MixTalk ! Müssen Games historisch korrekt sein? [heute u.a. zu Gast: @Steinwallen, @Copeylius, @Cathakaktus] !Thema
Historische Korrektheit in Games: Experten diskutieren über Authentizität
Einleitung und Themenvorstellung
00:11:03Der Stream beginnt mit einer Begrüßung des Chats und der Vorstellung des Themas: Wie historisch korrekt müssen Games sein? Dabei werden Beispiele wie Assassin's Creed und Kingdom Come Deliverance 2 genannt, die im Laufe des Abends behandelt werden sollen. Der Host fragt die Zuschauer nach ihrer Meinung zu historischen Spielen und wie wichtig ihnen die historische Korrektheit ist. Es wird festgestellt, dass viele Zuschauer bereits Erfahrungen mit dem Thema haben und unterschiedliche Meinungen vertreten. Einige legen Wert auf Korrektheit, während andere den Spielspaß in den Vordergrund stellen. Der Host kündigt an, dass es im Laufe des Abends verschiedene Perspektiven geben wird und ermutigt die Zuschauer, ihre Meinungen im Chat zu teilen. Es wird auch erwähnt, dass ein Gast im Stream ist, der sich gut mit historischer Korrektheit auskennt und dazu beitragen kann.
Vorstellung der ersten Gäste: Kata Kaktus und Phil Stifti
00:15:39Die ersten Gäste, Kata Kaktus und Phil Stifti, werden vorgestellt. Kata Kaktus ist Streamerin und spielt unterschiedliche Games. Sie erzählt von ihren Erfahrungen mit Sherlock Holmes Spielen und Anno 1800. Phil Stifti ist ebenfalls Streamer und macht Strategie und Action Content. Er hat Mana Lords und Kingdom Come Deliverance 2 gespielt und erwähnt World of Warships als ein historisch akkurates Spiel. Die Zuschauer werden eingeladen, sich über das Stream-Together-Feature an der Diskussion zu beteiligen. Es wird ein kurzer Einspielfilm gezeigt, der die Frage aufwirft, wie viel Wert auf historische Genauigkeit in Videospielen gelegt werden sollte und wo die Grenze zwischen künstlerischer Freiheit und Verzerrung historischer Fakten liegt. Die gesellschaftlichen Fragen spielen auch eine Rolle. Muss ein historisches Spiel die Diversität seiner Epoche widerspiegeln? Oder darf es moderne Werte einfließen lassen? Und inwiefern beeinflussen Games unser Geschichtsbild, wenn Millionen Spieler historische Epochen durch sie erleben?
Diskussion über historische Genauigkeit und Unterhaltungswert in Spielen
00:21:58Es wird über die Darstellung von Krieg und historischen Ereignissen in Spielen diskutiert. Phil Stifti betont, dass es in World of Warships nicht um das Kriegsspielen geht, sondern um Strategie. Er erklärt, dass historische Korrektheit wichtig ist, aber auch der Spielspaß nicht zu kurz kommen darf. Es wird über die Einbindung von Bildungselementen in Spiele diskutiert, um das Bewusstsein für historische Ereignisse zu schärfen. Kata Kaktus äußert, dass sie Storygames bevorzugt, bei denen man das Setting und die Alltagssituationen der Epoche miterlebt. Sie betont, dass für sie die Korrektheit historischer Daten wichtig ist, aber auch ein gewisser Spielraum für fiktive Elemente vorhanden sein kann. Es wird ein Beispiel aus den Sherlock Holmes Spielen genannt, wo die Probleme verschiedener Bevölkerungsgruppen dargestellt werden.
Meinungen zur historischen Korrektheit und Repräsentation in Spielen
00:30:28Die Diskussion dreht sich um die Bedeutung von Korrektheit und Unterhaltungswert in historischen Spielen. Kata Kaktus betont, dass die Korrektheit einer Epoche zu etwa 80 Prozent gegeben sein sollte, insbesondere bei wichtigen historischen Ereignissen. Ein Zuschauer namens Tom schaltet sich ein und äußert seine Meinung, dass Spiele nicht immer historisch korrekt sein müssen, solange die Erwartungen der Spieler erfüllt werden. Er kritisiert, dass Assassin's Creed einen Shitstorm verursacht hat, weil es sich als historisch korrekt ausgab, es aber nicht war. Es wird auch über die Repräsentation von Charakteren in Spielen diskutiert. Kata Kaktus findet es gut, wenn Spiele die Diversität einer Epoche widerspiegeln und Awareness für gesellschaftliche Themen schaffen. Phil Stifti empfiehlt das Spiel Männerlords für ein gutes und historisch korrektes Setting.
Diversität, Erwartungsmanagement und Expertenmeinungen
00:42:16Es wird darüber gesprochen, wie wichtig es ist, dass sich Spieler mit den Charakteren in Spielen identifizieren können und dass Diversität eine Rolle spielt. Ein Reddit-Post wird zitiert, der die Sorge äußert, dass zu viel "Wokeness" das Spiel Kingdom Come Deliverance 2 verfälschen könnte. Kata Kaktus betont, dass eine gewisse Diversität wichtig ist, um zu zeigen, wie es in der jeweiligen Epoche wirklich war und um Awareness für gesellschaftliche Themen zu schaffen. Phil Stifti empfiehlt Männerlords als ein Spiel mit einem guten und historisch korrektem Setting. Der Host bedankt sich bei den Gästen und entlässt sie. Im Chat wird diskutiert, dass Spiele vor allem Spaß machen sollen und Realismus nicht immer dazu beiträgt. Es wird betont, dass das Erwartungsmanagement wichtig ist und dass Spiele, die sich als historisch vermarkten, dies auch einhalten sollten. Es wird auch die Frage aufgeworfen, ob Spiele überhaupt einen Bildungsanspruch haben.
Vorstellung der nächsten Gäste: Steinwallen und Copeylius
00:47:47Die nächsten Gäste, Steinwallen und Copeylius, werden begrüßt. Steinwallen ist Streamer und Content Creator mit dem Schwerpunkt Spiele mit historischem Hintergrund. Er hat Geschichte studiert und einen guten Überblick über historische Spiele. Copeylius ist ebenfalls Content Creator und hat Geschichte mit Schwerpunkt mittelalterliche Geschichte studiert. Er hat seine Doktorarbeit live auf Twitch gestreamt und ist einer der historischen Berater des Spiels Männerlords. Der Host freut sich, dass Copeylius im Stream ist, um mehr über Männerlords zu erfahren. Es wird auf das Spiel Kingdom Come Deliverance eingegangen und eine Chatnachricht zitiert, die besagt, dass der erste Teil arge Probleme mit der historischen Korrektheit hatte, aber dennoch ein gutes Spielerlebnis war.
Definition von historischer Korrektheit und Authentizität
00:51:28Der Host fragt die Experten, was unter historisch korrekt und authentisch zu verstehen ist und ob historische Korrektheit überhaupt erreichbar ist. Copeylius antwortet, dass historische Korrektheit in einem Videospiel in keiner Weise zu erreichen ist, da es sich um ein Spiel handelt und wir die Vergangenheit nicht wirklich nachvollziehen können. Er deutet an, dass er dieses Thema ausführlicher behandeln wird.
Definition von Korrektheit und Akkuratesse in historischen Darstellungen
00:52:10Die Diskussion dreht sich um die Begriffe 'korrekt' und 'akkurat' im Kontext historischer Darstellungen in Spielen. 'Korrekt' impliziert eine lückenlose Richtigkeit, die jedoch in der Geschichtswissenschaft kaum erreichbar ist. Stattdessen wird 'Akuratesse' als ein passenderer Begriff vorgeschlagen, der Sorgfalt und Genauigkeit in Rekonstruktionen betont. Es geht darum, etwas glaubhaft darzustellen, anstatt absolute Korrektheit zu beanspruchen. Felix Zimmermann betont die Unterscheidung zwischen Geschichte und Vergangenheit, wobei Geschichte eine Erzählung über die Vergangenheit ist, die niemals eins zu eins abgebildet werden kann. Spiele haben die Stärke, den Eindruck einer Zeitreise zu erwecken und eine Gefühlsebene anzusprechen, bergen aber die Gefahr, als exakte Wiedergabe der Vergangenheit missverstanden zu werden. Gute Geschichtswissenschaft ist sich der begrenzten Quellenbasis bewusst und dass Lücken entstehen. Die Frage ist, wie man damit in Spielen umgeht, ohne die Immersion zu brechen, aber dennoch wissenschaftlichen Standards gerecht zu werden. Spiele sind ein populäres Medium, das Geschichtsdarstellungen anbietet, aber nicht den Anspruch erheben sollte, die Vergangenheit eins zu eins abzubilden. Medienkompetenz ist entscheidend, um Spiele nicht als historische Dokumentationen zu betrachten, sondern als Unterhaltung, die auf einem Geschichtsbild basiert.
Medienkompetenz und die Messlatte für historische Genauigkeit in Spielen
00:58:19Es wird diskutiert, warum an Games ein besonderer Maßstab für historische Korrektheit angelegt wird, der bei Filmen oder Romanen nicht üblich ist. Medienkompetenz wird als Schlüssel gesehen, um Unterhaltungsmedien wie Gladiator im Kino nicht als historische Dokumentation zu missverstehen. Viele Unterhaltungsmedien sind darauf ausgelegt, dass wir uns in unserem Geschichtsbild wohlfühlen, was jedoch nichts über historische Wahrheit aussagt. Wissenschaft strebt nach Wahrheit, während Unterhaltung spannende Geschichten erzählen will. Spiele können zwar den Eindruck von Authentizität erwecken, doch am Ende bleibt es ein Abbild der Vorstellung der Macher. Ein Appell an mündige Konsumenten wird formuliert, alles nicht für bare Münze zu nehmen. Die hohe Messlatte bei Games resultiert auch aus Marketingversprechen und Diversitätsforderungen. Ein Reddit-Post zeigt die Erwartungshaltung der Spieler nach einem guten Spiel, das der Geschichte treu bleibt, ohne erfundene Kontroversen. Es wird ein authentisches und historisch genaues Rollenspiel gewünscht, ohne unpassende Elemente. Die Frage nach Diversität, wie z.B. eine schwarze Person als Samurai in Assassin's Creed, wird aufgeworfen. Es wird argumentiert, dass die Messlatte für Videospiele höher ist, da Spieler interaktiv in die Welt eingreifen und das Spielgeschehen selbst gestalten, was die Vermittlung von Inhalten und Werten besonders wichtig macht.
Authentizitätsdebatte und die Rolle von Videospielen im Kulturkampf
01:04:58Die Authentizitätsdebatte wird beleuchtet, wobei oft jene Authentizität einfordern, die wenig Ahnung von historischer Korrektheit haben. Es geht um die Frage, ob man Dinge weglässt, um historisch authentisch zu sein, oder hinzufügt, um Authentizität zu vermitteln. Videospiele sind ein Abbild der heutigen Gesellschaft und des aktuellen Kulturkampfs um die Deutung der Vergangenheit. Kontroversen entstehen, wenn Hautfarbe oder andere Diversitätsmerkmale nicht dem vermeintlichen historischen Bild entsprechen. Es geht weniger um Korrektheit als um das Bedienen von Bildern in den Köpfen und die Vermeidung unangenehmer Erfahrungen, die dem eigenen Geschichtsbild widersprechen. Ein Community-Gast, ein studierter Historiker, der eine Ausstellung über Geschichte in Spielen gemacht hat, wird in die Diskussion einbezogen. Er berichtet über die Ausstellung und die geringe Anzahl von Forschern, die sich mit dem Thema beschäftigen. Die Ausstellung umfasste verschiedene Spielformen, von Brettspielen bis zu digitalen Spielen, und thematisierte die historische Korrektheit bereits in frühen Computerspielen wie The Oregon Trail. Ein weiteres Beispiel ist ein Spiel, das sich auf eine Romanvorlage bezieht, wie Assassin's Creed, das Elemente aus dem Roman Allermut aufgreift. Es wird betont, dass Computerspiele als kulturelles Medium zu verstehen sind, das sich in die Tradition anderer Medien wie Drama und Literatur einreiht und historische Themen aufgreift.
Computerspiele als kulturelles Medium und die Notwendigkeit von Medienkompetenz
01:14:32Es wird betont, dass Computerspiele als kulturelles Medium zu verstehen sind, das sich in die Tradition anderer Medien wie Drama und Literatur einreiht und historische Themen aufgreift. Die Interaktivität ist zwar eine Besonderheit, aber auch Bücher können Leser emotional stark involvieren. Computerspiele sind besonders im Fokus, da sie bei jungen Leuten beliebt sind, ähnlich wie Romane früher kritisiert wurden. Es wird zu Gelassenheit und Medienkompetenz geraten, da es nicht um Wahrheit geht, sondern um eine Lore, an die angeknüpft wird. Computerspiele sind ein normales Medium, das eine Position des Machers vermitteln kann und Teil einer öffentlichen Debatte werden kann. Die Aussage 'Es ist nur ein Spiel' wird als Unsinn abgetan, da Spiele Teile der Kultur sind und etwas über uns und die Welt aussagen. Ein differenzierter Blick auf Videospiele wird gefordert, da sie im Vergleich zu Büchern, die Raum für eigene Vorstellungen lassen, eine Welt exakt vorgeben und somit eine größere Gefahr der unreflektierten Übernahme von Inhalten bergen. Trotzdem wird betont, dass es wichtig ist, dass jeder seine Meinung vertreten kann. Die Frage wird aufgeworfen, ob eine korrekte Spielwelt automatisch langweilig sein muss, was verneint wird. Die Historie bietet viele interessante Geschichten, und Spiele wie Kingdom Come zeigen, dass man auch ohne Fantasy-Elemente spannende Geschichten erzählen kann. Es wird die Akkuratesse in Spielen diskutiert, insbesondere im Hinblick auf die Darstellung historischer Symbole und die Verantwortung der Entwickler.
Darstellung historischer Symbole und Verantwortung der Entwickler
01:22:33In Deutschland gibt es Regeln bezüglich der Darstellung historischer Symbole wie Hakenkreuze. Die Kontroverse um die Darstellung des NSDAP-Zirkels in Hearts of Iron wird diskutiert, bei der Porträts von NS-Größen ohne historische Einordnung gezeigt wurden. Dies führte zu einer Debatte über die Glorifizierung von millionenfachen Mördern und die Ausblendung des historischen Kontextes. Es wird ein Dilemma offengelegt: In Spielen, die im Zweiten Weltkrieg spielen, beschränkt man sich oft auf militärstrategische Elemente und blendet die Schrecken des Krieges aus. Der Krieg ist jedoch ohne die Verbrechen nicht denkbar. Es stellt sich die Frage, wie weit man die Schrecken des Holocaust darstellen soll, ohne sie zu verharmlosen. Es gibt keine ideale Lösung, und man muss mit viel Fingerspitzengefühl vorgehen. Die Frage wird aufgeworfen, ob dies in Deutschland anders behandelt werden muss als im Ausland. Videospiele sind ein Abbild der Gesellschaft und tragen Werte und Moralvorstellungen in sich. Es besteht die Gefahr der Vereinnahmung und politischen Instrumentalisierung, wenn Spielinhalte unreflektiert aufgenommen werden. Fake News sind ein Problem, und die unhinterfragte Einbettung von Inhalten in Spielen kann dazu führen, dass die Leute weniger kritisch werden. Videospiele sind politisch, ob man will oder nicht, und können aus einer politischen Perspektive betrachtet werden. Themen wie Sklaverei in Assassin's Creed oder Kingdom Come Deliverance müssen untersucht werden. Videospiele sind mehr als nur Spiele und prägen, wie wir über die Vergangenheit denken.
Kunstfreiheit und die Notwendigkeit der Kontrolle von Videospielen
01:29:38Es wird ein Film zum Thema Kunstfreiheit gezeigt, der erklärt, dass verbotene politische Symbole wie das Hakenkreuz dank der Kunstfreiheit in Filmen zu finden sind. Die Frage wird gestellt, ob Videospiele Kunst sind. Seit 2018 prüft die USK Veröffentlichungen mit verfassungsfeindlichen Symbolen auf Sozialadäquanz. Das bedeutet, dass solche Symbole in Spielen aus künstlerischen oder wissenschaftlichen Zwecken gezeigt werden dürfen, um Vorgänge historisch korrekt darzustellen. Es wird die Frage an den Chat und die Diskussionsteilnehmer gestellt, ob dies notwendig ist. Es wird betont, dass es gut und richtig ist, dass Games mit anderen Medien gleichgestellt werden und die Sozialadäquanz sicherstellt, dass diese Zeichen nicht für Propaganda oder Verharmlosung genutzt werden. Es wird betont, dass Context Matters und dass Videospiele einer solchen Kontrolle standhalten sollten und es gewisse Standards geben sollte. Am Ende des Abends werden die Diskussionsteilnehmer verabschiedet und nach einem Leitfaden für die Community gefragt, worauf man achten sollte, um keine Falschinformationen aus Games mitzunehmen. Es wird geraten, Games als Anlass zu nehmen, selbst nachzulesen und zu recherchieren, da Games selbst in der Regel nicht geeignet sind, um Wissen zu sammeln. Darstellungen sollten hinterfragt werden, und man sollte immer hinterfragen, welches Narrativ im Spiel zugrunde liegt und welche Werte vertreten werden. Wenn ein Spiel behauptet, darstellen zu können, wie es wirklich war, ist das Marketing. Abschließend wird das Spiel Pentiment empfohlen, das sich durch eine andere grafische Darstellung von Realismus abgrenzt und viel Wert auf soziale, kulturelle und religiöse Aspekte legt. Es wird betont, dass das Spiel geschichtsphilosophisch interessant ist, da es das Thema, wie wir Geschichte verstehen, zum Thema des Spiels macht.
Abschlussdiskussion und Dank an die Gäste
01:36:34Die Streamerin bedankt sich bei den Gästen @Steinwallen, @Copeylius und @Cathakaktus für ihre Teilnahme und die spannenden Einblicke. Sie erwähnt, dass die Community die Beiträge der Gäste sehr geschätzt hat. Ein Chat-Segment greift die Frage auf, ob Symbole wie Hakenkreuze in Spielen vorkommen dürfen, wobei eine Zuschauerin die Gleichbehandlung von Spielen und Filmen in Bezug auf Kunstfreiheit fordert. Ein anderer Zuschauer fordert eine Prüfung, um Missbrauch zu verhindern. Die Streamerin kündigt an, dass es nach einer kurzen Pause mit dem Format weitergeht und stellt die nächsten Gäste von Paint Bucket Games vor, die sich mit Serious Games beschäftigen.
Vorstellung von Paint Bucket Games und Diskussion über Serious Games
01:38:23Lena Falkenhagen, Freelancerin für Paint Bucket und Professorin für Game Art and Design, sowie Jörg Friedrich, Gründer und Game Director von Paint Bucket Games, stellen sich vor. Paint Bucket Games hat das Spiel 'Through the Darkest of Times' entwickelt, das als erstes Spiel in Deutschland Hakenkreuze zeigen durfte. Aktuell arbeiten sie an 'The Darkest Files', einem Spiel über eine Staatsanwältin in den 50er Jahren. Die beiden erläutern, dass sie hauptsächlich historische Spiele entwickeln, die zum Nachdenken anregen sollen. Sie diskutieren den Begriff 'Serious Games' kritisch und bevorzugen Spiele, die sich ernsten Themen nähern, ohne primär als Lernspiele zu fungieren. Der Begriff wird oft mit Spielen assoziiert, die einen Zusatznutzen jenseits der Unterhaltung bieten, wie Lernspiele oder Spiele mit einem politischen oder gesellschaftlichen Mehrwert.
Authentizität in historischen Spielen und Umgang mit Kontroversen
01:45:50Die Diskussion dreht sich um die Authentizität in historischen Spielen und die Frage, ob es in Ordnung ist, von der Realität abzuweichen, wenn es dem Spiel zugutekommt. Jörg Friedrich betont, dass man sich der Konsequenzen bewusst sein und sorgfältig recherchieren sollte. Ein Jurist habe beispielsweise geraten, deutsche Gerichtsprozesse nicht eins zu eins in ein Spiel zu übertragen, da sie zu langweilig seien. Stattdessen solle man sich an amerikanischen Gerichtssendungen orientieren. Die Diskussionsteilnehmer sprechen über die Kontroversen, die entstehen, wenn historische Details in Spielen geändert werden, und betonen, dass Geschichte immer eine Darstellung aus der Gegenwart ist. Die Entwickler müssen entscheiden, warum sie ein historisches Setting aufarbeiten und was sie damit erreichen wollen. Paint Bucket Games hat sich beispielsweise entschieden, eine weibliche Staatsanwältin in ihrem Spiel zu thematisieren, obwohl dies in den 1950er Jahren unüblich war, um ein breiteres Spektrum an Charakteren zu repräsentieren.
Spaß bei der Verurteilung von Nazis und Lernen durch Handeln
01:55:01Ein Community-Gast namens Sebastian, ein Historiker und Game Studies Student, stellt die Frage, wie Paint Bucket Games mit dem Aspekt umgeht, dass man Spaß daran haben kann, Nazis in ihren Spielen zu verurteilen. Jörg Friedrich erklärt, dass sie dies durch die Perspektive der Charaktere lösen, die im Widerstand leisten oder Verbrechen aufklären. Sie vermeiden es, Ambivalenz in Bezug auf die NS-Zeit darzustellen. Lena Falkenhagen ergänzt, dass viel Forschung zum Thema 'Lernen durch Handeln' betrieben wird, insbesondere im Hinblick auf Agency und Embodiment. Durch das Treffen von Entscheidungen im Spiel wird das Thema persönlicher und durch die Interaktion mit dem Controller greift man quasi körperlich in die Welt ein. Die Möglichkeit, Schuld an den Ereignissen im Spiel zu sein, unterscheidet Games von anderen Medien.
Einblicke in die Spieleentwicklung und Umgang mit schwierigen Themen
02:02:31Es werden Screenshots von 'Darkest Files' gezeigt, um die Immersion und Betroffenheit zu veranschaulichen. Die Frage aufgeworfen, ob das Spiel klarstellt, dass es den Einspruch in Deutschland zu der Zeit nicht gab oder dass es damals keine weibliche Staatsanwältin gab. Paint Bucket Games gibt an, dass alle Personen außer Fritz Bauer fiktiv sind und die Fälle zwar auf echten Fällen basieren, aber verändert werden können. Das Ziel ist es, ein interessantes und wirkungsvolles Spiel zu schaffen, nicht eine eins zu eins Wiedergabe der Geschichte. Jörg Friedrich erzählt, dass sie sich im ersten Spiel gegen die detaillierte Darstellung von KZ-Erfahrungen entschieden haben und stattdessen auf das Augenzeugenprinzip setzten, indem sie Dialoge mit Personen führten, die das durchgemacht haben. Er wartet immer noch auf den 'Schindlers Liste' für Games.
Abschluss und Ankündigungen
02:13:07Die Streamerin bedankt sich bei den Gästen für die Einblicke in die Spieleentwicklung und die Erklärungen, warum sie Dinge so machen, wie sie sie machen. Lena Falkenhagen wünscht sich mehr Berichterstattung über Computerspiele in Kulturredaktionen der ARD. Die Streamerin bedankt sich bei der Community für die rege Beteiligung und die differenzierten Meinungen. Sie kündigt das Thema der nächsten Woche an: Homeoffice und die Frage, ob wir alle faul geworden sind. Außerdem wird auf den YouTube-Kanal der ARD Gaming-Formate hingewiesen, wo die Sendungen geschnitten nachgeschaut werden können. Abschließend wird die Community zu einem Raid zu Turbinator aufgerufen, der Kingdom Come Deliverance 2 spielt.