch. Der hat das ja auch erzählt. Der hat ja auch ganz klar gesagt, was er will. Also der würde ja da nicht aufhören. Also insofern ist da eine Wehrbereitschaft gut. Aber glücklicherweise haben wir das...

00:37:38 überwunden, ich komme auch aus Baden-Württemberg, aus Süddeutschland, dass wir eben die Freundschaft haben durch Adenauer und de Gaulle, die begriffen haben, dass man sich über den Gräbern die Hände reichen müssen. Und ich hoffe, dass vielleicht in 50 Jahren es auch ein de Gaulle und ein Adenauer gibt, die sich über den Gräbern zwischen Russland und einer dann hoffentlich souveränen und freien Ukraine die Hand reichen. Ja, das muss doch das Ziel sein. Das mit Frankreich ist natürlich, das ist ein sehr konstruiertes Beispiel. Es ging mir da eher quasi um meine persönliche geografische Herkunft.

00:38:07 Und dass ich es damals schon auch als Jugendlicher, wo ich noch nicht so politisch war, wo ich mich auch schon da gefragt habe, was mich eigentlich trennt von jetzt einem Teenager eben in Straßburg. Der Punkt ist ja aber, Herr Giesewetter, Sie würden doch aber nicht sagen, dass es immer nur mit Freiwilligkeit in der Ukraine zugeht.

00:38:25 Also das stimmt doch einfach nicht. Ja, auch wenn es keine Freiwilligkeit ist, es gibt die Pflicht, das Land zu verteidigen. Ich selbst habe geschworen, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. Das heißt, ich kann gegen diese Pflicht nicht verstoßen und sagen, das mache ich nicht. Es ist eine Verpflichtung. Aber ich habe das nicht geschworen. Die Frage, nee, das brauchen Sie ja auch nicht. Und ich verteidige ja auch Sie und Ihre Meinung und ich verteidige alle, die das nicht tun wollen. Aber wenn das niemand tut, dann existiert der Staat nicht mehr. Und dann ist Ihr konstruiertes Beispiel.

00:38:55 Beispiel ist dann die Aufgabe des Staates der Wegbruch und dann kommt jemand anderes, hoffentlich ein Frankreich und nicht ein Russland, hoffentlich ein Polen und nicht ein Russland. Also es heißt ja nicht die Nicht-Existenz eines Staates, dass es dann keine Gewalt oder Willkür gibt. Und die Aufgabe eines Staates ist es, Gewalt und Willkür zu ordnen und vor allen Dingen die Menschen zu überzeugen, dass es sich lohnt, da zu leben. Der erste Satz unseres Grundgesetzes lautet, die Würde des Menschen ist unantastbar, weil wir sie über Jahrhunderte zerstört haben. Deutschland hat über Jahrhunderte die Würde.

00:39:24 des Menschen zerstört, die eigene und die der Nachbarstaaten bis 1945. Und das ist schon eine extreme Verpflichtung, dass das nicht wieder passiert in Europa, außerhalb Deutschlands, aber auch in Deutschland. Wir sind ja schon tief drin in Diskussionen und ich merke, dass der Chat sich auch beteiligen will. Blood Ryan schreibt zum Beispiel nochmal zu Herrn Dressler, man verteidigt ja auch nicht nur sein Land, sondern die freiheitlich-demokratischen Grundsätze. Das war ja schon ein bisschen mit. Und Tobi hat auch direkt eine Frage.

00:39:51 Aber du verteidigst dich doch selber oder ist das Land, in dem du wohnst, nicht dein Lebensraum?

00:39:58 Ja, aber Lebensraum haben schon mal andere Leute gesagt. So Wörter würde ich mich eigentlich ungern einlassen. Ich verteidige mich selber. Und wenn mich jemand, keine Ahnung, wenn jemand mit einem Messer auf mich losgeht, dann würde ich mich auch verteidigen. Oder in dem Fall tendenziell eher wegrennen. Also wenn ich jetzt kein Messer habe. Egal. In dem Fall geht es ja aber nicht darum, dass ich auf einmal

00:40:27 angegriffen werde, sondern in dem Fall geht es ja um einen staatlichen Angriff auf den Staat, in dem ich lebe.

00:40:35 Das ist kein Angriff auf meine Person. Und am sichersten wäre ich möglichst weit weg von der Front. Und dann könnte sowas eintreten wie in der Ukraine, die gesagt hat, junge Männer dürfen jetzt das Land nicht mehr verlassen. Das hat sich jetzt geändert, aber auch erst vor nicht so langer Zeit. Junge bis mittelalte Männer durften die meiste Zeit ihr Land nicht verlassen.

00:41:03 Lebensraum. 27 bis 60. Genau. Und kämpfen müssen, glaube ich, erst alle ab 25 überhaupt. Ja, also das ist eben der Punkt. Also mein Lebensraum sperrt mich im Zweifelsfall ein. Wir haben auch immer noch viel Zeit, darüber weiter zu reden. Jetzt möchte ich noch mal kurz Quentin rein und du willst noch was sagen, aber ich habe auch noch kurz eine Frage an dich zum Ende. Kannst du vielleicht gleich einbauen, aber wir haben ja ganz viel auch über Einbindung von Jugend gesprochen, weil das möchte ich jetzt so ein bisschen abbinden, dieses Thema. Und das Tolle ist,

00:41:31 Bisher wurdest du nicht eingebunden, aber du wirst bald eingebunden, denn du bist in der Expertenkommission zu Gast. Das Gesetz wird sozusagen nochmal diskutiert und du darfst mitdiskutieren. Vielleicht kannst du nochmal ganz kurz sagen, wie kam das zustande und was sind die Punkte, die du da unbedingt unterbringen möchtest?

00:41:48 Naja, also die Geschichte beginnt ein bisschen früher. Wir standen in der August da und haben eine Anfrage gehabt von Journalisten, die gefragt hatten, die Bundesführerkonferenz, wie steht ihr zum Thema Wehrpflicht? Und wir hatten vorher in einer relativ langen internen Diskussion beschlossen, dass wir uns nicht für oder gegen die Wehrpflicht in der Form äußern. Und dann habe ich gesagt, okay, wir schauen uns das aber trotzdem an. Wir vertreten junge Menschen.

00:42:15 Als Vertreter von jungen Menschen wahrgenommen und dementsprechend, wenn da ein Interesse da ist, sollten wir uns schon positionieren. Und dann habe ich gesagt, hat eigentlich das Bundesverteidigungsministerium an irgendeiner Stelle mit uns mal geredet? Das müsste ja passiert sein, wenn wir das jetzt in das Kabinett einbringen, dann müssten wir ja irgendwann mal mit uns gesprochen haben.

00:42:30 Und dann haben wir das Postfach durchforstet, haben gedacht, vielleicht ist das ja irgendwo untergegangen oder wie auch immer und es hat an keiner Stelle jemand mit uns geredet. Und dann haben wir gedacht, okay, dann ist ja das Statement klar, dass wir jetzt abgeben. Wir müssen uns nicht positionieren wieder gegen die Werkpflicht, aber wir müssen uns gegen eine Politik positionieren, die meint, junge Menschen verpflichten zu können oder zumindest junge Menschen aufrufen zu können, einen Dienst am Land zu leisten, ohne sie vorher mitgenommen zu haben.

00:42:54 Und dann habe ich daraus einen etwas frecheren Slogan gemacht, Herr Pistorius kann mich gerne anrufen, das habe ich auch in der BBC gesagt. Und tatsächlich, auch wenn Herr Pistorius mich nicht persönlich angerufen hat, war ich vor einer Woche auch im Bundesverteilungsministerium und habe mich mit Herrn Pistorius ausgetauscht, um auch diese Perspektive nochmal einzubringen. Ich bin auch sehr dankbar dafür, dass wir diese Perspektive im parlamentarischen Prozess einbringen dürfen.

00:43:19 Aber das passiert leider viel zu häufig, Stand jetzt, immer nur dann, wenn wir ganz laut sind, wenn wir richtig in die Medien reingehen, wenn wir drücken und drücken und drücken und sagen, wir müssen beteiligt werden, wir müssen mit an den Tisch kommen, dass man sich das im Vorhinein schon überlegt und sich denkt, okay, wir müssen mit denen reden. Das passiert zu selten. Das frustriert mich als Jugendvertreter, als Schülervertreter, dass man immer und immer wieder den gleichen Punkt machen muss, egal welches Thema wir aufgreifen. Da machen wir doch was falsch, wenn da ganz viele junge Leute sind, die vielleicht sogar motiviert sind.

00:43:48 Aber da kein Ansporn da ist, aus der Politik die abzuholen. Und das war mir wichtig, dass wir da reingehen. Und jetzt war es einigermaßen erfolgreich. Und wir werden natürlich klarstellen, dass Verteidigungsfähigkeit nicht dort beginnt, wo ich 18-Jährigen gerne die Hand drücke. Wunderbar. Wir machen was falsch. Den Satz würde ich nur sagen, wir machen was falsch, wenn wir glauben, Verteidigungsfähigkeit ist nur eine möglichst mannstarke Armee zu haben.

00:44:18 Wir müssen ja auch dafür sorgen, dass die Leute drumherum resilient und engagiert sind, dass wir ein technisches Hilfswerk haben, das am Laufen ist, eine Feuerwehr haben, die am Laufen ist, auch eine Gesellschaft haben, die resilient ist gegenüber Desinformationskampagnen, gegenüber gezielter Beeinflussung. Und dafür müssen wir schon voransetzen. Dafür brauchen wir Bildung in den Schulen, dafür brauchen wir Resilienztrainings, dafür brauchen wir eine anständige Ausbildung. Und da bin ich überzeugt davon, dass das mit der Verteidigungsfähigkeit auch besser geht.

00:44:47 Aber man kann nicht erwarten, dass man ganz viele Themen von jungen Menschen immer wieder verschläft und dann aber eine riesige Bereitschaft hat von jungen Leuten, auch wenn ich selber grundsätzlich, ich habe den Punkt schon gemacht, für mich ist klar, wenn die Demokratie angegriffen ist, dann werde ich als wehrhafter Demokrat auch die Demokratie verteidigen mit dem, was ich habe. Da bin ich auch bereit, mich einzusetzen für ein höheres Ideal. Simon Dressler hat jetzt gerade gesagt, ich teile mir doch mit diesem Land nur den Pass.

00:45:13 Und vielleicht den Wohnort. Aber ich teile mir auch etwas anderes. Ich teile mir die Überzeugung, dass die Demokratie der richtige Weg ist. Ich teile mir mit diesen ganzen anderen Menschen in Deutschland hoffentlich, dass wir alle Demokraten sind und diese Demokratie und dieses demokratische System auch verteidigen wollen. Und das muss dann auch der Ansporn sein, dafür eine Verteidigungsbereitschaft an Tag zu legen. Das sage ich jetzt explizit in meiner persönlichen Meinung. Danke, Quentin.

00:45:38 Ja, danke für dein Statement. Viel Spaß bei der Expertenkommission. Du hast gesagt, Boris Pistorius soll anrufen und dann hast du ihn gleich getroffen. Das hat ja zumindest in diesem Fall mal gut geklappt. Genau, alles Gute. Danke dir für deinen Input und liebe Grüße. Und jetzt solltest du deinen Datenvolumen weiter schonen. Ja, ciao. Ich habe nämlich gehört, dass ich noch jemand spontan dazuschalten möchte und zwar Max. Hi Max.

00:46:05 So, wir hören dich leider noch nicht. Vielleicht nochmal Mikro an, das ist der Klassiker. So, leider immer noch nicht. Aber dein Bild ist gestochen scharf. Vielleicht kann er so Pappschilder hoch. Ja, genau. Yes or no. Okay. Ich würde sagen, du probierst noch kurz. Und dann gucke ich mal, ob ich noch spannende... Ich finde es ja auch.

00:46:34 Ihre Trauben sind schon von den Sachen runtergemacht. Ich habe meine vorhin runtergemacht. Vorbereitung der Sitzung. Er kommt gleich ein bisschen wieder an. Jetzt kommen hier noch so ein paar Sachen aus dem Chat zum Beispiel. Aber ist nicht eher die Frage, warum die jungen Leute dieses Land nicht mehr mit ihrem Leben verteidigen wollen, schreibt Mima.

Historischer Rückblick und die Aussetzung der Wehrpflicht

00:46:57

00:46:57 Und Hansi Dampf schreibt, auch immer wieder witzige Namen hier auf jeden Fall, eine Wehrpflicht wäre zu begrüßen, so wie es sie schon einmal gab. Allerdings würde das ewig dauern, hat der Kieselwetter eben schon gesagt, bis die Infrastruktur wieder steht. Die Menschen könnten noch verweigern und müssten dann im Sozialbereich Ersatzdienst leisten. Da können junge Leute noch was ein bisschen lernen. Ich habe damals auch verweigert und habe einen Ersatzdienst gemacht, was auch dazu geführt hat, dass ich dadurch...

00:47:24 um im sozialen Bereich gelandet bin. Spannender Punkt. Da wir jetzt sowieso schon gerade so ein bisschen in der Geschichte gelandet sind und wir müssen gerade ein bisschen überbrücken, bis Max kommt, gucken wir uns doch mal an, wie lange es eigentlich schon die Wehrpflicht gibt in Deutschland. Da haben wir nämlich eine kleine Grafik. Und zwar hat der Bundestag 1956 die Einführung der Wehrpflicht beschlossen, übrigens damals ohne Stimmen der SPD.

00:47:47 Für Männer ab 18. 1957 dann traten die ersten Wehrpflichtigen an, damals für zwölf Monate, also für ein Jahr. Aus Gewissensgründen durfte damals auch verweigert werden. Dann ging es zum sogenannten Ersatzdienst. In der DDR, da wurden ab 1962 Männer zwischen 18 und 26 Jahren zum Grundwehrdienst eingezogen, für 18 Monate, also anderthalb Jahre. Einen Ersatzdienst, den gab es zuerst zumindest nicht.

00:48:13 Ab 1962 mussten Männer im Westen dann auch für 18 Monate Wehrdienst leisten. Und ab 2010 im wiedervereinigten Deutschland hingegen nur noch ein halbes Jahr. 2011 dann wurde die Wehrpflicht ausgesetzt. Abgeschafft wurde sie nicht. Herr Kiesewetter, Sie saßen ja damals schon für die CDU im Bundestag. 2011, wenn ich richtig informiert bin. Warum wurde die Wehrpflicht damals ausgesetzt? Wegen Kostengründen, habe ich gehört. Weswegen noch? Ja, es waren verschiedene Gründe.

00:48:41 Brauchte die Bundeswehr nur noch ganz wenige Soldaten, 50.000 pro Jahr. Aber es waren 330.000 wehrfähige Männer. Davon haben 100.000 Ersatzdienst, also Zivildienst geleistet. Ich mag den Ausdruck Ersatzdienst nicht so, sondern Zivildienst geleistet. Und nur 50.000 von 330.000 haben Wehrdienst geleistet. Also 180.000 wurden nicht gebraucht. Die wurden damals, ein Begriff, den man heute nicht mehr verwendet, untauglich geschrieben. Also durch Ärzte oder wie auch immer.

00:49:10 Und dann hat man gesagt, das ist nicht mehr justiziabel. Das braucht man nicht. Und das ist ja auch der Grund, warum wir jetzt nicht über eine Wehrpflicht sprechen, weil wir für 20.000, die wir brauchen, und vielleicht bald 80.000 natürlich nicht alle mit einer Pflicht belegen können. Insofern ist das auch so eine verfehlte Debatte. Deswegen nennt man sie Auswahlwehrpflicht oder wie auch immer. Aber das war damals der Grund. Und ich habe einen Riesenfehler gemacht. Ich habe nämlich damals dafür gestimmt. Ich war Präsident des Reservistenverbandes.

00:49:34 Und habe allerdings zu der Zeit mit Andrea Schockenhoff, der leider gestorben ist, eine Idee gehabt für einen sechsmonatigen Milizdienst, beziehungsweise Gesellschaftsdienst für alle, auch für Frauen. Aber das hatte Merkel nicht gewollt. Damit konnten wir uns nicht durchsetzen. Und wenn ich das heute überlege, es war ein Fehler, die Wehrpflicht auszusetzen, weil damit zeitgleich auch die ganze Erfassung, die Musterung aufgehoben wurde. Das könnte man heute über die Digitalisierung alles viel einfacher machen. Aber das war damals der Hauptgrund Ungerechtigkeit.

00:50:04 Und das hätte vor Gericht nicht standgehalten. Also es hätte sich eh etwas ändern müssen. Aber man hat gleich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Und vor allen Dingen hat man auch...

Diskussion über Wehrpflicht und Geschlechtergerechtigkeit

00:50:12

00:50:12 immer Ungerechtigkeit, die Frauen nicht einbezogen. Und das haben wir jetzt im Februar leider auch nicht geschafft. Das wollten beide Parteien nicht. Die CSU wollte es, CDU und SPD wollten nicht die Frauen mit einbinden in eine mögliche Wehrpflicht, sodass man sagt, Menschen in Deutschland leisten Wehrdienst, also nicht Männer und Frauen, sondern Menschen in Deutschland können zum Wehrdienst herangezogen werden, beziehungsweise zu einem Gesellschaftsdienst. Aber das wollte man nicht. Und so sind wir wieder bei den Männern. Und so sind wir auch wieder bei der relativ geringen Zahl.

00:50:41 die für dieses Land Dienst leistet, weil man ja auch Freiwilligendienst nicht ausgeweitet hat. Ja, weil die Männer sowieso schon im Grundgesetz stehen, kann man es jetzt einfach wieder einsetzen mit einer einfachen Mehrheit. Aber für eine richtige Änderung bräuchte man eben für die Frauen eine Zweidrittelmehrheit. Genau, hier war gerade auch noch eine Frage an Sie tatsächlich persönlich, ob das nämlich ein Fehler war. Aber das haben Sie gerade schon verantwortet. Es war ein Fehler, sagen Sie.

00:51:03 Also man hätte sie stoppen können, aber nicht die ganze Erfassung machen und man hätte die Zeit auch nutzen können, einen vernünftigen Gesellschaftsdienst aufzubauen. Grundlage Freiwilligkeit und in der Freiwilligkeit dann große Auswahl, aber eben die Pflicht vorbereiten, wenn es, wie Quentin Gärtner sagte, zu Extremereignissen kommt, sodass man dann eine Pflicht machen kann. Aber wir haben es ja gedeckelt auf 80.000 und das bei 800.000 Menschen im Geburtsjahrgang. Das ist einfach schade. Ich glaube, dass viel mehr junge Menschen sich...

00:51:32 einsetzen würden, wenn Angebote da wären. Damals gab es ja auch nur ein halbes Jahr Wehrpflicht und Herr Guttenberg hat dann im Podcast mal gesagt, dass man in einem halben, habe ich letztens gehört, dass man im halben Jahr sowieso nicht viel lernen kann. Das ist auch viel zu kurz. Was ist auch Ihre Haltung, dass der dringend länger sein muss? Naja, wenn ich in einem halben Jahr eine ganz intensive Grundausbildung mache, kann ich schon was mitmachen. Aber ich glaube, viel wichtiger ist für was, das braucht man für eine Reserve. Und da wird ja auch immer gesagt, dann müssen die jungen Leute an die Front. Nein, müssen sie nicht. Dafür gibt es die Zeit- und Berufssoldaten. Aber die Jungen werden dann die...

00:52:01 Reserve und diejenigen, die wollen, werden weiter ausgebildet. Und wenn es dann zum Verteidigungsfall käme, dann könnte es auch sein, dass mehr einberufen werden. Also aus der Reserve heraus. Dazu braucht man aber entsprechende Ausbildungseinrichtungen. Die haben wir alle nicht. Die kommen eventuell wieder. Jetzt wollen wir noch mal über das Heute reden. Was plant die Regierung? Wir sprechen da gleich auch mit einem Korrespondenten aus dem ARD Hauptstadtstudio drüber.

Regierungspläne zur Wehrpflicht und Koalitionsstreit

00:52:23

00:52:23 Genau, Verteidigungsminister Pistorius, wir hatten es jetzt häufiger schon mal angesprochen, hatte eigentlich ein Gesetz vorbereitet im Sommer. Der Plan war, ab nächstem Jahr bekommen alle 18-Jährigen einen Fragebogen. Das soll auch nach wie vor noch so passieren. Da steht so was drin, wer will überhaupt zum Wehrdienst, Fitnesslevel, verschiedene Fragen werden da abgefragt. Und ab Mitte 2027, also in ungefähr anderthalb Jahren, da sollten dann alle 18-Jährigen Männer gemustert werden. Darüber gibt es aber gerade sehr viel Streit in der Regierung.

00:52:50 Und der Plan war von Pistorius auch, dass es erstmal, und der Plan bleibt vermutlich auch erstmal so, dass es erstmal einen freiwilligen Wehrdienst gibt und man erstmal guckt, wie viele melden sich überhaupt. Und reicht das vielleicht auch schon? Haben vielleicht sowieso genug Leute, junge Leute, Lust auf den Wehrdienst, was sie auch immer sagen, Herr Kieselwetter, Sie gehen davon aus, das ist so. Wir wollen darüber reden mit Gabor Hallers, er ist Korrespondent im ARD Hauptstadtstudio, er weiß also ganz genau, worüber die Regierung gerade streitet, hat da sozusagen ein Ohr an der Tür. Und da ist er, Hallöchen! Hallo!

00:53:19 Gabor Pistorius hatte ja diesen Plan, den ich gerade in aller Kürze erläutert habe. Warum gibt es da jetzt so viel Streit drum in der Koalition? Also eigentlich ist sich die Koalition einig, dass es diesen Wehrdienst braucht. Die Frage ist halt, wie viel Pflicht braucht es? Also der Verteidigungsminister sagt, er möchte das gerne auf freiwilliger Basis. Also er hofft, dass sich...

00:53:43 genügend junge Leute dann melden oder dass sie jedem sich bereit erklären, nachdem sie diesen Fragebogen ausgefüllt haben. Man redet da jetzt etwa von 5000 pro Jahr. Wir sind jetzt etwa bei 300.000 Männern im Jahrgang, also bei einem kleinen Teil. Aber die Union, die sagt eben, was machen wir eigentlich, wenn das nicht reicht, also wenn es nicht genügend Freiwillige gibt und möchte dann eben klare

00:54:06 Zahlen in diesen Gesetzentwurf schreiben. Also wenn jetzt im ersten Jahr, im zweiten Jahr sich nicht genug Leute melden, dann brauchen wir halt einen Automatismus und müssen dann halt wieder zur Wehrpflicht, weil im Moment reden wir ja über einen Wehrdienst, also keine Pflicht, also dann müssen wir zur Wehrpflicht zurück. An der Stelle auch mal ganz kurz eine Frage an die Community. Welchen Eindruck macht dieses Hin und Her in der Politik gerade bei euch? Schaltet euch total gern dazu. Wir wollen mal hören, wie ihr das findet, das gerade in der Politik. Viele sagen ja auch schon, das erinnert ein bisschen an die Ampel, dass es da gerade so viel Streit gibt.

Kontroverse um Losverfahren und Gerechtigkeit bei der Musterung

00:54:35

00:54:35 Jetzt gab es ja auch, lieber Gaber, Stress um das Losverfahren. Und zwar wollte die Union, dass gelost wird, aber auch, wer überhaupt gemustert wird. Das wundert einen ja so ein bisschen, weil man würde auch eigentlich denken, warum ist die Union nicht dafür, dass, so wie Pistorius es geplant hat, dass alle gemustert werden?

00:54:52 Also ich glaube, auch der Verteidigungsminister möchte gerne, dass perspektivisch alle gemustert werden. Aber es ist eben einfach nicht mehr so, wie es 2011 war. Damals gab es so etwas, das nannte sich Kreiswehrersatzamt. Da ist man hingegangen, da ist man gemustert worden. Ich zum Beispiel habe das auch noch erlebt. Aber das ist halt abgebaut worden. Diese Kreiswehrersatzamt gibt es nicht mehr. Es gibt nicht mehr genügend Kasernen. Es gibt zu wenige Ausbilder.

00:55:16 ist es halt nicht so einfach jetzt auf einmal über einen großen Teil von jungen Menschen zu mustern. Das dauert eben einfach auch seine Zeit, bis diese Strukturen wieder geschaffen sind. Genau, Pistorius ist ja dafür, aber so wie ich es verstanden habe, ist ja die Union dafür, dass man auch sogar lost, wer überhaupt gemustert wird. Warum stellt sich die Union da so quer?

00:55:36 Naja, die Union möchte halt gerne diesen Automatismus haben und dann hat man halt überlegt, wie macht man das? Also Herr Kiesewetter hat es ja schon angesprochen, dass es ja auch 2011 diese Debatte gab mit, was ist eigentlich gerecht? Und jetzt argumentiert die Union, dass sie sagt, naja, so ein Los ist ja am Ende doch etwas Gerechtes, weil die Chance für jeden jungen Mann ist ja gleich. Also ob man dann jetzt ausgelost wird zur Musterung oder vielleicht dann sogar in einem weiteren Schritt.

00:56:05 Zum Wehrdienst, da hat jetzt jeder im Prinzip die gleiche Chance und das wäre dann zumindest eine gerechte Lösung, weil man wird natürlich wieder vor demselben Problem stehen wie 2011, dass man von diesen 300.000 jungen Männern nicht alle wird zur Bundeswehr einziehen können. Und dann werden halt ein paar je nach Perspektive Glück haben, andere eben nicht. Und um das gerechter zu gestalten, kam eben diese Idee mit dem Losverfahren auf.

00:56:33 Zum Beispiel auch ein Land wie Dänemark jetzt schon macht. Herr Kiesewetter, Sie haben gerade schon so ein bisschen geschmulzelt, sage ich jetzt mal. Sie sind ja selber in der CDU. Was halten Sie denn von dieser Diskussion rund ums Losöffnen? Ich glaube, da liegt ein Denkfehler vor bei der Gruppe, die diesen Gesetzentwurf ausgehandelt hat. Pistorius hat ja einen Vorschlag gemacht.

00:56:50 Und normalerweise wird dieser Vorschlag beraten und dann erst verändert. Aber diese Gruppe, vier Leute von SPD und Union haben das geändert und haben schon für die Musterung Losverfahren vorgeschlagen. Und haben dabei nicht berücksichtigt, deswegen sage ich Denkfehler, dass Pistorius über 1500 Leute vorgesehen hat für eine flächendeckende Musterung ab 27. Und die Bundeswehr und Pistorius sagt es selbst, vielleicht hat das vorher nicht klar genug gesagt, ab 27 ist flächendeckende Musterung möglich.

00:57:20 Das ist sicherlich rechtlich zulässig. Aber wenn es zum Fragen wie Leben und Tod geht, halte ich das schlichtweg für abwegig und unwürdig, die Frage der Musterung zu verlosen. Das kann man vielleicht hinterher machen, wenn ich die Gemusterten angesprochen habe und dann, wenn es nicht ausreicht, noch zusätzlich zu verlosen. Aber bei einer Musterung flächendeckend, dann erreiche ich doch einen großen Teil der jungen Gesellschaft, kann fragen, was interessiert euch, was würdet ihr lieber machen außer Wehrdienst. Ich kann ja das viel breiter aufstellen.

00:57:49 Das liegt ein Denkfehler vor und ich glaube nicht, dass das so durchgeht. Es gibt eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen, die sagen, ein Losverfahren bei der Musterung ist unwürdig, insbesondere wenn die Bundeswehr es kann. Und ich hoffe, dass da nachgesteuert wird. Jedenfalls setzt jetzt das Nachdenken ein. Ich hätte mir Vordenken vorher gewünscht. Olli Hochhaus schreibt, ich bin für die Diskussion zu alt, aber da auch die Wehrpflicht nur ausgesetzt ist, also aber Losen halte ich für falsch.

00:58:17 Vielleicht auch noch mal so ein bisschen die Frage gab, aber es gab jetzt schon ein Gutachten, das gesagt hat, Losen wäre rechtlich okay. Würdest du sagen, das geht so durch oder wäre das am Ende auch, wenn es so kommen würde, rechtlich unzulässig?

Recht auf Kriegsdienstverweigerung und Staatsverständnis

00:58:33

00:58:33 Also ich bin jetzt kein Jurist, ich schaue auf Verteidigungspolitik. Ich glaube schon auch, dass es am Ende durchgehen würde, weil man ja wirklich so argumentieren könnte, am Ende ist die Chance für jeden gleich dann ausgelost zu werden. Aber klar, es stimmt, was Herr Kiesewetter sagt, dass natürlich auch 2027 sowieso die...

00:58:53 für den kompletten Jahrgang kommen soll. Insofern hat sich dieser Punkt dann zumindest erledigt. Es hat die Frage, im nächsten Schritt losst man dann auch aus, wer zur Bundeswehr gehen muss. Allerdings finde ich irgendwie, was in dieser Debatte immer zu kurz kommt, es bleibt ja dabei, dass es das Recht auch auf Kriegsdienstverweigerung gibt. Das steht im Grundgesetz. Also es ist nicht so, dass man jetzt...

00:59:17 gegen seinen Willen ausgelost wird und dann zur Bundeswehr muss. In dieser Debatte kommt es einfach immer zu kurz. Man denkt jetzt, man wird ausgelost und ist dann automatisch am nächsten Tag in der Kaserne. Das wird nicht so sein. Also wer nicht will, muss auch nicht. Herr Dressler, warum reicht Ihnen dieses Recht auf Kriegsdienstverweigerung nicht? Warum sagen Sie, das ist mir trotzdem zu viel Pflicht?

00:59:37 Naja, dieses Recht auf Kriegsdienstverweigerung, das ist ja etwas, was der Staat sich quasi selber gibt. Also das ist was, was er sagt, das gewähren wir. Und meine Gründe, warum ich das ablehne, würden da zum Beispiel nicht gelten. Also das steht im Grundgesetz aus Gewissensgründen. Und wenn ich sage, ich lehne diese, ich bin kein Nationalist, ich lehne diese Identifikation von Person und Staat.

01:00:06 ab, ich trenne das, dann würden die sagen, Glückwunsch, schön, dass das ihre Meinung ist, das zählt leider nicht. Mein Vater hat auch Kriegsdienst verweigert damals noch und musste dann vor so ein Tribunal, was auch immer das da war, und musste sich dann da irgendwelche Gewissensgründe, also nicht ausdenken, das war schon echt, aber dann kriegt man diese Szenarien.

01:00:33 Vorgespielt von wegen, stellen sie sich vor, sie laufen mit ihrer Freundin durch den Park und so weiter und so fort. Und das ist ja ein Recht, das ist ein Grundrecht, was der Staat auch jederzeit modifizieren könnte. Und dafür müsste er nicht mal dieses Grundrecht anfassen oder dafür müsste er nicht mal sagen, dieses Grundrecht gilt jetzt nicht mehr. Sondern er könnte ja auch einfach sagen, gut, wir machen diese...

01:01:01 Jury-Tests einfach ein bisschen strenger. Und wir lassen einfach ein paar weniger Gründe gelten. Und was ich mir dann halt immer denke, gut, wir reden jetzt alle hier noch in Friedenszeiten, aber am Endpunkt von all diesen Diskussionen steht ja immer, was, wenn der Krieg kommt? Oder, ja, wenn Deutschland Krieg führt. Die Frage, die man sich dann doch stellen muss, und ich würde mich auch wirklich freuen, wenn ich da vielleicht von Ihnen eine Antwort bekomme. Wer ist es wirklich eine

01:01:29 ein realistisches Szenario, dass der Staat seine eigene Integrität und seine Souveränität aufs Spiel setzt und nicht dieses Grundrecht einschränkt. Wenn es wirklich darauf ankommt, würde er dann lieber dieses Grundrecht ein bisschen modifizieren, um weiterhin zu versuchen, seine Integrität zu bewahren? Oder würde er auf dieser Verfassung, auf den Grundrechten beharren und sagen, wenn die Bürger nicht wollen, dann war es das jetzt?

01:01:57 Die ersten 20 Artikel des Grundgesetzes dürfen nicht geändert werden. Sie haben quasi eine Ewigkeitsgarantie. Deswegen kann der Artikel 4.3 des Grundgesetzes, Recht auf Kriegsdienstverreigerung, der wegen der Zeugen Jehovas, die ermordet wurden, unter den Nationalsozialisten eingeführt wurde, kann der Artikel 4.3 nicht geändert werden. Die Frage der Auswahlkriterien, wenn jemand sagt, es sind Gewissensgründe und nicht gewisse Gründe, wie das damals so lustig hieß, aber sehr ernst gemeint war.

01:02:22 Gewissensgründe kann man nicht tiefer erforschen. Wenn jemand sagt, ich kann es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, für dieses Land Kriegsdienst zu leisten, gibt es ja deswegen dann auch den Ersatzdienst. Es gibt auch die Möglichkeit, die Totalverweigerung zu machen. Dieser Ausdruck ist festgeschrieben. Dafür gibt es dann rechtliche Maßnahmen, weil dieses Land eben nicht will, dass man sich total entzieht. Dann kann man das Land verlassen.

01:02:47 Gibt es ja auch eine Umfrage der Körperstiftung. Was würdest du tun, 18- bis 30-Jährige, wenn unser Land angegriffen wird? 10% haben seinerzeit gesagt, das Land verteidigen und 25% das Land verlassen. Nur will ich, dass wir Angebote an die 25% machen, dass sie das Land nicht verlassen, sondern mithelfen, es zusammenzuhalten. Aber diejenigen, die verteidigen, verteidigen natürlich auch das Recht derjenigen, gar nichts zu machen.

01:03:12 Gut, also Sie würden sagen, der Staat würde wirklich auf diesen Grundrechten beharren. Ja sicher, muss er. Ist ja ein Rechtsstaat. Auch wenn das dann eine eigene Auflösung bedeuten könnte. Ja, das würde ja dann bedeuten, dass die Bevölkerung nicht mehr hinter dem Staat steht und dann kommt eine fremde Macht. Und das wird dann ganz andere Auswirkungen haben. Darüber müssen wir uns eben auch Gedanken machen. Ist dieses Land es wert?

01:03:34 wir nach 80 Jahren Frieden weiterhin uns für unser Land einsetzen. Ich sage ja, dafür stehe ich auch und habe selbst fast 30 Jahre in den Streitkräften, ja, wie sagt man da, gedient, gearbeitet im In- und Ausland, in Afghanistan, auf dem Balkan, im Aufbau Ost und vieles mehr. War auch Kommandeur von Einheiten, die eine ganze Menge zu tun hatten, auch in Auslandseinsätzen. Also dahingehend ist das...

01:03:57 Und ich kämpfe auch für diesen Staat, dass er dieses Recht nicht aufgibt. Auch nicht, wenn es am Ende heißt, dieses Staat löst sich auf, weil andere stärker sind. Aber das bedeutet dann eben auch, dass wir uns Gedanken machen müssen, was vorher falsch lief. Und ich glaube, dass unser Staat stark genug ist und es sich lohnt, ihn zu verteidigen, weil es ja wir alle sind, dass sich genügend Menschen finden, bereit zu sein, ihre Freiheit zu verteidigen. Denn am Ende ist das immer menschlich und der Staat ist kein totes Gebilde, ist kein Roboter, sondern er besteht aus uns allen.

01:04:26 an uns, was wir draus machen. Ja, wir haben jetzt den ganz schönen Exkurs, aber um ihn abzuschließen, noch kurz eine Frage an Simon David Dressler von Glückskirki. Was ist denn im Falle eines Angriffs die Alternative zu einer Verteidigung?

Alternativen zur Verteidigung und Identifikation mit dem Nationalstaat

01:04:39

01:04:39 Alternative für wen? Für Sie vermute ich, ich verstehe jetzt die Frage so, was wäre die Alternative, dass man sein Land verteidigt? Für Sie jetzt die Flucht vermute ich mal, so habe ich Sie verstanden. Naja, also diese Frage setzt ja voraus, dass es quasi eine unbedingte Einigkeit von Staat und Bürger gibt. Oder von Staat und Mensch. Und das halte ich für eine sehr gewagte Prämisse. Und deshalb würde ich sagen, meine Alternative wird immer sein, ich werde mich versuchen, ich werde versuchen, mich vor diesem Krieg, wie auch immer der kommt,

01:05:08 mich davon zu entfernen und im Zweifelsfall würde mein Staat vermutlich versuchen, mich daran zu hindern. Okay, finde ich spannend, weil ich mich doch frage, das heißt, Sie würden sagen, Sie sind Staatsbürger schon, aber Sie identifizieren sich trotzdem nur bis zu einem gewissen Grad mit Deutschland oder dem deutschen Staat. Naja, ich kann die Frage ja auch mal zurückgeben. Also gibt es einen so fundamentalen Unterschied,

01:05:37 Zwischen Ihnen und Ihrem Pendant, was in Frankreich, in Polen, in Dänemark oder in Tschechien lebt. Alles Bündnispartner. Oder in Russland. Oder in Russland. Oder ganz schrecklich sogar in Palästina. Da gibt es glaube ich auch Leute, die ähnlich sind wie wir. Und die Frage ist ja, was unterscheidet uns so fundamental von diesen Leuten? Und ich glaube, dass es eben gar nicht so viel ist. Genau, natürlich unterscheidet mich nichts von den Menschen in Polen oder in Frankreich. Aber ich würde doch...

01:06:06 jetzt an dieser Stelle erstmal denken, meine Aufgabe ist es ja auch nicht, gegen sie zu kämpfen. Das verbinde ich jetzt überhaupt nicht mit der Wehrpflicht oder mit dem Wehrdienst. So will ich die Frage beantworten. Es geht ja um die grundlegende Prämisse. Und die grundlegende Prämisse ist ja eine Frage von Identifikation mit dem Nationalstaat. Also man könnte jetzt mal, ich sag das wertfrei, es geht um Nationalismus. Bist du, identifizierst du dich mit

01:06:29 Dem Staat, in dem du geboren wurdest. Es geht um Patriotismus, nicht um Nationalismus. Nationalismus ist furchtbar. Patriotismus ist okay. Ich meine, deshalb meinte ich wertfrei. Also Nationalismus rein deskriptiv als Identifikation mit dem Nationalstaat. Ich will nochmal einmal zu dieser Frage zurückkommen, die gerade eben im Chat kam, weil die fand ich eigentlich ganz spannend. Was ist denn im Falle eines Angriffs die Alternative zu einer Verteidigung? Also was ist, wenn im Extremfall Putin Deutschland angreift? Was würden sie dann machen? Das ist ja im Prinzip die Frage, die dahinter steckt. Das habe ich doch gerade gesagt. Flucht. Ja.

01:06:57 Damit ist die Frage beantwortet. So, jetzt haben wir einen kleinen Exkurs gemacht. Wir waren aber eigentlich beim Losverfahren. Die Frage ist ja wohin, ne? Das muss dann, glaube ich, mit den Feldjäger entscheiden, wohin sie mich lassen. Ich glaube, der Chat, der dreht sich auch gerade ganz schön ums Losverfahren, wo wir gerade eigentlich mal mit Gabe auch noch stecken geblieben waren, bevor wir so ein bisschen abgedriftet sind. Da will ich mal ein paar Kommentare noch vorlesen. Zum Beispiel von Kevilius. Wenn...

01:07:20 Dann muss man alle Mustern, alles andere ist alleine schon moralisch verwerflich, wenn nicht sogar menschenrechtlich verwerflich. Man muss dann aber im Gegenzug eine Alternative bieten. FSJ oder Bürotätigkeiten in der Bundeswehr würden sich hier gut anbieten. Es hat früher funktioniert und das System funktioniert so auch in zum Beispiel Österreich. Godzilla im Nebel, die Namen werden immer besser.

01:07:42 Musterung auslosen ist doch unsinnig, wenn man noch nach bei der Musterung verweigern kann. Da muss doch weitergelost gesucht werden. Das ist im Prinzip auch Herr Kiesewetterspunkt, den wir hatten. Und Wombat Krauler schreibt, ich verstehe den ganzen Quatsch nicht. Warum werden nicht einfach alle gemustert? Eine Musterung bedingt doch keinen Einzug zum Wehrdienst.

01:08:03 Gaber, vielleicht an der Stelle nochmal die Frage, ging es hier gerade viel um das Losverfahren und vor allem in Bezug auf die Musterung. Was glaubst du, wie geht die Diskussion weiter? Ich meine, es gibt ja noch ein paar Runden im Bundestag sozusagen zu drehen, es gibt noch die Expertenkommission. Was glaubst du, ich meine, es ist schwierig, du kannst auch nicht in die Glaskuhel blicken, aber was kommt da am Ende bei raus? Was erwartet uns ab kommendem Jahr? Wird Pistorius sich durchsetzen können oder kommt dann doch das Losverfahren?

Zukunft des Losverfahrens und politische Diskussionskultur

01:08:28

01:08:28 Also ich glaube, über das Losverfahren ist jetzt so viel diskutiert worden. Ich glaube fast, dass es irgendwie nicht mehr durchzusetzen ist. Es wird vielleicht eine andere Lösung geben. Also sowas wie, also es wird genannt, ein Nahbrücker-Verfahren. Also dass man dann sozusagen guckt, wer sind die am besten geeignetsten und dann halt einfach von oben die Liste erarbeitet von denen, die eben für die Bundeswehr geeignet sind. Also das kann eine Möglichkeit sein. Grundsätzlich finde ich aber...

01:08:54 Um das nochmal zu der Debatte zu sagen, ich finde es ehrlich gesagt ganz gut, dass Politik es sich hier auch nicht einfach macht und dass da diskutiert wird. Also über die Art und Weise kann man natürlich diskutieren und die kann man doof finden, also dass irgendwie der Kanzler und der Verteidigungsminister gemeinsam einen Gesetzentwurf vorstellen und dann...

01:09:13 wird der kurze Zeit später wieder zerredet, obwohl man es eigentlich schon in den Bundestag einbringen will. Das ist sicherlich nicht besonders professionell, auch dass man dann so eine Pressekonferenz dann Hals über Kopf absagen muss. Aber ich fand so diese Debatte im Bundestag letzte Woche ehrlicherweise auch ganz gut, weil dann halt einfach mal auch betont wurde, ey, das ist wirklich eine total schwierige Frage und das wird in den Familien diskutiert.

01:09:39 Wir haben alle nicht die einfache, klare Lösung und das fand ich ganz gut. Und ich glaube, wenn Politik das klarer machen würde, das ist ein großes Thema, es fällt uns vielleicht auch schwer, eine Lösung zu finden, dann wäre, glaube ich, schon viel gewonnen.

01:09:54 Ja, ganz klares Plädoyer, also auch für mehr Streiten, auch bei wichtigen Themen, dass das dann oder vielleicht auch gar keinen nicht unbedingt als Streit zu betiteln, sondern als Diskussion, als Aushandlungsprozess. Jetzt hatten wir gerade auch hier im Studio so ein bisschen auch schon einen Schwenk gemacht. Findest du es auch angesichts der aktuellen Sicherheitslage nachvollziehbar, dass wir gerade darüber diskutieren? Also wie schätzt du die persönlich im Moment ein?

01:10:19 Ja, also natürlich müssen wir darüber diskutieren. Ich meine, das haben wir in den letzten Jahren gesehen und wir haben gesehen, was in der Ukraine passiert ist. Wir sehen die Provokationen, die von Russland im Moment auch immer wieder ausgeführt werden. Also natürlich müssen wir damit rechnen, das sagen ja auch fast einschließlich alle Expertinnen und Experten, dass Putin die NATO testen wird.

01:10:44 Ich glaube schon, es wäre jetzt naiv zu sagen, wir bereiten uns nicht darauf vor. Also einfach zu sagen, wir machen jetzt weiter, weil es ist immer gut gegangen. Ich glaube, das ist halt etwas, was im Zweifel nicht gut ausgehen wird. Vielen Dank, dass du bei uns warst, lieber Gabor. Auch nochmal für deine Einschätzung am Ende. Ja, viele Grüße. Du bist, glaube ich, gerade nicht in der Nähe vom Bundestag, sondern zu Hause. Schönen Abend noch und danke, dass du dabei warst.

01:11:12 Ja, auch so. Tschüss.

Klarstellung zum Grundgesetz und Attraktivität des Wehrdienstes

01:11:17

01:11:17 dass es viel Wirbel gibt im Chat, habe ich gerade aus der Regie mitbekommen. Und zwar, weil Sie gesagt haben, Kiesewette, dass Artikel 4 Grundgesetz nicht geändert werden kann. Das stimmt so nicht. Nur Artikel 1 und 20 sowie der Unveränderkeitsparagraf sind unveränderbar. Ob ich Sie dazu nochmal kurz fragen kann. Es gibt wohl auch ein BGH-Urteil von vor ein paar Wochen, das sagt, dass man Artikel 4 im Kriegsfall einschränken könnte. Vielleicht müssen wir dazu auch nochmal für alle erklären, was ist Artikel 4 überhaupt? Ich glaube, die Wortwahl war modifizieren. Okay. Nicht einschränken.

01:11:46 Man kann es modifizieren, aber die Gewissensgründe bleiben bestehen. Und der Artikel 4.3 ist einer der Kernbestandteile, einer der ältesten des Grundgesetzes, weil es darum ging, Menschen, die wegen ihrer Verweigerung das Leben verloren haben, besonders zu schützen. Das waren die Zeugen Jehovas, auch andere, aber es wurde explizit für die Zeugen Jehovas gemacht. Und dafür gilt es auch weiter zu kämpfen. Und meines Wissens kann der 4.3 nicht geändert werden.

01:12:13 Alles klar. Vielen Dank nochmal für die Klarstellung. Jetzt habe ich gerade gehört, dass Max dabei ist und seinen Ton geht. Das freut uns sehr. Und auch wenn ihr Bock habt, euch auch dazu zu schalten, kommt hier zu uns in die Runde. Ihr merkt, das ist eine rege Diskussion. Ihr könnt mit allem was rund um Freiwilligen, Wehrdienst, Wehrpflicht, was auch immer zu tun hat. Ihr könnt Fragen stellen, ihr könnt kommentieren. Jetzt aber erstmal Hallo und herzlich willkommen, Max. Hallo, danke. Hört ihr mich jetzt? Wir hören dich. Stell dich gerne einmal kurz vor und genau, was dein Take ist.

01:12:41 Hallo, ich bin Max. Ich bin 43 Jahre alt. Ich bin Journalist und höre euch gerne zu. Und ich finde die Diskussion super spannend, weil sie natürlich uns alle betrifft eigentlich. Uns alle, weil ich habe zwei Kinder. Die sind sechs und zehn Jahre alt.

01:13:10 Ich bin eben nicht der Meinung, dass die junge Gesellschaft oder die jungen Peoples da draußen so geil sind auf Wehrpflicht, sondern man muss das attraktiv machen. Man muss sie fordern und fördern, um in die Bundeswehr einzutreten.

01:13:39 Und Spaß ist ein bisschen das falsche Wort, aber man muss ihnen die Perspektive zeigen, was sie daraus machen können. Und ich glaube, ja, wir haben jetzt viel über Verteidigungsfall gesprochen und wir haben viel über...

01:14:03 Auch Panikmache gesprochen. Wir wissen nicht, was passieren könnte und passieren wird. Ja, wir müssen verteidigungsbereit sein. Das glaube ich auch. Ich selbst war mit 16 Feuer und Flamme zur Bundeswehr zu gehen.

01:14:29 Ich bin dann erst mit 26 gemustert worden und bin leider ausgemustert worden. Oder nicht leider, damals nicht mehr leider. Aber so war es damals. Warum ich ausgemustert bin, weiß ich gar nicht mehr. Aber das ist mein Thema. Auch dieses Verfahren der Musterung, glaube ich, muss sich erneuern.

01:14:59 Pistorius plant ja, dass es mehr Geld gibt für den Freiwilligen Wehrdienst als bisher. Der Führerschein wird komplett bezahlt oder teilweise. Es soll auf jeden Fall mehr Geld werden, aber du würdest sagen, das reicht nicht. Was könntest du dir denn vorstellen? Was macht es denn attraktiver?

01:15:17 Ja, Ausbildungen macht es attraktiver. Also ich glaube schon, dass ein Führerschein zu machen, das gab es damals schon. Aber ich glaube natürlich auch in Richtung Studium, was es auch immer schon gab bei der Bundeswehr. Aber für mich muss es attraktiver sein, zu sagen, okay, warum möchtest du dein Land verteidigen und was gibt es für Gefahren?

NATO-Vorgaben, Gesellschaftsjahr und die Rolle der Bundeswehr

01:15:46

01:15:46 Wir können auch mal ganz kurz über Zahlen sprechen. Worum geht es eigentlich? Wie viele mehr Soldatinnen und Soldaten sollen es übergeben? Es gibt nämlich NATO-Vorgaben, die zeige ich mal kurz. Im Moment gibt es etwa 182.000 aktive Soldatinnen und Soldaten bei der Bundeswehr. Bis spätestens 2035 braucht die Bundeswehr nach NATO-Vorgaben rund 80.000 mehr Soldatinnen und Soldaten, insgesamt 260.000. Und auch die Zahl der Reservisten, die soll deutlich wachsen, von jetzt etwa 50.000 auf dann 200.

01:16:16 Max, jetzt war ja eben auch schon die Idee hier im Raum, dass es ein Gesellschaftsjahr gibt, das ist jetzt auch von den Grünen, gab es einen Vorstoß, Herr Kiesewetter findet das gut, Herr Steinmeier. Was hältst du davon, also dass man sozusagen sagen kann, ich gehe zur Bundeswehr oder ich mache was ganz anderes, was Soziales beim THW, bei der Feuerwehr?

01:16:39 Ja, aber gibt es nicht auch schon immer? Also es gibt das soziale Jahr schon seit keine Ahnung wie vielen Jahren. Das Gesellschaftsjahr heißt jetzt nur anders. Also meiner Meinung nach muss ich es klar definieren. Also willst du zur Bundeswehr, willst du Dienst an der Waffe tun, willst du deinem Land dienen und eventuell in einem Krieg, der eventuell anstehen könnte?

01:17:07 dein Leben geben für dein Land? Oder willst du Katastrophenschutz betreiben beim THW? Das wäre dann das Gesellschaftsjahr eigentlich im Prinzip, ne? So, meiner Meinung nach ist das das Gesellschaftsjahr. Aber das Gesellschaftsjahr ist nicht, zur Bundeswehr zu gehen. Zur Bundeswehr zu gehen ist Wehrpflicht. Ich leiste meinen Dienst bei der Bundeswehr, ich verpflichte mich, ich sage,

01:17:37 Ich gehe an die Waffe und im Verteidigungsfall gehe ich in den Krieg. Also du bist eher für sozusagen die nackte Wehrpflicht, sage ich jetzt mal. Boah, das ist total schwer, weil...

01:17:54 Wir wissen doch gar nicht, wo stehen wir denn heute? Wo stehen wir heute im Verteidigungsfall?

01:18:10 Putin mit seiner Kriegstreiberei in Richtung NATO. Herr Dressler, was sagen Sie dazu? Ist das Gesellschaftsjahr für Sie ein guter Kompromiss? Wir hatten, glaube ich, die Frage schon mal am Anfang. Jetzt hole ich sie wieder raus. Ich bin gegen jede Form von Pflicht. Und ich finde, manche Sachen, die man macht, manche Dienste, manche Tätigkeiten, sind harmloser als andere.

01:18:39 Es wäre albern so zu tun, als wäre irgendwie ein freiwilliges kulturelles Jahr oder nicht freiwilliges kulturelles Jahr. Es gibt auch noch das ökologische Jahr und so. Also es wäre absurd so zu tun, als wäre das auf der gleichen Ebene wie ein Wehrdienst. Ich meine, du hast es eben gerade auch gesagt von wegen Spaß und hast dich dann korrigiert. Die Bundeswehr ist ja kein Spaß. Und ich finde auch nicht, dass man so tun sollte, als wäre das ein Beruf wie jeder andere, sondern in der letzten Instanz ist das ein Beruf, wo man...

01:19:09 Menschen tötet. Darauf soll es nicht kommen und so, aber das ist immer auch Teil der Berufsbeschreibung. Und ich finde, also ich habe ehrlich gesagt bei so anderen Sachen keine so eine starke Meinung dazu, weil ich bin gegen diese Verpflichtung. Ich bin, ich finde, das Konzept von ich schulde meinem Staat irgendetwas halte ich für, naja, debatable, aber das ist einfach meine...

01:19:37 Das ist meine Interpretation von Staat und Bürger. Ich habe, wie gesagt, nur diese, mir geht es um die Wehrpflicht, weil ich das für eine wirklich, für eine Angelegenheit halte, die per Definition die Haut und Haare von uns allen betrifft. Aber Herr Dressler, darf ich Sie kurz was fragen? Sehr gerne.

01:20:00 Versetzen wir uns in die Vergangenheit oder auch in die Zukunft. Wir werden angegriffen und wir rufen den Verteidigungsfall aus, wie in der Ukraine. Und was ist dann Ihr Plan? Also wo geht es dann hin?

01:20:28 Auch wenn ich nicht gemustert wurde, dann gehe ich an die Waffe, weil ich die Demokratie in Deutschland verteidige und weil ich sage, mir ist es wichtig, dass wir hier in Deutschland eine Demokratie haben.

01:20:52 Ja, danke für deinen Tag. Ich weiß schon, was der Dressler gleich antworten wird. Das kann er auch gleich machen. Ich habe gleich jetzt gerade noch jemanden in der Leitung, der tatsächlich auch zur Waffe greifen würde, wenn ich ihn richtig einschätze. Den würde ich jetzt noch mal gern dazuholen. Max, ich danke dir für deine ganzen Inputs, die du uns hier geliefert hast und auch, dass du dich nochmal so spontan dazugeschaltet hast. Liebe Grüße an dich, deine Kinder. Ich wollte auch noch sagen, du hast eine sehr coole Stehlampe hinter dir. Ich gucke da die ganze Zeit drauf. Die ist nur schief. Danke, tschüss.

01:21:20 Das ist ein schöner Stamm. Sie ist aber trotzdem schick. Danke dir. Schönen Abend. Danke. Ciao. Ebenfalls. Darf auch mal um ein Billiard gehen, finde ich. Das ist wichtig. Ich würde zwar einen Blick fangen. Ja, das war ein Blick fangen. Stimmt. Ich fand die Mütze aber auch schick. So, jetzt habe ich ja gerade schon ein Geriges angekündigt. Herr Dressler, wollen Sie natürlich noch darauf antworten, aber wir haben jetzt Ihre Antwort vermutlich.

01:21:46 Das ist, glaube ich, die gleiche Antwort. So schnell ändere ich meine Meinung nicht. Das wäre interessant. So, aber es geht natürlich eher ums Zuhören miteinander reden. Da ist Herr Greges. Herzlich willkommen. Er ist auch der zweite ehemalige Bundeswehrsoldat sozusagen hier in der Runde. Mit Einsätzen auch in Afghanistan. Er hat darüber auch geschrieben, auch in seinem neuen Buch, das Karfreitagsgefecht, deutsche Soldaten im Feuer der Taliban, so heißt es. Er ist auch Podcaster.

01:22:13 Und er ist vor allem jetzt live zugeschaltet. Herzlich willkommen. Ja, schönen guten Abend. Ich habe auch einen schönen Blickfang bei mir im Hintergrund hängen. Was ist das denn? Das erkenne ich gar nicht.

01:22:25 Ich muss nur schmunzeln, das ist der Star Trooper von Star Wars. Da musste ich gerade wegen der Lampe dran denken. Aber das ist das Bild meines Sohnes, alles gut. Ich sage jetzt auch mal schick, schick, aber ich kenne mich damit nicht so gut aus. So, Sie sind wahrscheinlich für die Wehrpflicht. Und warum?

01:22:46 Ja, ich bin grundsätzlich für die Wehrpflicht, das ist richtig. Und ich würde es eigentlich gerne auch zu einer Dienstpflicht sehen insgesamt, dass, ich sage mal, jeder junge Mensch eben, so wie wir Alten es damals auch getan haben, einen Teil für diese Gesellschaft eben beiträgt. Das ist also der Grundpunkt. Und ich sage auch warum, weil ich sehe das, ich sage mal, von dem Hintergrund dieser Zwangsdienstdebatte eher als ein Beteiligungsdienst letztendlich auch an dieser Gesellschaft. Und würde auch da immer darauf bochen, dass man sagen, okay, wir haben auch einen...

01:23:15 Ersatzdienst oder eine andere Form von Dienst, aber es geht um Beteiligung. Dass man sagt, also das, was wir hier an politischer Partizipation ermöglicht bekommen, das muss eben sozusagen auch in anderer Münze eben auch als Beteiligung letztendlich an einem Gesamtwohl umgesetzt werden. Und deshalb sehe ich das eher als eine Beteiligungsdebatte letztendlich.

01:23:37 Also das heißt, höre ich jetzt auch gerade wieder das Gesellschaftsjahr raus, also was man auswählen könnte zwischen ich mache mal was Soziales oder ich gehe zur Bundeswehr?

01:23:48 Ja, denn wir müssen uns mal ehrlich machen. Also die Wehrpflichtdebatte ist ja eigentlich so ein bisschen auch eine Scheindebatte. Denn es ist ja völlig klar, dass wir vielleicht pro Jahr vielleicht 15.000, 20.000 Freiwillige irgendwie ausbilden können. Also wir reden ja niemals über 350.000, die wir gebrauchen können hier. Also diese Vorstellung, dass man jetzt zieht und dann muss jeder und so, das ist ja richtig. Ich glaube, wir führen hier eine Debatte.

01:24:13 die sehr stark von Angst getriggert ist, also auf mehreren Ebenen letztendlich. Also gerade von Jugendlichen auch Angst vor dem Unbekannten womöglich, natürlich auch Angst vor dem Krieg. Und da sind wir bei deutschen Traumata, dass wir sagen, also wenn wir an Soldaten denken, dann denken wir an Krieg und dann denken wir an Stalingrad und den Bombenkrieg. Und das sind so die Bilder, die uns kommen und das sind für uns so eine Kausalitäten, die da aufgemacht werden und das sehe ich gar nicht so. Von daher glaube ich, müssen wir...

01:24:40 Da mit dem Wording auch ein bisschen aufpassen oder mit dem, wie groß wir die Debatte machen. Denn für eine Wehrpflicht wird es gar nicht reichen. Also ich sehe kein Setting, in dem wir jährlich 350.000, 250.000, 100.000 junge Männer einziehen. Also wenn man ehrlich ist, müssen wir entweder über ein Freiwilligenmodell à la Pistorius reden oder wir müssen über eine Dienstpflicht denken, also über ein Dienstjahr für Deutschland.

01:25:06 Ich finde es spannend, weil es informieren sich aber trotzdem gerade auch viele junge Menschen schon zu Kriegsdienstverweigerungen. Da haben wir in letzter Zeit immer mehr Nachrichten zu gelesen und da haben wir jetzt Frau Busse auch am Start, die ist von der Deutschen Friedensgesellschaft und berät tatsächlich zum Thema Kriegsdienstverweigerung. Herzlich willkommen in der Runde.

01:25:27 Hören Sie uns? Ich höre. Ja, perfekt. Wir hören ja gerade, immer mehr Menschen informieren sich zur Kriegsdienstverweigerung. Ist das auch bei Ihrer Gesellschaft so? Ja, auf jeden Fall. Was genau? Ich finde es spannend, wie Herr Greges gerade guckt. Der wundert sich vermutlich. Wer ruft bei Ihnen an und was genau möchten diese Menschen wissen?

01:25:53 Es sind unterschiedliche Menschen, vor allem aber tatsächlich besorgte Eltern, die nicht wollen, dass ihre Kinder in Kriegen kämpfen. Und genau deswegen wollen, dass sie einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen. Aber es sind sehr viele besorgte Menschen. Also da ist viel Angst und Sorge vor Krieg. Und was ich kurz sagen wollte, weil das eben im Gespräch war mit dem Grundgesetzkammern Artikel 4.

01:26:22 Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung kann man das ändern und das kann man nicht, weil in Artikel 1 des Grundgesetzes sind auch die Menschenrechte erwähnt. Also der deutsche Staat hält sich an die Menschenrechte und das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist auch ein Menschenrecht. Das wurde von der UNO anerkannt und dadurch kann man auch Artikel 4 nicht ändern, weil Artikel 1 und 20 sind nicht änderbar und weil im Artikel 1 die Menschenrechte inkludiert sind, kann man...

01:26:49 Das Recht auf Kriegsverweigerung geht nicht. Können wir nicht wegmachen. Das heißt, würden Sie sagen, gerade war so ein bisschen die These, wir brauchen sowieso keine Wehrpflicht oder die Annahme, weil wir haben sowieso genug Freiwillige. Das heißt, das glauben die Menschen dann vermutlich nicht, die bei Ihnen anrufen, sondern die haben Sorge, dass sie sozusagen verpflichtet werden.

01:27:09 Ja, die Menschen haben Angst vor Krieg, weil das wird ja auch in der Gesellschaft so propagiert, dass wir uns auf den Krieg vorbereiten müssen. Ja, aber erstmal geht es ja sozusagen nur um den Wehrdienst sozusagen. Es geht ja nicht sofort, dass die Menschen in den Krieg müssen, sondern ja erstmal nur um den Wehrdienst. Wie läuft das denn überhaupt ab mit dem Verweigern? Können Sie das mal kurz erklären? Was machen Sie dann an der Stelle, wenn jemand bei Ihnen anruft?

01:27:34 Ich verweise auf Kontaktadressen, wo dann geschulte BeraterInnen mit den betroffenen Menschen reden und dann arbeiten die zusammen einen Antrag aus. Und der muss dann eingereicht werden beim Karrierecenter der Bundeswehr. Herr Gregis, was macht das mit Ihnen? Sie waren ja selber im Auslandseinsatz, waren in Afghanistan, haben ihr Leben riskiert. Wie finden Sie, dass das jetzt Menschen sich schon profilaktisch dazu informieren, den Kriegsdienst zu verweigern?

01:28:03 Das halte ich für einen ganz normalen Prozess. Und das ist auch nicht schlimm. Ich finde das auch wirklich nicht schlimm. Ich kann zumindest sagen, wie sich Entwicklungen bewegen. Ich war jetzt nur lange Zeit Lehrer, über zehn Jahre Lehrer. Und da war natürlich auch bekannt, dass ich ehemaliger Soldat bin. Und immer, wenn jemand in der Oberstufe war und sagt, trägt sich mit dem Gedanken, zur Bundeswehr zu gehen, dann kommen die zu mir in der ersten und fragen mich dann, sagen sie mal, ist das was für mich? Und so weiter. Meine erste Frage ist dann immer, warum möchtest du zur Bundeswehr? Das ist die erste Frage, die ich stelle.

01:28:30 Und ich stelle in den letzten zehn Jahren fest, da Dinge ändern sich. Also früher waren es vor allem, ich möchte ein kostenloses Studium haben, ich möchte eine Ausbildung machen, ich möchte dies, das, jenes. Und in den letzten Jahren ändert sich das. Also das ändert sich dahingehend, dass man sagt, da sind junge Menschen, die sagen, ich möchte gerne etwas tun.

01:28:49 Ich möchte gerne etwas beitragen. Also das ändert sich schon, da merkt man das schon. Und natürlich gibt es auf der anderen Seite, und das habe ich ja auch, weil ja auch die ganzen, ich sage mal, Kolleginnen und Bekannten dann zu mir kommen, also die Elterngeneration und sagt, sag mal, wie ist denn das jetzt eigentlich nun und so weiter. Das ist die Angst der Eltern um ihre Kinder. Das ist völlig normal. Wie gesagt, ich sage es, weil Wehrdienst zwangsläufig mit Krieg, Tod und Vernichtung sozusagen gemacht wird in einer Kausalität und das wird nacheinander passieren.

01:29:17 Und die Position, die ich da vertrete und ich ja nicht alleine, ist ja die, damit es eben nicht so weit kommt, bauen wir eben oder sichern wir unser Haus. Also wir sozusagen lassen nicht Tür und Tor auf, sondern wir bauen da einen Zaun rum und sagen, du hast eine Tür zu und dann mache ich es einbrechend schwer. So einfach ist es. Und dass das nicht alle erreicht ist, ist für mich auch völlig in Ordnung. Aber das ist eben der Gedankengang, der dahinter steckt.

01:29:44 finde ich einen spannenden Punkt. Jetzt würde mich noch mal interessieren, was ist denn eigentlich, wir reden natürlich immer über mehr Menschen, die irgendwie zum freiwilligen Wehrdienst sollen, aber uns fehlen ja die Kasernen, uns fehlen die Ausbilder. Wie kann das denn überhaupt in kurzer Zeit erreicht werden? Wie können überhaupt so schnell diese ganze Infrastruktur geschaffen werden, damit es wieder mehr junge Menschen gibt, die dann eben auch den Wehrdienst leisten?

01:30:11 Die Frage wird Ihnen sicherlich, Herr Kiesel, wird er besser beantworten können. Ich sage jetzt gar nicht. Also kurzfristig gar nicht. Wir sind in Deutschland, die Infrastruktur ist weitgehend abgerüstet oder viele Kasernen sind abgerüstet, sind umgebaut. Ich denke da an meine alte Kaserne in Lüneburg, das ist ein schönes Wohngebiet heute, in den alten kaiserlichen Armeebauten. Das lässt sich nicht von heute auf morgen ändern. Und die Frage ist auch, muss es das überhaupt? Also braucht es das wirklich?

01:30:37 Und wenn wir jetzt gerade über junge Leute, die so ausbilden wollen, und die bilden wir natürlich aus, Herr Kiesewetter hat es schon gesagt, es geht vor allem um die Reserve, dann muss ich trotz allem sagen, wir müssen in dieser Debatte eben vielleicht, die ja auch irgendwie eine Generationendebatte ist, und die Ukraine ja mal als Beispiel erhält, mal anschauen, wie es bei denen dann aussieht. Also das Durchschnittsalter der ukrainischen Armee liegt bei 43 Jahren.

01:31:01 Bei 43 Jahren. Also ich halte es für viel wahrscheinlicher, dass Herr Kiesewetter und ich uns nochmal die Uniform anziehen, wenn es soweit kommt, und wir nochmal losgehen, als dass es die 20- oder 21-Jährigen sein werden. Sicherlich auch, wenn sie aktive Soldaten sind, gar keine Frage. Und die wachsen auch in der Reserve auf. Aber das muss man schon ein bisschen differenzierter betrachten. Es ist ja nun nicht so, dass jetzt gerade nur die Jungen...

01:31:24 dann alle schultern müssen. Und ich sage jetzt mal, ich bin 44 Jahre alt. Dass ja Männer wie ich dann zu Hause sitzen und sagen, jetzt gucken wir uns mal an in der Tagesschau, wie das so läuft. So ist es ja nicht. Sondern wenn der Ruf zu den Waffen ertönt, dann muss auch ich wieder ran. Und das muss man auch berücksichtigen. Und na klar bin ich bereit, das zu tun. Selbstverständlich.

01:31:45 Ich würde gerne nochmal auch bei dieser verschärften Sicherheitslage, da würde ich gerne nochmal kurz stehen bleiben. Frau Busse hat ja eben auch gesagt, es gibt ja auch eine Wahnsinnige und das schwingt auch im Stream mit einer Angst einfach vor einer Kriegsbedrohung. Der Bundeskanzler hat ja auch gesagt, wir leben, oder viele Politiker haben das ja auch schon gesagt, wir leben weder im Krieg noch in Frieden. Der BND-Chef hat vor kurzem im Bundestag gesagt, wir dürfen uns nicht zurücklehnen und denken, ein russischer Angriff kommt frühestens 2029. Wir stehen schon jetzt im Feuer.

01:32:10 Herr Kiesewetter, wie schätzen Sie ganz aktuell die Bedrohung durch Russland ein? Wo stehen wir da ganz genau? Ist diese Sorge, die bei Frau Busse ankommt, ist das berechtigt? Na klar ist die berechtigt. Und es wird auch viel zu wenig darüber gesprochen in Deutschland. Es wird auch zu wenig gesagt, was alles passiert.

01:32:28 Die Drohnenüberflüge, die jetzt so in der Debatte waren, das ist ja nur die Spitze des Eisbergs. Wir hatten allein von Januar bis März über 500 russischen Schiffen zugeordnete Drohnenüberflüge über deutscher kritischer Infrastruktur. Kraftwerken, Kasernen, Chemiewerken, Raffinerien. Da hat man nicht groß drüber geredet.

Diskussion über die aktuelle Sicherheitslage und hybride Kriegsführung

01:32:47

01:32:47 Und ich finde es nicht gut, dass unsere Politik quasi jetzt so schleichend plötzlich auf einmal sagt, wir sind nicht mehr im Frieden, aber noch nicht im Krieg. Das hätte man schon vor zwei Jahren, drei Jahren sagen können. Ich bin damals als Kriegstreiber beschimpft worden, als ich deutlich machte, Achtung, Putin hört nicht mit der Ukraine auf. Und wir haben ja eine ganze Reihe gezielter Tötungen in Deutschland gehabt. Eines kam vor Gericht, gab es auch Verurteilung von zwei russischen Angehörigen eines Nachrichtendienstes. Wir hatten die Zerstörung von zwei Glasfaser...

01:33:16 Wir hatten den Brand von drei DHL-Containern. Wir hatten auch in Polen und in Litauen den Brand von Malls, die man ein Jahr, wir sind Rechtsstaat, nach einem Jahr dann dem russischen Militärgeheimdienst zugeordnet hat. Wir haben Anschläge auf Bahninfrastruktur. Ein Aufklärungssatellit von uns wurde durch Sabotage um zwei Jahre verzögert. Also wer es wissen will.

01:33:39 Der weiß es, aber es ist die Frage, wie bereiten wir die Bevölkerung vor, ohne Angst zu machen. Und da hat Frau Busse einen Punkt. Es geht darum, keine Angst zu machen, sondern die Dinge sehr klar zu benennen. Dass Putin eben unsere, ich sag mal, schleichendes Schweigen ausnutzt.

01:33:55 plötzlich immer präsenter zu werden. In Estland, Lettland, Litauen ist es an der Tagesordnung. Bei uns wird es jetzt endlich mehr in die Debatte gebracht. Und das macht mir Sorgen, dass wir das verschleppt haben. Wehrfähigkeit heißt ja nicht, dass wir mit klirrender Wehr und den Uniform irgendwo stehen, sondern heißt, dass wir alle wissen, was bedroht ist. Frieden sowieso, aber unsere Freiheit und Selbstbestimmung. Wir haben zwei Sprachrohre. Das ist das Bündnis Sarah Wagenknecht und das ist die AfD, die eben als Alternative sagen,

01:34:24 Raus aus NATO, raus aus EU, raus aus dem Euro, aber dafür deutsche Ingenieurstechnik und russische Ressourcen. Dann haben wieder die ganzen Länder dazwischen, die unter uns gelitten haben, wieder Angst. Und ich will es mal zuspitzen, unsere Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg und dem Faschismus war nie wieder Krieg, nie wieder Nationalsozialismus. Die Nachbarländer, die wir damit überzogen haben, Frankreich ist Nuklearmacht.

01:34:47 Unsere Nachbarländer haben die Lehre daraus gezogen, auch die Balten nie wieder wehrlos. Wenn wir Deutschen begreifen, dass unser nie wieder Krieg für die anderen, deren Opfer uns anschauen, uns jeden Tag in die Augen schauen, nie wieder wehrlos ist, dann glaube ich, ist das eine gute Kombination, dass wir begreifen, dass unsere Nachbarländer etwas sensibler sind. Ja, Shades Gründer ganz kurz sagt... Ich würde auch... Ja, das habe ich bewusst so gesetzt. Sofort, Frau Busse, Sie können sofort... Ich will einen Kommentar kurz vorlesen und dann sind Sie dran. Moment.

01:35:15 Und Herr Dressler auch, wir machen hier eine Liste, weil ich will den Chat auch mal wieder reinbringen, sagt, ich würde das Thema Sinnhaftigkeit der alten klassischen Wehrpflicht im Kontext moderner Kriege, Drohnen, Cyber interessant finden. Sprechen wir jetzt gerne drüber. Und jetzt auch noch was Herr Greges eben gesagt hat. Brother Kane schreibt, meine ehemaligen Kasernen sind heute auch Industrie, Wohngebiete oder Solarparks. Da geht es nochmal darum, dass die ganze Infrastruktur natürlich abgebaut wurde. Frau Busse möchte aber wahrscheinlich jetzt eher nochmal auf was anderes eingehen und jetzt darf sie das auch.

Kontroverse um Angst, Aufrüstung und die Rolle Deutschlands

01:35:45

01:35:45 Ich wollte erst mal korrigieren. Also ich habe nicht gesagt, dass ich es schlecht finde, dass die Menschen Angst haben. Sondern ich verstehe, warum sie Angst haben. Und sie haben Angst, weil sie sehen, was Deutschland macht. Also Deutschland rüstet auf in Vorbereitung auf einen Krieg. Und da wollen sie nicht mitmachen. Darum sind sie gegen die wirklich. Darum sind sie dagegen, dass sie selber oder ihre Kinder eingezogen werden. So, das war der erste Punkt. Und als zweites, was sie...

01:36:12 Ich muss jetzt überlegen, was war der zweite Punkt. Vielleicht. Genau, dass wir das Motto haben, nie wieder Krieg und andere nie wieder wehrfähig. Nie wieder wehrlos. Aber ich denke mir, es ist gut, dass Deutschland das Motto hat, nie wieder Krieg. Weil als Deutschland dieses Motto nicht hatte oder es gebrochen hat, hat es eben die Nachbarländer zerstört. Darum finde ich, sollte Deutschland auf jeden Fall bei dem Motto bleiben, nie wieder Krieg. Weil wir haben gesehen, was passiert, wenn Deutschland Krieg will. Das ist schrecklich.

01:36:41 Zwei Weltkriege. Herr Dressler wollte was dazu sagen, oder? Ja, ich habe zwei Punkte. Auch zwei Punkte. Alle haben zwei Punkte. Ich verspreche, ich halte mich kurz. Ja, alles gut. Sie haben gerade die ganzen Sabotageakte und hybride Kriegsführung aufgezählt. Ich war irgendwie mal in dem Glauben, dass die Nord Stream Sprengung da auch dazu gehört. Aber die haben sie jetzt irgendwie nicht genannt.

01:37:04 Die Nordstream-Springung ist noch nicht geklärt, ob das Ukrainer mit russischem Pass waren. Wenn es die Ukraine war, war das ein legitimes Ziel. Wenn es Russland war, war es auch legitim, weil sie ihr eigenes Eigentum zerstört haben. Es ist kein deutsches Eigentum, sondern es sind...

01:37:19 Der russische Abschnitt ist zerstört worden in einem internationalen Gewässer. Unsere Nachbarländer, Polen, die Schweden, die Dänen sagen, es waren Russen mit ukrainischen Pässen. Nur wir sagen, es waren die Ukrainer. Egal, es ist kein deutsches Eigentum zerstört worden. Das weiß man eben auch nicht. Es ist russisches Eigentum zerstört worden. Der zweite Punkt. Wir reden hier immer so.

01:37:46 Das ist mir noch alles nicht konkret genug, ehrlich gesagt. Und es ist ja schon ein guter Punkt von Frau Busse, dass man sagt, die Leute haben Angst und dass die Medienberichterstattung da auch eine Rolle spielt. Weil ich finde, da redet man dann oft über so eine Kriegsgefahr und dann wird das nicht so konkretisiert. Naja, aber die Drohnen sind doch was sehr Konkretes. Ja, aber vielleicht nochmal ganz kurz die Frage, also Herr Grieges und Herr Kiesewetter, halten Sie es wirklich...

Realismus eines russischen Angriffs und die NATO-Reaktion

01:38:14

01:38:14 Die Frage geht an Sie beide jetzt. Halten Sie es wirklich für realistisch, dass es einen konventionellen Angriff von Russland auf Westeuropa oder auf Deutschland gibt? Ist das der Diskussionsgegenstand? Weil das sollte man dann auch mal benennen. Findet ja schon statt. Aber Herr Krieg ist vielleicht zuerst.

01:38:35 Ja, also nach meiner Einschätzung, das was ich, ich bin ja auch nur Presseleser mit einigen Kontakten, sage ich jetzt mal, aber was ich für wahrscheinlich halte, ist eben diese große klassische Angriffskrieg, die, glaube ich, wird es nicht in der Form geben. Aber sehr wohl ist das Baltikum im Fokus. Wir haben dort sehr, ich sage jetzt mal, eine große russische Minderheit, die dort lebt, die Schwierigkeiten hat und sie auch natürlich dort auch schlechten Stand hat. Das muss man auch ehrlicherweise sagen.

01:39:01 Und dass es dort einen ähnlichen Siedepunkt geben wird, vielleicht wie im Donbass, wo man sagt, also eigentlich sind das ja Russen und die werden hier schlecht behandelt. Das können wir so nicht zulassen und so weiter. Und da wird es innenpolitisch, wird es kriseln, da werden Schüsse brechen. Vielleicht eher über dieses Szenario wird es sich vielleicht eher beginnen. Mal abgesehen von diesem ganzen, ich sag jetzt mal, Cyberraum. Das ist noch eine andere Geschichte. Also den großen klassischen Angriffskrieg kann ich mir auch nicht vorstellen.

01:39:30 Ganz kurz Herr Kiesewetter und dann habe ich noch Fragen an Frau Busse aus dem Chat. Sicher ähnlich. Der militärische Krieg findet in der Ukraine statt, aber der zivile Krieg mit Sabotage, Zerstörung findet auch bei uns statt. Und die kognitive Kriegsführung mit Fake News, mit Beeinflussung von AfD und BSW ist eindeutig. Aber was wir sagen können ist, dass die Sachbeschädigungen, die Russland zugeordnet werden, in Milliardenschäden gehen.

01:39:55 Und dass wir bisher keine Gegenmaßnahmen getroffen haben, wie wir dem entgegnen wollen, ist auch klar. Das Baltikum-Szenario ist übrigens sehr interessant. Es sind russischsprachige und vielfach sind sie Menschen, die nicht mit den russischen Truppen zurückkehren wollten in die Sowjetunion. Beziehungsweise als die Sowjetunion zerfiel, wollten sie nicht in die Russländische Föderation oder nach Belarus, sondern sie haben sich mehr davon versprochen.

01:40:20 in Estland, Lettland und Litauen, alten Staaten, die es seit Jahrhunderten gab, nur eben in der Sowjetunion besetzt waren, dass sie lieber dort lebten und die meisten von denen fühlen sich dort auch sehr wohl. Ich würde da gerne darauf antworten, meine Frage zielte ja da auf was ab. Einen ganz kurzen Punkt noch, aber dann möchte ich gerne an Frau Busse, gibt es zwei Fragen. Es ist die Lage, ich sehe das in meiner

01:40:48 in meinen Kommentaren, in meiner Followerschaft, dass Menschen sehr konkret Angst haben davor, dass Deutschland von Russland so wie die Ukraine angegriffen wird. Und das wird in den Talkshows und in den ganzen Nachrichtenberichten nicht so offen gesagt, aber das ist der Subtext. Und deshalb finde ich auf der einen Seite interessant und finde es gut, dass sie das so sagen, dass sie das nicht für realistisch halten, aber...

01:41:12 Das ist nicht der Tonus, der in den Nachrichten volportiert wird. Es ist nicht wahrscheinlich, aber es ist nicht unwahrscheinlich. Im Baltikum und in Polen sind mehrere tausend US-Soldaten stationiert. Ein Angriff von Russland auf das Baltikum könnte nicht umhin, diese US-Soldaten entweder zu töten oder als Kriegsgefangene zu halten. Das würde einen Kriegseintritt der USA.

01:41:41 Das wäre nicht nur ein Krieg von Westeuropa gegen Russland, sondern das wäre ein Krieg vom Westen gegen Russland. Und ich will hier einfach nur die Verhältnisse ganz kurz noch auflisten, weil es wird oft gesagt oder die Leute haben das Gefühl, Deutschland und auch so der Westen und die NATO, das ist alles so, wir können uns da nicht verteidigen. In diesem Fall, in diesem baltischen Fall, den Herr Greges auch gerade angesprochen hat, wäre das Kräfteverhältnis folgendermaßen. An Einwohnern wäre es Russland 140 Millionen.

01:42:09 Der Westen 950 Millionen. Das ist beinahe. Im Baltikum leben 6 Millionen Menschen. Also keine Fake News hier verbreiten. Ich habe doch gerade beschrieben, was der Fall ist. Nein, sie sprachen vom Baltikum. Ja, und da sind US-Soldaten stationiert. Und das wäre ein Krieg zwischen dem Westen und Russland. Können wir uns denn, und das ist vielleicht auch eine Frage an die Runde, können wir uns denn darauf verlassen, dass Trump wirklich in so einem Fall, davon geht ja sozusagen die Frage aus, überhaupt noch an der Seite von Europa stehen würde? Nicht mehr.

01:42:38 Donald Trump würde nicht zulassen, dass US-Soldaten getötet oder gefangen genommen werden. Das ist jemand, der auf Stärke setzt. Und das ist der ultimative Schwächebeweis, wenn man die eigenen Soldaten sich selbst überlässt. Ich will diesen Satz noch fertig machen. Bei diesem Fall, der hier jetzt...

01:43:01 beschrieben wird, wäre das ein Verhältnis von beim kaufkraftbereinigten BIP von 7 gegen 70 Billionen Dollar, von 1,3 Millionen versus 4 Millionen Soldaten und von einem Militärbudget von 150 gegen 1500 Milliarden Dollar. Das ist konstruierter Kieße, ehrlich. Das sind die Zahlen. Das ist Baltikum. Das sind die Fakten. Ja, aber das würde passieren, wenn das Baltikum angegriffen wird. Ich beschreibe das nicht vom Baltikum, wo irgendwie 3 Millionen Leute leben. 6 Millionen.

01:43:30 Ich rede jetzt von Litauen. Es ist so, das würde passieren, wie gesagt, es sei denn, es werden da alle Soldaten irgendwie abgezogen. Das ist das Kräfteverhältnis. Und man kann auch nicht so tun.

01:43:40 Es bräuchten wir jetzt noch irgendwie 50.000 Reservesoldaten, um da noch irgendwie das Zünglein an der Waage zu bringen. Das ist Augenwischerei, was sie machen, weil natürlich nicht die anderthalb Millionen Soldaten, die die NATO insgesamt unter Waffen hat, dort eingesetzt werden. Und das Entscheidende ist, was der stellvertretende Verteidigungsminister der USA gesagt hat, Albridge Colby, sagte, wir werden nicht unsere Sicherheit für Ost-Estland aufs Spiel setzen.

01:44:04 Und genau da setzt Putin an. Das wird kein Großangriff, so wie Herr Greges das auch sehr zutreffend beschrieben hat, sondern es wird zeigen, wir sind nicht bereit, für Ost-Estland uns zu opfern. Und es wird diesen Krieg so nicht geben. Eher wird Deutschland sagen, wir haben die Brigade dort, wir halten uns zurück. Keiner wird vor Ost-Estland den Finger heben. Und das wird uns Putin beweisen.

01:44:25 Und was Sie ins Feld führen, ist ja genau das Argument, was wir eigentlich machen müssten. Mit unserer Wirtschaftskraft könnten wir und dem Willen zu Sanktionen könnten wir Russland in die Grenzen weisen. Es hat drei Jahre gedauert, bis die europäischen Staaten endlich bereit sind, kein russisches Gas mehr zu kaufen. Entscheidung von dieser Woche, dreieinhalb Jahre. Also der Westen verdient sehr viel an dem Krieg, nämlich diejenigen, die immer noch über Ungarn Rüstungsgüter nach Russland liefern, die Chips über China nach Russland liefern.

01:44:53 Also da bin ich sehr stark bei denen, die eben sagen, wir sollten uns deutlicher an die Aufklärung machen, wie im Hintergrund die Moskau-Connection noch Russland unterstützt. Also da bin ich nicht bei ihnen. Im Zweifel wird man die baltischen Staaten opfern und genau dafür setze ich mich ein, dass das nicht passiert.

01:45:11 Kiko schreibt an der Stelle, sobald sie angreifen, ist es egal, ob die US-Soldaten sind, weil die NATO angriffen werden würde, damit sind alle Mitglieder dabei. Und Cavaliers schreibt, man muss aber vom Worst Case ausgehen. Das ist ein aktiver Angriffskriff durch Russland. Alles andere wäre Lug und Betrug, finde ich, eine sinnlose Debatte im Moment, da es sich um Wahrscheinlichkeiten dreht, die sich tagtäglich ändern.

01:45:35 Herr Greggis wollte noch kurz was sagen und dann kann ich endlich meine Frage an Frau Busse stellen. Aber Herr Greggis, sagen Sie erst.

01:45:42 Ich glaube, das ist auch eine sehr deutsche Nabelschau, die wir hier betreiben. Also wenn wir jetzt uns anschauen, wie wir uns hier schwer tun mit einer Wehrpflicht oder mit einem Wehrdienst. Ich sage mal, wenn man die Finnen mal fragt, die jetzt in die NATO gekommen sind, was die eigentlich davon halten, 1300 Kilometer Grenze zu Russland. Die haben dann eine ganz andere Perspektive drauf und sind ganz anders bereit, eben Dinge zu tun. Und jetzt möchte ich doch mal eine olle Kamelle aus Afghanistan bringen. Da saß ich in Kabul im Hauptquartier aller Eissaft-Truppen. Rechts von mir die Italiener, links Franzosen, hinter mir England.

01:46:11 die Niederländer, die Amerikaner und die Europäer sagten zu mir, ihr Deutschen, ihr müsst aufhören, euch aus allem rauszunehmen. Wir waren ja nun nicht sehr...

01:46:21 so großartig engagiert, auch gerade in den Krisenpunkten in Afghanistan. Und ich habe gesagt, naja, schwierig, deutsche Geschichte und so weiter, wir können nicht so. Und da sagen die einhellig, hört auf damit, hört auf damit. Ihr seid die größte und eine der stabilsten Demokratien in Europa haben, wirtschaftsstark, hört auf damit. Und ich glaube, wir benutzen dieses Argument, ich sage immer deutsches Trauma, sozusagen um uns auch aus der Verantwortung rauszustehlen, letztendlich. Und das kann ich dann eben nicht teilen. Also ich verstehe die Ängste und auch die Friedenskrise.

01:46:50 Generation ist alles in Ordnung. Akzeptiere ich, habe ich kein Problem mit.

01:46:53 Aber so zu tun, als wenn eine Bundeswehr irgendwie etwas, als wenn das so ein deutsches Gen wäre, sobald er eine deutsche Waffe in die Hand kriegt, dann hat er sofort Bock, nach Polen einzumarschieren. Das ist doch alles Quatsch. Sondern wir sind sozusagen so fest eingebettet, demokratisch, kulturell in Europa, natürlich auch politisch, dass wir sagen, wir müssen hier im Verbund denken. Und wir sind nun mal im zentralen Schwerpunkt in Europa, auch als das größte und wirtschaftsstärkste Land. Da müssen wir auch der Verantwortung gerecht werden. Und das alles andere halte ich für...

01:47:23 Absurd. Auch dazu, ich merke schon an den Tschetschern, dass hier alles sehr zu interessieren. Mitra schreibt, und Russland wartet noch so lange, bis wir aufgerüstet haben. Macht keinen Sinn. Poo Oliver schreibt, auch bei einem Angriff können die anderen Länder eingreifen, aber müssen es nicht. Es gibt keine Verpflichtung einzugreifen. So, jetzt nochmals Frau Busse. Sie hatten ja gesagt, Deutschland rüstet auf. Da schreibt, better be drunk. Das ist falsch. Deutschland rüstet nicht für, sondern gegen den Krieg auf. Und Akato...

01:47:50 Schlipp schreibt, dann mal eine Frage an Frau Busse, nie wieder Krieg, was, wenn jemand anderes für uns entscheidet, den Krieg zu führen? Vielleicht wollen Sie jetzt auch noch was anderes sagen, aber gerne auch diese Frage beantworten aus dem Chat. Also wir sind davon überzeugt, dass Aufrüstung auf jeden Fall nicht zum Frieden führt. Es ist auf jeden Fall nicht förderlich für den Frieden, sondern Abrüstung wäre förderlich für den Frieden. Und die zweite Frage.

01:48:17 erst mal immer versuchen zu verhindern, dass ein Krieg überhaupt passiert. Darüber wird gar nicht gesprochen. Also es wird immer nur gesprochen, ja, wir müssen gucken, wie wahrscheinlich ist es, dass Russland uns angreift. Aber stattdessen einfach mal alles dafür zu tun, dass dieser Krieg nicht passiert. Also durch Diplomatie, durch Friedensverhandlungen. Das sehe ich überhaupt nicht. Und bevor das nicht alles passiert ist...

01:48:41 Finde ich schwachsinnig, darüber zu reden, irgendwie, ja, wir müssen uns ja verteidigen, wenn wir angegriffen werden, weil das ist ja, also wir wollen Frieden und dann sollten wir auch uns kümmern, dass Frieden passiert. Liebe Frau Basu, ich würde das jetzt aufgreifen in der Runde. Ich sage erst mal.

01:48:56 Vielen Dank, dass Sie dabei waren. Ich gebe die Frage gleich weiter, ob wir genug verhandeln. Auch vielen Dank an Herr Greges. Wir wollen gleich noch mal kurz weitergehen und noch mal über Werfel für Frauen sprechen. Ganz kurz. Vielen Dank, dass Sie beide sich so aktiv beteiligt haben. Liebe Grüße auch an den Super Trooper, wie das Ding auf dem Bild heißt. Vielen Dank. Danke. Tschüss.

Diplomatie, Verhandlungen und die Rolle der Wehrpflicht für Frauen

01:49:23

01:49:23 Stimmt es, was Frau Busse sagt? Braucht es eigentlich mehr Diplomatie? Wird da genug gemacht gerade? Gibt es genug Verhandlungen? Es wird ja ganz viel gemacht. Es haben sich Biden und Putin vor dem Krieg getroffen. Putin hat ihm deutlich gemacht, dass er Anspruch auf Estland, Lettland, Litauen legt.

01:49:38 Und dass die Ukraine zu Russland gehört. Das war im Herbst 21. Dann hat Selenskyj, also nicht Selenskyj selbst, sondern sein Außenminister damals, Kuleba, mit Lavrov verhandelt. Und die russische Antwort war damals bereit, das Ziel NATO-Mitgliedschaft aufzugeben, war bereit, die Krim aufzugeben. Und das war noch im April 22, war auch bereit, die besetzten Gebiete, die damals besetzt waren, es war deutlich weniger.

01:50:06 Und die russische Antwort war Butscher und Irpin. Und all die Verhandlungen, die jetzt liefen, haben im Grunde genommen bei Trump dazu geführt, dass er die Ukraine auffordert, Gebiete abzutreten, aber nicht Russland auffordert, den Krieg zu beenden und sich zurückzuziehen, sondern er sagt, sein Ziel ist, dass Russland dort bleiben kann, wo es bleibt und die Ukraine soll das akzeptieren. Das sind natürlich keine Verhandlungen, die man für ein angegriffenes Land führt und das wird die Ukraine so nicht akzeptieren.

01:50:35 Russland hier vielleicht einlenkt. Aber das braucht Putin nicht. Deswegen gibt es ja auch keine großen Verhandlungsangebote. Als Putin merkte, dass der Zelensky womöglich Aussicht auf bestimmte Raketen hat, hat er Trump angerufen. Jetzt ist es wieder zwei Wochen verzögert. Sterben wieder hunderte Menschen in Schulen, in Krankenhäusern. Das ist bitter. Also an Verhandlungen ist sehr viel versucht worden. Das ist so eine deutsche Sucht. Hauptsache verhandeln.

01:50:59 Aber es wird ja auch nebenher geschossen und eine Voraussetzung, um zu verhandeln, ist eben auch ein Waffenstillstand und da ist Russland bisher nicht bereit dazu. Redscat 59 bezieht sich jetzt aktuell darauf, wer soll den Frieden verhandeln? Trump und Putin kommen jetzt doch nicht zusammen. Herr Drissler, wie sehen Sie das? Sie sehen es vermutlich anders als der Kiesewetter, würden Sie sagen, es sollte mehr verhandelt werden? Oder wurde schon genug getan, das würde ich eher als Frage.

01:51:23 Ich bin da ehrlich gesagt der Falsche. Also ich fühle mich immer nicht so richtig wohl in dieser Rolle des Politikberaters. Das ist nicht mein Bereich der Expertise. Das ist kein Paar Schuhe, in die ich mich reinversetzen möchte, ehrlich gesagt. Ich finde nur, ich verstehe mich schon als Linke. Und ich höre in dieser Frage und in dieser Debatte, jetzt auch gerade in den letzten Tagen, habe ich immer wieder Argumente gehört, die ich

01:51:50 kontraproduktiv finde bei dieser Frage von wegen verhandeln, was ist sinnvoll, wie sollte sich Deutschland da jetzt verhalten und was führt zum Ziel eigentlich. Und es ist ja so, dass wenn man immer sagt, man rüstet auf, damit man nicht kämpfen muss und man rüstet auf, damit man ein großer, bedrohlicher Staat ist, damit andere Staaten nicht auf dumme Gedanken kommen. Das stimmt ja erstmal. Und es gibt dann immer wieder auch

01:52:19 Clips von Jan van Aken oder so, ich bin kein Mitglied der Linkspartei, das möchte ich dazu vielleicht sagen, deshalb kann ich da auch einen gewissen kritischen Blick wahren, der dann versucht, das so irgendwie anders darzustellen, als wären andere Methoden doch irgendwie sinnvoller und vor allem zielführender, um andere Staaten abzuschrecken. Sowas wie zivile Aufrüstung oder so ein Kram. Und das halte ich für falsch, weil man sollte das schon anerkennen, das ist so, dass die Staaten sich

01:52:48 im Zweifelsfall erstmal mit halbgezogener Waffe gegenüberstehen. Und dann formen die manchmal Bündnisse, wie jetzt in der EU und vielleicht auch über Kontinentalgrenzen hinweg. Aber der eigentliche Zustand ist eher, dass man sich so immer gegenseitig ein bisschen konfrontativ gegenübersteht. Und dem kann man nicht entkommen, indem man sagt, gut, andere Formen von irgendwie Aufrüstung sind da effektiver. Sondern man muss, also das Argument sollte ja eigentlich lauten,

01:53:16 Was ist das eigentlich für ein System, in dem die Staaten sich die ganze Zeit mit halbgezogenem Revolver gegenüberstehen und gucken, dass sie sich da irgendwelche Absatzmärkte abluchsen, weil darum geht es halt in diesem, gerade auch Deutschland als Exportweltmeister, das ist, sagen wir mal, das ökonomische Schlachtfeld. Und was im Zuge von diesen Debatten für ein Wir geschmiedet wird.

01:53:44 dass uns in Deutschland gesagt wird, irgendwie der Chinese läuft uns den Rang ab. Doch, ich war tatsächlich einmal in China. Ich bin einmal über China geflogen nach Taiwan. Aber ich glaube, den meisten Menschen in Deutschland geht das anders. Die meisten Menschen hatten noch nicht so viel Kontakt mit Chinesen und mit der chinesischen Arbeiterschaft. Aber dass man eben mal schaut, was ist das eigentlich?

01:54:10 für ein System, in dem man in so komische Konkurrenzverhältnisse gesetzt wird. Und das sollte man eben auch, jetzt bin ich doch in so eine Politikberaterrolle gefallen. Das sollte man eben jetzt auch zum Beispiel, auch Clara Bünger von der Linkspartei war bei Fabian Köster in der Heute Show und das war ein ganz, ganz schlimmer, ganz schwer mit anzusehender Clip, weil sie dieser Frage eben nicht antworten kann. Und er fragt sie dann immer, ja, was sollen wir denn machen, um verteidigungsfähig zu sein? Und sie sagt dann immer so, ja, nicht die Wehrpflicht.

01:54:37 Es ist halt heute Show und Fabian Köster, man kann es sich irgendwie vorstellen. Und die richtige Antwort wäre halt, die Prämisse zu hinterfragen. Also warum müssen wir denn Verteidigungswerten? Für was? Man kann ja immer noch sagen, gut, irgendwie der Ivan steht vor der Tür, so der rosa Ante Portas, aber es kann doch keine Antwort aus einer linken Position heraus sein, einfach so zu sagen, ja.

01:55:04 Nee, das wirkt nicht, weil diese Abschreckung, die bringt ja was. Aber das ist ja das Schlimme, dass es was bringt. Das ist ja das, was die Unfreiheit auf uns Menschen bringt. Spannende Argumentation. Ich würde jetzt, glaube ich, dieses Thema kurz abschließen. Es kamen nämlich jetzt noch viele Kommentare, auch kurz zum Thema der Verhandlung.

01:55:22 Wie soll man damit mit Imperialisten wie Russland verhandeln? Das haben ursprünglich die Ukrainer auch probiert, aber man hat das Resultat ja dann ganz schnell gesehen. Verhandlungen funktionieren nur mit rational denkenden Teilnehmern. Russland ist nicht rational handelnd. Ich meine, hier scheint ja Einigkeit im Raum zu sein. Entweder sie sind Imperialisten oder sie sind irrational. Also das, finde ich, widerspricht sich ein bisschen. Imperialisten sind sie und damit sehr rational. Da sind wir, glaube ich, d'accord. Wunderbar.

01:55:48 Wer sagt denn, dass aufgerüstet wird, damit man nicht kämpfen muss? Gleichgewicht des Schreckens ist vorbei. Jetzt wird aufgerüstet, damit man nicht überrollt wird, schreibt Johnson 255. Ich lese einfach nochmal kurz was vor, was die Community denkt. Und Schwämer sagt, Krieg ist keine Abstimmung zwischen zwei Ländern oder Bündnissen. Also nur wenn wir aufrüsten, um uns im Fall der Fälle zu verteidigen, steigt nicht die Gefahr von Krieg. Krieg beginnt, wenn ein Land das andere überfällt. Also scheinbar auch eine recht einheitliche Meinung.

01:56:15 Im Chat. So, jetzt würde ich sagen, wir haben jetzt viel über die Sicherheitslagen gesprochen. Jetzt zum Schluss auch noch viel über Verhandlungen, über ist es überhaupt Aufrüsten, was wir machen. Auch das wurde debattiert. Jetzt möchte ich aber nochmal kurz über Frauen sprechen. Das hatten wir am Anfang schon. Im Grundgesetz ist ja erstmal nur die Rede von Männern bei der Wehrpflicht. Deswegen müsste also das Grundgesetz mit zwei Drittel Mehrheit geändert werden, damit auch Frauen davon betroffen sind, von der Pflicht. Freiwillig können sie allerdings schon seit den 90ern Wehrdienst machen.

01:56:45 Das muss man auf jeden Fall an der Stelle sagen, denn ein Beispiel ist Annabelle Günther und die ist jetzt nämlich dabei. Die ist Reservistin, 26 Jahre alt. Herzlich willkommen und hat nach dem Abi einen freiwilligen Wehrdienst gemacht. Annabelle, warum hast du nach dem Abi gesagt, jo, ich mache einen Wehrdienst?

01:57:02 Ja, kann man mich erstmal gut hören? Das ist so die erste Frage. Perfekt, man sieht dich perfekt, der Ton ist perfekt, also du bist ein gutes Beispiel. Das heißt, mein Internet enttäuscht heute ausnahmsweise nicht. Das ist gut. Absolut. Nicht. Ja, ich habe nach meinem Abi Freiwilligenmehrdienst geleistet.

01:57:20 Das lag quasi daran, dass ich nach meinem Abi nicht sofort studieren gehen wollte. Ich wollte erstmal etwas Praktisches machen und habe da nach einer Herausforderung für mich gesucht, sowohl in mentaler Hinsicht als auch in körperlicher Hinsicht und bin dann irgendwann auf die Bundeswehr gestoßen und fand den Gedanken schön, für die Werte dieses Landes einzustehen und habe mich dann der Herausforderung gestellt.

01:57:46 Ja, jetzt hast du natürlich die Debatte gerade auch schon ein bisschen verfolgt. Bist du denn grundsätzlich für oder gegen eine Wehrpflicht für alle?

01:57:54 Ja, das kommt natürlich jetzt ganz darauf an, was man unter Wehrpflicht versteht. Also die Wehrpflicht, wie sie jetzt im Gesetz verankert ist, die halte ich für nicht mehr zeitgemäß. Ich denke, wir brauchen halt ein Konzept, was moderne Pflicht und individuelle Freiheit möglichst zusammenführt. Und ich spreche mich da halt auch eher für eine Dienstpflicht aus, wie meine VorrednerInnen tatsächlich auch. Und die zwei Punkte, die mir da, sag ich mal, am wichtigsten sind, sind einmal, dass ich...

01:58:23 eine Dienstpflicht für Männer und für Frauen wäre. Ich persönlich sehe keinen Grund, warum man da anhand des Geschlechts differenzieren sollte. Vielleicht kann mir die Frage ja jemand beantworten oder mir da gute Gründe für liefern. Und für mich ist es auch wichtig, das nur aufs Militär zu gucken, halte ich für zu...

01:58:41 beziehungsweise halte das auch nicht für den Bedenken dieser Generation. Ich hoffe, ich zähle auch noch als Jung. Ja, definitiv. Halte das einfach nicht, diesen Bedenken, für gerecht und würde mich dafür einsetzen, dass Militärdienst und Zivildienst auf einer Ebene gestellt sind und nicht, wie es jetzt halt auch ist oder wie es war vor 2011, in so einem Regelausnahmeverhältnis.

01:59:08 Ja, Jumper280281 würde dir widersprechen. Er sagt, Frauen bei der Bundeswehr sollte freiwillig bleiben. Wer will, kann gehen. Okay, interessant. Aber das heißt, ich höre bei dir raus, du bist schon dafür, dass es sozusagen auch ein Gesellschaftsjahr gibt, also dass man sagen kann, ich möchte zur Bundeswehr oder ich möchte ein Gesellschaftsjahr machen. Genau, ich würde mich halt für eine Pflicht aussprechen. Ich persönlich sehe halt oder ich...

01:59:35 Ich denke halt nicht, dass wir mit Freiwilligkeit die Zahlen oder die Personen, die wir benötigen, am Ende des Tages bekommen, dass wir damit den Zahlen, sage ich mal, gerecht werden. Ich denke, über das Ob würde ich nicht entscheiden, aber über das Wie.

01:59:52 Das steht für mich mehr zur Debatte. Und ich wäre nicht für eine Wehrpflicht. Dieser Begriff Wehrpflicht ist mir in diesem Kontext immer ein bisschen fremd, gerade wenn es halt auch um Frauen geht. Ich wäre halt für eine Dienstpflicht und dann halt sowohl für Frauen als auch für Männer.

02:00:06 Ja, jetzt habe ich ja jemanden sitzen in der Runde, Herr Dressler, der eher gegen Dienstpflicht und auch Wehrpflicht ist. Wie würden Sie denn so jemanden wie Ihnen überzeugen, dass es total Spaß macht, bei der Bundeswehr zu leisten? Wollen Sie so jemanden überhaupt überzeugen? Also mit Spaß würde ich ihn auf jeden Fall nicht überzeugen wollen.

02:00:29 Womit ich oder womit ich denke, was jedem oder der jungen Generation auch bewusst gemacht werden soll, wofür man am Ende des Tages einsteht. Und dass halt einfach die Werte, wofür dieses Land steht, die Freiheiten, die wir halt genießen, dass es sich einfach lohnt, für diese einzustehen. Und ich möchte an dieser Stelle nochmal betonen, ich kann durchaus nachvollziehen, wenn Personen sagen, dass sie keinen Dienst an der Waffe leisten möchten.

02:00:52 Kann ich gut nachvollziehen. Was für mich tatsächlich schwerer zu sehen ist, und das ist ja auch gerade das in die Richtung, in die Herr Dressler geht, ist, dass man gar keinen Dienst für diese Gesellschaft leisten möchte. Das ist für mich ein bisschen schwieriger nachzuvollziehen. Herr Dressler, sind Sie überzeugt? Ja, nein, also ich bin, ich habe schon eben gesagt, ich bin links, ich bin ein Linker und ich finde Solidarität und sich für das Gemeinwohl einsetzen sehr wichtig. Ich würde sagen, das ist einer von linken Grundwerten.

02:01:21 Ich finde nur die Konstellation, in der das dann eben passiert, finde ich fragwürdig, weil wenn ich mich so umschaue, für wen würde ich mich denn einsetzen? Also was würde denn so ein Pflichtjahr eigentlich, in was für einem Kontext würde das stattfinden? Viele Leute sind dafür, weil diese ganzen Bereiche, in denen man das dann machen würde, zum Beispiel im Pflegebereich, weil die heillos unterfinanziert sind. Wir wären ein...

02:01:47 wenn man es böse ausdrücken wollen würde, ein Lückenbüßer. Und wenn ich mir die Gesellschaft anschaue, in der wir leben, wo ein paar Leute ungefähr 50 Prozent vom Vermögen besitzen, was die ärmere Hälfte der Bevölkerung hat. Wir können gerne über Gesellschaft reden, aber dann bei einem Pflichtjahr, bei den paar...

02:02:11 10.000 oder 100.000 jungen Leuten, die jedes Jahr 18 werden, anzufangen, halte ich für grotesk. Ich bin dafür, dass man sich fürs Gemeinwohl engagiert, aber dann würde ich halt mal irgendwie da anfangen, wo es zählt und nicht bei den Leuten, die sowieso in der Welt aufwachsen, die von Krise zu Krise taumelt. Und vielleicht mal bei den Leuten, die diese Krisen mit verursachen, aber die sitzen nicht in der Uni und im Abitur, sondern sitzen auch im Bundestag.

02:02:40 Aber könnte man Solidarität nicht auch so sehen, dass man sagt, Solidarität heißt gerade verpflichtend der Gesellschaft helfen, egal ob man jünger ist oder älter, wenn wir jetzt über Solidarität das Wort sprechen? Ich habe die Frage nicht verstanden. Sie haben ja das Wort Solidarität eben reingebracht und ich habe mich nur gefragt, würde Solidarität nicht gerade bedeuten, dass ich als junger Mensch sage,

02:03:01 Okay, ich mache jetzt zum Beispiel ein freiwilliges Soziales Jahr oder ein verpflichtendes Soziales Jahr und das ist eben aber auch meine Interpretation von Solidarität, weil ich sozusagen der Gesellschaft etwas zurückgebe. Ich bin, wie gesagt, ich bin großer Fan von ehrenamtlichen Tätigkeiten, von Vereinen, von Nachbarschaftshilfen, von Suppenküchen, wo den Menschen geholfen wird und wo den Menschen unter die Arme gegriffen wird, die in dieser Gesellschaft, in unserer tollen Solidargesellschaft eben zu kurz kommen.

02:03:28 Und wo der Staat dann eben auch sagt, gut, ist dann halt auch einfach nicht so wichtig. Und dann bin ich großer Fan davon, dass man da solidarisch ist. Das darf kein Ersatz sein und man darf das nicht so sehen, okay, dann muss das der Staat quasi nicht mehr machen. Also dass man sagt, gut, wir lagern das jetzt einfach auf die Privatgesellschaft aus. Das finde ich auch nicht gut, nicht richtig. Aber die Frage ist ja hier, wozu verpflichtet man junge Leute im Namen?

02:03:54 Vom Dienst am Staat, weil man kann das immer so framen von wegen, das ist ein Dienst an der Gesellschaft und so weiter. Aber es hat ja dann doch immer, sag ich mal, staatliche Geschmäckler. Jetzt sagt Igracil, warum kriegen wir nicht genug Freiwillige? Das ist doch genau die Frage. Und Selbstdarsteller antwortet darauf ja. Und aus dem Grund sollte Bundeswehr immer damit einhergehen, dass man es aus Überzeugung macht und nicht notgedrungen aus fehlenden Chancen, wenn man sich sonst keinen Führerschein oder ein Studium leisten könnte.

02:04:23 Annabelle, was würdest du sagen, was muss denn passieren, damit es eben mehr freiwillige Menschen gibt, damit die es nicht nur aus finanziellen Gründen machen und deshalb zur Bundeswehr gehen? Ja, das ist im Grunde, also wenn ich dafür jetzt die Zauberlösung hätte, ich glaube, dann würde ich nicht hier sitzen. Das liegt jenseits meiner Gehaltsklasse, sag ich mal auch. Wie ich es schon gesagt habe, dass man der jüngeren Generation oder jungen Menschen halt einfach klar macht, wofür.

02:04:49 dieses Land steht und wofür es sich am Ende auch lohnt einzustehen. Und das sind nun mal unsere Werte, das sind unsere Freiheiten. Und das ist so schön, wie das die Bundeswehr irgendwann in einem Slogan auch mal gesagt hat. Wir kämpfen auch dafür, dass ihr gegen uns sein könnt. Das sind halt einfach diese Grundwerte, die wir im Grundgesetz auch verankert haben. Und ich glaube, wenn man den Menschen das bewusst macht. Ich würde gerne noch mal auf dieses Lückenfüller-Argument ganz kurz eingehen, weil

02:05:16 Ich der Meinung bin, wir reden ja hier auch viel über Verteidigung. Ich sehe diesen Zivildienst, diesen...

02:05:24 sage ich mal, Militärdienst und Zivildienst, eine Dienstpflicht auf einer Ebene, nicht als, dass der Zivildienst dann irgendwie der Lückenfüller sein sollte, sondern dass man, gerade wenn man auch über Verteidigung diskutiert, sich dessen bewusst sein muss, dass man in einem Worst-Case-Szenario, einem Verteidigungsfall, halt auch genau diesen Zivilschutz, genau diese Organisationen, die auch angeklungen sind, wie das THW, das Deutsche Rote Kreuz, DLRG und sonst wie die ganzen Organisationen heißen, dass man die halt auch in diesem Fall benötigt und dass die halt auch...

02:05:53 gerade wie die Bundeswehr auch, in Friedenszeiten schon Personal ausbilden müssen, beziehungsweise Strukturen geschaffen werden müssen, um halt letztendlich auch im Worst Case agieren zu können. Ich habe eine Gegenfrage nochmal zu dem, was du eben gesagt hast, wofür Deutschland steht.

02:06:15 Und quasi Freiheiten. Und ich nehme mal an, du meinst auch so Sachen wie ein soziales Sicherungsnetz und Krankenversicherungen und alles und so weiter. Diese ganzen zivilisatorischen Errungenschaften, die es in Deutschland ja tatsächlich gibt und wegen denen ich froh bin, dass ich in der Geburtenlotterie in Deutschland geboren wurde. Ich stelle dir also so der hypothetische Fall. Es gäbe so eine Regierung, die würde

02:06:42 den ganzen Tag davon reden, dass man mal an Sozialsystem ran muss und die Pflege gerade abschaffen will. Die Menschen sagen, gut, wenn ihr dreimal nicht zu irgendeinem Termin kommt, dann verliert ihr alle Leistungen. Eine Regierung, die zum Beispiel sehr, sehr repressiv gegenüber Demonstrationen, die die Außenpolitik betreffen, vorgeht. Sogar so, dass es ausländische NGOs gibt, die das sehen.

02:07:09 Auch Menschen bei der UN, die sagen, die politische Repression in Deutschland ist ein Thema bei Demonstrationen, zum Beispiel auf Palästina-Solidarischen. Würde es dir dann vielleicht irgendwann in den Sinn kommen, dass du sagst, das für was du kämpfst, das verschwindet gerade so ein bisschen? Oder ist es dann für dich noch mehr Argument, eigentlich dabei zu bleiben?

02:07:32 Ich denke, du spielst auf die derzeitige politische Situation in unserem Land an. Ich weiß nicht, wie du auf jeden Gedanken kommst. Ich weiß es auch nicht. Ich kann die Kritikpunkte nachvollziehen. So ist es nicht. Ich bin der Meinung, dass ein Rechtsstaat oder eine Demokratie und damit einhergehend auch ein Rechtsstaat so funktioniert, dass solche...

02:07:59 ich nenne es jetzt mal Eskapaden der Exekutive, überspitzt formuliert, dass die durch die Gewaltenteilung und letztendlich durch die Judikative auch wieder eingefangen werden. Und dass diese Balance, dass das...

02:08:14 dass die erhalten bleibt und dass wir gerade deswegen diesen Rechtsstaat haben und deswegen nicht nur eine einzelne Person oder eine einzige Gewalt, sei es jetzt Exekutive, Legislative, Judikative, da am langen Hebel sitzt und Sachen machen kann. Und da vertraue ich auf das Grundgesetz und ich vertraue darauf, dass die Demokratie in dem Maß erhalten bleibt. Ich bin der Überzeugung, dass...

02:08:43 Dass die Demokratie eigentlich nur durch die Demokraten selber geschwächt werden kann und dass wir am Ende die Einzigen sind, die uns selber abbauen können. Und das haben wir schon mal erlebt, was irgendwann ganz schrecklich ist, anders kann ich es eigentlich gar nicht ausdrücken, ist, wenn man anfängt, Moral oder moralische Sachen übers Recht zu stellen. Und das ist schon mal passiert und das sollte nie wieder passieren.

02:09:12 Ich würde das mal fast schon hier als Schlusswort stehen lassen und an der Stelle nochmal eine ganz kurze Schlussrunde nach dem Schlusswort machen. Und Anna werde ich einfach jetzt drin lassen, weil du hast ja jetzt auch den Stream verfolgt, denke ich mal. Was hast du mitgenommen? Wie hast du die ganze Diskussion hier heute wahrgenommen rund um den Wehrdienst, der jetzt eingeführt werden soll, wieder eingeführt werden soll, zurückkommt?

02:09:36 Ich finde es super interessant. Ich selber sehe ja, sage ich mal, verschiedene Perspektiven immer als eigene Bereicherung an. Und ich finde es sehr, sehr erstaunlich oder sehr, sehr erfrischend, dass sehr viel Einigkeit oder sehr viel Einigkeit darin besteht, dass man sagt, okay, etwas in Richtung Dienstpflicht wäre etwas, was man sich vorstellen könnte, was auch sich eine jüngere Generation vorstellen könnte.

02:10:00 dass einheitlich gegen diese Wehrpflicht, wie sie jetzt ausgestaltet ist, argumentiert wurde. Und ja, wie gesagt, finde aber auch alle anderen Argumente und Meinungen wirklich schön. Und ich finde es schön, dass in den Dialog gegangen wird. Das wurde ja ganz am Anfang, sage ich mal, auch sehr viel kritisiert. Oder das habe ich selber auch mal in einem Zeitungsartikel kritisiert, dass mit den jüngeren Generationen oder den Betroffenen in den Dialog gegangen werden muss.

02:10:26 Danke Annabelle für deinen Besuch. Der Chat feiert dich auch. Kiso schreibt Annabelle, sehr guter letzter Gast, heute Props an sie und ich sende dir ganz liebe Grüße.

02:10:36 Danke. Dann vielleicht nochmal hier kurz in der Runde. Herr Kiesewetter, was haben Sie heute von Herrn Dressler mitgenommen? Also was haben Sie vom anderen Gast mitgenommen? Also ich fand es erstmal super, wie wir uns unterhalten haben und wie die verschiedenen Perspektiven klar wurden. Ich habe von ihm gelernt, dass man einen Staat auch völlig ablehnen kann und sein eigenes Interesse in den Vordergrund stellen. Das ist meinem Denken fremd, aber ich akzeptiere es.

02:11:05 Und ich frage mich halt auch, wenn, dann, wohin? Und vor allen Dingen, wenn in allen Ländern, wenn Europa in so eine Lage kommt, viele so denken, wo gehen die hin? Nach Kanada, nach Norwegen, nach Südtirol? Es ist eben der Punkt, inwieweit bin ich bereit, mich trotzdem einzubringen, auch wenn mir vielleicht das ein oder andere Land nicht gefällt. Für mich war ein Schlüsselerlebnis in diesem Jahr, dass wir im Januar, meine Fraktion, bewusst mit der AfD abgestimmt hat.

02:11:33 Und das war für mich ein während den Anfängen. Und das ist für mich jetzt genau der andere Punkt, mich zu engagieren. Sie haben nicht mit abgestimmt. Ich habe bewusst nicht abgestimmt, weil ich mich bei sowas nicht enthalten kann und im Zweifel dagegen gestimmt hätte. Aber wir müssen aufpassen, dass unser...

02:11:49 dass Rechtsstaat an sich nicht ausgehöhlt wird durch Stimmungen, auch wenn noch so schlimme Dinge passieren. Und das waren ja damals die furchtbaren Ermordungen von Kindern in einem Park in Aschaffenburg und so weiter und eines Erwachsenen, der helfen wollte. Dass wir uns nicht von diesen Emotionen leiden lassen und Kurzschlusshandlungen machen, sondern schauen, dass dieses Land weiterhin ein Rechtsstaat bleibt und nicht von Emotionen getrieben ist. Und dass wir an den Staat denken und nicht an Parteien. Das ist, glaube ich, ganz wichtig. Aber was ich eben mitnehme, ist doch ein flammendes Begriff.

02:12:18 Kenntnis für soziales Engagement von Ihnen und auch der Gedanke vielleicht darüber nachzudenken, wie man zumindest im Ehrenamt mehr für die Gesellschaft tun kann, dass man eben nicht gehen muss. Ja, jetzt Herr Dressler, ich gebe die Frage zurück. Was nehmen Sie mit von Herrn Kiesewetter? Also ich wollte vielleicht nochmal ganz kurz sagen, ich habe mir tatsächlich, ich habe mir so ein paar Notizen gemacht und ich habe dann irgendwo gelesen, dass sie gegen diesen Antrag gestimmt haben. Und ich bin ehrlich, es hat mich überrascht. Ich war positiv überrascht, aber...

02:12:47 Das habe ich jetzt gerade nicht verstanden. Haben Sie dagegen gestimmt oder sich enthalten? Ich hätte dagegen gestimmt. Nein, enthalten kommt nicht in Frage. Ich fand die Art und Weise furchtbar am Holocaust-Gedenktag des Bundestages, wo jemand erzählt hat, wie er aus den Leichen seiner Geschwister kletterte, die Deutsche erschossen haben, dass wir an dem gleichen Tag mit einer Partei abstimmen, die sagt, heute ist ein historischer Tag, Pause, die Brandmauer ist gefallen. Und ich habe das vorher kommen sehen und habe gesagt, ich kann da nicht abstimmen.

02:13:16 Man darf so etwas gar nicht machen, dass man auf den Gedanken kommt, Mehrheiten zu beschaffen mit denen, die diesen Staat abschaffen. Und deswegen habe ich eher den Punkt, man muss, ich will mich für dieses Land engagieren und nicht gehen und dann solchen Kräften das Land überlassen. Und vielleicht finden wir da eine Gemeinsamkeit. Jetzt möchte ich Sie bitten, kurz, was Sie von Herrn Kiesewetter mitnehmen.

02:13:37 Und das bitte kurz beantworten. Wir müssen da jetzt zum Ende kommen. Wir haben schon überschritten. Ja, ich meine, es ist natürlich immer interessant, mit jemandem zu reden, der einen fundamental anderen Blick auf die Dinge und auf den Staat und auf die Gesellschaft hat, in der wir leben. Und ich finde das, mich beeindruckt die Ehrlichkeit. Weil ich habe das Gefühl, ich habe mir auch so ein paar Zitate von ihnen rausgeschrieben. Ich hätte keine Gelegenheit, die vorzulesen. Aber sie stehen bei ihren Meinungen.

02:14:06 Ich lehne die ab. Ich mag diese Meinung nicht. Aber mir ist das immer noch lieber als jemand, der keine Haltung hat. Und ich habe das auch bei vielen Leuten, jetzt auch in ihrer Fraktion, weiß ich nicht so richtig, für was stehen die eigentlich? Und was ist da eigentlich los? Und das Gefühl habe ich bei ihnen nicht. Und das finde ich erst mal positiv. Wunderbar.

02:14:33 Gut, das war auf jeden Fall, hier wird sich schon die Hand gereicht. Das war eine wunderbare Diskussion. Zwei wirklich spannende Stunden liegen hinter uns. Werfter Demokrat schreibt noch, nein zur Dienstpflicht, keine Einigkeit in dieser Sache. Also sagt auch nochmal, nee, hier gab es auch andere Haltungen im Chat. Das ist auch wichtig zu betonen. Hier gab es natürlich nicht nur eine Haltung, die vertreten wurde, sondern so wie hier im Studio natürlich auch bei euch im Chat. Ganz unterschiedliche Meinungen. Danke fürs Beteiligen. Ich habe wahnsinnig viele spannende Kommentare gelesen. Danke fürs Zuschalten.

02:15:02 Und morgen bei Mixtalk, da geht es um die Frage, was macht Pen und Paper so magisch? Ab halb neun geht es los, ganz anderes Thema. Genau, könnt euch aber dazuschalten und bestimmt auch eine spannende Diskussion. Ansonsten bis bald wieder bei Politik und Wir. Schönen Abend noch. Ciao.