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Einführung in das Drogenproblem und die Haftbefehl-Doku

00:10:13

00:10:13 Herzlich willkommen bei Politik und Wir. Schön, dass ihr dabei seid. Und lieber Chat, wer von euch hat denn die Haftbefehl-Doku gesehen auf Netflix? Könnt ihr direkt mal eine Eins in den Chat hauen, bitte, wenn ihr die gesehen habt. Wenn das so ist und ihr die Doku schon gesehen habt, ist ja auf jeden Fall, ich habe sie auch geschaut und gefühlt hat das halbe Internet darüber geredet, ist ja schon krass mit anzusehen, oder? Wie der größte Rapper Deutschlands. Wir struggelt, wir...

00:10:41 Ich glaube, man kann da total gut mitfühlen und man kann bestimmt auch einiges kritisieren. Wir wollen aber vor allem über das vordergründigste Thema dieser Doku sprechen. Und das ist ja auch viel größer als Deutschrap an sich. Es ist ja vor allem eine Doku geworden, die zeigt, wie sehr Drogen einen Menschen, und zwar hier genauer Kokain, wie sehr Kokain einen Menschen und sein gesamtes Umfeld schädigen können. Und ich gucke mal in den Chat, da sehe ich ein paar Einsen.

00:11:09 auf jeden Fall die Doku gesehen, ein paar auch noch nicht. Und unser Thema heute lautet Koksen wie Hafti, ist Deutschlands Drogenproblem außer Kontrolle? Also das wollen wir gerne mit euch diskutieren. Wenn ihr dann ein Gefühl zu habt, zu Deutschlands Drogenpolitik, wenn ihr...

00:11:28 Darüber reden wollt, gerade in Bezug auf sogenannte harte Drogen, dann haut gerne alle eure Fragen, eure Gedanken dazu in den Chat. Ich bin auch gar nicht allein hier im Studio. Bei mir ist zum einen Tamara Lüttke. Sie ist drogenpolitische Sprecherin der SPD Berlin und sie sagt, Drogenkonsum ist so alt wie die Menschheit. Daran hat auch die bisherige restriktive Verbotspolitik nichts geändert und deswegen fordert sie eine progressive Drogenpolitik. Hallo Tamara.

00:11:56 Hast du die Haftbefehl-Doku gesehen? Ja. Welche Szene fandst du besonders? Ist die noch in Erinnerung? Ja, als sie ihn allein im Raum zurücklassen und die Kamera selber nimmt und man dann spürt, wie wirklich so dieser Konsum und diese Dämonen, wie er selber sagt, über ihn drüber rollen. Das fand ich ganz schön krass. Und außerdem ist hier Cornelius Golombiewski. Er ist Arzt und Mitglied im Bundesvorstand der Jungen Union. Der sieht das mit der progressiven...

00:12:25 Drogenpolitik vielleicht ein bisschen anders, oder? Herzlich willkommen. Hallo, freut mich. Guten Abend. Ja, ich glaube, das finden wir heute Abend raus, wo die Unterschiede liegen oder vielleicht aber auch die Gemeinsamkeiten. Hast du die Hafti-Doku gesehen? Ja, habe ich gesehen. Was sagst du? Bist du Fan von seiner Musik? Ja, also ich kannte seine Musik vorher, aber bin jetzt nicht ein Ultra-Fan oder so. Ich fand die...

00:12:48 Doku schon eindrucksvoll, aber ich hatte vorher den Fass im Internet mitbekommen und hatte fast ein bisschen mehr erwartet. Ich fand es jetzt nicht gesellschaftlich so relevant, wie es vorher so ein bisschen anklang.

00:13:02 Wir haben uns übrigens alle, lieber Chat, aufs Du geeinigt hier miteinander. Und ich habe auch gesehen, ein paar von euch haben die Doku noch nicht gesehen. Insofern zeigen wir vielleicht mal einen kleinen Ausschnitt. Die Doku zeigt nämlich Haftbefehl, der nicht mehr so aussieht und auch nicht mehr so redet wie früher.

00:13:55 Guck mal ganz ehrlich, ich war gestorben, weil ich da reingehe. Ich war schon tot.

00:14:05 In dieser Szene hat viele schockiert, hat im Internet total für Diskussionen gesorgt und er spricht eben in dieser Szene darüber, dass er fast gestorben wäre, wenn er kein Entzug... Er spricht gerade das Aussehen dieser Szene hat viele schockiert, sollte ich nochmal genauer sagen, habe ich nicht richtig gesagt. Ah ja, okay, weil wir ein Mikroproblem hatten. Also ich sage es nochmal, gerade das Aussehen in dieser Szene hat schockiert und für Diskussionen gesorgt und er spricht eben darüber...

00:14:32 dass er gestorben wäre, wenn er keinen Entzug gemacht hätte. Und falls ihr das Gefühl habt übrigens, ihr struggelt da oder euch kommen diese Themen bekannt vor, noch niemand hat zu früh mit jemandem gesprochen, noch niemand hat sich zu früh Hilfe geholt. Also falls ihr möchtet, wir hätten über das Community Management und auch über die Extension da Hinweise für Hilfsorganisationen für euch.

00:14:56 Und es ist auch so, Haftbefehl ist zwar reich und berühmt und Kokain gilt als vergleichsweise teure Droge, ist aber dennoch eine total verbreitete Droge. Also gerade auch bei jüngeren Leuten. Es gibt eine Grafik, die wir vorbereitet haben zum Kokain-Konsum in Deutschland. Und da sieht man, dass in der Gruppe der 15-34-Jährigen 2021

00:15:22 3,1 Prozent schon mal im letzten Jahr Kokain genommen haben. 2015 waren es noch 1,2 Prozent. Also es gibt da einen relativ starken Anstieg. Tamara, Lüttke, wie schaust du auf die Zahlen? Wie erklärst du dir diesen Anstieg? Ich würde jetzt mal die Frage stellen, ob der Kokainpreis nicht doch gefallen ist, ehrlich gesagt, in genau der Phase.

00:15:47 uns berichtet wurde, dass wir in Berlin eben schon eine relative Schwämme auf dem Markt hatten. Und meistens macht das dann ja auch was am Preis. Das heißt, ja, Kokain hat ein sehr, sehr teures Image. Ob das immer noch so in der Realität steht, weiß ich nicht. Was kostet das denn gerade? Das wäre jetzt meine Frage, muss ich sagen. Traue ich mich jetzt auch nicht, einfach mal eine Zahl in den Raum zu rufen. Ich habe noch nicht ein Kokstaxi bestellt bisher, daher kenne ich die Preise nicht.

00:16:11 Und ich glaube aber, was man auch dazu in Relation sehen muss, ist, dass die Preise von allem anderen ja auch enorm gestiegen sind.

00:16:19 Und wenn ich jetzt irgendwie am Wochenende... Also Lebensmittel und so weiter und so weiter. Lebensmittel, aber vor allen Dingen zum Feiern. Das heißt, wenn ich jetzt am Wochenende in Berlin Party machen gehe und eine Wodka-Mat im Club kostet 57 oder mein Päckchen Kokain kostet 57 und von dem einen habe ich länger was als von dem anderen, dann kann ich mir vorstellen, dass viele, die einfach Bock auf den Rausch haben, sich dann auch für den günstigeren Rausch und den effizienteren entscheiden leider.

00:16:44 Sind jetzt auch deutschlandweite Zahlen gewesen? Cornelius, was liest du aus den Zahlen? Hat vielleicht auch Covid was damit zu tun? Ich wollte gerade sagen, ich sehe eher, dass wir generell Probleme damit haben, dass der Preis wird eine Rolle spielen. Also der nimmt auch ab. Deutschland wird relevanter als Drogen-Umschlagplatz.

00:17:01 Rotterdam zum Beispiel härter durchgreift, also fließt mehr über Hamburg rein, der Preis fällt ab im Markt, aber auch generell das Angebot auch von anderen Drogen wird immer mehr. Also es ist ja nicht nur Kokain, das heißt, es wird irgendwie präsenter. Dann kommt Covid dazu, wo die Leute sich zurückziehen und eher im kleineren Raum konsumieren. Das sorgt dann dafür, dass es auch normalisierter wird, nicht mehr nur auf irgendwelchen großen Festivals oder großen Partys stattfindet.

00:17:26 Und so wird es, glaube ich, einfach, es ist schleichend immer mehr geworden. Und es gibt ja noch so eine andere Zahl, wo Cannabis mit drin ist. Aber die sagt ja, dass 19- bis 30-Jährige jeder Zweite schon einmal zumindest eine illegale Substanz konsumiert hat, inklusive Cannabis. Und das finde ich ja noch erschreckender, beziehungsweise würde auch bei den 3,1 Prozent davon ausgehen, dass die Dunkelziffer wahrscheinlich noch größer ist.

00:17:48 Kann ich da kurz reinspringen? Weil ich vorhin noch auf dem Weg hierher kurz drüber gegoogelt habe und da bin ich auf eine Pressemitteilung, ich glaube, vom Bundesdruckbeauftragten gestoßen, der vor einem Monat darüber berichtet hat, dass die Rauschmitteldelikte insgesamt zurückgegangen sind. Und das liegt an der Teillegalisierung. Ja, das ist klar, genau.

00:18:09 Genau, also Cannabis ist ein, wir wollen versuchen heute vor allem, um die sogenannten harten Drogen zu sprechen. Cannabis ist ein Thema, das wir in einem anderen Twitch-Stream schon besprochen haben. Wenn ihr da Gesprächsbedarf habt, vielleicht könnt ihr den Twitch-Stream euch auch nochmal anschauen, vorholen. Aber genau, wir wollen möglichst heute versuchen, über die anderen Drogen und nicht über die Cannabis-Legalisierung zu sprechen.

Persönliche Geschichte und Erfahrungen mit Drogensucht

00:18:37

00:18:37 Sprechen. So, dann ist es so, dass sich spontan jemand bereit erklärt hat, der eigentlich erst später vorhatte, eigentlich erst später in den Stream kommen wollte, weil der gute Mann in der Prävention arbeitet. Aber wir wollten am Anfang dieses Streams mit jemandem reden, der eben betroffen ist, der Erfahrung hat mit...

00:19:00 Drogensucht und mit Drogen gebraucht und wir hatten eben eine Absage vorher, deswegen ist jetzt spontan Andreas Eilsberger bei uns, auch als ehemaliger User. Hallo Andreas. Hi, hallo. Könnt ihr mich hören? Andreas, wir hören dich sehr gut, vielen Dank. Genau, also du sprichst später nochmal aus Sicht Präventionsarbeit zu uns und jetzt so ein bisschen

00:19:25 Erzählst du uns deine eigene Geschichte. Vielen Dank dafür schon mal. Ja, gut, müsste ich mal gucken, was davon jetzt auch von Interesse ist. Also diese eigene Erfahrung, die ich jetzt erzähle, ist ja dann letztendlich auch Grundlage für mein professionelles Handeln.

00:19:44 Genau, wir reden da später über dein professionelles Handeln und auch da über deine Ansichten und Wünsche reden wir auf jeden Fall später noch. Aber vielleicht magst du mal erzählen, wie bist du zu Drogen gekommen? Welche hast du genommen und wie hat sich das entwickelt? Ja, man könnte mal einen Zeitsprung machen. Das war damals so die Situation, so wie jetzt diese Haftbefehl-Doku.

00:20:08 ausgekommen ist, weil damals Kinder vom Bahnhof Zoo quasi durch alle Medien getrieben wurden. Und wie war das bei mir? Ich habe mit 13 erste Erfahrungen mit Alkohol gemacht, habe gemerkt, dass das bei mir was Angenehmes auslöst und war jetzt gar nicht mal unbedingt alkoholkrank, aber habe schon gemerkt, ich habe so eine Affinität, mich zu berauschen.

00:20:34 War auch ein sehr ängstlicher Mensch und da haben mir Drogen dann eben halt geholfen, so ein bisschen lockerer zu werden und auch so Ängste zu überwinden. Und dann habe ich mit 16 angefangen, Cannabis zu konsumieren, relativ schnell auch täglich. Habe dabei aber noch ganz gut funktioniert, bin weiter zur Schule gegangen. Und mit 18 habe ich damals, das muss 1980 gewesen sein, habe ich angefangen, Heroin zu spritzen.

00:21:02 Du sagst jetzt so, dass es so eine logische Folge ist, ist ja schon nochmal ein Schritt. Kannst du da noch ein bisschen genauer drauf eingehen, wie das für dich gekommen ist?

00:21:15 Das war im Grunde genommen eher so meine Neugier und auch so ein bisschen Lebensstil. Das muss man so sagen, dass man damals, also habe ich so erlebt und viele Freunde von mir damals auch angefangen haben damit, dass wir so recht gar keinen Platz hatten in der Gesellschaft, dass es nicht so richtig klar war, wo man so hingehört und wo nicht. Das ist für heute ja auch für viele jüngere Menschen wie euch gerade nicht mehr so vorstellbar, wie damals so ein gesellschaftliches Klima eben halt auch war.

00:21:41 Das war ja doch noch sehr, sehr, sehr, sehr rigide. Man merkte ja, dass sich über die letzten Jahrzehnte sehr viel verändert hat. Und das hat sich natürlich auch auf junge Menschen ausgewirkt. Wir waren im Grunde genommen so emotionale und psychologische Analphabeten. Es wurde sozusagen über nichts gesprochen. Letztendlich, so kann ich das an Nachschau jetzt erst so sagen, weil ich habe total auf mich allein gestellt.

00:22:08 Und das ist eigentlich das Ähnliche wie heute. Helfen Drogen natürlich so bei der Regulation von Emotionen, Bewältigung von Frustration. Und es fühlt sich eben halt einfach gut an. Muss ich tatsächlich sagen, das erste Mal Heroin nehmen, habe ich gesagt, so gut kann man sich fühlen, war mir gar nicht bekannt. Und darüber ist dann natürlich relativ schnell...

00:22:33 auch so eine Affinität entstanden, auch für so eine Art Lebensstil. Das ging damals einher dann auch mit der entstehenden Punk-Bewegung, die damals ja auch begonnen hat, wo es auch darum ging, sich gesellschaftlich komplett abzugrenzen und ging kaum besser als über diese harten Drogen. Und richtig eskaliert ist tatsächlich dann immer...

00:22:57 Kokain. Ich habe Kokain auch gestritzt damals und habe das kombiniert mit Heroin. Und da habe ich zum ersten Mal so dieses intensive Craving gehabt. Das hat unheimlich gierig gemacht. Wo dann letztendlich Heroin und auch die anderen Drogen hauptsächlich dafür da waren, mich quasi von dieser Kokainsucht, von diesem Trieb, der mich da geritten hat, auch wieder ein bisschen runterzuholen.

00:23:26 Kann man sich kaum vorstellen so, aber ich habe nicht selten etwas erlebt und bestätigen viele andere, was so dermaßen gierig macht dann in dem Moment, wie der intravenöse Konsum von Kokain. Später haben wir dann auch gebased, haben wir so Crack rauchen. Und das waren schon immer sehr intensive Phasen. Und ja, letztendlich so kann ich...

00:23:51 Wann war der Moment, wo sich das gedreht hat? Also du hast es gerade als Affinität und so ein bisschen als Lebensstil beschrieben. Das klingt so, als ob du da vielleicht noch nicht das Gefühl hattest, dass es für dich ein problematischer Konsum ist. Gab es so einen Moment, wo sich das, also ab wann hast du es auch für dich gemerkt, dass es problematisch ist? Und bevor du antwortest, ganz kurz, ich möchte sagen, wenn ihr Fragen habt an Andreas, dann könnt ihr die gerne auch in den Chat schreiben. Also lieber Chat, ihr dürft gerne mitreden.

00:24:20 Ja, das habe ich gemerkt in dem Moment, wo ich angefangen habe, Kokain zu spritzen. Also weil ab da habe ich tatsächlich so dieses ganz extreme Suchtverlangen gehabt. Vorher würde ich schon sagen, so war das schon auch sehr missbräuchlicher Konsum und sicherlich auch, kann man sagen, süchtig, aber eben halt noch nicht abhängig. Und durch diese extreme Erfahrung, ich habe mich damals relativ schnell, ich hatte gerade Abitur gemacht,

00:24:50 meine Schule noch zu Ende geschafft, auch unter Drogen. Und da hatte ich eine Hepatitis-Infektion. Das war damals Non A, Non B. Man wusste noch nichts von Hepatitis C. Das war genau die Zeit, wo es anfing, dass die ersten HIV-Infektionen auftraten. Also das ist letztendlich eine reine Glückssache, dass ich mich damals dann nicht auch mit HIV infiziert habe. Also viele Freunde von mir, die damals in Haft waren, die sind letztendlich...

00:25:18 durch die Bank fast alle mit HIV infiziert wurden damals. Das heißt, wie lang war deine Drogenkarriere, wenn man das so nennen will? Ich habe dann 1990 hier in Berlin stationär Therapie gemacht. Ich wollte eine Haftstrafe vermeiden. Zwei Jahre vorher war mein Sohn geboren. Ich habe gemerkt, das kann so nicht weitergehen. Ich möchte da Verantwortung übernehmen.

00:25:45 war aber komplett überfordert, habe es überhaupt nicht hingekriegt, habe immer wieder eigene Versuche gestartet, das sein zu lassen, aber habe dann gemerkt, dass ich das nicht hinbekomme. Und dann bin ich eben halt 1990 hier nach Berlin gekommen, 14 Monate lang habe ich stationäre Therapie gemacht, habe dann auch danach lange Zeit komplett abstinent auch gelebt.

00:26:09 Und danach dann auch eben halt erst studiert, soziale Arbeit, um eben halt auch dann diese Arbeit machen zu können, die ich jetzt mache. Wie schaust du da heute drauf? Wenn man eine Drogensucht entwickelt, eine Abhängigkeit entwickelt, ist das eine Krankheit oder ist man da selber schuld? Wie schaust du da drauf? Nein, man kann sich nicht selber von jeder Verantwortung freisprechen, das nicht. Da werden wir später nochmal drauf zu sprechen kommen.

00:26:37 so ein Informationsmangel, dass man nicht wüsste, worauf man sich da einlässt. Da wird in der Prävention, glaube ich, aus meiner Sicht auch ein falscher Fokus gelegt. Also das ist eher so ein Umsetzungsproblem und so gesehen auch die seelische psychologische Not. Ich war damals sehr einsam, ich war emotional einfach auch total überfordert, habe mich selber als sehr perspektivlos auch erlebt.

00:27:02 Man hatte einfach persönliche, sehr viele Ängste und Depressionen, über die man damals dann gar nicht so gesprochen hatte, was man gar nicht so benennen konnte, was jetzt gar nicht unbedingt ein Thema war, sondern es ging darum, dass man eben halt dann funktioniert. Und Drogen haben das für mich auf jeden Fall leichter gemacht. Und ich habe das schon so auch erlebt, dass ein Großteil meiner Freunde damals, die jedenfalls auch sich in diesen Kreisen bewegt haben, dass sie da so ganz ähnliche.

00:27:31 Motive hatten. Also im Grunde genommen gar keinen richtigen Ausblick auf das, was man machen könnte, wo sozusagen der Platz in der Gesellschaft wäre, also für sich und für andere sozusagen auch etwas herstellen zu können, was einen gewissen Wert darstellt, wie man eigentlich alle sehr beziehungslos und auch emotional sehr verwahrlos ist. Es gab da sozusagen keinen Ausdruck dafür. War das in der Zeit...

00:27:59 War das in der Zeit, als du Drogen konsumiert hast, aktiv konsumiert hast, irgendwann auch ein finanzielles Problem für dich? Ja, massiv. Ich hatte permanent finanzielle Probleme. Ich war auch kriminell, also ich bin kein großer Gangster. Ich war so ein kleinkrimineller Leben, dass man eben selber kleinen Handel gemacht hat. Ich war damals im Grunde genommen Ladendieb.

00:28:22 Ich habe sehr viel gestohlen, habe sehr viel Schulden gemacht. Ich war gnadenlos, was das betrifft, irgendwoher Geld zu bekommen. Ich habe mir sehr viele Leute betrogen und auch in der Familie sogar Leute gestohlen in den schlimmsten Zeiten. Das war tatsächlich sehr, sehr schlimm, sehr beschämend auch im Nachgang.

00:28:45 Es sind auch einige Schäden letztendlich zurückgeblieben. Es gibt Leute, die mir bis heute nicht vertrauen können. Andreas, ich würde mal schauen, was im Chat da liegt, was vielleicht an dich. Frage an Andreas. Ist die Drogenpolitik der momentanen Regierung besser als die der Ampel?

Drogenpolitik und Selbstbestimmter Konsum

00:29:08

00:29:11 Wo soll ich da den Unterschied erkennen? Da sitzen ja zwei Studiogäste, die das vielleicht besser definieren können. Ich würde mir auf jeden Fall wünschen, dass wir da konsequenter agieren könnten, weil die Freigabe oder teilweise Freigabe von Cannabis ist meiner Ansicht nach nicht konsequent verfolgt worden. Das hätte man sauberer lösen können.

00:29:40 dann gleichzeitig eben halt auch andere passgenauere Präventionsangebote dafür anbieten können. Da kann ich später ja auch noch mal was zu sagen. Sonst kann ich in der kurzen Zeit eigentlich da jetzt keinen großen Unterschied erkennen. Man sieht so ein bisschen, ich möchte den Kollegen von der CDU auch nicht zu nahe treten natürlich, dass es so traditionell die Vorbehalte gibt gegen alle Drogen, die neuer sind als Alkohol, dass man da so eine traditionelle...

00:30:08 Vorbehaltssituationen hat.

00:30:13 Ja, dass es zum Beispiel bei bestimmten Leuten weniger akzeptiert ist, wenn zum Beispiel jemand gelegentlich Cannabis konsumiert. Dass das immer noch in Teilen stigmatisiert ist, aus meiner Sicht nicht zu Recht. Was nicht heißen soll, dass es nicht auch Menschen gibt, die problematischen Cannabiskonsum entwickeln. Zweifelsohne. Zu jeder Droge kann man problematischen Konsum.

00:30:40 Aber ich glaube, uns wäre mehr daran gelegen, wenn wir tatsächlich konsequenter Präventionsarbeit machen. Und das fängt nicht da an, wo es darum geht, über Drogen aufzuklären, sondern wo man schon jüngere Kinder, jüngere Menschen eher stärkt und Resilienz fördert. Dass quasi Selbstkonsum, wenn er mal stattfindet, nicht unbedingt dann zu Missbraucherlosigkeit führt.

00:31:05 Lass uns da auf jeden Fall später, wenn du bist jetzt in dieser Doppelrolle spontan da, lass uns da auf jeden Fall später drüber reden. Ich habe hier noch eine Frage an dich aus dem Chat. Hey, ich hatte eine Frage an Andreas von Dalilukalu. Was hättest du dir gewünscht von der Politik, als du süchtig warst? Was hat die Politik da falsch oder aber auch richtig gemacht?

00:31:25 Ich hätte mir gewünscht, dass man teilweise toleranter damit umgeht. Ich habe zum Beispiel meine erste, das war eine Jugenderesthaftstrafe, habe ich das hingekommen. Ich hatte eine Überdosis Kokain gespritzt. Die Freundin, mit der ich damals zusammen war, hat einen Krankenwagen gerufen und dann kam gleich die Polizei mit. Und in dem Moment lag automatisch eine Straftat vor, allein durch den Besitz.

00:31:49 Und da hätte ich mir gewünscht, dass man da in der Hinsicht nachsichtiger damit umgeht. Ich kann mich erinnern, dass uns damals teilweise in Apotheken, obwohl wir Geld hatten, keine Spritzen verkauft wurden. Da wurde man sozusagen verschwindet, du dreckiger, drogensüchtiger. Das war eine ganz andere Vorgängsweise als heute. Und ich hätte mir gewünscht, eigentlich so in der Nachschau, dass man fast eher als Kind...

00:32:16 gelernt hätte, wo es noch gar nicht um Drogen geht. Anlaufstellen zu haben, wo man auch außerhalb der Familie emotionale Unterstützung bekommen kann. Das gelingt, funktionierende Beziehungen aufzubauen, alles mit Konflikten konstruktiver umzugehen, solche Sachen. Das habe ich alles später erst in der Therapie gelernt. Da war ich schon fast 30. Das hätte vorher wesentlich

00:32:44 hätte sehr stark helfen können und hätte vielleicht einiges verhindern können. Also es geht viel weniger um die Drogen, als darüber, wie man sozusagen als Mensch tatsächlich auch akzeptiert und unterstützt wird, nicht allein ist damit. Andreas, viele Menschen in Berlin oder vielleicht auch anderswo in Deutschland, wahrscheinlich auch anderswo in Deutschland sagen, vielleicht sowas wie, ich mache das als Ausgleich, ich habe das im Griff. Ist das eine Folge davon, wie wir Drogen ab...

00:33:10 Also in der Haftbefehl-Doku ist jetzt vielleicht mal ein Schreckensbeispiel, aber es gibt ja auch genug Beispiele in Popkultur und so weiter, wo Drogen normalisiert sind.

00:33:20 Ja, kann ich bei mir bestätigen. Das hat meine Neugier auf Drogen ausgelöst. Die ganze Musik, die ich gehört habe damals, wurde von Leuten gemacht, die alle Drogen genommen haben. Und deswegen wollte ich auch schon, so mit 13, 14 hat mich das interessiert. Und ich muss nicht sagen, dass das unbedingt Werbung war, sondern es ist natürlich auch Ausdruck einer gewünschten Abgrenzung zu bestimmten gesellschaftlichen Normen, wenn man das mal so sagen wollte.

00:33:45 Es war tatsächlich so, dass so bestimmte Denkarten, eine bestimmte Art zu leben, damals noch weniger akzeptiert wurde als heute. Und da haben Drogen einfach mal Alternativen aufgezeigt. Und es ist natürlich auch so ein bisschen erlebnisorientiert. Und ich habe ja viele Freunde gehabt, die das eben halt auch probiert haben, die aber natürlich kein Suchtproblem entwickelt haben. Ich würde nicht sagen, dass so der Drogenkonsum an sich...

00:34:09 per se automatisch immer zur Katastrophe führt. Natürlich hat jeder Konsum ein gewisses Risiko. Und ich finde es gut, wenn man lernt, diese Risiken besser einzuschätzen und nicht schon der Teufel an die Wand gemalt wird, wo eigentlich alles noch in so einem Bereich ist, wo man eher so die positiven Aspekte erlebt. Also würdest du sagen, es gibt so etwas wie selbstbestimmten Konsum?

00:34:33 Würde ich sagen, ja. Ja, unbedingt. Wenn man das zum Beispiel auf Alkohol bezieht. Ich weiß jetzt nicht, wie das bei den beiden Studiogästen aussieht. Von illegalen Drogen grenzt man sich natürlich ab. Aber ich weiß ja nicht, wer im Studio, wer lebt abstinent. Weiß ich nicht. Wir können mal die Frage, zumindest die Frage nach selbstbestimmten Konsum vielleicht einmal weitergeben. Kann es den geben?

00:34:57 Ich finde, das ist so schwer als ja, Nein-Frage zu beantworten, weil was bedeutet denn selbstbestimmt? Also es ist ja eher die Frage, wie selbstbestimmt kann man Drogen nehmen? Und man kann umso selbstbestimmter Drogen nehmen, je mehr man eben ein Wissen...

00:35:16 über all das, was Andreas gerade gesagt hat, besitzt, also über die eigene Emotionalität, vor welchem Hintergrund konsumiere ich eigentlich gerade, was ist das Set, was ist das Setting, was hat das für einen Einfluss darauf und warum mache ich das hier eigentlich gerade, tut es mir wirklich gut oder fülle ich damit irgendein anderes Loch. Und wenn ich das Handwerkszeug habe, mich da selbst irgendwie einordnen zu können, je besser ich das habe, desto selbstbestimmter kann man drüber nehmen, würde ich behaupten.

00:35:40 Cornelius, was ist deine Meinung? Und ich habe dich auch gerade sehr stark nicken sehen beim Thema Abgekulte von Drogen und welchen Einfluss das hat. Vielleicht kannst du da einen Satz dazu sagen. Ja, also erstmal, dass sich das, ja, also wir hatten es im Vorgespräch ja auch schon mal, ich glaube, dass das enorm zunimmt, gerade auch in Songtexten. Kimiel und viele andere moderne Deutschrapper sind ja sozusagen auch sehr mit dem Thema sehr nah und sehr affin. Und ich glaube, dass das auch Triggerpunkte sind für Konsumenten, die vielleicht auch probieren, weniger zu konsumieren.

00:36:08 Wir haben uns alle darüber gefreut, als Zigaretten aus Hollywood verbannt wurden, weil wir wussten, dass Leute davon getriggert sind, wenn sie ständig in Filmen und Serien sehen, wie Leute rauchen. Und ich habe das Gefühl, dass wir bei dem Thema von harten Drogen sind wir da noch nicht angekommen. Also es gibt noch nicht so eine Self-Awareness auch von Kunst, dass man sozusagen auch hier probiert, vielleicht nicht immer nur Triggerpunkt zu sein.

00:36:33 Andreas, ich freue mich, wenn wir uns später nochmal wiedersehen. Danke, dass du an dieser Stelle auch schon mal mit uns gesprochen hast. Ja, gerne.

00:36:44 Dankeschön. Tamara, wie schaust du denn auf diese Normalisierung, die wahrgenommen ist von Drogen? Also wir reden von Songtexten bei Ikimel. Ich kenne auch Meme-Pages auf Instagram, auf denen Drogenwitzchen gemacht werden. Hat das einen Einfluss? Und welchen? Ja, bestimmt hat das einen Einfluss.

00:37:06 Ich finde es nicht nur schlecht, weil ein aufgeklärter oder überhaupt ein prominenter Umgang, damit natürlich ganz, ganz viele Stimmata auch brechen kann. So, wir haben Andreas darüber sprechen hören, dass er in Situationen weggejagt wurde aus Apotheken, als reichiger Junkie bestimmt wird und so weiter. Deshalb glaube ich, dass...

00:37:26 eine gewisse Normalisierung von einem aufgeklärten, selbstbestimmten Konsum nicht schädlich ist. Aber, und das hattest du ja gerade angedeutet, so eine Romantisierung wiederum in gewissen Medienbereichen, das ist dann schon problematisch. Also ich glaube, es ist eine Frage der Einordnung. Lieber Chad, wie seht ihr denn das? Schreibt mir dazu gerne einmal, ob ihr findet, dass wir als Gesellschaft Drogen zu sehr ab...

00:37:52 oder ob es eben auch hilft, um sie zu entstigmatisieren. Und übrigens, wenn ihr euch dazu schalten möchtet, weil ihr möglicherweise über eigene Erfahrungen reden möchtet mit Drogen, ihr könnt diesmal ausnahmsweise euch anonym dazu schalten. Das Ganze funktioniert so, dass ihr eh hinten bei meiner lieben Kollegin Valentina rauskommen würdet, die mit euch kurz...

00:38:13 spricht, wer ihr seid, was ihr sagen möchtet und wenn ihr da, Valentina, euer Gesicht zeigt, dann dürft ihr hier diesmal euch, weiß ich nicht, einen Schal ins Gesicht machen, eine Mütze aufsetzen, euch unkenntlich machen und könnt dann anonym über eure Drogenerfahrungen, Gedanken hier sprechen. Also dies als besonderes Angebot dieses Mal. Also nutzt das gern, wenn ihr möchtet.

00:38:42 Goldstar2040 schreibt, Frage an SPD und Union. Sind Sie für Haftstrafen von über 15 Jahren bei Drogendelikten, insbesondere für Dealer? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

00:38:57 Soll ich mal anfangen? Also ich glaube, da sind wir uns wahrscheinlich schon einig, dass diese, wir brauchen eine Entstigmatisierung von Konsumenten ganz dringend, weil also ich bin Arzt und Hendrik Streeck auch, über den hatten wir es ja schon. Und wir, glaube ich, müssen dahin kommen, dass Leute, die konsumieren, das ist eine Krankheit und die Menschen brauchen Hilfe und die brauchen keine Haftstrafe. Also ich glaube, das ist ein klarer Grundsatz.

00:39:24 für Hendrik Streeck, auch für mich. Und ich glaube, dass deswegen eine 15-jährige Haftstrafe nicht hilft. Ich glaube aber schon, dass wir uns auch anschauen müssen,

00:39:33 Was für organisierte Strukturen stehen hinter dem Drogenhandel? Wer verdient damit Geld? Was wird damit vielleicht noch finanziert an Gewalt, an Verbrechen? Deswegen muss man sich schon überlegen, ab welchem Punkt geht es jetzt hier noch um Drogenkonsum oder eben um organisierte Kriminalität? Das müssen dann andere entscheiden. Das müssen sozusagen vielleicht Leute aus der Justiz und so weiter entscheiden. Aber generell, wenn der Konsum im Vordergrund steht, helfen Haftstrafen nicht.

00:40:00 In der Ausgewogenheit kann ich mich dem Statement total anschließen, muss aber nochmal nachfragen, weil ich glaube, ich habe die Frage nicht ganz korrekt gehört. Geht es um die Dauer der Haftstrafe oder geht es um das Alter, ab dem die Haftstrafe angewendet wird? Ne, es geht um das Dauer der Haftstrafe. Ah, okay, ich habe das irgendwie aufs Alter bezogen, weil das ist ja auch oft eine Debatte. Was ist, wenn Minderjährige ticken? Ne, genau, hier geht es um Haftstrafen von über 15 Jahren bei Drogendelekturen.

00:40:28 Delikten, insbesondere für Dealer, wenn ja, warum, wenn nein, warum nicht? Also es geht um die Länge der Haftstrafe, so lese ich es jedenfalls. Genau, also da kann ich mich anschließen, würde es vielleicht sogar noch ein bisschen zuspitzen und wirklich sagen, dass dann noch dazu so eine lange Haftstrafe...

00:40:44 was überhaupt nicht hilft. Was aber bei Haftstrafen auf jeden Fall bedacht werden muss und was oft nicht gut läuft, ist das Entlassungsmanagement. Also was natürlich schon eine Unterstützung sein kann in der Haft, ist, dass man da einen Entzug macht, dass man da begleitet wird. Das ist auch oft schwierig zu organisieren, weil die Situation mit der Krankenversicherung dann immer ein bisschen schwierig ist. Und die ist noch schwieriger, wenn man dann wieder rauskommt und da wieder reinkommen muss in das Regelsystem. Und da lohnt es sich total hinzugucken.

00:41:13 Weil da verlieren wir aktuell total viele Menschen, die zwar den Entzug in der Haft geschafft haben, rauskommen, sich ein neues Leben aufbauen wollen und dann bei dem Management nicht gut genug abgeholt werden und viel zu schnell wieder in alte Muster fallen. Und dann geht der Kreislauf von vorne los. Cornelius hat es gerade schon über die organisierte Kriminalität...

00:41:38 Genau, ich kriege gerade aus der Regie, die Frage hat nach den Dealern gefragt, haben wir beantwortet über Dealer. Ja, man kann sich ja nochmal genauer drauf eingehen, wir haben schon eher über Konsumierende gesprochen. Da müssen wir die Frage nochmal spezifizieren, auf welchen Mengen, aber im Prinzip, klar, wir haben es ja vorhin auch bei Andreas gehört, dass wenn das Dealer sind, die auf der Straße, wo man auch merkt, dass ihre eigene Sucht im Vordergrund steht und das wie Teil der Beschaffungskriminalität ist, dass sie sich was dazu verdienen wollen, um ihren Konsum vielleicht quer zu finanzieren.

00:42:07 dann sollte das natürlich in die Beurteilung der Situation auch mit einbezogen werden. Aber wenn es jetzt darum geht, dass derjenige, der die Container von Südamerika in den Hamburger Hafen verschifft und anfängt, hier Leute zu bestechen, damit die Container durchgewunken werden, da muss man auch über längere Haftstrafen nachdenken. Da geht es auch darum, diese Person auch aus dem Verkehr zu ziehen und auch aus diesen Clan-Strukturen oder was auch immer für Strukturen das sind, auch zu entfernen. Deswegen hat das ja noch einen anderen Effekt.

00:42:34 Genau, also bei organisierter Kriminalität, genau, ist eben die Frage, ist es der Dealer, der im Görli steht und selber einfach die Beschaffungskriminalität hat? Oder ist es eben jemand, der weiter oben in der Kette was organisiert und womit man dann auch was aushebeln kann, was sehr viel breiter aufgestellt ist? Und ich würde immer dafür plädieren, dass ich auch polizeiliche Ressourcen oder...

00:42:53 generell in Ermittlungsbehördenressourcen eben eher darauf konzentrieren sollte, als auf eine kleine Dealerei, die irgendwie im Görlich stattfindet. Also Dealer ist nicht gleich Dealer und in der ersten Antwort ging es um sozusagen die, ich nenne sie jetzt mal kleinen Fische, wo die Haftstrafen vielleicht, oder andersrum, wo es bei der organisierten Kriminalität geht es vielleicht darum, eher Haftstrafen einzufordern.

Der Drogenmarkt aus Sicht der Kriminalpolizei

00:43:15

00:43:15 und größere Hartstrafen durchzusetzen, eben da, wo große Strukturen dahinter stehen. Und über die will ich jetzt nämlich reden mit Dirk Peglow. Er ist Bundesvorsitzender beim Bund der Kriminalbeamten und er weiß, wie die Praxis der Drogenfahndung aussieht. Dirk, auch wir haben uns aufs Zug geeinigt. Herzlich willkommen, schön, dass du da bist.

00:43:37 Du hast seit Jahren mit dem Thema Drogen und Drogenkriminalität zu tun. Lass uns mal über den Markt für Kokain reden. Wie hat sich dieser Markt entwickelt in den letzten Jahren?

00:43:49 Ja, guten Abend. Der Markt ist nach wie vor so, dass er steigt, eigentlich von Jahr zu Jahr. Wir haben leider mit den Maßnahmen, wenn wir tonnenweise Kokain sicherstellen, dann hat das keine Auswirkung auf die Preisgestaltung oder die Verfügbarkeit von Kokain. Wir haben im letzten Jahr laut dem kürzlich veröffentlichten Rauschgift Lagebild des Bundeskriminalamtes 24

00:44:14 Tonnen Kokain sichergestellt. 24 Tonnen, ich muss einmal ganz kurz, ihr habt 24 Tonnen Kokain sichergestellt. Kannst du mal, wenn du jetzt mal ein paar Jahre zurück guckst, wie hoch waren die Beträge, was habt ihr da sichergestellt?

00:44:29 Naja, also ich habe 1997 meine erste Kokainlieferung aus Kolumbien sichergestellt. Da waren es 15 Kilo und das war für uns damals ein Riesenerfolg. 15 Kilo? 15, ja. Und das ist heute eine Menge, wo viele Kolleginnen und Kollegen sagen, das machen wir, wenn wir Zeit haben, wenn wir die priorisierten Ermittlungsverfahren, wo es in dreistellige Kilobereiche geht, wenn wir die abgearbeitet haben. Also das ist nach wie vor so, dass uns die Kilos vor die Füße fallen in Deutschland.

00:44:58 dass Kokain als Droge im Grunde genommen angekommen ist in allen Gesellschaftsschichten, in allen Gruppen, in allen Altersklassen. Also Verfügbarkeit ist immer da und polizeiliche Maßnahmen haben nicht zur Folge, dass jetzt irgendwie, wenn in Frankfurt dann oder wenn in Hamburg ein paar Tonnen aus dem Container gezogen werden, dass drei Tage später in Frankfurt oder in Berlin kein Kokain mehr zu bekommen ist.

00:45:22 Und ich muss es auch nochmal wiederholen, diese 24 Tonnen, die ihr da jetzt sichergestellt habt, die haben nicht zur Folge, dass der Preis sich verändert. Das habe ich richtig verstanden. Gar nicht.

00:45:32 Das zeigt das Potenzial der Kartelle oder der kriminellen Gruppierungen, die eben an der Produktion beteiligt sind, die an dem Export nach Europa beteiligt sind. Also hier werden Lieferwege genutzt, die seit vielen Jahren in ihrer gesamten Infrastruktur-Lieferkette eben gut erprobt sind. Netzwerke werden im Grunde genommen genutzt bis hin zu Hafenmitarbeitenden, die eben gegen Bezahlung im Grunde genommen

00:46:01 genommen dafür Sorge tragen, dass die Lieferungen entsprechend auch dann bereitgestellt werden. Also das ist ein Riesenproblem. Und wir stellen aber schon fest, dass die Maßnahmen, die wir in Deutschland gemacht haben, mittlerweile dazu führen, dass die nordeuropäischen Häfen im Grunde genommen jetzt so ein bisschen in den Hintergrund geraten und man jetzt wieder tendiert, eben eher in Südeuropa hier möglicherweise Kokain einzuführen. Was passiert denn mit so einem Riesenfund? Was macht ihr denn damit, wenn 24 Tonnen Kokain gefunden werden?

00:46:30 Das wird vernichtet natürlich. Also nachdem es untersucht wurde, wird es vernichtet, selbstverständlich. Das ist übrigens auch eine Frage, die uns im Chat gestellt wurde. Du hast gerade schon die Einfuhrwege so ein bisschen genannt. Also Kokain kommt aus Südamerika, kommt über die großen europäischen Häfen nach Deutschland, jetzt vermehrt auch, kommt aus Südamerika, Entschuldige, aus Südamerika nach Europa über die großen europäischen Häfen, vermehrt jetzt auch.

00:46:55 In den südeuropäischen, kommt über Südeuropa an, in den Niederlanden ist es ja bereits, sprechen einige von einem Narko-Staat. Also es gab vor kurzem einen Mordanschlag auf einen Investigativjournalisten, der über rivalisierende Drogengangs berichtet hat. Und es gibt Bombenanschläge rivalisierenden Gangs. Wie schaust du auf...

00:47:21 diese Entwicklung und hast du Sorge, dass das bei uns in Deutschland auch ankommt? Diese Entwicklung muss uns eine Warnung sein. In den Niederlanden ist es so, auch in Belgien.

00:47:31 dass dort Berufsgruppen, die in Deutschland einen besonderen Schutz genießen, also Journalistinnen, Journalisten, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälte, Justizmitarbeitende, Polizeibeamtinnen, Polizeibeamte, dass diese Berufsgruppen eben massiv unter Druck geraten. Die Ermordung von Herrn de Vries, so hieß der Journalist, der auf offener Straße am helichten Tag erschossen wurde, ist ja ein Beispiel dafür. Und das hat zur Folge, dass im Grunde genommen genau diese Berufsgruppen, die ihre Arbeit machen,

00:48:00 gelingen, beitragen, dass die eben sich Gedanken darüber machen, ob sie diesen Beruf noch ausüben können, weil sie und ihre Familien eben hier bedroht werden, Gefahr laufen, tatsächlich an Leib und Leben verletzt zu werden. Und diese Einflussnahme auf Systeme, dieses Gewaltpotenzial, aber auch das finanzielle Vermögen dieser kriminellen Netzwerke ist demokratiegefährdend. Also wir müssen organisierte Kriminalität, kriminelle Netzwerke, die mittlerweile international vernetzt sind, die mit einem hohen

00:48:29 finanziellen Vermögen hier alles, was sie nicht selbst können, dazukaufen. Da sprechen wir von Crime as a Service, die im Grunde genommen omnipotent sind, international vernetzt sind und wir stellen dem eben nicht ausreichend Power entgegen. Also ich rede nicht von Stellen oder von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten.

00:48:50 sondern ich rede auch von den notwendigen rechtlichen Befugnissen, aber auch von den technischen Möglichkeiten. Hier müssen wir dringend nach vorne kommen, weil, wie gesagt, diese kriminellen Netzwerke sind, wie das eben auch in die Niederlande, Belgien zeigen, demokratiegefährdend. Das heißt, was wünschst du dir, kannst du ein bisschen genauer machen, was sind die technischen Voraussetzungen und gesetzlichen Voraussetzungen, die du angehen würdest?

00:49:13 Nun, wir haben das ja gesehen. Wir haben seit einigen Jahren das, was unter kryptierter Kommunikation läuft, also Sky ECC, EncroChat, ähnliche Plattformen, wo eben im Grunde genommen kriminelle Netzwerke ein Kommunikationssystem genutzt haben, von dem sie glaubten, das sei sicher vor einer Überwachung durch die Strafverfolgungsbehörden, dass es eben durch ausländische Dienststellen, also nicht durch deutsche Dienststellen, ist das im Grunde genommen dekodiert worden.

00:49:43 Kommunikation von Sky ECC und EncroChat beispielsweise, hat uns im Grunde genommen das gezeigt,

00:49:49 was Menschen wie ich, die vor 20, 25 Jahren schon in der UK-Bekämpfung tätig waren, immer angenommen haben. Jetzt haben wir die Beweise. Also das Gewaltpotenzial dieser kriminellen Netzwerke ist dadurch bekannt geworden. Aber auch der Umsatz von Kokain, anderer Drogen, von Waffen und ähnlichen Geschichten, das Geld, was da verdient wird, das konnten wir jetzt im Prinzip, weil sie glaubten, sie sind sicher in der Kommunikation, konnten wir jetzt im Prinzip auch uns mal genau anschauen. Und dass wir in diese Systeme nicht selbst reinkommen in Deutschland, dass wir immer noch keine...

00:50:18 Möglichkeit haben, IP-Adressenspeicherungen, also Vorratsdatenspeicherungen zu machen, dass wir im Bereich der Geldwäschebekämpfung immer noch hinten dran sind. In Deutschland ist nach wie vor ein, ja, im Prinzip das Seelenheil für die Geldwäsche-Fraktion, weil hier eben die Möglichkeit besteht, Geld aus illegalen Vereinkünften hier zu waschen.

00:50:39 Relativ einfach und die Behörden sind nicht in der Lage, dem entsprechend entgegenzutreten. Es ist besser geworden, aber wir haben da noch jede Menge zu tun, um einigermaßen Schritt zu halten. Tamara, Dirk Peglow wünscht sich unter anderem Vorratsdatenspeicherung und dass Geldwäsche stärker bekämpft wird. Wann kommt das?

00:51:03 Ich muss zugeben, dass ich bei Vorratsdatenspeicherung schnell ein bisschen vorsichtig bin, aber total verstehe, warum die Polizei und die Strafverfolgungsbehörden das an der Stelle für ihre Einsätze brauchen. Da müssen wir auf jeden Fall eine Möglichkeit finden, wie wir das...

00:51:16 gesetzlich und auch in der Ausführung finanziell sicherstellen können, dass die Polizei und die entsprechenden Kräfte dann auch die Möglichkeit dazu bekommen, ohne dass es wiederum auf anderer Seite Sicherheitseinschränkungen gibt. Aber richtig spannend fand ich vor allem den Geldwäscheansatz, weil das ist etwas, was wir in Berlin auch schon stärker vorantreiben wollen. Und was wir auch in dieser Legislatur mit vorangetrieben haben, ist, dass wir auch stärker im Bereich der organisierten Kriminalität versuchen, Vermögen und Immobilien einzuziehen.

Kampf gegen organisierte Kriminalität und Geldwäsche

00:51:41

00:51:41 Cornelius, sind wir darauf vorbereitet, dass die Umstände so werden könnten wie in den Niederlanden, wenn da so viel auch mit Angst operiert wird, Leute eingeschüchtert werden? Sind wir da vorbereitet oder sind wir in gewisser Weise auch machtlos gegenüber der riesigen, mächtigen organisierten Kriminalität? Ja, also ich glaube, dass wenn man tief reingeht, auch mit anderen Strafverfolgungsbehörden, spricht auch auf Länderebene und so weiter, dass schon...

00:52:09 Überall das gleiche, der gleiche O-Ton herrscht, dass man sich nicht vorbereitet fühlt und eigentlich mehr Befugnisse braucht, mehr Unterstützung braucht. Beim Geldwäschegesetz wird ja zum Glück von der Großen Koalition auch nochmal daran gearbeitet oder wird nochmal verschärft, dass die Bargeldmengen auch stark abgesenkt werden. Also das ist eigentlich offen.

00:52:25 Auf dem Weg hoffentlich auch in ihrem Interesse, dass man da nochmal tiefer reingeht. Aber ich glaube technisch ist ja auch in der Hafenkontrolle, gerne korrigieren, aber ist ja auch ein Problem, dass einfach der Hamburger Hafen zum Beispiel viel schlechter technisch ausgestattet ist, siehe Röntgenkontrollen von Containern. Wir können ja irgendwie nur 10% überhaupt durchleuchten, während Antwerpen und Rotterdam schon auf bald 90% oder sowas kommen. Ich glaube, da müssen wir ja auch nachrüsten, also in der wirklich ganz physischen Technik. Möchtest du darauf reagieren, Dirk?

00:52:56 Ja, es ist ja vieles, was ich gesagt habe, eben auch nochmal bestätigt worden. Der Koalitionsvertrag aktuell sieht vor, dass wir bei der Geldwäsche-Bekämpfung, aber auch der OK-Bekämpfung besser werden müssen. Wir reden von einer Beweislastumkehr. Ich habe da ein bisschen Schwierigkeiten mit dem Begriff, weil er natürlich die Verfassungsrechtlerinnen und Verfassungsrechtler auf den Baum bringt. Ich würde eher, wie das ein Kollege...

00:53:18 gesagt hat, von der Darlegungs- und Obliegenheitspflicht sprechen, an der Stelle, dass wir im Grunde genommen in Deutschland als Polizei, wenn wir Menschen haben, bei denen wir ein enormes Vermögen aufspüren und eigentlich nichts über sie wissen, dass wir dann eben eine Möglichkeit haben müssen, dass diese Menschen uns erklären müssen, woher das Geld eigentlich kommt, was sie haben.

00:53:35 Also was wir ihnen nachgewiesen haben. Und wenn sie dann sagen, ich bin Geschäftsführer oder wirtschaftlich Berechtigter einer Offshore-Gesellschaft irgendwie auf den Caymans und ansonsten habe ich keine irgendwie nachweisbaren Einkünfte, dann ist es eben so, dass wir dann sagen müssen, naja, dann ist das erst mal weg, bis du uns eben darlegst.

00:53:52 dieses Geld, was du zur Verfügung hast, irgendwie nicht aus illegalen Quellen kommt. Also ich glaube, dass wir hier in der Nachweisbarkeit auch in der Fragestellung der Geldwäsche-Tagbestand ist sehr sperrig. Wir haben hier Riesenprobleme mit der Beweis...

Überlastung der Justiz und Forderung nach Spezialdienststellen

00:54:05

00:54:05 Und wir haben nach wie vor eben noch die Situation, dass zu Recht Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in Deutschland, wenn irgendwie 100 Kilo Kokain sichergestellt worden sind, dass die Verfolgung des Geldwäschetatbestandes eben so ein bisschen in den Hintergrund gerät. Das hat aber auch damit zu tun, dass die Justizbehörden hier an der Stelle auch extrem ausgelastet sind. Nicht umsonst ist es richtig und gut, dass auch der Deutsche Richterbund, wir fordern das auch.

00:54:30 den Pakt für den Rechtsstaat fordert, nochmal das Ganze neu aufzugliedern, dass wir Justizbedienstete, dass wir die Stellen bei der Justiz, aber auch die Tarifstellen bei der Justiz verbessern. Staatsanwältinnen und Staatsanwälte leiden unter einem hohen Vorgangszutrag. Sie haben vielfach gerade im Bereich der Bekämpfung der organisierten Kriminalität wenig Zeit, sich um diese hochdynamischen Verfahren zu kümmern. Wir brauchen Spezialdienststellen, sowohl bei der Justiz als auch bei der Polizei. In diesem ganzen Umfeld der OK-Bekämpfung darf man Polizei nie alleine denken.

00:55:00 muss immer Justiz und Polizei zusammendenken. Das ist extrem wichtig. Und ich glaube, dass, ich hoffe jedenfalls, es ist mittlerweile der, glaube ich, zweite oder gar dritte Koalitionsvertrag, wo die Bekämpfung der organisierten Kriminalität irgendwie priorisiert drinsteht. Aber ich habe noch nicht viel wahrgenommen, dass tatsächlich was passiert ist.

00:55:18 Genau, du hast gerade OK gesagt, organisierte Kriminalität. Ich würde dir gerne nochmal ein paar Fragen auch aus dem Chat stellen. Zum Beispiel Brave Stars World fragt, sind sie für Teil Entkriminalisierung von Kokain oder sagen sie, der Kampf gegen Drogen ist noch zu gewinnen, siehe auch USA oder Venezuela?

Debatte über Drogenentkriminalisierung und Prävention

00:55:42

00:55:42 Also das mit der Teillegalisierung oder Entkriminalisierung Konsumierender ist ein Thema, was wir ja schon bei der Cannabis-Debatte lange Jahre oder viele Jahre geführt haben. Wenn wir uns das portugiesische Modell anschauen, also in Portugal wird es... Gucken wir heute auch noch drauf. Hallo? Ja, gerne, gerne weiter. Wenn wir uns mal das portugiesische Modell anschauen, wie dort mit Drogen...

00:56:05 Konsumierenden umgegangen wird. Das bezieht sich nicht nur auf Cannabis, sondern auf Kokain, auf Heroin, auf alles, was am Markt ist. Da wird der Konsumierende in den Mittelpunkt staatlicher Betrachtung, behördlicher Betrachtung gerückt. Portugal hat seit 20 Jahren, über 20 Jahren, sehr gute Erfahrungen damit. Natürlich müssen wir irgendwann darüber reden. Ich komme aus Frankfurt. Ich weiß also genau, wenn ich von der Drogenszene spreche, wie das aussieht. Wir reden von kranken Menschen. Wir haben einen Crack.

00:56:34 Eine Crack-Szene in Frankfurt, wo Menschen noch nicht mal für niedrigschwelligste Angebote, also einmal im Monat duschen, ansprechbar sind, weil sie ihre...

00:56:43 Cracksucht unterliegen. Das heißt, wir müssen schon irgendwann die Diskussion führen. Aber ich glaube, wir haben jetzt erst mal genug damit zu tun, wie wir mit der Cannabis-Entkriminalisierung, Teillegalisierung umgehen, mit den Folgen, die das Ganze hat, mit den Fragestellungen, auch was Prävention anbelangt. Hier sehe ich nach wie vor noch einen erheblichen Nachholbedarf. Wir haben einerseits gesetzlich geregelt, dass Konsumierende nicht mehr Strafverfolgung zu befürchten haben. Wir haben aber auf der anderen Seite nicht so richtig geregelt, bis zum heutigen Tage, wie wir mit Konsumierenden

00:57:12 insbesondere Jugendlichen, umgehen, was Hilfsangebote anbelangt, also was den Präventionsteil angeht. Der ist hier ganz wichtig. Polizei ist in der Repression das letzte Mittel. Wir sollten viel weiter früher anfangen, dass unsere Jugendlichen und auch Kinder im Übrigen auch hier Hilfsangebote erhalten. Ich glaube nicht, dass wir eine Diskussion aufmachen sollten, zum jetzigen Zeitpunkt Kokain zu legalisieren.

00:57:37 Du hast ganz viele Sachen gesagt, die wir auch in den nächsten Minuten auch noch besprechen. Über Portugal werden wir noch genauer reden. Ich will auch noch von meinen Gästen wissen, wie sie zu einer Legalisierung oder einer Teillegalisierung von Drogen stehen und auch über Prävention werden wir reden. Ich wollte dir noch ein paar mehr Fragen aus dem Chat stellen, solange du da bist. Würde es helfen, wenn in den drogenproduzierenden Ländern die Kontrolle von Unternehmen...

Internationale Zusammenarbeit und Herausforderungen in Herstellerländern

00:58:04

00:58:04 oder Bürokratie besser wäre, damit man dort nicht so leicht Drogen produzieren kann, schreibt Buridan84. Nun, in den Herstellerländern in Südamerika geht es um Bauern, die in ärmsten Verhältnissen leben. Es sind ja, nach meinem Kenntnisstand, schon verschiedene Regierungen versucht, Überzeugungsarbeit zu leisten und mit dem Anbau von Mais oder was weiß ich, Alternativangebote zu machen. Das Problem ist nur, dass die

00:58:34 die Gewinnmöglichkeiten eben bei der Produktion von Kokain eben weitaus höher sind. Und dass natürlich auch hier der Angstfaktor eine Rolle spielt. Also ich glaube nicht, dass ein in ärmlichsten Verhältnissen lebender Kokabauer sich in Südamerika auflehnen wird und wird, wenn Angehörige krimineller Netzwerke kommen, sich diesen verweigern und sagen, ich baue lieber Mais an. Also ich halte das für sehr schwierig.

00:58:59 Ich glaube, dass da schon auch seitens staatlicher Stellen versucht wird, entgegenzusteuern. Aber ich glaube nicht, dass das zielführend ist. Das belegen ja auch die Zahlen, die wir eben haben. Und wir reden ja nur vom Hellfeld. Also das, was wir sicherstellen, ist ja nur das, was wir finden. Ein weitaus größerer Anteil wird, ohne dass wir das feststellen, auch noch ins Land gebracht. Also wir haben ja mittlerweile auch ganz andere Möglichkeiten, wie Kokain eingeführt wird. Wir sind aber auch auf der Seite der deutschen Behörden natürlich in der...

00:59:28 in der Kooperation mit Ländern in Südamerika, wo es um das Tracking und Tracing von entsprechenden Schiffen geht, wo es darum geht, auch mit den Hafenbehörden zusammenzuarbeiten, hier Prävention auch zu leisten. Wir müssen das Netz der Verbindungsbeamtinnen und Beamten des Bundeskriminalamts in Südamerika erweitern. Das sind ganz wichtige Kolleginnen und Kollegen, die vor Ort an der Stelle dort, wo die Herkunftsländer, wo wir Ermittlungsverfahren, Erkenntnisse sammeln müssen, dann auch zusammenarbeiten als Vertreter, Vertreterinnen.

00:59:57 in der deutschen Polizei, in den Zielländern. Auch das ist ein ganz wichtiger Aspekt bei der Bekämpfung der organisierten Rauschgiftkriminalität. Und noch eine Frage von Dali Lukalu an Dirk. Wenn Sie junge Leute gefasst kriegen, die Drogen konsumiert haben, wie gehen Sie damit um?

01:00:15 Ja nun, früher war das, also es kommt darauf an, in welchem Alter die sind. Wenn sie also noch Kinder sind, dann werden sie an die Eltern überstellt, an die Erziehungsberechtigten. Früher hatten wir dann so Programme wie FRED, also wenn früher Ermittlungsverfahren gegen Jugendliche oder Heranwachsende eingeleitet worden sind, wegen Konsum von meinetwegen Cannabis.

01:00:33 dann ist im Prinzip ein Angebot übermittelt worden, dass sie im Prinzip, wenn das Verfahren eingestellt wird, dann aber auch verpflichtend eine Drogenberatung aufsuchen. Das ist uns jetzt genommen. Also jetzt ist es auf Freiwilligkeit beruhend. Es ist aber auch die Frage, wie wir überhaupt, das ist das Thema Prävention. Also ich erinnere noch mal daran, dass Herr Lauterbach einen Tag vor der Entscheidung über das Kontrollkannabis-Gesetz im Bundesrat noch mal eine Protokollerklärung abgegeben hat, wo er sehr deutlich gesagt hat, dass in der Prävention

01:01:02 verstärkt auch Gelder freigegeben werden. Jetzt haben wir natürlich das Kontinuitätsprinzip. Das heißt, alles, was die alte Regierung hat, keine Folge mehr für die neue Regierung. Aber letztlich ist das Gesetz ja 2024 umgesetzt worden, erlassen worden. Und ich habe schon die Erwartungshaltung, dass hier gemeinsam Anstrengungen unternommen werden, um eben auch ...

01:01:22 gut erfahrene, gut auch funktionierende Präventionsprogramme eben auch aufgelegt werden und die notwendigen Mittel bereitgestellt werden für die Länder, um hier auch eine Prävention zu leisten. Die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen sind auch überlastet mit dem Thema. Also ich glaube, hier haben wir ganz viele Möglichkeiten oder wo wir ansetzen sollten. Und da reden wir von Konsumierenden.

01:01:44 Fakt ist, dass die Anzahl der jungen Menschen, die Cannabis, Cannabis ist nach wie vor das am meisten genutzte Rauschgift in Deutschland nach wie vor. Und wir sollten schon uns Gedanken darüber machen, wie wir damit umgehen, wenn Kinder und Jugendliche eben entsprechend sehr früh schon diese Substanzen dann auch konsumieren. Weil genau da entstehen ja auch die nachhaltigen Folgeschäden. Das ist schon, glaube ich, ein Problem, über das wir nach wie vor sprechen sollten.

01:02:12 Tamara, möchtest du darauf reagieren? Ich habe gesehen, du hast zwischendurch den Kopf geschüttelt. Puh, da wische ich mich jetzt kalt. Ich weiß nicht mehr, wo ich den Kopf geschüttelt habe. Ich glaube, es war wahrscheinlich bei Karl Lauterbach leider. Nein, es war bei der Zuführung zur frühen Suchthilfe, dass das fehlt. Achso, aha!

01:02:26 dass das jetzt freiwillig ist. Okay, pass auf, dann sage ich zu beidem schnell was. Erstmal kurz, Karl Lauterbach, die Protokollnotiz zur Erklärung von Präventionsmitteln tut mir halt deshalb im Herzen weh, weil es mir als Landespolitikerin fehlt das Geld wirklich. Und ich kann mich gut daran erinnern, als das Gesetz damals eingeführt wurde und wir in Berlin wirklich im Landesparlament wahnsinnig gerödelt haben und uns fehlen auch die finanziellen Mittel im Landeshaushalt. Also das ist aber generell, ehrlich gesagt, ein...

01:02:49 nerviges, ich sage es ehrlich, nerviges Problem, wenn die Bundesregierung Gesetz macht, die finanzielle Auswirkungen auf die Länder haben und dann einfach das Geld nicht mitgibt. Und das ist genau bei diesem Gesetz passiert und da haben alle gewarnt, alle. Und genau, die Bundesregierung konnte sich damals aber trotzdem nicht auf Finanzmittel einigen. Man kann jetzt im Nachhinein spekulieren, wie kalkuliert es damals schon von gewissen Regierungsbeteiligten war, das ohnehin hochgehen zu lassen. Aber ich würde mir sehr wünschen, dass sich die aktuelle Koalition da schon nochmal, wenn wir jetzt das Thema mit der Auswirkung

01:03:18 der Teillegalisierung abgehakt haben und dann vielleicht auch ein Knopf dran, das nochmal konstruktiv darüber beugt und sagt, okay, wir gucken uns die Prävention an. Aber den Kopf habe ich geschüttelt, weil angedeutet wurde, dass du bedauerst.

01:03:31 dass man Jugendlichen nicht mehr in verpflichtende Maßnahmen schicken kann. Und da bin ich skeptisch, weil ich nicht weiß, wie wirksam sind Maßnahmen, wenn man Jugendliche da reinzwingt, weil ich gerade aus der Suchthilfe schon kenne, dass es eine gewisse Eigenbeteiligung und Aufgeschlossenheit gegenüber dem Mitwirken bringen muss. Ansonsten sitzen Jugendliche halt irgendwie statt in Haft oder statt in der klassischen Strafvollzug ihre Zeit dann da in der Suchthilfe ab, ohne mitzuarbeiten. Und da bin ich ein bisschen, also da bin ich sehr skeptisch drüber, muss ich sagen.

01:04:01 Das bin ich auch. Ich habe mit Suchthilfemitarbeitenden in Frankfurt gesprochen, die mir vor vielen Jahren schon gesagt haben, na super, jetzt sitzen hier irgendwelche 17-Jährigen, ich sage es mal Rotzlöffel, die eigentlich überhaupt keinen Bock drauf haben, bei mir zu sitzen.

01:04:17 Stattdessen müsste ich zehn andere, die es wesentlich nötiger hätten, aber für die habe ich keinen Platz, weil ich die anderen übernehmen muss. Und das ist, glaube ich, schon nicht. Ich verstehe dein Argument, aber ich glaube, wir haben hier trotzdem früher eine Möglichkeit gehabt, wenn wir von zehn vielleicht zwei erreicht haben, die ihr Konsumverhalten wenigstens überdenken in Begleitung.

01:04:35 Das ist ja auch das biologische Modell. Das wird ja dort genauso gemacht. Natürlich mit der Person, die dann im Nachgang folgen kann. Aber ich glaube, wir müssen einfach diese Anonymität auflösen. Wir müssen Angebote machen. Und natürlich ist es wichtig, dass die Leute das wollen, mitmachen. Ansonsten hat jedes Hilfsangebot keine Möglichkeit. Da würde ich Cornelius noch einmal darauf reagieren. Genau das, was die Suchthilfen auch beschreiben und worüber sie sich auch...

01:05:00 beklagen, dass dieser Kontakt gerade zu diesen jüngeren Menschen eben komplett verloren gegangen ist, teilweise Rückgänge von 30 Prozent und mehr, wird aber auch noch veröffentlicht werden demnächst. Und das ist ein großes Problem, weil man eben genau die Leute erstmal irgendwie kontaktieren muss und dann ein reflektierendes Gespräch hat und viele Suchttherapeuten, auch Personen aus der Suchthilfe, denen ist klar, ihr Job ist die Motivation. Also der erste Schritt ist der Kontakt und dann wissen die auch,

01:05:29 dann sind die auch erstmal verantwortlich, die Motivation zu wecken. Und das ist wirklich ein großes Problem. Und ja, ich fände es auch gut, wenn man das nochmal nachschärfen würde jetzt in der neuen Koalition. Können wir, glaube ich, mit Andreas auch, wenn er das nächste Mal da ist, nochmal drüber reden. Dirk, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast hier und dich dazu geschalten hast. Sehr gerne.

01:05:48 Habt noch einen schönen Abend. Tschüss. So, dann gucke ich einmal, was im Chat steht. Viel mehr frühzeitige Aufklärung fordert im KC.

01:06:03 Und schreibt auch, es ist viel wichtiger, wenn Menschen in einem gefestigten, positiven Umfeld sind. Das verringert auch die Möglichkeit einer Sucht. Wir sollten allgemein viel mehr in der Gesellschaft gegenseitig aufeinander achten. Und Moosplauze schreibt, das ist so wichtig, die Prävention und die Sozialarbeit. Tamara, lass uns mal wieder...

Berlins progressive Drogenpolitik und die Clubkultur

01:06:28

01:06:28 Zurück so ein bisschen nach Berlin gucken. Du hattest schon angedeutet, es gibt hier Koks-Taxis. Also man kann im Internet in kurzer Zeit sich bei WhatsApp Drogen bestellen, Kokain bestellen. Berlin gilt ja als Party und als Drogenhauptstadt. Das Nachtleben ist ein riesengroßer Wirtschaftsfaktor in Berlin. Was meinst du denn in einer Stadt wie Berlin mit progressiver Drogenpolitik? Vermute in Koks-Taxis ist damit nicht gemeint.

01:06:57 Die Clubszene in Berlin ist einerseits ein großer Wirtschaftsfaktor, ist aber auch ein Kulturteil in Berlin. Also das ist bei uns sehr eng verwoben. Clubkultur wurde als UNESCO-Weltkulturerbe jetzt sogar ausgezeichnet. Das ist mir einfach nochmal wichtig, auch den Aspekt rauszustellen.

01:07:18 dass es, glaube ich, auch eine ganz lange Historie gibt, auch in Berlin seit den Golden Twenties eigentlich, die Rausch, Ekstase, Kultur sehr eng miteinander und auch Kreativität sehr eng miteinander verbindet. Und das zeichnet die Stadt aus. Und das ist schon was, was ich erst mal...

01:07:36 als progressiv empfinde, wenn man auch dazu steht, genau das ein Stück weit zu erhalten. Und da müssen wir uns eben darum kümmern, dass die Leute diese Freiheit leben können, auch auf der Ebene und gleichzeitig aber

01:07:52 die Aufklärung darüber bekommen, wie sie mit sich selbst dabei aufmerksam und achtsam umgehen können. Oder, wenn es dann eben doch zu einer Erkrankung kommt, dabei auch dann die nötige Unterstützung bekommen. Und ich möchte auch nochmal betonen, dass Suchterkrankungen ja nicht nur im Umfeld von Party und Drogen entstehen, sondern dass ganz, ganz viele eigentlich aus ganz anderen Traumata herauskommen. Daher mag ich die Verwebung gar nicht so gerne, muss ich gestehen. Cornelius, progressive Drogenpolitik, ist das ein Wortkonstrukt, mit dem du was anfangen kannst?

01:08:23 Also, ehrlich gesagt, ist so ein geflügeltes Begriff, der glaube ich schon häufig in so Diskussionen umherrscht wird, aber ich weiß nicht, ob du das eindeutig definieren kannst, dann könnte ich überlegen, ob ich das irgendwie ja oder nein sagen kann, aber ich finde eigentlich lieber sachorientiert sprechen über Inhalte als jetzt irgendwie so.

01:08:43 dem Ganzen so ein schönes Wort zu geben. Aber vielleicht, und das nochmal dann konkreter zu pinpointen, für mich ist der wesentlichste Faktor von einer progressiven, also verändernden Drogenpolitik, ist, dass man sich wirklich von der Prohibition viel deutlicher absetzt, ehrlich gesagt, und einfach anerkennt, dass Menschen konsumieren. Das ist für mich schon mal der erste Schritt, der getan werden müsste, um auch ein funktionierendes Lösungsangebot und Repertoire aufbauen zu können.

01:09:10 Darf ich da nachschärfen? Also ich habe das ja glaube ich auch schon oft genug gesagt, dass der Konsum einen Krankheitswert hat und dass wir das nicht stigmatisieren dürfen, sondern dass die Menschen Hilfe brauchen. Das ist für mich auch total klar. Ich glaube, wo vielleicht dann nochmal ein bisschen mehr der Unterschied liegt, ich finde, dass ein Staat nicht die Aufgabe hat, Konsum zu normalisieren. Also für mich ist sozusagen in der Primärprävention für die Zuhörer, man unterscheidet in der Medizin sozusagen Primärprävention.

01:09:38 Targeted Leute, die noch gar keine Drogen nehmen. Sekundärprävention adressiert die Leute, die schon Drogen nehmen. Und ich finde klar, dass der Staat die Aufgabe hat, in der Primärprävention zu sagen, kein Konsum ist der beste Konsum.

01:09:52 Und in der Sekundärprävention können wir natürlich jedem Konsumenten helfen und auch Sachen sagen wie, nutzt dein eigenes Röhrchen, was weiß ich, Heroin zu rauchen auf, Alufolie ist besser als sich zu spritzen. Das sind für mich alles, haben Reduktionsansätze, das ist alles Sekundärprävention. Das ist sehr, sehr wichtig. Aber der Staat sollte meiner Meinung nach nicht irgendwie...

01:10:09 bei Nicht-Konsumenten anfangen zu sagen, ey, Rausch gehört irgendwie zum Leben und Substanzen, das können wir alles irgendwie mit unterbringen, ihr müsst nur mental fit sein, dann passt das schon. Das ist für mich sozusagen ein No-Go. Das verstehe ich.

01:10:23 Aber dann wundere ich mich immer darüber, warum da in diesem ersten Bereich von Konsum eigentlich Tabak und Alkohol anders gedacht wird. Weil eben diese klare Trennung zwischen Genuss, Mitten und Drogen auf dem Weg machen. Da kann ich sehr gerne was dazu sagen. Also Tabak und Alkohol ist natürlich im Kopf genauso ein Desaster und genauso schwierig. Und unser Kopf und unser Gehirn, das den Schaden nimmt, kann...

01:10:44 Dem ist das scheißegal, das sage ich jetzt immer in dieser Sendung hier so deutlich, dem ist es auch egal, ob wir das als legal oder illegal kategorisieren, das ist natürlich ein Problem. Und deswegen gibt es da keine logische Antwort drauf, sondern es ist ganz klar historisch, es sind historische Gründe, dass das in unserer Gesellschaft sozusagen so einen hohen kulturellen Wert hat. Deswegen, wenn du mich fragen würdest, was das in der Konsequenz bedeutet, würde ich halt niemals sagen, nur weil die zwei Sachen legal sind, müssen die anderen Sachen legal sein, sondern würde wenn, dann müsste man eher die anderen Sachen.

01:11:13 Härter, restriktiv angehen. Da haben wir doch auch eine gemeinsame Wahl. Ja, also, ich bin auch Fan von härteren Verbote für Tabakwerbung und so weiter. Wer bist du dir da eigentlich? Ja, ich glaube, da kommen wir dann auch zusammen, auf jeden Fall. Tamara, wenn Berlin ja, wie wir gerade gesagt haben, kulturell so wichtig ist und das Nachtleben Berlins kulturell so wichtig ist und ja, internationale Menschen kommen nach Berlin umher.

01:11:40 zu feiern, weil es eben auch dieses liberale Image gibt, was Drogen angibt. Und dieses nächtelang, tagelang durchfeiern, das geht ja in dieser Intensität nur mit Drogen. Wenn sich das vielleicht ändert, dann fließt ja möglicherweise auch weniger Geld nach Berlin. Ist das auch ein Grund für progressive Drogenpolitik? Nein, und das glaube ich auch nicht, dass sich ändert.

Drogenkonsum in der Clubszene und Präventionsansätze

01:12:06

01:12:06 Ich glaube, die Clubszene profitiert nicht finanziell davon, dass Leute lange im Club bleiben, weil die zahlen den Eintritt einmal am Donnerstag. Und selbst wenn die da bis Montag bleiben und dazwischen dann Drogen konsumieren, verdient da kein Club was dran. Und vor allen Dingen nicht mehr, im Gegenteil. Woran Clubs verdienen, ist, wenn Leute da hingehen, am besten jeden Tag den Eintritt zahlen, weil sie zwischendrin nach Hause gehen und schlafen und dann dort die Getränke konsumieren, also die Cola oder das Bier im Club.

01:12:32 Und daher glaube ich, dass sich intensiver Drogenkonsum für keinen Club in Berlin rechnet. Ist das auch dein Gefühl, Cornelius? Ich weiß, es gibt ja immerhin auch wieder so Vorwürfe, dass sie potenziell auch die illegalen Substanzen im Club kontrollieren, die verkauft werden. Aber da kenne ich mich zu wenig aus. Aber was ich finde, dass der Aspekt dennoch so ist, dass die Szene an sich sehr den Raum auch schafft, dass es...

01:12:59 sich auf Konsum konzentriert. Also, dass es Partys gibt, die von Donnerstag bis Montag laufen, dass dann deine Lieblings-DJs irgendwie morgens um sieben spielen. Also ich würde schon sagen, oder würde ich mir manchmal ein bisschen mehr Eigenverantwortung wünschen von der Szene, dass man, auch wenn man liberal damit umgeht, dass man vielleicht nicht den Exzess so sehr auch begleitet und sozusagen...

01:13:23 Weil was schadet, wenn man sagt, um neun ist erstmal Schluss, Leute, kommt gern 14 Uhr wieder. Das würde, glaube ich, für viele Leute, die ein bisschen in der problematischeren, missbräuchlichen Konsum sind, auch helfen. Du wünschst dir Clubs, die um neun Fall anmachen? Ich glaube, dass die viele Rahmenbedingungen werden generiert, dass man diesen eher ausufernden, dass dieser ausufernde Konsum sich fast normal anfühlt. Eben indem es durchläuft, die Musik von Donnerstag bis Montag. Tamara? Clubs um neun zu schließen?

01:13:50 Nein, ich glaube, dass Berlin in der Lage ist, ein breites Angebot abzudecken, also in der Früh feiern zu gehen. Ich kenne super viele Leute, die sich am Sonntag um 12 Uhr im Berghain, oder anders, die sich früh um 8 Uhr im Berghain anstellen. Das heißt, ich glaube, es war erst vorletztes Wochenende oder so, wir waren auf der Party von einer Freundin und dann ist eine andere Freundin um 22 Uhr gegangen und hat gesagt, ich muss jetzt heim, ich muss ins Bett gehen, damit ich mich morgen rechtzeitig im Berghain anstellen kann. Und gleichzeitig hat Berlin die höchste...

01:14:20 Sterblichkeitsrate pro Kopf. Also im Jahr 2024 wurden in Berlin 294 drogenbedingte Todesfälle registriert. Also gemessen an der Einwohnerzahl ist Berlin das am stärksten von drogenbedingten Todesfällen betroffene Bundesland.

01:14:36 Ja, aber genau deshalb würde ich auch da eine sehr klare Grenze ziehen und sagen, das hängt nicht mit unserer Club- und Partykultur zusammen, sondern es hängt was damit zu tun, wie unser Hilfenetz für die Leute ist und was in Berlin tatsächlich schwierig ist, ist aktuell die psychiatrischen Hilfsnetzwerke. Und da hatten wir lange mit zu kämpfen, wie wir die gut ausfinanzieren können, wie wir dafür Fachkräfte gewinnen und noch einen weiteren Ausbau für die Menschen, die auch ein Zuziehen finden. Also Berlin hat einfach...

01:15:04 gerade während der Corona-Pandemie eine sehr, sehr hohe Belastung erlebt mit Menschen, denen das mental schlechter gegangen ist. Und es liegt an der Arbeitswelt, es liegt an der prekären Lebenssituation, aber es liegt nicht daran, dass die Leute zu viel feiern gehen. Glaubst du das auch? Also wie gesagt, ich glaube, von mir aus könnte es auch eine mehr freiwillige Selbstkontrolle sein, was weiß ich. Ich bin auch als, sagen wir mal, Unionspolitiker auch liberal eingestellt, was jetzt staatliche Kontrollen und extra Regeln angeht.

01:15:32 Deswegen wünsche ich mir eher da so einen kulturellen Umschwung, dass die Szene ein bisschen verantwortungsvoller damit umgeht. Und deswegen würde ich schon nochmal darauf eingehen, auch die Musik läuft immer durch. Du merkst kaum Unterschied sozusagen zwischen Song und Song. Die hat natürlich elektronische Musik an sich, aber dadurch wird alles davon normaler. Und es ist schon so, dass ja auch akuter Konsum, wenn der dann ausufert, zu auch diesen Todesfällen vor allem führt. Also ich habe Montagmorgen...

01:15:58 mehr Herzinfarkte oder Schlaganfälle durch Kokain als Freitagabend. Also es ist schon so, dass auch so kleine Nuancen und Veränderungen die Chance hätten, Gutes zu tun.

01:16:07 Hat er da nicht einen Punkt? Da hat er einen Punkt und genau den gehen wir auch an. Also wir haben ja, wir haben verschiedenste Programme und Instrumente ehrlich gesagt, die das auch von der Partyszene initiiert angehen. Wir haben das Drug-Checking als zweites Bundesland nach Thüringen eingeführt. Nach Thüringen. Das stimmt, das stimmt. Genau, aber in Thüringen funktioniert das Konzept ein bisschen anders. Ja, ja. Genau, aber deshalb weißt du, Drug-Checking ist ein kluges Instrument, um zum Beispiel auch Überdosen zu verhindern, indem man frühe Fremde...

01:16:37 die da drin sind rausfitteln und Leute davor waren, dass sie es nicht nehmen sollen. Aber auch früh intervenieren kann, wenn Leute anfangen, auffälligen Konsum zu entwickeln, weil wenn jemand irgendwie zum dritten Mal im Monat bei mir jetzt beim Drug-Checking steht, können die Beraterinnen und Berater schon sagen, ich glaube, du solltest hier mal bei einer anderen Beratungsstelle vorbeigehen. Haben auch jemanden noch dabei von Vista, die über Drug-Checking und da genau in der Beratung...

01:16:58 Ganz kurz noch, genau, weil das möchte ich ausführen. Neben dem Drugchecking haben wir auch noch Sonar. Das ist ein Projekt, das arbeitet mit Gästen auf Partys zusammen. Das heißt, es ist eine Drogenberatung, also eine sehr niedrigschwellige Form von Drogenberatung auf Partys, die dann auch ansprechbar sind für Leute, die sich entweder unwohl fühlen, aber auch mal auf Leute zugehen. Vor allen Dingen auch sehr verused, dann nochmal natürlich viel aufklären. Das fördern wir jetzt weiter.

01:17:26 Wir haben auch nochmal mit der Club Commission zusammen ein Projekt, das mentale Gesundheit in der Nachtökonomie unterstützt. Da arbeiten aber sogar die Krankenkassen mit dran, weil die auch entdeckt haben, da bin ich sehr froh darüber, dass es sich lohnt, in Prävention zu investieren, weil die sparen sich ja Kosten auch hinten raus, muss man ehrlich sagen. Und das gehen wir auch an. Also wir arbeiten an Instrumenten, diesen Kulturwandel ein Stück weit auch zu begleiten und das ist initiiert aber auch von der Szene. Club Commission ist ein Verbund hier in Berlin, für alle, die uns nicht aus Berlin zuhören.

01:17:55 zu gucken von Nachtlebenbetreibenden, von der Nachtlebenbranche. Und Cornelis, du bist aus Thüringen. Was sind denn da die Themen? Geht es da um andere Substanzen oder worum geht es bei Drogenkonsum auch im eher ländlichen Raum bei dir? Puh, also ich würde sagen, dass MEF natürlich eine größere Rolle gespielt hat, noch so ein bisschen durch die Grenzregion.

01:18:19 kenne ich jetzt keine akuten Zahlen, ob das immer noch so ist, aber so aus meiner eigenen Wahrnehmung, was man so an Berichten gehört hat, war das immer, glaube ich, ein größeres Problem auch im ländlichen Raum. Einfach durch die Grenznähe. Ansonsten glaube ich aber fast, dass sich Sachen ähneln, weil eben, wie auch der Kollege Dirk gesagt hat, sich diese Verfügbarkeit ist einfach enorm. Sicherlich gibt es jetzt in Erfurt kein Koks-Taxi, aber die Leute haben ihre Wege dann...

01:18:44 Also auf jeden Fall glaube ich, ist diese Verfügbarkeit trotzdem so da, dass es da auch wenig Unterschiede geben wird. Aber du lachst über so ein bisschen, das ist so ein bisschen so ein Witz, dass es Koks-Taxi gibt. Was tut man denn dagegen, dass es die nicht mehr gibt und wen kriegt man, wenn man Dealer aus dem Koks-Taxi hochnimmt?

01:19:09 Ich glaube, das ist auch das, was Dirk vorhin angesprochen hat, dass man viel mehr auch Instrumente braucht, die eine digitale Überwachung möglich machen, weil die sich natürlich in die Chats von den Leuten hacken müssen. Wenn es über WhatsApp und über Signal oder Telegram funktioniert, dann müssen die gucken, dass sie da in die Systeme reinkriegen, damit sie dann noch das Beweismaterial haben, um die Leute entsprechend hochnehmen zu können.

Drogentote und die nationale Drogen- und Suchtpolitik

01:19:29

01:19:29 Weil wir jetzt von Berlin zu Deutschland gekommen sind, würde ich einmal eine Grafik zeigen, wie viele Drogentote es in Deutschland gibt. Es war nämlich im Jahr 2024 2137 leichter Rückgang zum letzten Jahr. Aber insgesamt muss man sagen, es ist eine wahnsinnig hohe Zahl, es ist der zweithöchste jemals gemessene Wert. Also die Zahlen sind auf jeden Fall hoch und auch die Zahlen an Rauschgiftoten unter 30.

01:19:58 Jahren, die steigen. Und weil wir jetzt auch schon so viel über die Säulen der Drogen- und Suchtpolitik geredet haben, würde ich euch gerne auch nochmal diese Grafik hier als nächstes zeigen, denn die Drogenpolitik Deutschland folgt der nationalen Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik.

01:20:19 Die basiert auf diesen vier Säulen Prävention, Beratung und Behandlung bzw. Hilfen zum Ausstieg, Maßnahmen zur Schadensreduzierung, das ist das, was hier mit Harm Reduction schon öfter gesagt wurde, sowie Strafverfolgung, also Repression und Kontrolle. Und ich war in der Vorbereitung so ein bisschen erstaunt, überrascht, Cornelius, diese Strategie ist aus dem Jahr 2012, über zehn Jahre alt. Wie kann das denn sein?

01:20:46 Meinst du, die sollte lieber nochmal überarbeitet werden? Oder hättest du dir gewünscht, dass du siehst, die schon länger, noch länger? Ich finde, unser ehemaliger Bundesdrogenbeauftragter wollte der ein Update geben. Ich weiß nicht, ob Hendrik Streeck das auch vorhat? Also ich glaube, er denkt da gar nicht so sehr in diesen Kategorien. Also wir haben uns auch schon ausgetauscht gemeinsam über das Thema. Ich finde es an sich erstmal ein gutes Modell. Also es beschreibt ja vier wichtige Felder.

01:21:11 Und sehe jetzt nicht den akuten Handlungsbedarf. Ich will nur nochmal bei der Strafverfolgung sagen, weil das immer dann so klingt, die Repression, Law and Order, da zählt aber zum Beispiel auch Jugendschutz mit dazu. Jetzt ist ja letzte Woche zum Beispiel durch den Bundestag gegangen, dass wir Lachgas nicht mehr abgeben wollen an Minderjährige. Das ist auch Teil der Strafverfolgung sozusagen, dass wir auch Einschränkungen machen bei der Abgabe zum Beispiel davon. Und deswegen ist das schon ein Modell, wo alle vier Säulen...

01:21:40 eine Rolle spielen. Samara, da steht natürlich hinter dieser Strategie noch was dahinter. Ich war trotzdem erstaunt, 2012 ist einfach lange her und wir haben am Anfang die Zahlen gesehen, wie sie steigen von den Kokain-Usern. Ist es da nicht Zeit, da mal genauer drauf zu schauen, ob die ein Update kriegen kann? Ich muss gestehen, dass an den vier Säulen...

01:22:02 Und meiner Erinnerung nach jetzt im Austausch auch immer mit den Trägern, bisher niemand gefordert hat, die vier Säulen neu aufzustellen. Aber das ist eine spannende Frage, die man später, wisst ihr, nochmal stellen könnte. Hast du denn eine konkrete Forderung? Weil ich glaube, am Ende geht es ja darum, wie sind die Säulen ausgestattet? Personell, finanziell, aber auch was gibt es für Konzepte? Und ich glaube, das ist ja...

01:22:22 Das wird in jeder Regierung ja weiterentwickelt und wird auch jetzt weiterentwickelt. Genau, also 2012 ist einfach auch was, wenn wir jetzt darüber reden, wie digital Menschen Drogen kaufen können. Also teilweise sind da, wenn man die sich anschaut, merkt man, dass da veraltete Sachen drinstehen, auch was andere Süchte angeht. Also wenn man sich da Mediensucht oder so anguckt, da sind teilweise Sachen, die sind einfach auf dem alten Stand.

01:22:51 weiß, wie gesagt, auch, dass der ehemalige Drogenbeauftragte da diese Drogenstrategie updaten wollte. Ich weiß nicht, ob... Also ich glaube, die Leute wollen ja dann immer so ein bisschen eigenen Fußabdruck hinterlassen. Ich denke, alles, was man Gutes tun will und was dann Updates braucht, kann man auch in diesem Modell selbst machen und in den vier Säulen. Ich denke nicht, dass wir da jetzt nochmal kurz die Namen... Kannst du dich nochmal anwerfen kurz, weil da denke ich nochmal drüber nach.

01:23:13 Ich bin aus zwei Gründen irritiert. Zum einen, weil ich Riesenverein von Burkhard Blienert bin, dem ehemaligen Drogenbeauftragten der Bundesregierung, quasi Burkhard Blienert Ultra. Und mich aber trotzdem erinnere, dass er diese vier Säulen konkret nochmal angehen wollte. Was wir in Berlin machen, ist, wir haben uns ...

01:23:37 Das streckt sich jetzt auch schon länger, als wir gerne hätten, aber vorgenommen, eine Strategie Sucht zu machen. Und wir haben dazu jetzt auch eine recht umfangreiche Studie gemacht. Und ich meine, dass auch die zu den vier Säulen wieder...

01:23:49 grob zurückfindet eigentlich. Was die Landesstrategie aber besser machen möchte, ist vor allen Dingen die Schnittstellen zwischen diesen Säulen besser zu vernetzen. Und ich glaube, auch neue Süchte kommen da drin vor. Aber ich meine, dass sie trotzdem an den vier Säulen nicht rüttelt. Es geht auch um die Strategie von 2012 an sich. Ja, genau. Deshalb haben wir unseren Ding gerade so festgebissen oder ich zumindest. Aber genau. Und wie man dann, das hattest du richtig erklärt, da dazwischen und auch

01:24:16 Neue Substanzensüchte noch mal einsortiert, das muss geupdatet werden. Und da weiß ich, dass wir uns zumindest in der Landespolitik in Berlin gerade drum kümmern. Ich weiß auch, dass du die Geschichte und die Entstehung der Drogenpolitik an sich bereits kritisch siehst, weil du sagst, es ging immer mehr um Handelsinteressen als wirklich um Konsumentenschutz. Kannst du das ein bisschen genauer ausfüllen, was du da meinst? Ja.

Historische Handelsinteressen und die Entstehung der Drogenpolitik

01:24:41

01:24:41 Da habe ich, glaube ich, eine Buchempfehlung. Es gibt nämlich von Helena Barow ein tolles Buch, das heißt Der große Rausch. Und die ist Historikerin und hat das großartig aufgearbeitet. Und ein klassisches Beispiel sind die Opiumkriege. Und das im Prinzip eigentlich damals Großbritannien aufgrund von Handelsinteressen in China das Opium regelrecht aufgezwungen hat. Und ganz viel von dem, was in der historischen Folge daraus entstanden ist, wie sich Opium über die Welt verbreitet hat, wie es dann auch bestimmten Gruppen, in dem Fall eben in China,

01:25:11 Chinesen historisch zugeschrieben wurde, hängt eben damit zusammen, dass es ein Interesse daran gab, dann wiederum von den USA diesen Opiumhandel dann irgendwann später zurückzudrängen. Beeinflusst auch hier, hat unsere deutsche Drogenpolitik beeinflusst. Das hat vor allem die internationale Drogengesetzgebung beeinflusst und das hat zur ersten, glaube ich, internationalen Betäubungsmittelkonferenz geführt letztendlich. Die USA waren da sehr dahinter. Es hat ein relativ breites Bündnis auch gegeben. Ich glaube, viele europäische Länder waren eher

01:25:40 Erstmal ein bisschen skeptisch, weil die durchaus auch mit Opium ihr Geld verdient haben, aber haben dann in der Folge nachgegeben und eine relativ restriktive Gesetzgebung auf den Weg gebracht.

01:25:53 Und das ist im Grunde genommen immer noch das, worauf vieles heute fußt, dass man eher so einen prohibitiven Ansatz hat, der sagt, okay, das wird auch mit so einem leicht protestantischen Ethos oft hinterlegt, der da sagt, genau, Verzicht ist eben letztendlich die beste Prävention. Lieber gar keine Drogen nehmen. Also, ja, also ich glaube, da können wir uns ja noch ein bisschen darüber streiten. Also mir geht es ja darum, dass Personen, wie sehr glaubst du können, Personen die Folgen des Konsums richtig abschätzen.

01:26:23 Wir haben es historisch oder sehr psychologisch zuhauf erwiesen, dass wir richtig schlechter als Menschen schon drin sind, Prävention selber zu machen. Die wenigsten Leute treiben Sport oder ernähren sich gesund, obwohl man weiß, das ist enorm wichtig. Trotzdem haben wir motivationstechnisch solche Schwierigkeiten, gesunde Lebensweisen zu integrieren. Und jetzt soll ich das richtig bewerten können, wenn ich so einen starken Rausch im Stimulus kriege durch Drogen, dass das mir in zehn Jahren vielleicht richtig auf die Füße fällt.

01:26:51 Ich glaube, da ist so ein bisschen, also glaubst du, dass das Menschen so gut beurteilen können? Ich spüre deine Skepsis und wundere mich darüber, wieso du sie denn nicht hast darüber, dass Leute diese Form von Enthalsamkeit durchziehen können. Wieso, warum sie sie nicht hassen?

01:27:04 Nee, nee, nee, warum du denkst, dass Leute dann aber die Enthaltsamkeit durchziehen können. Also einerseits argumentierst du damit, das ist so ein krasser Stimmungslos und Leute können das dann die Konsequenzen nicht richtig einschätzen, weil es so eine Verlockung auch irgendwie ist, es immer wieder zu tun und deshalb doch lassen. Aber wenn die Verlockung so groß ist, habe ich schon Skeptis darüber, dass Leute es überhaupt komplett lassen können.

01:27:26 Genau, ich glaube, der Staat muss es nicht encouragen. Also ich glaube sozusagen, dass... Aber was ist für dich Encouragement? Zum Beispiel die Cannabis-Legalisierung mit 45 Gramm. 40 Gramm sind dann die Grenze, die findest du zu hoch? Was sind denn das für ein Signal? Es geht darum, dass wir den Konsumenten schützen wollten, dass er mit seiner individuellen Konsummenge nicht bestraft werden kann auf der Straße. Und dann mache ich als Regierung ein Gesetz mit 40 bis 50 Gramm, finde ich.

01:27:55 ein verharmlosendes Zeichen als Staat, was ich nicht gebraucht hätte. Und in Portugal übrigens sind es auch nur 25 Gramm zum Beispiel. Da wird von zehn Einheiten gesprochen und 25 Gramm. Und ich weiß nicht, wer da in der SPD dachte, lass mal 50 machen. Das sind für mich so Sachen, weil ich glaube, das ist vielleicht nochmal ein guter Punkt, ich glaube, dass sozusagen jedes Signal hat eine Wirkung und...

01:28:19 vielleicht hoffentlich auch eine konsumentenreduzierende Wirkung. Und natürlich ist es am Ende ein Sammelsurium an Sachen, die wir brauchen, von Prävention bis allem. Aber das sehen wir ja zum Beispiel sehr gut. Zigaretten sind super gut recherchiert, weil das eben lange im Umlauf ist. Sehr gut sozusagen die Studienlage ist, auch viele Sachen schon probiert worden. Und wir sehen, dass Tabaksteuererhöhungen zum Beispiel...

Diskussion über Drogenpolitik und Legalisierung

01:28:39

01:28:39 reduziert die Konsumentenzahl, Werbeverbot reduziert die Konsumentenzahl, Entfernung von Quengelkassen, wie es in anderen Ländern ist, reduziert Zigarettenkonsumenten und so weiter. Und deswegen glaube ich, jedes Signal muss bedacht gewählt werden und gut eingesetzt werden. Magst du noch einmal reagieren, bevor wir Andreas wieder nochmal holen? Ja, jedes Signal muss mit Bedacht eingesetzt werden und gleichzeitig...

01:29:07 muss ich oder finde ich, ist das Wichtigste, eine aufgeklärte Person am Ende, die frei entscheiden kann und die auch wirklich dazu befähigt ist, eben frei und mit Wissen zu entscheiden zu haben, weil wir in einer Welt leben, in der ich so viel Zugang eben über Digitales überhaupt nicht regeln kann, dass es mir dann auch nicht hilft, wenn ich keine Quengelkassen habe, weil das habe ich ja jetzt auch für die harten Drogen, über die wir reden, nicht so. Und dann brauche ich für genau diesen Bereich eben jetzt schon

01:29:37 Kontakt und zwar einen, der aufklärt und bildet. Funky Junkie im Chat. Ich mache einen kleinen Cut zum Chat. Fragt, sind die Zahlen nicht ein eindeutiges Zeichen, dass die Drogenpolitik gescheitert ist? Legalisierung und Aufklärung wären vermutlich sinnvoller. Tamara, bist du für eine Legalisierung, eine Teillegalisierung auch härterer Drogen? Ja, also das portugiesische Modell ist was, was ich finde, auf den Weg gebracht werden sollten. Das hat David ja auch vorhin schon angesprochen. Das geht nicht von heute auf morgen. Ich glaube, da muss man schon

01:30:06 einen guten und einen klugen Plan entwickeln, weil natürlich auch die Behörden, die alle damit befasst sind, halbwegs mitkommen müssen. Ich sehe wirklich viel Kritik daran, dass das bei Cannabis jetzt noch nicht an allen Stellen gut gemacht war. Die Prävention ist hinten runtergefallen. Ich habe mir die zweite Säule auch gewünscht. Aber das sind ja Erfahrungen, die man mitnehmen und besser machen kann. Aber die Richtung stimmt für mich und die muss Richtung portugiesisches Modell gehen. Teillegalisierung von auch härteren Drogen, gibt man damit nicht auch Mafia-Strukturen, Clan-Strukturen?

01:30:35 Anreize, dass sie sich hier ansiedeln, hier produzieren können? Deswegen, also ich würde das auch nochmal in der Definition klarstellen, also eine Entkriminalisierung, das ist für mich sozusagen ein guter Weg oder ein sinnvoller Weg, wo eben der Konsument geschützt wird, in dem Sinne, dass man auch nicht will, dass die Lebensknicke in ihren Biografien haben, weil damit sind wir uns ja einig, helfen wir niemandem, dann schaffen wir nur noch zerstörtere Existenzen. Deswegen finde ich das Wording auch schon wichtig, weil eine Entkriminalisierung...

01:31:03 auch wieder Signal, zeigt nicht, dass es irgendwie romantisiert wird, sondern es schützt die Betroffenen, den Süchtigen, wo der Krankheitswert vorliegt. Und für eine Legalisierung finde ich, auch wenn das dasselbe bedeutet, sendet schon wieder so ein Signal, als ob das irgendwie was sehr Positives ist, was irgendwie dazugehören sollte. Aber ist das nicht semantisch? Ich sage ja, wir müssen bei allem drauf achten. Für mich ist das eher so ein In-All-Policy-Ansatz, dass wir überall uns bewusst sein sollen, was wir signalisieren wollen.

Entkriminalisierung und Zugang zu Substanzen

01:31:32

01:31:32 Genau, das Problem ist aber, ich brauche die Teillegalisierung und eine Produktion, eine geregelte im eigenen Land, damit ich, oder nicht im eigenen Land, da beziehungsweise auch im europäischen, naja, was heißt produzieren? Das haben wir ja jetzt mit den Cannabisanbauvereinigungen, genau, da reden wir doch wieder so viel über Cannabis. Aber du würdest auch erstere Drogen produzieren. Es gibt ja gar keine, es gibt ja niemanden, es gibt ja keine politische Stelle, die Kuchsput. Aber habe ich das richtig verstanden? Würdest du hier härtere Drogen auch produzieren? Nein, nein, um Gottes willen. Ich möchte aber trotzdem kurz den Ansatz erklären, dass wir gesagt haben,

01:32:02 Wir machen das ganz gezielt bei Cannabis, dass die Leute so und so viele Pflanzen, ich glaube, drei sind es selber haben können und so weiter, damit man eben nicht weiter auf den Schwarzmarkt einkaufen muss. Weil du musst den Leuten irgendeine Form von Zugang dann auch geben, wenn du es entkriminalisiert hast und trotzdem willst, dass der Schwarzmarkt nicht weiter angezappt wird. Du weißt, wir erst einen gewissen Konsum immer haben. Dann musst du dir auch Gedanken darüber machen, woher kriegen die Leute die Substanzen, die sie eben einfach konsumieren. Das ist die Realität, mit der setzen wir uns dann auseinander.

01:32:31 Einerseits war noch eine zweite Säule mitgeplant. Ich bin traurig darüber, dass sie so nicht kommen finde, aber dass die Cannabisanbauvereinigungen zumindest einen gewissen Grund bieten. Aber wir sehen, das zieht sich nicht auf. Bei härteren Drohungen könnte man natürlich schon überlegen, inwieweit unter bestimmten Bedingungen Apothekenstoffe abgeben können.

01:32:49 Ich möchte es nur hier als These in den Raum stellen. Es gibt so eine harte Religion. Da ist Cornelius drin. Gleich fragen, wie Andreas Eilsberger von Balance das sieht. Der ist nämlich jetzt wieder bei uns dazugeschaltet. Und jetzt sozusagen Magic als in der Prävention arbeitender. Andreas, schön, dass du nochmal da bist. Wer kommt zu euch und was für Storys haben die Menschen?

01:33:15 Ja, ich sitze da schon ein bisschen auf Kohlen. Ich hätte nach dem Herrn Peklo schon gleich sprechen können. Er hat von Fred gesprochen. Und wir machen ja tatsächlich Maßnahmen nach dem Jugendgerichtgesetz seit 25 Jahren. Also zu dir kommen Menschen, die verpflichtet werden, zu euch zu kommen? Ja, genau. Die werden vom Gericht sozusagen verurteilt. Denn das ist vielleicht der Grundgedanke, vereinfacht gesagt, heißt Erziehung vor Strafe, bevor man jemanden sozusagen...

01:33:42 gestraft für seinen Drogenkonsum oder Verhalten mit Drogen, versucht man pädagogisch auf ihn einzubirken. Und ich sitze ja seit 25 Jahren jeden Tag vor Leuten, die keinen Bock haben, mit mir zu sprechen erst mal. Und das ist eine Situation, die uns ja gelingt, innerhalb der ersten 20 Minuten aufzulösen, weil wir zieloffen und akzeptierend arbeiten.

01:34:05 Denn was man schon sagen kann, dass so der Weg der Veränderung durch eine Tür führt, die sich nur von innen öffnen lässt. Das ist ganz egal, wie sehr wir von außen zerren. Es wird keine Veränderung hervorrufen. Und das ist ja genau der Punkt. Wir haben ja schon vor Fred angefangen. Ich will jetzt nicht sagen, Fred hat von uns abgeschrieben. Aber das war eben halt der Ansatz, den wir verfolgt haben, dass wir drogenerfahrene Menschen, die selber Erfahrungen gemacht haben,

01:34:33 mit diesen jungen Menschen ins Gespräch bringen, um Reflexionen über den Konsum sozusagen anzuleiten und auch zu motivieren. Und dass darüber dann eben auch bessere Entscheidungen gefehlt werden. Also ein Mensch, der für sich mit seinem Leben zufrieden ist, wird keinen problematischen Konsum entwickeln. Und ich habe zwischendurch immer wieder gemerkt, dass sozusagen auch die Diskussion doch sehr viel über innere Glaubenssätze und Haltungen sozusagen

01:35:01 geführt wird. Was denke ich darüber? Und das unterscheidet sich ein bisschen von Wissen. Wir haben auch bei diesen Trainings im Grunde genommen nicht die Situation, dass es ein Informationsproblem gibt. Die jungen Menschen kennen sich teilweise besser aus mit Drogen als ich. Ich bin ja lange raus. Ich nehme ja viele Drogen nicht mehr.

01:35:20 sondern es geht eher darum, dass sie lernen, wie sie mit diesem Konsum umgehen. Denn Konsum von Drogen ist Alltag. Und ich finde diese Unterscheidung von alten Drogen wie Alkohol und Tabak zu den neueren Drogen in gewisser Hinsicht nicht sinnvoll, weil das für junge Menschen eine andere Realität ist. Und wenn ich mit diesen Menschen arbeite, muss ich bereit sein, mich auf diese Realität einzulassen.

Herausforderungen in der Drogenprävention und -hilfe

01:35:45

01:35:45 Und nicht die Zwingungen, sich auf meine Realität einschlassen, weil ich will ja diesen Menschen helfen. Was sagst du denn dann zu dem Satz von Cornelius, dass der beste Schutz vor Drogen ist, keine zu nehmen? Der Satz ist erstmal nicht falsch. Und trotzdem ist es für viele Menschen nicht die Wahl.

01:36:03 Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der es keine Drogen gibt. Das ist ja irrsinnig langweilig. Und ich habe vorhin ja auch schon gefragt, um Gottes Willen, ich will keine Antwort haben. Wer von Ihnen im Studio lebt denn abstinent? Also muss jetzt auch gar nicht geoutet werden. Sondern das ist insofern natürlich auch nicht glaubwürdig, wenn man jungen Menschen so begegnet. Und gleichzeitig, wie guckst du denn auf, wenn jetzt Menschen hier zugucken und sagen, sie sind...

01:36:32 Irgendwie haben sie da eine Affinität, sind neugierig und wissen nicht so genau. Wenn jetzt so jemand zuschaut, wie würdest du dem begegnen? Es ist wichtig, dass du nicht allein bist damit.

01:36:47 dass du letztendlich Ansprechpartner hast, das kann im privaten Umfeld sein, oder eben halt auch in Beratungsumfeldern wie bei uns. Und da sehe ich eben halt so gesehen in der Politik schon große Probleme. Wir machen ja seit 25 Jahren diese Trainings im Rahmen der Jugendgerichte. Und ich habe seit hart erkämpft, wirklich hart, hart, hart erkämpft, einen Trägervertrag jetzt für die Hilfen zur Erziehung hier für Berlin, könnten wir auch bundesweit umsetzen.

01:37:16 Ich habe sämtliche regionalen Dienste hier in Berlin angeschrieben, der Jugendämter, um über das Angebot zu informieren. Und könnte ich eine kurze Quizfrage stellen, was meinen Sie, wie viele Jugendämter haben darauf geantwortet? Oder gehe ich rein, ich sage keins? Ja, null. Wir gehen in den Spam. Und da war nochmal das Thema Schnittstellen. Und das ist ja ein politisches Problem und das muss auch politisch gelöst werden.

01:37:44 weil man unterscheidet zwischen Jugendhilfe und Suchthilfe. Und was wir jetzt machen, ist sozusagen ein suchtprimitives Angebot in der Jugendhilfe, wo es meiner Meinung nach auch hingehört, wo aber Jugend sagt, nein, dafür soll Senat Gesundheit die Kosten übernehmen.

01:38:01 Und Gesundheit sagt, nee, das ist ja eine Erziehungsaufgabe, das ist sozusagen für Senat Jugend zu finanzieren. Und in dieser Gemengenlage ist es jetzt einfach so, dass es gar nicht stattfindet. Wir arbeiten eigentlich jetzt nur mit den Jugendgerichtshilfen. Und die andere Maßnahme ist im Prinzip auf Eis gelegt. Hier ist Tamara Lüttke. Was forderst du von ihr? Was möchtest du ganz konkret an sie richten?

01:38:25 Ich hätte gerne die Gelegenheit, überhaupt erstmal den Mitarbeitenden in den Jugendämtern unsere Maßnahme zu erklären, damit sie das verstehen können. Und damit sie eben auch wissen, in welchen Fällen sie das quasi auch nutzen und anbringen können. Und was ich dann auch tatsächlich als Unterstützung wünsche, weil wir dann ja manchmal auch ein bisschen abgecancelt so.

01:38:51 dass wir nicht evaluiert sind. Ich kämpfe seit Jahren darum, dass wir eine Evaluation bekommen. Wir arbeiten selber jetzt schon dran. Ich kann es selber nicht finanzieren. Das würde euch helfen? Wir wollen unsere Arbeitsmaterialien digitalisieren. Wir haben ja auch ein Manual entwickelt, was wir umsetzen.

01:39:08 Und das könnte man in einer Hybridform sozusagen mit sozusagen BeraterInnen und Jugendlichen und der digitalen Umsetzung sehr gut nutzen, um eben halt auch Ergebnisse zu generieren, die eben halt auch dann Ergebnisse und Erfolge dokumentieren. Okay, dann lass uns das doch mal, Tamara. Das klingt gar nicht so viel in meinen Ohren. Ja, also erst mal.

01:39:34 Kann dieses Behördenpingpong in Berlin natürlich auch keiner mehr hören. Also wenn ich das schon höre, das geht von Jugend, dann geht es zur Senatsverwaltung, geht es zur anderen Senatsverwaltung, geht es wieder zurück in den Bezirk. Und das ist halt was, wir haben die Verwaltungsreform vor der Brust. Ich hoffe, dass es diesmal wirklich klappt und dass es zumindest die ersten Schritte dahin geht. Ansonsten, Andreas, möchte ich dir total gern anbieten. Schreib mir eine Mail, send deine Kontakte rüber und dann können wir zumindest schon mit der ersten Verwaltung auch gerne mal gemeinsam abklappern. Dann können wir zumindest mal mit Senatsverwaltung Gesundheit, würde ich trotzdem...

01:40:04 Gespräch machen. Vielleicht können wir da das Anliegen für die Evaluation mal vortragen. Das wäre ein guter erster Schritt. Und dann gucken wir mal, ob wir in meinem Bezirk vielleicht schon mal ein Draht zum Jugendamt finden. Und dann weiß ich nicht, ob wir zusammen durch alle zwölf Bezirke tingeln müssen. Aber leider ist es im Moment noch so, dass es auf Schrittchen für Schrittchen geht. Aber ich kann da gerne meine Unterstützung anbieten, das einzugehen.

Drug-Checking in Berlin und seine Vorteile

01:40:28

01:40:28 Ich würde an dieser Stelle mal Augustine Reppe noch hier zu uns holen. Sie ist Fachbereichsleiterin bei Vista. Das ist einer von drei Trägern des Berliner Drug Checkings. Hallo Augustine, schön, dass du dabei bist.

01:40:44 Ja, danke für die Einladung. Das Drug-Checking-Modellprojekt in Berlin hat super lange gedauert, um es vorzubereiten und ist dann im Juni 2023 in den Regelbetrieb gegangen. Augustine, würdest du mir mal erklären, wie funktioniert das? Wo müssen eure Kunden hin? Geben die alles ab? Werden dann die Drogen von der Polizei davor beschlagnahmt? Wie funktioniert das alles?

01:41:08 Wir sind 2023 gestartet, machen das mit drei Trägern zusammen. Das heißt, Konsumentinnen und Nutzende können drei Standorte aussuchen zu drei verschiedenen Zeitslots und eine Substanz abgeben. Das ist an Beratungsstellen gekoppelt. Die Substanz wird dann in ein Labor übersandt und wenige Tage später erhalten wir den Nutzenden das Ergebnis.

01:41:34 Es gibt zu Beginn ein Intake-Gespräch und mit der Ergebnisrückmeldung auch nochmal eine Einordnung des Ergebnisses. Das Angebot ist anonym und kostenlos. Wir sind 2023 gestartet und haben mittlerweile mehr als 4000 Proben analysiert. Das heißt, das Angebot wird sehr gut angenommen.

01:41:57 Sehr, sehr gut. Wir haben nach wie vor, so ein bisschen Jahreszeiten abhängig, mal mehr, mal weniger dokumentierte Abweisungen. Also nach wie vor ist das Angebot so gut ausgelastet, dass wir Menschen wegschicken müssen. Und wie geht das, dass die Polizei die Konsumentinnen nicht abfängt vor euren Stellen, wo ihr seid?

01:42:20 Das ist basiert auf einer Kooperation. Da haben wir quasi das Äquivalent, sind ja zum Beispiel Drogenkonsumräume. Diese Angebote würden wie auch Drug-Checking nicht funktionieren, wenn die Polizei davor kontrollieren würde. Von daher sind wir da im Gespräch miteinander. Und dieses Intake-Gespräch, was passiert da?

01:42:41 Es wird ja zum Beispiel nachgefragt, wie der Konsum insgesamt, also die Person gibt ja eine Substanz ab, also zum Beispiel Kokain oder eine Ecstasy-Tablette, reicht ein bisschen, entweder eine Tablette, eine Messerspitze und fragt dann aber auch natürlich, wie der Konsum insgesamt aussieht, um mal auch ins Gespräch zu gehen bezüglich Wechselwirkung. Hast du da alles, also hast du alle Informationen dazu?

01:43:10 Das fängt nicht nur bei illegalen Substanzen an, sondern da geht es natürlich in den Gesprächen auch um Alkohol zum Beispiel. Das heißt, es ist auch ein Suchtberatungsgespräch, das da stattfindet? Genau, dadurch ist das Angebot ja auch an Beratungsstellen oder die Drogen- und Suchthilfe angegliedert. Wir erreichen tatsächlich vom Altersdurchschnitt recht junge Nutzende vor allem und Menschen, die bisher noch nie mit uns in Kontakt waren.

01:43:39 waren. Also ich glaube fast, also mehr als 80 Prozent hatten bisher noch nie Kontakt zu Drogen- und Suchthilfe und da sind wir ganz froh, mit ihnen auch früher ins Gespräch zu kommen. Und es gibt auch eine Zahl von euch, die sagt, dass 47,2 Prozent der Drogen, die ihr untersucht habt, auffällig sind. Also vor denen musste dann auch gewarnt werden.

01:44:08 Ja, jetzt sehe ich dich nicht. Ja, genau. Genau, dafür kann man unsere Homepage aussuchen, drugchecking.berlin. Wir warnen vor, und die Zahl ist konstant zu diesem Jahr, also ungefähr 50 Prozent der analysierten Substanzen sind aus unserer Sicht auffällig, entweder verunreinigt, falsch deklariert oder hochdosiert. Jetzt gibt es Kritiker, die sagen,

01:44:36 Drug-Checking verharmlost den Drogenkonsum. Cornelius, ist da nicht was dran?

01:44:42 Also ich glaube, da überwiegen die Vorteile auf jeden Fall die Nachteile. Es gibt klar, einer der Vorwürfe ist natürlich, dass dann Dealer potenziell mit dem Ausdruck wahrscheinlich dann von eurer Website rumlaufen und sagen, oh, es ist sonst wie rein. Aber ich glaube, das ist ganz klar, was hier angesprochen wurde, der große Vorteil ist, dass die Suchthilfe dadurch Kontakt zu Leuten aufnehmen kann, die sonst sehr, sehr früh in ihrem Konsum vielleicht sind und sonst niemals mit so jemandem reden würde. Weil ich glaube, ein großes Problem ist ja, dass immer erst Leute, wo die Probleme schon...

01:45:10 unausweichlich sind, dann erste Hilfe suchen. Und hier kann man früh ins Gespräch kommen.

01:45:14 Hilft ja auch, dass die Hemmungen abgebaut werden, dass sie wissen, wer ist da und genau, dass man Reflexionsfragen stellt. Ich glaube, das ist ein ganz tolles und wichtiges Angebot. Und der zweite Aspekt ist eben auch, wir leben in einer Zeit, wo immer neue Drogen auf den Markt kommen, immer höher dosiert sind, wo wir natürlich Angst haben, dass die Fentanyl-Krise rüberschwappt aus den USA. Und da ist das erst, ja, aber auch Fentanyl reingemischt in Kokain oder andere Drogen. Das hat ja entbehrt ja auch einer gewissen Logik, das können wir ja nicht vorhersehen, leider. Deswegen ist das...

01:45:44 Ja, der zweite super, super wichtige Punkt, dass wir hier besser werden, zu erfahren, was ist überhaupt gerade im Markt. Augustine, woran erkenne ich denn problematischen Konsum? Oder wo würdest du denn hellhörig werden in der Beratung? Also erstmal wurden die Personen ja auch schon, würde ich sagen, selbst Probleme erkennt. Also einmal gibt es natürlich ein diagnostisches Verfahren, aber in der Regel erkennen sie das schon auch selbst.

Umgang mit problematischem Konsum und Prävention

01:46:12

01:46:12 Hat schon etwas beeinträchtigt. Beeinträchtigt es ihr Berufsleben, ihr soziales Leben? Sind sie an bestimmten Stellen? Haben sie schon Probleme im Job oder Beziehungen oder erleben Kontrollverluste? Andreas, an dich gibt es auch noch eine Frage aus dem Chat. Warum nehmen denn insbesondere junge Menschen überhaupt Drogen? Ich würde sagen, es geht vor allem um die Regulation von Emotionen.

01:46:43 Und damit dann verbunden natürlich auch abwenden von unangenehmen Erleben und Situationen, sozusagen auch ihrer Gesamtsituation. Also dass man sich einsam fühlt, nicht in Zusammenhänge integriert ist, das nicht so läuft, wie man sich das so wünscht. Oder eben halt einfach auch aus Abenteuer, Lust und Spaß. Ich finde, Drogenkonsum ist eine Entwicklungsaufgabe ja auch.

01:47:10 Alle jungen Menschen, wenn sie dann erwachsen werden, stehen vor der Herausforderung, den Umgang mit Drogen zu erlernen, um darüber dann keinen Schaden zu nehmen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir diesen Prozess begleiten und unterstützen und junge Menschen nicht sich selbst überlassen. Würde ich direkt mal an Cornelius spielen, dass Menschen den Umgang mit Drogen erlernen sollen.

01:47:36 Ja, also wie gesagt, das teile ich ja so nicht. Also ich glaube eben nicht, dass wir das normalisieren sollten als Gesellschaft, dass das irgendwie etwas ist, was jeder mal ausprobieren muss oder wie man einen Führerschein macht oder sowas. Klingt ganz leicht so, ist nicht kritisch gemeint. Vielleicht etwas, um das in den Raum zu geben oder in die Diskussion.

01:47:57 zu geben. Ich fände es zum Beispiel wichtiger, wenn wir uns darauf fokussieren würden, dass gerade das Gehirn sich ja bis 25 entwickelt. Und ich sage das auch in der Partei manchmal, ich würde mir auch wünschen, auch bei der Cannabis-Legalisierung, warum, wenn wir das wissen, neurowissenschaftlich, warum führen wir da nicht ein neues Alter ein? Also warum sagen wir nicht, okay, bei der Cannabis-Legalisierung geht halt erst ab 25? Das fände ich zum Beispiel einen sehr guten Aspekt, klar, wenn irgendwelche...

01:48:25 Jura-Personen dann kommen und Gegenargumente haben, aber erstmal finde ich das ja ein wichtiges, ein cooles Signal. Weil es ist schon so, dass sich das Gehirn entwickelt sich eben ganz vulnerabel in dieser Zeit. Und wenn ich dem Gehirn dann schon Substanzen zuführe, entwickelt sich das Gehirn mit den Substanzen und um die Substanzen. Und das ist dann viel, viel schwieriger für die Person später auch eine Sucht zu bekämpfen. Das ist auch bei Zigaretten wieder sehr gut nachgewiesen.

01:48:50 Personen, die zwischen 12 und 19 angefangen haben mit Rauchen, die kommen fast im Leben niemals weg von Nikotin, weil sich das Gehirn so sehr darum entwickelt hat. Wer über 25 anfängt mit Rauchen, der hat viel, viel weniger Probleme. Alkohol schädigt das Gehirn auch enorm. Ich nur mal kurz, Alkohol ist ab 16 erlaubt. Man kann da die Beispiele beliebig wählen. Na klar, das habe ich ja gesagt. Jede Substanz wirkt im Gehirn.

01:49:19 schädlich und deswegen wird auch das begleitete Trinken geschafft. Augustine, du bist von Drug Checking Projekt und bist bei Vista. Was würdest du dir denn von der Politik wünschen? Also seid ihr froh, dass ihr weiter finanziert seid oder hättest du Ideen, was man noch machen könnte?

01:49:40 Also in Bezug jetzt auf das Projekt Drug Checking gesehen, da würde ich natürlich sagen, es würde sich lohnen, mehr Geld zu erhalten, was wir in andere Projekte oder in den Ausbau natürlich investieren oder dafür nutzen können, weil wir jetzt aktuell einen stationären Ansatz haben und natürlich mehr zu den Zielgruppen heran.

01:50:08 heranrücken wollen. Also einerseits ins Nachtleben hinein oder auch in Drogenkonsumräumen. Und vielleicht um nochmal, also ich hatte vorhin zugehört, weil es um die Versäulung ging. Und das ist hier nämlich auch das Thema. Also Versäulung bedeutet oft, also wenn wir über Drogen und Suchthilfe sprechen, sprechen wir oft über Repression. Also man muss das Alter so und so gesetzlich regeln oder Prävention. Aber es gibt diesen...

01:50:37 Die Systeme funktionieren nicht so und genauso auch nicht der Mensch, der quasi Unterstützung benötigt. Also jetzt unser Projekt zum Beispiel, wir machen ja alles im Prinzip. Also wir geben Hinweise zur Schadensreduzierung, wir arbeiten aber auch präventiv auf bestimmte andere Substanzen oder Erkrankungen oder bieten auch Hilfe zum Ausstieg. Also der Konsument sucht sich nicht eine Säule aus, sondern...

01:51:06 Alle Säulen müssen gut und eng miteinander verzahnt sein. Und das sind meistens eher Logiken oder die Säulen arbeiten nach unterschiedlichen Logiken, Finanzierungslogiken auch zum Teil. Und deswegen ist es recht schwer, da auch ein Wechsel, also dass die Systeme gut miteinander verzahnt sind. Und ein gutes Beispiel, was Tamara auch gesagt hatte, ist ja zum Beispiel das Entlassmanagement, also sozusagen aus der Justiz.

01:51:31 hin in Hilfe zum Ausstieg. Dann scheitert sie mich schon an der Krankenversicherung zum Beispiel. Ich würde dir ein bisschen Feedback aus dem Chat geben. Toasting MC schreibt, ich finde Drug Checking extrem wichtig und bin dankbar, dass wir das in Berlin haben. Sollte es überall geben, genauso wie Drogenkonsumräume. Gibt ja auch noch viel zu wenige. Das sind einfach alles wichtige Maßnahmen, um Menschen da abzuholen und zu helfen. Und er schreibt weiter oder sie, Toasting MC.

Drogenlabor in Brandenburg und Designer-Drogen

01:51:57

01:51:57 Die vorgeschlagenen Maßnahmen von Canelius sind einfach so realitätsfern. Es braucht Harm-Reduction-Maßnahmen, um Menschen bestmöglich zu unterstützen, wenn sie die Unterstützung haben möchten und brauchen. Das habe ich auch nie abgestritten. Harm-Reduktion, ganz wichtiges Thema unbedingt. Also Konsum, da bin ich auch großer Fan von Drag-Checking. Auf jeden Fall gute Punkte.

01:52:17 Ich würde einmal kurz einen aktuellen Fall hier aus Berlin bzw. aus Brandenburg anschauen, der hier durch die Medien gegangen ist. Das war ein bisschen Breaking Bad in Brandenburg. Es gibt ein Drogenlabor, in dem Ermittler in Nauen 400 Kilogramm, 3 CMC und 4 CMC gefunden haben, im Wert von fast 5 Millionen. Und so sah es in diesem Drogenlabor aus.

01:52:41 Erstmals hat das Zollfahndungsamt Berlin-Brandenburg nun Fotos und Videos aus dem Inneren der Halle veröffentlicht, in dem die Drogen hergestellt wurden. Eher siffige Großküche als Labor. Hier schöpfen Ermittler gewachsene Kristalle aus einer Brühe. Kristalle, die später pulverisiert für den Verkauf als synthetische Drogen vorbereitet worden wären.

01:53:02 großer und beträchtlicher Fund, der da gemacht wurde. Insofern auch ein großer Schlag, der den Kolleginnen und Kollegen dort gelungen ist. Es war ja ein Fund des Zolls, wo dann wir polizeilich unterstützt haben. Und ich glaube, das kann man durchaus als Erfolg, sogar als großen Erfolg gegen die organisierte Kriminalität bewerten.

01:53:21 Insgesamt hatte man etwa 400 Kilo synthetische Drogen gefunden, viel Müll und für die Drogenherstellung tonnenweise Chemikalien. Dicke Schutzanzüge waren beim Ausräumen nötig. Trotzdem wurden drei Beamte, ähnlich diesen, leicht durch Verätzung verletzt. Vom westlichen Berliner Stadtrand aus erreicht man Nauen mit dem Auto in gut 20 Minuten, also nah an der Partyhauptstadt. Berlin war vermutlich auch der Markt für die in Nauen hergestellten Rauschmittel.

01:53:49 Genau, Berlin war vermutlich auch der Markt. Augustine Drogen aus diesem Labor könntet ihr möglicherweise bereits auch untersucht haben, oder? Kannst du das ein bisschen einordnen? Da ging es jetzt nicht um Kokain, sondern um verhältnismäßig neue Substanzen. Was haben wir da gesehen?

01:54:05 Synthetische Catenone, das waren, glaube ich, drei CMC und vier CMC. Und was wir wissen, also synthetische Catenone sind Substanzen, es ist eine der häufigsten Substanzen, die wir zur Analyse eingereicht bekommen, aber gar nicht dieses Derivat. Also wir erhalten in der Regel, also oder der Konsument erwirbt mehr für Drohnen, das heißt 4 MMC.

01:54:34 Das heißt, das sind Drogen, die… Das sind Falschdeklarationen. Okay, würdest du mir einmal erklären, du hast jetzt von Derivaten gesprochen, wie da die Unterschiede sind, also diese Thematik der sogenannten Designer-Drogen, wie das zu verstehen ist? Genau, das sind recht neue Derivate, die auf den Markt kommen, die wirken zum Teil zum Beispiel.

01:55:04 kürzer, dann haben sie wiederum ein Wirkspektrum näher an Kokaiden dran, dann aber auch wiederum M-Pathogenen, das heißt Komponenten von MDMA zum Beispiel. Und wir wissen aber sehr wenig über die Substanzen und haben natürlich auch dadurch, dass sie so kurz erst auf dem Markt sind, wenig Langzeitbeobachtungen und Langzeit, also sozusagen sehen wenig, was die Risiken sind.

01:55:31 Dadurch, dass sie so neu sind. Das ist sozusagen der Effekt von so einem Katz-und-Maus-Spiel, wo man quasi versucht, eine Substanz noch unter zum Beispiel Badesalz-Deklaration frei zugänglich zu machen. Das heißt, man spielt ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Illegalität der Droge, dadurch, dass man immer ein kleines Molekül, eine Molekülstruktur ändert in der Droge.

01:55:59 Ja, dann vielleicht noch eine Frage am Schluss für dich, Augustine, ganz kurz. Wie ist das denn bei der Suchtberatung? Bekommt jeder, der Hilfe sucht, schnell Hilfe oder wie ist es bei psychischen Problemen, dass man sich auf eine Warteliste setzen kann und nach Monaten vielleicht Hilfe bekommt? Wie ist das bei der Suchtberatung?

01:56:20 Kannst du dazu was sagen? Ja, also wir jetzt, also ich würde auch sagen, andere Suchtberatungsstellen, wir arbeiten natürlich auch mit offenen Sprechstunden. Das heißt, Menschen sollen, also haben bestimmte Slots, Zeitslots, wo sie ohne Voranmeldung hingehen können, sich sofort ein Erstgespräch abholen können oder bekommen können. Und dann geht es quasi in die weitere Terminierung. Also so wird es genau.

01:56:47 Okay, das heißt, man kann in einer Sprechstunde zu euch kommen, wenn man das möchte. Ja. Und was ich hier immer einen schönen Aspekt finde, dass ja auch Freunde und Angehörige kommen können, die finden, dass der Konsum vielleicht nicht mehr ganz normal ist und sich auch erstmal Hilfe oder Tipps holen können. Dann Augustine und Andreas, danke, dass ihr euch zugeschaltet habt. Vielen Dank für eure Zeit. Einen schönen Abend euch noch. Dankeschön.

Portugiesisches Modell der Drogenpolitik als Vorbild

01:57:11

01:57:11 Und wir haben nämlich jetzt zum Schluss der Sendung noch extra Sebastian Kistas aus dem Studio Madrid bei uns. Er ist sonst, schaltet er zur Tagesschau. Heute ist er bei uns, zumindest ist er das vielleicht gleich. Und hallo Sebastian Kistas, herzlich willkommen. Hallo, schönen guten Abend aus Madrid.

01:57:34 Du beschäftigst dich auch in deiner Arbeit mit Portugal und der portugiesischen Politik und wir haben ja jetzt schon mehrfach über die portugiesische Drogenpolitik und die Unterschiede geredet. Vielleicht kannst du uns das einmal genauer erklären. Wie ist das denn in Portugal organisiert? Was ist da anders als hier?

01:57:52 Also vielleicht zum Einstieg so ein bisschen, wie begann das alles in Portugal? Portugal hatte Ende der 1990er Jahre ein massives Drogenproblem. Es kam nur ein bisschen daher, dass Portugal noch Kolonialkriege geführt hat in Afrika in den 60er, 70er Jahren. Als die Leute zurückkamen, dann waren sie verletzt an Seelen und am Körper.

01:58:18 und haben dann sehr stark zu Heroin gegriffen. Also man geht davon aus, dass jeder hundertste Portugiese heroinabhängig war Ende der 90er Jahre. Und dann hat die Politik gesagt, wir müssen diesen Menschen helfen. Und der Begriff ist jetzt vielfach gefallen. Es ging nicht um Legalisierung, sondern um Entkriminalisierung. Also man hat gesagt, Menschen, die Drogen bei sich führen zum Selbstkonsum,

01:58:48 Schwellenwert für zehn Tage maximal darf das reichen. Die verfolgen wir nicht mehr, also findet nicht mehr Strafverfolgung statt, sondern wir laden die ein und sagen, du hast mutmaßlich ein Problem, du wirst jetzt von uns beraten. Und in diesen Runden Beratungsgesprächen sitzt dann eine Juristin, Jurist, Sozialarbeiter.

01:59:17 und auch Medizinerinnen und Mediziner.

01:59:20 So, was ist passiert dann? Also das Ganze fand statt so ab 2000, 2001. Kritiker befürchteten, wenn man das entkriminalisiert, dass die Zahlen nach oben schießen werden, die Konsumentenzahlen. Sie sind tatsächlich leicht gestiegen, aber nicht exorbitant. Viel wichtiger fand man aber in Portugal, was gesunken ist, nämlich die Zahl derer, die gestorben sind an einer Überdosis.

01:59:49 Und vor allen Dingen auch die HIV-Infektion.

01:59:52 Das waren die beiden großen Erfolge dieses Modells. Und dann tatsächlich auch, dass sich viele Menschen Hilfe gesucht haben, weil sie sich nicht mehr als Kriminelle fühlten, sondern gesagt haben, da gibt es ein Beratungsangebot, gehe ich einfach mal hin. Und das ist nach wie vor so. Also auch 25 Jahre nach Einführung dieses Modells gehen viele Menschen hin und lassen sich beraten. Aktuell die meisten wohl in Sachen Cannabiskonsum.

02:00:22 Und ich habe jetzt zur Vorbereitung gerade nochmal mit einem Arzt gesprochen, den ich länger kenne, ein Deutsch-Portugieser, Notfallmediziner.

02:00:32 arbeitet in Krankenhäusern, hat sowohl Erfahrung in Deutschland als auch in Portugal und sagt, was hier wirklich auffällig ist, er sagt, ich habe seit vielen Jahren in Portugal niemanden mehr gesehen in der Notfallmedizin, der lebensbedrohlich eingeliefert wurde durch Drogenkonsum. Cornelius, was zeigt dir das und ist das nicht dann ein Vorbild für möglicherweise eine deutsche Drogenpolitik? Ja.

02:00:59 Also ich glaube, das haben wir heute auch schon ganz gut herausgearbeitet, dass das ein guter Weg sein könnte und wahrscheinlich der Bedarf bei uns ja auch steigt, wie wir es bei den Drogentoten ja schon gesehen haben. Aber ich glaube, wir haben auch schon ganz gut festgestellt, das muss jetzt alles, wenn überhaupt, muss es natürlich Stück für Stück und in Zusammenarbeit auch mit allen Institutionen geschehen. Weil jetzt nicht wie bei der Cannabis-Legalisierung, dass da jetzt so ein Wirrwarr herrscht. Also ja, aber genau.

02:01:27 die Suchterkrankungen in den Mittelpunkt stellen und davon ausgehen, dass es eine Erkrankung ist und nicht sozusagen gestraft hat.

02:01:36 Ich stimme total zu. Meine Erfahrung ist auch, dass man mit den Gesundheitspolitikern der CDU damit schnell zu dem Punkt kommt. Meine Erfahrung ist, dass die Innenpolitiker oft ein bisschen schwerer dafür zu motivieren sind, das dann auch so umzusetzen. Was ich total schade finde, wo ich mir sehr wünschen würde, dass dann mehr Meinung wie deine auch wirklich die Märkte der CDU bin. Was ja so ein bisschen daran liegt, dass denen wirklich Strafverfolgungsmaßnahmen genommen werden. Also wenn ich jetzt jemanden finde mit 50 Gramm.

02:02:01 darf ich den ja dann nicht mehr Telefon überwachen und so weiter. Die haben wirklich dann Schwierigkeiten, sozusagen auch die organisierte Kriminalität irgendwo anzufangen, zu verfolgen. Deswegen muss man eben einen guten Mittelweg finden, wie kann die Arbeit trotzdem geschehen von den Behörden. Vielleicht gibt es da auch was, was man aus Portugal dazu berichten kann, beziehungsweise Sebastian, du hattest noch einen Punkt, den du machen wolltest. Ja, was ich in Portugal auffällig finde,

02:02:27 Ich habe zuletzt auch über die Wahlen dort mitberichten dürfen. Normalerweise ist das Thema Drogen, Law and Order, ja gern auch dann so ein politisches Schlachtfeld, wo man versucht, sich zu profilieren. Das ist in Portugal kein Thema mehr. Also alle größeren Parteien sind der Meinung, dieses Modell...

02:02:48 hat funktioniert, beziehungsweise nicht hat, sondern funktioniert immer noch. Also darum gibt es keinen politischen Streit mehr. Das finde ich beachtlich, dass die Portugiesen das geschafft haben. Ja, ich habe auch in Vorbereitung auf die Sendung mit deinem J. Ula sozusagen vergleichbar aus Portugal gesprochen und der hat auch gesagt, das ist gar kein Thema, was für ein Gespräch gehst du? Wie kriegst du es dann den Innenpolitikern in deiner Partei rübergebracht?

02:03:16 Also wie gesagt, ich glaube, man muss halt diese Maßnahmen gewährleisten, dass die trotzdem ihre Arbeit machen können, wenn es Richtung organisierte Kriminalität geht. Ich glaube, um fair zu bleiben, muss man dazu sagen, auch meine Innenpolitiker sind nicht immer an vorderster Front mit dabei für die Sachen, die ich sage. Dann danke ich dir, Sebastian, dass du dir die Zeit genommen hast, um aus Madrid über Portugal hier live bei uns zu berichten. Vielen Dank. Gerne. Einen schönen Abend noch.

Ausblick und Fazit zur Drogenpolitik in Deutschland

02:03:47

02:03:47 Vielleicht noch dieser Kommentar. In Deutschland ist eine Entkriminalisierung eher in weiter Ferne. Genau, dieser Kommentar. Und habe ich hier noch welche? Ich schaue mal kurz. Aber ist es so? Also ich meine, wir beide sind jetzt an vielen Dingen so, dass man denken könnte, ja cool, warum macht das denn eigentlich jetzt die Koalition nicht? Ich glaube, in der Realität ist es auch so, dass Staatsanwälte und auch Richter auch schon lange Therapie vor Strafe sehen. Ich verstehe, das ist natürlich...

02:04:16 Schöner wäre, wenn man auch Sicherheit hätte, um eben sich auch mal dann aus der Deckung zu wagen, wenn man ein Problem hat oder so. Und ich weiß auch, dass man sich nicht in jedem Bundesland, Stichwort Bayern, darauf verlassen kann, dass das so gehandhabt wird, ist mir auch klar. Trotzdem muss man auch sagen, dass in der großen Mehrheit in der Justiz das auch so gehandhabt wird und gelebt wird, weil denen auch klar ist, das bringt nichts. Was macht ihr dann beide morgen, um sich voranzutreiben? Also ich habe mit Hendrik Stegg schon drüber gesprochen und ich denke, wir sehen das gleich. Und ja, also ich denke, da geht es...

02:04:44 Es wird, wie gesagt, nicht morgen irgendwie jetzt eine Inkriminalisierung kommen, aber wichtige Schritte wird es geben.

02:04:53 Also wir beschließen am Donnerstag einen Plenum und nochmal einen Antrag, der die aktuelle Gesetzesnovelle zu Lachgas dann auch im Bundesrat unterstützen wird übrigens. Sehr gut. Wir haben Unterstützung auch bei uns in der CDU-Fraktion für das Drug-Tracking. Das steht in der Koalition überhaupt nicht zur Debatte. Ich bin sehr optimistisch. Wir sind gerade in Haushaltsverhandlungen, dass wir die Öffnungszeiten vielleicht auch nochmal Mühe erweitert kriegen. Das wäre sicherlich gut. Wir sind uns mit der CDU einig dazu, dass wir die Gelder aus dem sogenannten Sicherheitsgipfel erhalten werden. Das hat der Regierende jetzt auch gerade.

02:05:22 in gewisser Weise verkündet. Und da sind genau solche Dinge drin. Die Verlängerung von Erfüllungszeiten in Konsumräumen, Konsummobile. Ich denke, dass wir uns dazu einig sein werden, in der Landesstrategiesucht dann auch eben mobiles Drug-Checking auf die Beine zu stellen. Also wir kommen da schon. Ja, stimmt. Ihr macht das Mobil. Das finde ich echt cool. Genau.

02:05:45 Komme ich noch auf dich gern zurück. Daher gehen wir den Weg, denke ich, einfach konsequent weiter und dann hoffe ich, dass Berlin da einfach auch eine Vorreiterrolle einnehmen kann, orientiert im portugiesischen Modell vielleicht auch nochmal oder an der Stadt Zürich, die auch schon ganz viel im Umgang mit Crack und Kokain richtig gemacht hat, eine große offene Szene bewältigt hat und dass das dann auf den Bund wirkt, der dann dem Vorbild folgt.

02:06:08 Wir können ja erstmal die eine Entkriminalisierung jetzt managen und ordentlich einjustieren, da können wir alle ein bisschen üben. Und dann können wir schauen, was dann passiert. Also Tatendrang am Schluss. Cornelius, die Ausgangsfrage oder die Prämisse der Sendung war, Deutschlands Drogenproblem außer Kontrolle. Würdest du sagen, das stimmt, wie sehr ist Deutschlands Drogenproblem außer Kontrolle und was hast du hier mitgenommen aus den letzten zwei Stunden? Ja, also ich glaube schon, dass die Zahlen besorgniserregend sind.

02:06:36 Ich hätte am liebsten auch noch ein bisschen mehr über alle anderen Sachen gesprochen, auch die Rolle rückwärts im Tabakkonsum durch die Vapes, dass wir jetzt wieder mehr Einstiegsraucher haben, finde ich auch besorgniserregend. Also ich glaube, dass wir insgesamt gerade wirklich schauen müssen, dass uns die Drogenpolitik da jetzt nicht irgendwie völlig in die falsche Richtung umschlägt und wir wirklich den Konsum runterkriegen. Mitgenommen habe ich auf jeden Fall, dass es gute Überschneidungspunkte gibt, wo es sich auch lohnt, gemeinsam daran zu arbeiten.

02:07:03 Ja, und ich habe mich auch gefreut über die vielen Perspektiven und würde zum Abschluss eigentlich gern noch was mitgeben, weil wir gar nicht so viel über Therapie und Ausstieg und sowas gesprochen haben, wenn ich das darf. Ich glaube, dass es ein großer Punkt ist, wo vielleicht auch Andreas und ich nochmal mehr hätten darüber sprechen können, weil er so ein bisschen meinte, dass genau das irgendwie so dazugehört und wir das nicht wegkriegen. Mir ist auch klar, dass wir es nicht wegkriegen. Ich will es nur nicht...

02:07:29 eben unterstützend romantisieren noch zusätzlich von staatlicher Seite. Und ich glaube, und da unterscheiden wir uns gleich ein bisschen, dass halt viele Leute sehr, sehr lang denken, sie sind auch irgendwie in einem kontrollierten Konsum. Und sehr, sehr lang glauben, ach, mir hat das nichts an oder so. Ich glaube, dass diese Honeymoon-Phase, das hätte John auch von Sucht und Süchtig gut erzählt, dass die sozusagen sehr, sehr lange anhält und den Leuten nicht bewusst ist, dass es ihr Leben schon negativ beeinflusst.

02:07:56 Und genau da helfen diese Frühkontakte zur Suchthilfe. Und so setzt auch Therapie an. Die Motivation wird dadurch geweckt bei den Personen, indem die richtigen Fragen gestellt wird und herausgearbeitet wird, hey, die positiven Aspekte, die überwiegen gar nicht. Sondern sei mal ehrlich, hast du vielleicht schon mal Freund oder Freundin versetzt? Hast du schon mal gelogen über das, was du konsumiert hast? Bist du schon mal zu spät gekommen? Hast du schon mal Beschaffungskleinkriminalität begangen? Und so weiter. Und all die Sachen. Und das wird herausgearbeitet. Und ich glaube,

02:08:25 Das würde ich mir wünschen, dass Leute früher in diese Reflektion eintreten. Deswegen auch gerne an alle, die kritisch mit mir waren im Chat, kein Problem. Nehmt das einfach mal mit, reflektiert ein bisschen euer Verhalten, sozusagen auch im Vergleich zu anderen Konsumenten, das hilft immer. Und dann, genau, glaube ich, das wäre ja noch so ein Ansatz, den ich gut finde, wenn die Leute kritischer mit dieser Honeymoon-Phase umgehen würden. Tamara, wie sehr ist Deutschlands Drogenproblem außer Kontrolle?

02:08:51 Ich glaube eigentlich, dass wir hier heute gerade gesehen haben, dass es gar nicht so sehr außer Kontrolle ist. Im Gegenteil, in den letzten Jahren schon viele Verbesserungen erreicht werden konnten, die uns auf den Weg gebracht haben, eben mehr den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, was wirklich, wirklich hilft. Und mich hat das motiviert, auf jeden Fall konsequent weiter daran zu arbeiten und glaube, dass es gut werden kann. Wenn ihr euch beraten lassen wollt.

02:09:15 die Notbremse ziehen wollt, euch helfen lassen wollt, dann findet ihr Infos in der Extension und es gibt auch digitale Beratungsangebote. Da muss man nicht mal vom Sofa oder aus dem Bett aufstehen. Es gibt zum Beispiel kokainfo.de, da könnt ihr euch hinwenden. Danke euch beiden, dass ihr hier zwei Stunden mitgemacht habt. Vielen Dank. Vielen Dank. Danke dir.

02:09:34 Und morgen, wenn ihr wollt, könnt ihr bei Mixtalk zum Thema Coworking mitreden. Watch Me Work, warum schauen wir anderen beim Arbeiten zu? Es geht um Coworking Streams und warum so viele Leute ihre Arbeit live auf Twitch streamen. Also, falls ihr darüber reden möchtet, dann macht das morgen. Das war's für heute. Macht's gut, habt einen schönen Abend. Tschüss.