Politik & wir I Neuer Papst: Soll sich die Kirche in die Politik einmischen? [!Thema]
Kirche und Politik: Wie weit darf Einflussnahme gehen? Experten diskutieren.

Die Diskussionsteilnehmer erörterten die Grenzen der Einflussnahme der Kirche auf die Politik. Dabei ging es um Wertevermittlung, Klimaschutz, Migration und die Rolle des neuen Papstes. Es wurde die Frage aufgeworfen, inwieweit sich die Kirche zu aktuellen Themen äußern und für soziale Gerechtigkeit einsetzen soll, ohne ihre Glaubwürdigkeit zu gefährden. Auch die Gründe für Kirchenaustritte wurden thematisiert.
Habemus Papam, habemus Politik & wir-Stream! Aber Religion und Politik – passt das zusammen? Nein, sagen zumindest einige Politiker:innen der Unionsparteien. Kirchenvertreter:innen aus Deutschland sehen das aber anders. Und auch der erste US-amerikanische Papst Leo XIV ist jetzt schon für seine Kritik an US-Präsident Donald Trump bekannt. Also: Soll sich die Kirche in die Politik einmischen? Darüber reden wir bei Politik & wir heute mit: Anna-Nicole Heinrich (Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland), Konrad Körner (Mitglied des Bundestages, CSU), Jessica Wilhelm (Initiative Maria 1.0), Ulrike Bieritz (rbb-Redakteurin für Gesellschaft und Religion), Lisa Quarch (katholische Feministin), @karloimmenso und @robaboyjj
00:00:00 Könnt ihr mir mal sagen, ob ich gerade Ausschlag habe? Hallo, hallo, hallo. Test, test, test.
Vorstellung des Themas und der Gäste
00:10:2600:10:26 Und herzlich willkommen zu Politik und Wir, eurem Community Talk. Das ist die erste Politik und Wir-Ausgabe mit einem neuen Papst. Wir haben einen neuen Papst, Leo XIV. Und apropos Papst, sein Vorgänger, der war ja sehr politisch. Da sind die Menschen jetzt neugierig, ob der neue Papst das auch wird. Franziskus jedenfalls hat sich für die Armen eingesetzt und hat teilweise deutliche Worte gefunden, was nicht immer allen gefallen hat, was auch mal Kritik gab.
00:10:55 wenn er sich zu sehr eingemischt hat. Und überhaupt einmischen in die Kirche, einmischen der Kirche in die Politik, da gibt es ja total unterschiedliche Meinungen. Eine davon hatte letztens zum Beispiel Julia Klöckner von der CDU. Ihr kennt sie wahrscheinlich, falls ihr sie nicht kennt, dann wird sie euch jetzt spätestens öfter über den Weg laufen. Sie ist frisch ernannte neue Präsidentin des Bundestags, ziemlich hohes Amt.
00:11:21 Und hat also ein hohes Amt in und hat Kritik an der Kirche. Julia Klöckner findet, Kirchen sollten sich aus der Tagespolitik raushalten. Darüber will ich heute sprechen. Unser Thema lautet also, soll sich die Kirche in die Politik einmischen? Und ich habe auch Gäste, aber am Anfang an euch, lieber Chat, eine ganz kurze Umfrage. Und zwar genau diese Frage. Soll sich die Kirche in die Politik einmischen? Schreibt doch mal eine Eins für Ja.
00:11:49 Kirchenvertreter, Kirchenvertreterinnen sollten sich äußern dürfen und nein, wenn ihr sagt nein, dann schreibt eine 2. Wenn ihr sagt nein, die Kirchen sollen sich auf Tagespolitik, sollen sich da raushalten, sollen stattdessen sich aufs Hoffnungsspenden fokussieren, dann schreibt doch das in den Chat. Ich sehe da eine 2, noch eine 2 reinfliegen, dass die Kirchen sich raushalten sollen, aber...
00:12:14 Ich sehe auch eine 1 da reinkommen. Also ihr könnt gerne ganz aus dem, das ist eine riesen Frage aus dem Bauch raus antworten. Ich werde das auch nochmal am Ende unseres Streams fragen und gucken, ob sich da was verändert hat. Flamingo Friend schreibt 1 und 2. Da ist jemand dazwischen. Flamingo Friend, wenn du das genauer beschreiben willst, dann schalte ich gerne dazu. Es gibt, ich würde sagen, es ist halb halb hier. Ich sehe ein paar 1 und ich sehe ein paar...
00:12:39 Part 2. Bonzi Scott sagt 3. Die Trennung dieser Frage ist zu ungenau. Bonzi, schalte dich sehr, sehr gerne dazu. So kannst du deine Meinung sagen, können wir gerne genauer drüber reden. Ich freue mich sehr auf diese Sendung. Vielleicht jetzt erst mal zu meinen Gästen. Bei mir ist Anna Nicole Heinrich. Herzlich willkommen. Du bist Präses der 13. Synode der Evangelischen Kirche Deutschland.
00:13:07 Und ich weiß, du hast es vermutlich schon oft erklärt, aber für alle, die es nicht wissen, die keine Ahnung haben, was heißt denn Präses, was machst du da, was ist die 13. Synode, hol mal alle ab, die keine Ahnung haben. Du hattest ja gerade schon mit Julia Klöckner angefangen. Man könnte, der Vergleich hinkt an ein paar Stellen, aber wenn man es ganz vereinfachen möchte, könnte man sagen, ich bin die Bundestagspräsidentin der evangelischen Kirche.
00:13:31 Denn die evangelische Kirche hat auf Gemeindeebene, die Gemeindekirchenräte, wo Leute mitbestimmen, dann so auf Landkreisebene, auf Bundeslandebene und eben auch auf Bundesebene ein Parlament, wo wir sowohl über den Haushalt als auch über Kirchengesetze und vor allem aber auch so über inhaltliche Grundlinien eben immer wieder miteinander ins Gespräch gehen und gucken, wo sind gemeinsame Linien. Und diesen Parlament, also der Synode heißt es bei uns, setze ich vor. Und Präses ist einfach nur ein...
00:13:57 Etwas eigentlich schönerer Ausdruck für Präsidentin, weil Präses nämlich prima inter parus heißt. Also nicht so, man sitzt irgendwas vor, sondern man ist Erste unter Gleichen. Also sozusagen der Teamlied des Parlaments der evangelischen Kirche. Super, vielen Dank. Du bist 29. Gerade geworden, ja. Gerade geworden, alles Gute nachträglich. Und du hast so ein hohes Amtende. Wie kommt man da hin? Ja, so...
00:14:23 Uiuiui, wir haben ja zwei Stunden Zeit. Also was ist so dein Background und wie bist du da hingekommen?
00:14:29 Zu diesem Amt bin ich, glaube ich, gekommen, weil es in der evangelischen Kirche in den letzten Jahren eine große Debatte rund um Jugendpartizipation gab. Jetzt bin ich schon 29, aber ich habe dieses Amt seit vier Jahren, also ich bin mit 25 gewählt worden. Und in den Jahrzehnten davor haben ganz viele junge Menschen in unserer Kirche dafür gekämpft, dass junge Menschen mit in Verantwortung können. Und haben immer wieder gesagt, das kann nicht sein, dass so ein Kirchenparlament aus 120 Leuten besteht, die alle weit über 40 sind, die geschlechtermäßig oft nicht gut ausgeglichen sind.
00:14:59 die Belange von jungen Menschen, Weitergabe des Glaubens und so sprechen, ohne junge Menschen echt zu beteiligen. Es gab immer Jugenddelegierte, die in der letzten Bank saßen, die aber so Abgeordnete zweiter Klasse waren, weil die durften nämlich nur reden, die durften keine Anträge stellen und nicht mit abstimmen. Und das war echt problematisch. Und ich bin in so eine Phase sozusagen in diese Jugenddelegierten Bank gekommen, als klar war, wir haben die Leute, die im Moment Entscheidungen treffen, so weit, dass sie das Gesetz ändern für uns, sodass
00:15:27 junge Menschen einen festen Platz im Parlament bekommen und gleichzeitig die Landeskirchen, also die ganzen Bundesländer, aus denen die Leute kommen, auch junge Menschen mit entsenden müssen. Und auf einmal waren wir knapp 20 Prozent unter 27, als die neue Synode 21 zusammengekommen ist. Und dann ist, glaube ich, eine Dynamik entstanden aus, wie geht es eigentlich weiter, wie wollen wir das auch abbilden, dass wir junge Menschen in Verantwortung haben wollen und dann ...
00:15:52 habe ich mich vielleicht nicht schnell genug weggedeckt oder weggeduckt. Vielleicht wolltest du es auch ein bisschen. Nee, am Ende, glaube ich, hat man mich echt so ein bisschen auch bei der Ehre gepackt, weil der Claim die Jahre davor war immer, hey, nur weil ich erst Anfang 20 bin, heißt das nicht, dass ein alter weißer Mann mit 60 die Sache besser machen würde als ich. Das war immer so, nicht nur erwachsene Leute können Verantwortung tragen, sondern auch Menschen Anfang 20 können Verantwortung tragen oder auch ein 18-Jähriger oder auch ein 15-Jähriger kann Verantwortung tragen.
00:16:20 Und dann war so ein bisschen, naja, jetzt bieten wir es dir an, dass du dich für eine verantwortliche Position aufstellen kannst. Dann muss man es halt irgendwie auch machen. Genau, also wenn du jetzt nicht sagst, du würdest für die Wahl zur Verfügung stehen, wäre irgendwie das, wofür du in den letzten Jahren eingestanden bist, doch irgendwie ein bisschen schräg.
00:16:38 Naja, dann kann man eh nicht mehr viel machen, außer halt warten, ob man gewählt wird oder nicht. Aber das kennst du ja wahrscheinlich auch. Ich komme auch sofort zum zweiten Gast. Das heißt aber auch, du warst immer auch aktiv in der Kirche. Ja, also nicht immer. Ich komme aus einem nicht christlichen Elternhaus. Also meine Eltern kommen aus Thüringen, sind dann kurz vor meiner Geburt nach der Wende nach Bayern gezogen, so arbeitsbedingt, und haben überhaupt keinen christlichen Background.
00:17:05 Ja, sehr typisch für Familien, die aus Ostdeutschland kommen. Und als ich dann aber in die Schule gekommen bin, war das im Bayerischen, in der Oberpfalz wirklich ein Problem, dass ich nicht getofft war. Ich weiß noch bei der Schulanmeldung, ich weiß gar nicht, ob ich es wirklich weiß oder ob ich es nur so oft erzählt habe, dass ich denke, dass ich es noch so im Kopf habe. Aber dass meine Mama da war und die fragte ja, welche Konfession und meine Mama sagte ja nichts.
00:17:25 Ethik halt oder so. Und die Sekretärin so war, Yahweh, die ist nix. Das gibt's doch nicht. Irgendwo muss ja hin. Und dann musste ich mich halt entscheiden, ob evangelischer oder katholischer Rallye-Unterricht. Und durfte mir dann eine Woche das anschauen, die andere Woche das. Der katholische Priester war in meinen sechsjährigen Augen wirklich schon sehr, sehr, sehr alt. Und...
00:17:44 In den evangelischen Rallye-Unterricht durfte ich als Einzige aus meiner Klasse gehen, weil alle anderen katholisch waren. Ich durfte alleine das Klassenzimmer verlassen. Das war eine junge Lehrerin im Raum der Mittagsbetreuung, Kombiklasse 1 bis 4. Also ich durfte alleine raus, da waren ältere Kinder und der Unterricht hat auf dem Spieleteppich stattgefunden. Und das war irgendwie für mich der Start zu erfahren. Evangelisch sein muss das Coolste sein der Welt und da ganz klassisch.
00:18:07 Irgendwie in die Gemeinde mit reingerutscht, Jugendarbeit, Trompete spielen gelernt, ein bisschen Verantwortung in der Kinder- und Jugendarbeit übernommen, Kindergottesdienste gemacht und einfach in die Gemeinde reingewachsen und dann auch gemerkt, so Jugendverbandsarbeit ist ganz cool, auch zu sehen, was...
00:18:22 wofür andere einstehen, damit wir das ermöglichen können, was wir vor Ort immer gemacht haben. So die Zuschüsse für meine Freizeitgelder sind dahergekommen, weil Menschen sich irgendwie im Landkreis dafür eingesetzt haben, dass sowas auch gefördert wird und so. Und dann bin ich da so ein bisschen reingewachsen zwischen Jugendarbeit und Kirche und da glaube ich auch. Ich würde immer sagen, bei mir war erst die kirchliche Gemeinschaft, erst wirklich dieses Gefühl, das ist eine tolle Crew.
00:18:47 Und dann peu à peu kam irgendwie auch der Glaube dazu und die Auseinandersetzung damit, was das eigentlich heißt, bis zur Taufe dann.
00:18:53 Und jetzt bist du hier neben Konrad Körner von der CSU, frisch gebackener Abgeordneter im neuen Bundestag, einer der jüngsten im neuen Bundestag. Dein Leben verändert sich gerade total, ne? Ja, das ist richtig. Kannst du ein bisschen erzählen? Also ich weiß, du bist auf Wohnungssuche in Berlin. Ja, die Wohnung habe ich jetzt seit zwei Wochen, aber da steht bis auf dem Bett eigentlich noch nichts drin. Man ist natürlich jetzt...
00:19:20 So, immer eine Woche daheim, eine Woche in Berlin. Jetzt sogar mal drei Wochen hintereinander mit Kanzlerwahl und dem ganzen Kladderadatsch, was da so mit anfängt. Also ist gerade sehr viel Neues. Zwischen Wege finden und noch ein bisschen verstehen, wie eigentlich der ganze Ablauf im Parlament ist. So was. Wie fühlt sich das an, durch den neuen Bundestag? Also nicht für dich, den neuen Bundestag zu laufen?
00:19:45 Es ist schon ein cooles Gefühl. Also erstens hat man sich natürlich schon auch vorgestellt, ich habe vor zwölf Jahren da mal ein Praktikum gemacht in der Verwaltung und so als Erstsemester-Jura-Student. Und dann habe ich mir gedacht, okay, schon cool hier. Und mit der Schule waren wir mal da. Und wenn man jetzt da als Abgeordneter durchgeht, also ist schon ein tolles Gefühl und natürlich auch eine riesige Ehre. Und war nicht planbar. Also wenn man es mir vor zwei Jahren gesagt hätte, du bist jetzt mal im Bundestag, hätte ich alle für verrückt erklärt.
00:20:13 Das ist Politik oft verrückt und nicht planbar, aber es ist unglaublich cool und jetzt kann man hoffentlich mitgestalten. In der Community ist die Frage, welche Ausschüsse dich interessieren. Wir haben vorhin schon kurz drüber gesprochen, auch welche Themen dich interessieren, würde ich mal hinzufügen, wofür du so ein bisschen da arbeiten willst. Ja, also bunt gemischt, so ein bisschen. Ich komme auch aus der kirchlichen Jugendarbeit ursprünglich, ich habe dann noch die Politik für mich entdeckt, war jetzt zehn Jahre bei mir daheim, auch im Stadtrat.
00:20:42 Das bedeutet, Politik kenne ich schon ein bisschen, aber jetzt halt natürlich nicht auf diesem Level. Ausschüsse gibt es noch nicht am Ende der Woche. Steht es vielleicht dann fest, in welchem Ausschuss man mitarbeiten darf. Die Jungen müssen sich da auch ein bisschen hinten anstellen, aber mal gucken. Was hast du?
00:20:58 Und ja, also ich könnte mir vorstellen, Digitalisierung ist natürlich ein spannendes Thema für jemanden, der aus Jugend kommt, vielleicht auch ein bisschen IT-affin ist. Kannst du mit deinem Parteikollegen Philipp Amthor dann hoffentlich arbeiten? Ja, der ist jetzt sogar zum Staatssekretär geworden, also hat da schon hohe Verantwortung. Aber auch Forschung war auch an der Uni oder Recht ist jetzt was, was bei mir natürlich näher liegt.
00:21:21 Also man hat da schon so seine Themen, aber vor allem natürlich als junger Mensch auch solche Themen wie Generationengerechtigkeit, wie geht es weiter, Sozialversicherungssysteme haben wir gerade eine große Debatte jetzt, Wehrpflicht, Dienstpflicht, das sind alles ja so Themen, die beschäftigen uns schon seit Jahren und werden jetzt noch besonders aktuell. Mal gucken. Und wann warst du das letzte Mal in der Kirche? Am Sonntag oder am Samstag?
00:21:48 Das Problem ist, man verliert jetzt den Überblick über seinen Kalender. Aber es sind, um ehrlich zu sein, relativ viele auch kirchliche Events. Doch, ich weiß, dass ich am Samstag bei der Einweihung eines Feuerwehrfahrzeugs war. Das war zumindest mit kirchlichem Akt quasi. Und ich glaube, der Feuer war auch irgendein Gottesdienst.
00:22:07 Aber lage mich nicht drauf fest. Kannst du auf Instagram nachschauen. Und kannst du ein bisschen erzählen, wie so dein Glaube und deine politische Arbeit in der CSU, Christlich-Soziale Union, wie sich das verschränkt? Also ich glaube, wie jetzt glaube ich bei dir auch, man ist ja so ein bisschen in die Kirche gekommen über oft...
00:22:28 über Engagement, über eine Heimat finden. Bei mir ganz klassisch, ich bin nach meiner Erstkommunion irgendwie dahin gerannt und habe mich in die Menstruanten eingeschrieben. Das war so der erste Akt, glaube ich, ohne meine Eltern zu fragen, also dritte Klasse. Und ich bin zu meinen Eltern erst danach hin und habe gesagt, ich habe mich jetzt da gerade eingetragen. Da war ein bisschen Verwunderung, aber vielleicht auch klammheimlich ein bisschen stolz dabei.
00:22:51 Dann habe ich mich da engagiert und eigentlich mit Chor und was man so alles macht. Bei den Evangelischen ist das Posaunenchor, bei uns war das Kirchenchor groß geworden. Und wie verschränkt sich das mit Politik? Also ich glaube, dass man da erst mal gelernt hat, was Engagement, was möglich ist, wenn man sich einbringt, dass man da eine Chance dafür bekommen hat, auch als junger Mensch. Und wenn man diese Verantwortung einmal gelernt hat, dann lässt sie einen, glaube ich, auch nicht mehr los. Und das ist das...
00:23:20 was vielleicht am ehesten da reinträgt und natürlich die gewisse Verantwortung, die man hat. Ja, also auch wenn das ja immer schwierig ist, aber das mit den Talenten und so und dass man halt, wenn man was kann oder wenn man sich einbringen kann, wenn man irgendwie eine Möglichkeit, eine Chance dazu hat, dass man es tun soll. Also das sind alles Dinge, die haben mich irgendwie eigentlich als junger Mensch überhaupt nicht interessiert. Das habe ich auch nicht, aber später versteht man es dann, finde ich. Als junger Mensch, du bist Jahrgang 92. Ja.
00:23:44 Du bist immer noch junger. Bin ich immer noch. Aber ich meine jetzt nur, also mit 17 habe ich jetzt niemandem gesagt, oh, Glaube und Politik, das hängt irgendwie zusammen oder so. Aber jetzt im Nachhinein denkt man sich oft, ja, da steckt schon was dahinter und man hat da vielleicht auch echt viel mitbekommen.
00:24:00 Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, wie das für dich weitergeht. Vielleicht können wir dich ja in vier Jahren wieder zur Politik und wir spätestens einladen und mal so ein Fazit von deiner, oder wer weiß, zu welchem Zeitpunkt dich wieder einladen können, um mal ein bisschen über deine Erfahrungen zu reden. Ich wollte einmal schauen, was schon im Chat so steht.
Diskussion über die Rolle der Kirche in der Politik
00:24:2200:24:22 Zum Thema, soll sich die Kirche in die Politik einmischen? Ich gucke mal hier, Goldstar2040 schreibt. Soll sich die Kirche in die Politik einmischen? Nein. Davon ab, dass die Kirche genug bei sich selbst aufzuarbeiten hat, sollte sie sich eher um das Seelenheil kümmern, wenn man gläubig ist. Ich bin es nicht und ich bin auch gegen das Konzept Kirche. Möchte jemand von euch darauf reagieren? Ich kann gerne meinen Aufschlag machen.
00:24:47 Ich glaube, du hast ja vorher auch das Julia Glöckner Zitat gleich am Anfang gebracht. Ich glaube, es ist einfach ein bisschen Trugschluss, weil versucht wird in dieser Debatte, das eine mit dem anderen aufzurechnen. Aber Christ sein, somit auch Kirche sein, weil Kirche ist die Gemeinschaft von Christinnen, das ist schon immer politisch. Jesus war auch kein unpolitischer Mensch. Deswegen beziehen wir natürlich Stellung, gerade auch zu Themen, die mit unserem Zusammenleben zu tun hat, wo es um Menschen geht.
00:25:15 Migration, sei es Klimaschutz, Bewahrung der Schöpfung, die erste Geschichte in unserer Bibel, wo wir sagen, hey, hier ist die Erde, sagt Gott zu uns, passt gut drauf auf. Das ist so eine der ersten Aufgaben, die wir bekommen. Und für mich bedeutet das immer Christ sein. Christ sein muss ich auch in meinem Handeln zeigen, hast du ja gerade auch gesagt. Aus dem, was du in deiner christlichen Gemeinschaft auch gelernt hast, ist daraus erwachsen, dass du dich auch als christlicher Politiker einbringen möchtest. Und das heißt aber nicht, nur weil wir das eine tun, lassen wir das andere.
00:25:43 Wir haben trotzdem 14.000 Kirchengemeinden, 15.000 Gottesdienste jede Woche. Wir haben unzählige SeelsorgerInnen, die nicht nur für die Kirchenmitglieder da sind, sondern Krankenhausseelsorger, Notfallseelsorger. Also es gibt unglaublich viel geistliches Leben in der ganzen Fläche. Und ich habe immer das Gefühl, sobald wir in diese Debatte gehen, vor allem dann auch mit Überspitzen oder...
00:26:05 Frau Glöckner würde jetzt auch darauf beharren, sozusagen aus dem Kontext gerissenen Einzelaussagen aus kurzen Interviews. Wird Konrad Körner bestimmt gleich einordnen. Ja genau, aber dass wir so ein bisschen das eine gegen das andere aufrechnen, obwohl beides, also meine Antwort wäre auch eins und zwei. Nur wenn wir das eine tun, lassen wir das andere nicht. Möchtest du darauf reagieren? Ja, also ich glaube, was sie ja gesagt hat, ist Tagespolitik. Also wie tief.
00:26:33 geht die Kirche rein in das tagespolitische Geschehen. Und da stehe ich um ehrlich zu sein schon dahinter, und zwar auch als Christ und als Kirchenmitglied. Weil ich auch nicht sagen würde, Kirche ist eine unpolitische Organisation. Natürlich ist sie das nicht. Kirche hat Werte, soll Werte vermitteln.
00:26:54 Und wenn gegen diese Grundwerte verstoßen wird, dann kann man da eine Meinung dazu haben. Und man soll auch Dinge, Kirche hat auch immer eine mahnende Rolle, eine aufmerksam machende Rolle. Also damit, das glaube ich, hat aber auch Julia Glöckner nicht an sich kritisiert. Der Punkt ist glaube ich nur, wie versteht sich Kirche? Versteht sich Kirche als normale, also als Organisation im politischen Diskurs?
00:27:21 Mit allen guten und schlechten Seiten, dass man zu Gesetzgebungsvorschlägen in ihrer tiefe Stellung nimmt. Dass man da selber Beschlüsse und Pressemitteilungen, dass man da ganz tief reingeht ins Detail. Oder sagt Kirche, ich habe eine andere Flughöhe, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich schaue ein bisschen aus den größeren Zusammenhängen drauf. Das will ich heute auf jeden Fall ausnoten.
00:27:48 viele vielleicht nicht mehr mitgenommen fühlen von Kirche dann. Wo diese Flughöhe ist, das interessiert mich. Ich will einmal kurz sagen, Lucia hat zu uns geradet. Ihr seid beide Gamer. Wisst ihr, was Raiden ist auf Twitch? Also wir haben gerade mehr Menschen bekommen, die uns zuschauen, weil wir empfohlen wurden. Das vielleicht noch ganz kurz. Sehr gut. Du spielst Playstation und du hast früher Counter-Strike gespielt, habe ich mir gemerkt.
00:28:11 Da sind Sachen drin, die wir auf jeden Fall noch vertiefen werden. Ich wollte ein bisschen weiter die Community-Sachen hier vorlesen. Und zwar schreibt BQRSTL, BQRSTL, schreibt, Kirche, Religion und Politik klar trennen, zum Wohle aller, danke. Senf, ich schreibe, ich lese mal ein paar erstmal vor. Senf321 schreibt, Kirche war schon immer politisch.
00:28:38 Er oder sie, Senf, eher bei dir, wobei, wenn ich das Profilbild anklicke, dann eher. Bonzi Scott schreibt, zu der Frage, natürlich soll sich Kirche nicht in die Politik einmischen. Die Trennung zwischen Kirche und Stadt existiert aus gutem Grund, ist mir aber auch noch nicht getrennt genug, siehe Kirchensteuer. Flamingo Friend sagt, die Kirche hat trotz klarer Meinung natürlich einen Einfluss auf die Politik, frei nach dem Motto, wer glaubt, der glaubt.
00:29:06 Und Sebi schreibt, jeder ist irgendwie irgendwo gläubig, jeder soll an den oder das glauben, was er will, ob das Gott und Jesus ist oder Allah und Mohammed oder, Moment, ich kann es nicht mehr ganz lesen, oder Allah und Mohammed oder, oder, oder und ja, und Kirchen und Religionen sollen sich in Politik einmischen, denn das, was gelehrt,
00:29:33 wird leider oft von Politikern vergessen und die müssen dann wieder auf Kurs gebracht werden. Du hast ja auch gerade dieses Beispiel gebracht von Schöpfung, Bewahrung der Schöpfung.
00:29:43 was dich anleitet zu Klimakrise ernst nehmen und über Klimaschutz reden. Da habe ich gesehen, bei dir hast du so... Nee, nee, ich habe nur kurz gewackelt, weil du gesagt hast, Gott hat in deiner Bibel gesagt, passt gut drauf auf. Ich glaube, das kommt jetzt auf die Übersetzung an. Sonst hieß es mal, macht euch die Erde untertan. Da wäre ich jetzt auch nicht mehr dafür, aber deswegen habe ich nur geschmunzelt. Alles gut.
00:30:05 Aber dass die Bewahrung der Schöpfung da drin steht, ist ja völlig unständlich. Oder selbst beim Untertanen. Auch der König hatte eine Fürsorgepflicht für seine Untertanen. Das ist richtig, das ist richtig. Dann lasst uns mal ein bisschen über den neuen Papst reden. Ich weiß nicht, Chat, habt ihr die Papstwahl verfolgt? Was haltet ihr vom neuen Papst? Schreibt mal darüber gerne in den Chat. Und wir reden auch gleich mit Ulrike Bieritz, die leitet die rbb-Redaktion Gesellschaft und Religion, hat also Ahnung.
Der neue Papst Leo XIV. und seine Bedeutung
00:30:3400:30:34 Falls ihr Fragen über Leo XIV. habt, dann gerne her damit, ballert sie in den Chat. Wir reden gleich über den neuen Papst und wir haben jemanden, der sich dazu schalten will, um über den Papst zu reden. Hallo, Tagchen. Hallo zusammen. Magst du dich einmal vorstellen, wer bist du und wie hast du die Papstwahl verfolgt, das Konklave?
00:31:02 Ja, lieben Gruß nochmal in die Runde. Ich bin Laurens aus Berlin und die Papstwahl habe ich tatsächlich im ersten Schritt gar nicht so wahnsinnig aktiv verfolgt. Mir ist dann nur aufgefallen im zweiten Schritt, wo wir auch das Thema Religion und Politik haben, wie wahnsinnig politisch diese Papstwahl dann doch am Ende des Tages erscheint. Also mir zumindestens. Zum einen, weil ich nicht gedacht hätte, dass das Konklave sich dann doch für eine Fortführung, ja ich sag mal von Franziskus aus,
00:31:32 Und da eher jemanden nimmt mit Leo, der dem progressiven Lager zuzuordnen ist. Und im Zweiten, weil die ganze Politisierung von Kirche und dem Vatikan durch die Trump-Regierung am Anfang so krass präsent einfach war. Und ich finde es schon fast, naja, nicht zynisch, aber doch irgendwo schon spannend zu beobachten, dass wir jetzt hier einen Papst haben, der auch Amerikaner ist.
00:31:59 als kosmopolitisch gilt, in Peru lange missioniert hat.
00:32:03 Und schon fast sowas wie zu einem moralischen Gegenstück zu Donald Trump dann an der Stelle irgendwie wird. Gar nicht mal unbedingt, weil sie aktiv politische Arbeit machen. Aber gerade die katholische Kirche vollzieht ja sowas wie stille Diplomatie, sag ich mal. Gerade in Krisenzeiten sehen wir das ja. Man hat es mit Pius unter Mussolini gesehen, Johannes Paul II. unter der DDR und den Ostblockstaaten. Also da tauchten ja immer wieder Anklänge von Menschlichkeit.
00:32:33 Menschenwürde auf. Und deswegen finde ich das irgendwie so passend an der Stelle, dass es jetzt da jemand ist, der, ja, ich sag mal, zum moralischen Gegenpol einer dann doch antidemokratischen, scheinbar ja schon faschistischen Bewegung ist. Bist du selbst kirchlich? Bist du religiös? Hast du das irgendwie im Hinblick auch darauf angeschaut oder gar nicht?
00:32:55 Teils, teils. Ich habe tatsächlich sogar mal Theologie studiert, aber das abgebrochen. Ich bin aber mit einer Idee von Kirche aufgewachsen, wo Kirche und Religion sich als Organisation versteht. Ökumene, Diakonie, Gemeindearbeit, Kirchenchor. Ich war auch Protestant, ich bin auch mittlerweile aus der Kirche ausgetreten aus bestimmten Gründen. Es gibt ein paar mehr. Wie bitte?
00:33:19 Es gibt ein paar mehr, die aus der Kirche ausgetreten sind. Ja, genau. Und ich fand aber sozusagen den organisatorischen Ansatz von Kirche immer spannend und jetzt weniger das katechistische, katholische, die Kirche so als Institution. Und wie würdest du auf diese große Frage, die wir haben, soll sich Kirche in die Politik einmischen reagieren?
00:33:42 Ich finde das wahnsinnig schwierig zu beantworten. Also wie gesagt, auf der einen Seite kann sich die Kirche, glaube ich, von einem gewissen politischen Unterton nicht losmachen, weil es eben um die Vermittlung von Werten geht. Also für mich ist da einfach auch die Kirche an erster Stelle eine Wertegemeinschaft und spricht für, in dem Fall dann der Papst, für die katholische Glaubensgemeinschaft, aber natürlich auch für ganz viele andere Menschen, die sich damit identifizieren können. Und jetzt konkret in dem Kontext, ich würde fast dazu tendieren, ja, weil wir die Möglichkeit oder
00:34:11 dieser Papst eventuell die Möglichkeit hat, da als Korrektiv aufzutreten. Also kürzlich kam ja auch die Einladung von Zelensky in die Ukraine. Das ist dann jetzt auch so eine klassische Frage, politisiert man sich damit oder auch nicht. Aber ich finde von Zeiten, wo ich sage mal wirklich auf gut Deutsch die Kacke am Dampfen ist, es dann auch angebracht ist, Flagge zu zeigen und diese Werte noch stärker in den Vordergrund zu stellen. Nicht unbedingt zu sagen, hallo, ich bin der neue Papst, ich politisiere jetzt, aber zu sagen,
00:34:40 Ich möchte an der Stelle nochmal unterstreichen, das und das sind die Werte, für die wir einstehen. Und ich glaube, dass das in solchen Zeiten umso wichtiger ist. Laurenz, vielen, vielen Dank, dass du dich dazu geschalten hast. Danke. Und hab einen schönen Abend. Ciao. Konrad Körner, CSU. Wie hast du die Papstwahl verfolgt? Wie froh bist du?
00:35:03 Über Leo XIV. Ich habe heute die Schlagzeile gesehen, dass er eine Apple Watch trägt. Er ist ein sehr wahnsinnig... Es gibt natürlich noch ganz andere Smartwatch-Hersteller, wir machen keine Werbung. Er ist ein sehr moderner Papst offensichtlich. Kannst du die Haltung von Laurenz verstehen, dass die Kacke am Dampfen ist, wie er sagt, und dass deswegen der Papst politischer sein sollte? Ja, ich würde nur, glaube ich, zu einer anderen Schlussfolgerung kommen. Leite gerne her.
00:35:31 Ich glaube, also erstens, ich habe die Papstwahl, um echt zu sein, leider nicht so intensiv verfolgen können, weil die letzte Woche haben wir noch einen Kanzler gewählt und naja, das war auch ein bisschen holprig teilweise. Also insofern habe ich dann das Ergebnis nur gesehen und die Möwe, die irgendwie mal durch meinen Instagram-Feed geflogen ist. Aber ich war persönlich schon erleichtert, weil ich mir gedacht habe, okay, also erstens jemand, der für einen Papst relativ jung ist.
00:36:00 Und Amerikaner ist mal was Neues. Und ich fand auch das erste Statement einfach mit, die Kirche ist grundsätzlich gegen Krieg. Friede sei mit euch allen war, glaube ich, eine der ersten Sachen. Das ist gut, weil das ist das, was ich ja vorher noch mit Flughöhe gemeint habe. Das kann sich Kirche leisten. Und zum Beispiel, da würde ich jetzt sagen, wenn er das jetzt zulassen würde, dass er zu so einem Gegenspieler von Trump stilisiert wird. Also es muss andere Gegenspieler geben.
00:36:28 an Merkel denkt, da hieß es in der ersten Trump-Administration, also das ist jetzt die Anführerin des wahren Freien Westens. Das muss Politik lösen. Dann lässt er sich ja auf dieses politische Niveau runter und ich fände das sehr schade, weil dann hat er sicherlich die Hälfte der Bevölkerung gegen sich und kann auch nicht mehr mit dem Anspruch sprechen, mit dem Papst sonst sprechen kann, der ja so ein bisschen, ich sag mal was, so ein bisschen was...
00:36:54 was Geheimnisvolles und auch irgendwie Unbestechliches hat. Also die Kirche ist immer für Frieden, die Kirche schlägt sich nicht auf politische Seiten. So würde ich es jetzt mal zumindest für den Vatikan feststellen. Und ich glaube, das ist im Echtsein auch das, was Julia Klackner gemeint hat. Also ich glaube, das wäre jetzt der falsche Rat an ihn, wenn er sich darunter ziehen lassen würde auf diesen, ich sag mal, diese politische Schlammschlacht, die halt teilweise stattfindet.
00:37:16 Hat ja auch der alte Papst nicht unbedingt gemacht. Also, diese Wirtschaft tötet ist so ein berühmtes, ich würde es mal sagen, antikapitalistisches Zitat vom alten Papst. Ich weiß, Anna Nicole Heinrich, für dich spielt der Papst tendenziell keine Rolle, aber hast du das auch verfolgt und hast du trotzdem auch ein Gefühl davon, was du dir von einem neuen Papst wünschst?
00:37:38 Ja, ich habe tatsächlich die Papstwahl verfolgt oder so die letzte halbe Stunde. In der WG stand ein Laptop in der Küche, während wir gekocht haben. Und es ist ja schon auch spannend, was allein dieses Ereignis dieser Wahl auslöst. Da wird so ein Papstname gesagt und ich wohne mit einer katholischen Theologin in der WG, da war auch so, okay.
00:38:01 Wir googeln mal, weil wir kennen jetzt auch nicht alle Kardinäle, die da irgendwie... Robert Francis Previst, wenn ich es richtig ausspreche, hat quasi sein Pronomen gewechselt, ist jetzt Leo der 14. Genau, ist jetzt Leo der 14., das kann man sich auch leichter merken, aber war ja auch gar nicht einer der irgendwie Top-Favoriten, sondern alle schienen, auch die Moderatorinnen schienen alle so ein bisschen überrascht, deswegen alle waren gespannt, dann kam dieser Weiße Rauch, dann haben wir den Namen gehört und dann war ich erstmal so, okay, jetzt wissen wir, wer Papst ist.
00:38:30 Also da merkt man glaube ich schon, dass der Papst einfach für einen Protestanten keine starke Identifikationsfigur ist. Und dennoch hat er ja seinen, also wenn der Papst was sagt, wird zugehört. Ja und da würde ich sagen, ich glaube diese Flughöhe, die du dir wünschst, Konrad, an der Stelle, die...
00:38:57 Das ist ein Anspruch, den man glaube ich kaum einlösen kann, weil sobald man sich inhaltlich positioniert, wird man sozusagen auch einsortiert. Und das ist auch eine Fremdzuschreibung, das ist auch, so funktioniert Kommunikation, so funktionieren Medien. Jemand bezieht Position zu was oder für was, macht nur positive Aussagen und trotzdem wird am Ende, er verhält sich entgegen der Meinung von X, weil dadurch wird sozusagen die Nachricht erst spannend.
00:39:26 dass sich sowohl Franziskus als auch bestimmt der neue Papst sehr bewusst sind, dass wenn er manche Sätze sagt und sich auch auf einer sehr abstrakten Art und Weise zu einem Thema positioniert, dass das auch einfach bis sozusagen in ganz operative Ohren hineingehört wird. Was meinst du mit operative Ohren? Naja, wenn der Papst Franziskus, wie du gerade zitiert hattest, gesagt hat, der Kapitalismus tötet.
00:39:54 Diese Wirtschaft tötet, hat er gesagt.
00:40:24 Egal wie hoch die Aussage ist, sie trifft auf Ohren, die auch was ganz Konkretes hören wollen, weil so ticken wir halt. Wir erwarten uns ja gerade von solchen Stimmführern, dass sie sehr, sehr absolute Aussagen machen, die uns Orientierung geben. Und da hoffe ich schon, dass auch Papst Leo den Mut hat, gerade bei Themen, die wirklich Mistände immer wieder aufzeigen, die Krieg- und Friedenthemen sich klar zu positionieren.
00:40:50 Und nicht Angst davor zu haben, irgendwas nicht zu tun, weil man politisch instrumentalisiert werden könnte. Ich würde es zum Beispiel ein mega starkes Zeichen finden, wenn er in die Ukraine kreist, sich dort mit orthodoxen Geschwistern trifft, in Solidarität zeigt und sagt, hey, wir sehen, was ihr hier gerade auch für ganz Europa mit auf eure Schultern packt. Wir stehen in Solidarität an eurer Seite.
00:41:13 Wenn das jetzt in deinen Augen sozusagen was wäre, wo er sich politisch instrumentalisieren lassen würde gegen irgendjemanden. Ich weiß nicht. Weil es ein riesiges, starkes Signal wäre am Anfang, sich in die Ukraine zu begeben. Also ich glaube, selbst Franziskus hat ja, obwohl der da sehr zurückhaltend war, was uns jetzt als Deutscher natürlich und auch mir jetzt persönlich nicht gefallen hat. Ich kann aber quasi, ich kann das bis zu einem gewissen Maße aus dem Anspruch einer Weltkirche heraus.
00:41:40 Und ich glaube, von der Flughöhe her, also der Satz, diese Wirtschaft tötet, der stört mich natürlich auch, weil ich erst mal sagen würde, nichts hat so sehr für Wohlstand und weniger Kindersterblichkeit und gesorgt wie ein Wirtschaftssystem, das auf der Welt jetzt ziemlich vorherrschend ist.
00:41:56 Das wurde ja dann auch interpretiert. Da gibt es ja die Vorlesung, die du gerade angesprochen hast. Ja, aber der kommt aus Südamerika und da muss man schon sehen, da gab es wirklich den bösen Raub der Kapitalismus und der den Regenwald abholzt. Also das muss man dann schon wieder ins Verhältnis setzen. Ich finde jetzt aber den Satz noch gar nicht so schlimm. Ich mache mal ein anderes Beispiel. Also es ist für mich schon ein Unterschied, ob ich sage,
00:42:16 Wir setzen uns für die Bewahrung der Schöpfung ein und die Politik muss auch Verantwortung da zeigen und wir müssen auch der nächsten Generation was hinterlassen. Oder selber erlebt, ob ich an der Fronleichnamsprozession, das ist jetzt wieder was sehr katholisches, ob ich an der Fronleichnamsprozession eine Fürbitte gegen die Atomkraft höre. Wo man jetzt sagen kann, aber Greta Thunberg ist dafür. Also wo ich eine politisch aus meiner Sicht fast schon fachliche Diskussion führen kann über Für und Wider und über Risiken und über Abwägungen.
00:42:45 Das war zum Beispiel für mich so ein Erlebnis, wo ich dann mal kurz da war und nur gestockt habe innerlich und mir gesagt habe, ist das jetzt euer Ernst? Also ich habe da nicht mitgebetet, weil mein Gebet habe ich jetzt da nicht noch mit in die Waagschale geworfen. Und das ist für mich so ein bisschen die Flughöhe. Also wie operativ ist man? Und ich glaube, das war auch das, was Julia Glöckner hat, glaube ich, das Beispiel mit dem Tempolimit gebracht, wo man echt gut in der Demokratie streiten kann, aber wo Kirche...
00:43:12 Also in der Kirche streitet man sich auch und zwar sehr lebendig, aber es ist glaube ich ein Unterschied. Die Kirche sollte, finde ich, einen größeren Anspruch haben als eine Partei. Also selbst eine Volkspartei wie die CSU, wir nehmen ja nicht den Anspruch, dass wir jetzt die Meinung von 100 Prozent der Bevölkerung vertreten. Wir hoffen, dass wir 50 plus x erreichen und dass die Mehrheit sagt, Mensch, das finden wir ganz gut, was ihr macht. Aber die Kirche muss ja eigentlich den Anspruch haben.
00:43:39 möglichst alle, aber vielleicht fast alle Schäfchen mitzukriegen und ihnen auch ein Zuhause zu geben. Und das glaube ich, das vergibt man sich, wenn man sich halt auf diese tiefen...
00:43:49 Ich will noch eine Sekunde beim Papst bleiben, wir werden darüber weiter reden. Ich will nämlich immer noch verstehen, wo diese Höhe, wo Tagespolitik anfängt und Abstrakte oder die nötige Höhe, die du siehst, wo das anfängt, wo das eine aufhört, das andere anfängt. Aber ich will noch beim Papst bleiben und zusammen mit Ulrike Bieritz, Leiterin der RBB-Redaktion Gesellschaft und Religion, ein bisschen diesen Papst kennenlernen. Hallo Ulrike, schön, dass du bei uns bist. Ja, hallo, guten Abend.
Betrachtung des neuen Papstes Leo XIV. und die Rolle der Kirche in der Politik
00:44:1900:44:19 Lass uns ein bisschen über den Papst reden. Er ist US-Amerikaner und er ist auch Peruaner. Welche Bedeutung hat das? Was würdest du sagen?
00:44:27 Also ich habe ja am Anfang immer gesagt, es wird niemals ein Nordamerikaner Papst, weil einfach es nicht sein kann, dass die Weltmacht quasi geführt wird, Donald Trump und dann auch noch die Kirchenmacht, wo ein Nordamerikaner geht. Aber ich glaube, dass genau dieses Peruaner-Sein dafür gesorgt hat, dass man sich am Ende dann doch für ihn entschieden hat. Jetzt hoffen natürlich alle tatsächlich, ich habe es ja auch schon gesagt, dass er ein großes Gegengewicht zu Trump sein kann. Aber ich glaube tatsächlich, dass man sich entschieden hat, die Kardinäle für jemanden, der auf der einen Seite den...
00:44:56 Weg von Franziskus weitergeht, also an der Seite der Armen, dieses auch, ja gerade diese Region der Welt auch ganz gut kennt. Man sieht ja auch an der Wahl seines Namens, dass er da schon eine politische Botschaft mit verbindet, wie ich finde. Und auf der anderen Seite ist er natürlich auch jemand, der die westliche Welt kennt. Also er ist genau das, was eigentlich die katholische Kirche in dieser Zeit braucht, einen Verbinder, einen tatsächlich Brückenbauer, also einen Pontifex. Und das kann er, glaube ich, machen. Und er hat auch schon in seinen ersten Äußerungen ja bewiesen, dass er eigentlich das
00:45:26 was die Kirche gerade braucht und was von ihm erwartet wird, eben die Brücken bauen.
00:45:30 dass er das schaffen kann, indem er seine allererste Rede zum Thema Frieden gehalten hat und dann in der allerersten Predigt über den Glauben gesprochen hat. Das heißt, nach außen wirken und nach innen wirken. Also von daher glaube ich, nach der ersten großen Überraschung, die ich auch hatte, als ich den Namen gehört habe, ich muss sagen, ich hatte 23 Kardinäle auf der Liste, der war zum Glück dabei, sodass ich relativ schnell wusste, wer ist das eigentlich, war ich dann doch ganz überrascht, also war ich dann eigentlich ganz positiv überrascht, dass sich die Kardinäle tatsächlich für so eine
00:45:59 so eine Vermittlerrolle entschieden haben. Also keinen, der radikal Reformer ist, weil ich glaube, das wäre zu viel für die katholische Kirche, aber auch eben keinen, der so einen Rollback macht, weil oft sagt man eben auf den liberalen Volk ein Konservativer und das, glaube ich, wird mit ihm nicht sein. Aber wir werden die eine oder andere Überraschung und möglicherweise auch Enttäuschung erleben mit ihm. Er hat, als er noch Kardinal war, mal J.D. Vance, Vizepräsident der USA.
00:46:24 in einem Tweet zurechtgewiesen, JD Vance is wrong. Also da war er auf jeden Fall sehr klar und er war nicht diplomatisch. Glaubst du, das bleibt so? Ändert sich da was jetzt? Ich hoffe, dass er klar bleibt. Also es ist ja immer so, so ein bisschen auch wie in der Politik. Also da ist ja, er ist ja nicht ganz alleine. Da ist ja eine ganze Kurie hinter ihm. Das ist am Ende wie im Kanzleramt, wo dann die Mitarbeiter auch sagen, es mir doch wurscht, wer unter mir Kanzler ist. Also da ist die Frage, wie sehr lässt er sich domestizieren?
00:46:51 Das ist das eine. Und das andere ist eben, wie sehr muss er am Ende auch Rücksicht nehmen auf die Vielfalt der katholischen Kirche, auf die Strömung. Also ich hoffe ganz stark, er hat ja auch Mike Pence sehr kritisiert in der Vergangenheit. Er hat ja immer klare Worte gefunden. Ich glaube und hoffe, dass er das auch bleibt. Und wenn ich so die ersten Äußerungen von ihm sehe, er hat ja auch sich mit Journalisten jetzt schon getroffen und da ganz klar auch sich eben für die Freilassung von verhafteten Journalisten ausgesprochen. Also er äußert sich durchaus auch.
00:47:20 auch politisch äußert sich klar und ich denke mal so mit 69 ist er vergleichsweise jung und wird das hoffentlich noch eine ganze Weile machen können, bevor er dann irgendwie vielleicht das eine oder andere nicht mehr so mitkriegt. Also du hast glaube ich auch gesagt, ich hoffe, das bleibt so, dass er sich politisch äußert. Du wünschst dir also auch eine Kirche, die sich in die Politik einmischt, politisch äußert.
00:47:39 Ja, ich finde auch, das gehört mit dazu. Aber es ist der Unterschied. Und darüber habt ihr, glaube ich, noch gar nicht so detailliert gesprochen. Das eine ist, sich politisch zu äußern. Da wird ja auch Kirche gefragt, wenn es um Gesetzesvorhaben geht, in ethischen Fragen. Da gibt es ja auch Berater quasi, also Menschen, die da bei der Bundesregierung auch immer aus- und eingehen und bei Gesetzesvorhaben eben mitberaten. Das ist Politik. Woanders nennt sich das Lobbyarbeit, bei der Kirche nicht? Ja, ich sage ja, das sind die Oberlobbyisten der Kirche. Ja, also das ist es im Prinzip.
00:48:09 nicht genannt werden. Aber Anna Nicole Heinrich hat es ja auch schon gesagt, das ist ganz klar, auch wenn man wirklich, ich sage mal so etwas fromm, Jesus nachfolgt, ist das durchaus politisch. Das andere ist Parteipolitik.
00:48:19 Das ist die Frage. Soll man sich parteipolitisch äußern? In der evangelischen Kirche wird ja oft vorgeworfen, sie ist quasi die Vorfeldorganisation der Grünen oder Rot-Grün versifft. Das ist, glaube ich, genau das Thema, wo man gut diskutieren kann. Also sich eindeutig auf die Seite einer Partei stellen, finde ich schwierig. Aber politisch äußern auf alle Fälle. Das erwarte ich ehrlich gesagt auch. Aber wo fängt das an, wenn die Kirche sich...
00:48:43 zu Fragen äußert, die über die Klimakrise äußert, wo man sie vielleicht eher dann eben bei einer bestimmten Partei verorten kann.
00:48:54 Da bin ich ganz klar bei dem Thema. Also Klimakrise, ja, wir bewahren der Schöpfung, hat Anna Nicole Heinrich gesagt. Wir haben das Menschenbild, was ja aus dem christlichen Glauben herauskommt, dass man also einfach Gott nicht ins Handwerk pfuscht zum Beispiel. Man kann man natürlich darüber diskutieren, Abtreibung ja oder nein, Gentechnik ja oder nein. Aber da nochmal zu gucken, wir gucken auch auf die Schwachen der Gesellschaft.
00:49:17 Ganze Thema Kirchenasyl. Wir kümmern uns um die, um die sich keiner kümmert. Das, was Franziskus gemacht hat, was wir jetzt von Leo XIV. auch weiter erwarten. Also da hat Kirchen eine ganz klare Haltung und da muss sich auch Kirche äußern. Immer wieder auch den Finger in die Wunde legen, wenn es eben kein anderer macht. Und um nochmal ein neues Thema aufzumachen, es gibt eine Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, die nochmal sagt, wer tritt aus der Kirche aus und warum sind welche Leute in der Kirche.
Erwartungen an die Kirche und das Verhältnis zur Politik
00:49:4200:49:42 Und da wurden auch Leute, die mit Kirche nichts am Hut haben, gefragt. Was erwarten Sie von Kirche? Und da haben alle gesagt, ganz klar soziales Engagement, sich um die kümmern, um die sich keiner kümmert. Kindergärten, Schulen, Hospize, nicht irgendwie missionieren oder so, aber sich einfach auch Krankenhäuser. Also diese Dinge, Soziales, wird von der Kirche auch ganz klar erwartet. Und das ist für mich Sozialarbeit eigentlich hochpolitisch.
00:50:07 Ulrike Bieritz hat, wenn ich es richtig gerade in Erinnerung habe, gesagt, die evangelische Kirche wird auch zynisch manchmal Vorfeldorganisation der Grünen wahrgenommen. Wie würdest du das beschreiben? Ich würde mal ein Beispiel fragen. Hast du ein Beispiel, wo du sagst, das ist sozusagen eine Sache, das immer wieder angeführt wird als ein Beispiel, dass die evangelische Kirche die Vorfeldorganisation der Grünen ist?
00:50:32 Also natürlich wissen wir das gerade, wenn wir uns diese Note Kirchentag angucken, da sind natürlich sehr viele ehemalige oder noch rühne Politiker. Da gucken wir auch übrigens gleich hin. Politikerinnen an Spitzenpositionen, Katrin Göring-Eckardt, jetzt Anja Siegesmund, die Kirchentagspräsidentin. Letztes Mal Thomas de Maizière. Ich wollte nur sagen, wo es herkommt, also warum die Leute auf diese Ideen kommen.
00:50:55 Und natürlich, wenn klar zum Thema Klima geredet wird oder wenn eben eine Klimaaktivistin auch auf eine EKD-Synode auftritt. Ich sage jetzt nicht, dass ich das so finde, aber ich quasi zitiere das, was andere Leute da immer gerne anbringen und als Kritik vorbringen.
00:51:11 Andere, die dann immer sagen, ja, Kirche verhält sich ja wie eine NGO oder so. Also ich weiß, dass das von Kirchenseite natürlich sehr kritisch gesehen wird und auch widersprochen wird. Aber das sind manchmal so Steinchen aufeinander, wenn jemand das Böse will, wo dann gesagt wird, nee, das soll sie nicht sein. Und wenn dann auch noch Tempo 30 quasi beschlossen wird, das sind alles die uralten Ginger.
00:51:32 Ich habe auch zu Tempo 30 eine andere Haltung, weil ich sage, genau das ist Bewahrung der Schöpfung, wenn wir vielleicht ein bisschen langsamer Auto fahren. Aber das wird eben gerne von den Kritikern angebracht und dann gesagt, naja gut, da tummeln sich ja die Grünen und daher kommt das als Beispiel. Ulrike, vielen Dank für diesen Punkt. Ich hoffe, wir können später noch mal kurz reden, aber erst mal danke, dass du dir überhaupt die Zeit nimmst und hier bei uns dabei bist. Ich bleibe bei euch. Super.
Kirchentag: Einblicke und Diskussionen
00:51:5900:51:59 Da wir jetzt diesen Kirchentag schon angesprochen haben, würde ich gerne da, bevor wir nochmal über Julia Klöckner auch genauer reden, diesen Kirchentag genauer anschauen. Lieber Chad, wart ihr auf den Kirchentag?
00:52:17 Weil wenn jemand von euch zuschaut und beim Kirchentag war, dann ist das eigentlich, dann ist das göttliche Fügung. Und ihr müsst euch dazu schalten und von euren Erlebnissen beim Kirchentag berichten. Und jetzt fragt ihr vielleicht, wie geht das überhaupt, dass ich mich hier dazu schalte?
00:52:37 Das ist relativ einfach und es wird euch auch ein sehr freundliches Gesicht begegnen, wenn ihr euch dazu schaltet. Es gibt jemand hinten, das ist Mona. Politik und wir Ultras kennen Mona auch als ARD. Mona im Chat. Hier ist Mona. Hallo Mona. Hören wir dich? Wir hören dich noch nicht. Doch. Auch wenn man hier arbeitet, ist das manchmal noch ein Problem.
00:53:06 Hört ihr nicht? Ja, wir hören dich sehr gut. Also nochmal, Politik-Ultras, können sich freuen, dass endlich mein Gesicht... Das heißt, ich sammle die ganzen Leute ein, die gerne bei uns mitquatschen wollen. Da muss man sich durch ein paar Schritte klicken, aber ich hoffe, ihr findet zu mir.
00:53:24 Über dem Chat ist der Button Anklingeln. Wenn ihr dort draufklickt und immer die Schritte weiter durchgeht, kommt ihr irgendwann zu dem Punkt, wo ihr dann bei mir im Backstage seid. Da muss ich dann einmal kurz mit euch chatten. Da führt leider kein Weg dran vorbei. Deshalb macht bitte eure Flüsternachrichten an. Das findet ihr unter euren Privatsphäre-Einstellungen unter dem Punkt.
00:53:46 Sicherheit und Privatsphäre, da müsst ihr Flüsternachrichten von unbekannten Usern einmal zulassen. Oder einfacher ist es vielleicht, wenn ihr dem Account ARD-Streamtogether schreibt. Dann chatten wir kurz.
00:53:59 Und wenn es gerade zum Thema passt, könnt ihr einfach live mitreden, Fragen an die Gäste stellen. Ihr müsst auch keine Expertinnen oder Experten sein. Ihr könnt einfach kurz eure Takes loswerden. Ich habe auch schon ganz fleißig im Chat mitgelesen und da ganz viele Leute aus verschiedenen Seiten gesehen, die eher religiös sind, die kritisch sind. Wir würden uns total freuen, von euch zu hören. Wichtig ist noch, Kamera und Mikro solltet ihr haben. Und ich hoffe, dann finden noch ein paar Leute den Weg zu mir.
00:54:27 Mona, herzlichen Dank, danke, dass du hier das und unsere Menschen in Empfang nimmst und dass du das so gut erklärt hast. Es klingt kompliziert, aber man folgt eigentlich nur Dialogfeldern. Also ihr schafft das, schaltet euch dazu erst recht, wenn ihr auf dem Kirchentag wart, aber auch so. Danke Mona, ja. Und zur Einstimmung in diesem vielleicht Themenkomplex Kirchentag haben wir so einen kleinen Clip vom Kirchentag vorbereitet.
00:54:55 Den seht ihr jetzt. Wenn wir über Immigration sprechen, da gehen hier eben tausende Menschen auf die Straße und setzen ein Zeichen für die Vielfalt. Wir müssen uns entscheiden. Entweder wir teilen uns dieses Land oder wir teilen uns den Friedhof darunter. Wenn wir nicht dafür sorgen, dass wir die Lebensgrundlagen, die Schöpfung bewahren, dann wird man unsere Lebensgrundlagen so häckseln, bis da nichts mehr an Profit rauszuquetschen ist. Deswegen ist...
00:55:22 Kirchentag höchstpolitisch. Er ist nicht parteipolitisch. Ich habe unter einem anderen Kirchentag-Video vom letzten Jahr den Kommentar gesehen, das hat jemand geschrieben, kein Unterschied zu dem Parteitag der Grünen. Würdest du dem zustimmen? Also, wenn ich manche Tagesordnung lese, dann ist das mein erster Gedanke, der in meinen Kopf kommt auch, das stimmt.
00:55:49 Weil man oft das Gefühl hat, dass diese politischen, diese vielleicht auch tagespolitischen Themen das überlagern. Dass man sich da auch ein bisschen, ich weiß es nicht, wie soll ich das sagen, also die Kirchen sind mindestens so gut darin, sich selbst zu feiern, wie es Parteien sind und sich auch selbst zu sagen, dass sie, also.
00:56:07 ganz richtig stehen. Das soll man auch, wenn man den Glauben verkündet, glaube ich. Aber die Frage ist halt, wie gesagt, wie unterscheidbar das ist. Ich würde es jetzt, ich muss jetzt fairerweise sagen, ich glaube, Kirchentag ist schon ein sehr spezielles Format. Also ja, auch ein Diskussionsformat und da will man ja auch in den Austausch und auch in den Streit kommen. Das ist auf dem ökumenischen Kirchentag, da war ich jetzt mal, ist das genauso. Für mich ist es in der Diskussion eher ein Unterschied halt.
00:56:35 Ob der Pfarrer zum Beispiel das Privileg in Anspruch nimmt, in der Kirche oder im Gottesdienst alleine zu reden, wo man ja auch keinen Widerspruch bekommt. Und dann halt schon sehr tief reingeht, übrigens egal, ob das jetzt eher dem linken oder dem konservativen Spektrum zuzuordnen ist. Aber ja, klar. Also als Konservativer fühlt man sich jetzt...
00:56:55 glaube ich, auch wenn ich protestantisch wäre, zumindest sagen mir das die Protestanten, die ich kenne und die vielleicht jetzt eher meiner Partei angehören, fühlt man sich vielleicht nicht unbedingt angesprochen. Ja, das würde ich schon sagen. Darauf lasse ich dich reagieren. Du warst ja da, ich habe dich im Video gesehen, wie politisch, wie tagespolitisch warst. Aber ich war nicht da, muss ich verleihen. Also ich würde sagen, euer Zusammenstedt war schon ein bisschen tendenziell, weil da waren jetzt einfach...
00:57:17 Fünf, sechs Personen, die man kennt. Das war der Bürgermeister von Hannover. Das ist Material von euch, von der evangelischen Kirche sozusagen. Das haben wir verdichtet. Ja, genau. Aber dazwischen sind Bilder von Segen, von riesigen Gottesdiensten, von Taizé-Andachten, von Lichtermeeren, von Kirchen, in denen ganz, ganz viel gesungen wird. Hannover, der Bürgermeister, hat am Anfang diesen Satz, den er da sagt, hat er bezogen auf, ich bin stolz auf meine Stadt, wo Menschen dagegen aufstehen.
00:57:47 so viele Menschen hier kommen, um über Werte zu diskutieren, über das, er selber kein Christ, über Sachen zu diskutieren, die unsere Gesellschaft zusammenhalten. Und ich glaube, wenn man auf so einem Kirchentag ist, und vielleicht war das ja auch beim ökumenischen Kirchentag so, ich meine, Katholikentage sind im Grunde genau das Gleiche, nur ein bisschen kleiner. Aber ich weiß gar nicht warum, wahrscheinlich nur, weil das Format bei euch irgendwie nicht so etabliert ist. Oder die Städte, in denen ihr das macht, kleiner Sinn. Wir gehen dann einfach nach Rom und... Genau, so Jugendwahlfahrt oder so. Aber da finden ganz...
00:58:16 viel Glaubensleben statt. Also man kann eigentlich nicht, also man kann nur alle zwei Jahre auf so dichtem Ort so viel Unterschiedliches auch im eigenen Glaubensleben irgendwie ausprobieren. Von musikalisch, Gottesdiensten, Andachten. Ich habe zum Beispiel diesen Kirchentag das erste Mal selber gesegnet. Das ist für einen Katholiken weit entfernt, dass man, wenn man nicht so geistlich ist, so segnen darf. Aber das war ein riesiges... Ja, das darf für uns jeder. Segnen, so mit Händen nach oben und so. Hä, also...
00:58:43 Ich glaube nicht. Du kannst es sogar bei deinem Brötchen machen, also verstehe ich jetzt nicht. Ne, ich glaube so Leute segnen, so... Ja, wir segnen sogar Gegenstände, die Katholiken sind da ganz entspannt. Also segnen darf jeder, das ist ganz entspannt. Okay, dann sind vielleicht... Vielleicht kann Ulrike uns danach bei der Frage nochmal helfen. Aber ne, also man kann ganz viele, ganz, ganz viele Sachen auf dem Kirchentag machen und ich würde schon auch sagen, dass in den Panels, in den Diskussionsrunden, in den Workshops einfach wirklich...
00:59:13 eine riesige Bandbreite an Angeboten ist, wo jeder was findet, wo aber auch jeder was findet, woran er sich stößt. Und das ist, glaube ich, das Ding. Wir picken uns ganz oft an die Sachen raus, an denen wir uns stoßen. Beziehungsweise ist die Frage, wer sich daran stößt, aber du wirst uns jetzt vielleicht wieder sagen, dass es tendenziös ist. Ich würde sagen, wir verdichten das.
00:59:35 Es gibt einen Auszug aus dem Kirchentag, den haben wir hier. Das sind alles Programmpunkte vom Kirchentag. Queere Tiere auf der Arche, ein interaktiver Gottesdienst unterm Regenbogen. Safe Space, Frauen mit Sternchen sprechen über Sexualität für eine sexpositive Kirche. Deutsche Waffen für die Welt, wie vertragen sich Friedensgebot und Rüstungsexporte, Polyamorie und Nichtmonogamie. Was? Wie?
01:00:01 Zeit für deine Fragen rund um dieses Thema. Mutig, stark, beherzt für Klimagerechtigkeit. Wie kann ich mich einsetzen? Warum sind das Themen für einen Kirchentag? Jetzt müsstest du die Veranstalter fragen, die diese... Jetzt kannst du sie nochmal ansprechen. Ich war bei leider keiner dieser fünf Veranstaltungen. Habe ich jetzt das Gefühl, selbst das ist dir auch ein bisschen viel gerade? Nein, gar nicht. Ich würde sagen, auf dem Kirchentag hat es seinen Platz.
01:00:27 Denn der Kirchentag ist mega partizipativ organisiert. In ganz vielen Projektgruppen sind ganz viele Leute, die aus Gemeinden kommen, die sich engagieren in der Fläche der evangelischen Kirche, die sagen, ich habe ein Thema und das möchte ich mit anderen Christinnen besprechen.
01:00:40 Dann können die sich in diesen Projektkommissionen zusammenfinden, dann bewerben die sich mit ihren Veranstaltungen und am Ende entscheiden richtig viele Leute, die bunt gemischt sind. Wenn man jetzt sozusagen von der Spitze geht, von Anja Sigismund bis Thomas de Maizière, die dort die beiden sozusagen Pole der Präsidenten, wenn man es politisch sehen wollen würde, sind im Moment, entscheiden dann, was es ins Programm schafft. Und ich glaube, das Ding ist, dass es einfach...
01:01:02 ganz viele Themen gibt, wo gerade Menschen, die stark im Glauben verwurzelt sind, den Wunsch haben, sich mit anderen Christinnen darüber auszutauschen und das auch in einem relativ geschützten Raum, sich diesen Themen nähern zu können. Deswegen würde ich erst mal sagen, alles, was da im Programm steht, hat seine Berechtigung.
Glaube, Politik und die Rolle der Kirche in der Gesellschaft
01:01:1801:01:18 Was genau sich hinter dem Programmpunkt verbirgt, kann ich nicht sagen, weil ich leider bei keinen der fünf Veranstaltungen war. Wo würdest du denn hingehen, Konrad Körner, zu welchem dieser fünf Punkte? Und hat das da seinen Platz? Also, wenn ich sagen will, ich will mir mal was anschauen, jemanden, der ganz anders denkt als ich, dann könnte ich wahrscheinlich überall hingehen. Aber ich meine, die Frage ist doch eigentlich, finden wir da noch...
01:01:42 Finden wir jetzt da fünf andere Veranstaltungen? Ich glaube, das ist schon die Frage, die man sich stellen muss, egal ob evangelisch oder katholisch. Finden wir jetzt fünf andere Veranstaltungen, wo steht, was weiß ich, ja, Pro-Life, warum jedes Leben...
01:01:54 ab der ersten Minute wertvoll und erhaltenswert ist. Findet man das? Ich zum Beispiel selber habe eine Veranstaltung mit einem Musiker gemacht, der sich ganz klar an der Stelle positioniert und auch mit dem Lied gut, was er spielt, klar damit positioniert. Oder halt, warum die Ehe unauflöslich ist, Polyamorie und Nicht-Monogamie. Safe findet man Programme zum Thema Ehe. Wahrscheinlich findet man sogar Workshops, in denen man Eheberatung machen kann auf dem Kirchentag. Oder SeesorgerInnen, die darauf spezialisiert sind, sich nochmal dem Thema Ehe zu nähern.
01:02:24 Ich glaube wirklich, dass es ... Dass man nur getriggert ist, weil man auf der anderen Seite steht. Genau, weil man nur getriggert ist, weil da steht queere Tiere. Aber es gibt wahrscheinlich ... Ich würde jetzt mal sagen, das spielt vielleicht sogar auf was Biologisches an. Das sind nicht Seepferdchen zum Beispiel, so Tiere, die nicht so ein eindeutiges Geschlecht haben oder so. Also es gibt ja Tiere, die keine eindeutigen Geschlechte haben und sozusagen sagen, hey, die ...
01:02:46 So ein Seepferdchen war da wahrscheinlich auch mit auf der Arche. Deswegen, ich glaube wirklich, das ist so ein Empörungsmechanismus, der da irgendwie einsetzt, dass wir uns davon triggern lassen wollen, obwohl wir es eigentlich gar nicht müssen.
01:02:58 Weil es uns auch nicht weh tut. Ja, ich glaube schon. Also ich glaube, dass das, ja klar, also das wird auch, logisch klar, das wird auch in einer WhatsApp-Gruppe oder so geteilt und so, schaut mal her, ja, solche Workshops nur bei der grünen Jugend sonst. Und ich glaube, dass es das andersrum auch gäbe. Also es ist überhaupt keine Frage, dass man sich davon triggern lässt. Wie gesagt, ich würde jetzt ein bisschen die Frage stellen, ob es diese Workshops in der Intensität mit dem Trigger-Potenzial, also auch die Frage, wie formuliert man das, ob da Eheberatung steht oder ob da steht, die Ehe, die einzige sinnvolle,
01:03:28 Form des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Das steht ja da auch nicht. Da steht ja auch nicht Polyamorie first. Ja gut, weiß ich. So Polyamorie, Monogamie. Wie ist das eigentlich? Also ich finde, das ist ein mega offener Titel, der einfach sagt, wir dürfen nur, weil wir Christen sind, uns nicht verbieten, über manche Themen zu sprechen, wenn sie uns... Anscheinend gibt es Leute, die das betrifft und die sich damit auseinandersetzen wollen, was das für sie in ihrem Christsein bedeutet, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Und dann würde ich sagen, also wenn ich dann...
01:03:56 Also wenn ich auf einem Kirchentag, wo dann, weil da kommen mit hoher Wahrscheinlichkeit Menschen zusammen, die wirklich bereit sind, sich auch mal ernsthaft über dieses Thema mit einem selber auszutauschen. Man sitzt halt nicht nur zu Hause in seinem Gebetsbänkchen und muss sich irgendwie Gedanken drüber machen, sondern man hat Austausch mit Menschen. Also ich finde, das waren ja auch viele Themen, wo Menschen sich sehr verletzlich machen, wenn sie...
01:04:16 sich in Gespräche darüber begeben. Ich finde gerade ein Safer Space an der Stelle auch anzubieten, zu sagen, hier in der größeren Runde an Menschen kannst du dich mal zu dem Thema informieren, wo du vielleicht in deinem kleinen geschützten Zuhause direkt in der Ecke gestellt werden würdest, ist eigentlich schon auch grüßlicher Auftrag. Du sagst, diese Themen sind da, wir müssen sie behandeln, um alle mitzunehmen und deine Sorge ist eher, wenn wir diese Themen behandeln, dann...
01:04:42 verlieren wir Menschen und nehmen sie eben nicht mit? Also ich glaube, man kann grundsätzlich über alles reden. Die Frage ist ja nur, was ist der kirchliche Auftrag? Also ich glaube, solche Diskussionen zu führen, also Orientierung zu geben, ist glaube ich kirchlicher Auftrag, da sind wir, denke ich, einig. Die Frage ist für mich so ein bisschen halt, ich glaube, es ist viel Selbstbestätigung dabei. Also ich bin mir nicht sicher und wie gesagt,
01:05:11 Das kennt man in Parteien auch, aber ich will ja gerade nicht, dass sich Kirche mit Partei gemein macht. Sind es jetzt die Themen, wo man danach sagt, Mensch, jetzt haben wir aber dem angestaubten Image unserer Kirche mal so richtig, jetzt haben wir was Gutes gemacht. Das glaube ich ist schwierig und vor allem eine Frage würde mich wirklich interessieren, weil das hast du jetzt gerade so schön gesagt. Du hast gesagt, na, da sind ja Menschen, die sich...
01:05:38 die quasi rauskommen aus ihrer Gemeinde und sich da mal unterhalten. Hast du das Gefühl, es gibt eine Diskrepanz zwischen dem, den du in deiner Gemeinde siehst, dem 65-Jährigen, dem wir uns vorhin unterhalten, in deinem Posaunenchor, dessen Lebensrealität und der Lebensrealität der Leute, die auf den Kirchentag gehen? Also ich glaube, ganz viele der 65-jährigen Posaunenchor-Spieler und Spielerinnen, die sind genau Kirchentagspublikum. Also ich glaube, die Konkurrenz von hoch, hoch engagiert in den Gemeinden und Kirchentagsbesuchern ist...
01:06:07 wirklich ziemlich, ziemlich, ziemlich groß. Okay. Also es ist wirklich, deswegen, wenn man auf so einem Kirchentag ist, gerade die Posaunenchöre sind dann mega, überall in Hannover sind auf einmal so kleine, versprengte Gruppen an hauptsächlichen RentnerInnen. Das kommt ganz drauf an, wie du Gottesdienstbesucher betitelst. Aber zum Beispiel die, mit denen ich in der Jugendarbeit im Gottesdienst war, im Jugendgottesdienst, bei uns im Dekanat, die sind auch alle auf den Kirchentag gefahren. Ich will gleich auch noch weiter über den Kirchen.
01:06:36 Meine Nachbarin ist, glaube ich, nicht mit auf den Kirchentag gefahren, aber auch eher, weil sie keine Gruppe hatte, mit der sie da hingefahren ist. Also deswegen, ich glaube, das sind schon, also das würde ich schon auch einmal zur, nee, es ist weder Ehrenrettung noch Verteidigung, sondern eher auch zur Einordnung. Beim Kirchentag kommen schon auch, also da kommen einfach hoch engagierte Christinnen zusammen, die sich, das ist ja auch ein Ding, gerade auch für junge Leute, aber die sich nicht schämen.
01:07:03 dass sie fünf Tage lang mit einem bunten Schal christliche Lieder singen, durch eine fremde Stadt laufen und zeigen, ich bin hier, weil ich Christin bin. Also da kommen nicht 100.000 Hochpolitisierten zusammen, sondern da kommen Leute zusammen.
01:07:19 die sich nicht davor schämen, ihr Christsein auch in der Öffentlichkeit zu zeigen. Mit einer reden wir gleich, eine Katholikin, die auch auf dem Kirchentag war, wollen von ihr hören, wie sie den empfunden hat, aber ich will jetzt, weil ich habe schon 100 Mal über Julia Klöckner geredet, und ich will jetzt einmal die Grafik zeigen, in der wir nochmal das genau auseinandernehmen, was sie eigentlich gesagt hat. Wenn Kirche manchmal zu beliebig wird oder zu tagesaktuellen Themen Stellungnahmen abgibt, wie eine NGO,
Kirche zwischen NGO und Wahrheitsanspruch
01:07:4701:07:47 eine Nichtregierungsorganisation und nicht mehr die grundsätzlichen Fragen von Leben und Tod im Blick hat, dann wird sie leider auch austauschbar. Du würdest das so unterschreiben. Ja. Wird Kirche wie eine NGO? Ich glaube, dass sie wahrgenommen wird, ob man das jetzt absichtlich weniger adressiert oder die Medien, können wir uns jetzt über die Gründe noch unterhalten. Aber ich glaube, dass sie, wenn Leute
01:08:16 irgendwo Medien konsumieren, irgendwo sind, dass sie wirkt wie jemand, der einfach wie eine NGO oder wie eine Partei sozusagen in Stellung nimmt und vielleicht einen gewissen Abstand, eine gewisse Zurückhaltung manchmal nicht mehr an den Tag legt. Und das, glaube ich, schreckt viele ab. Das ist halt die Frage, erreiche ich noch alle, die im Kirchenbänkchen sitzen oder halt nur die hochengagierten, ich sage mal, Kirchenultras, die auf Kirchentag fahren oder zur Papstwahl reisen? Und da, glaube ich, da wird es schwieriger. Und das ist im Übrigen ein Problem, das wir vielleicht...
01:08:45 auch in Parteien oder so haben. Also schaffe ich es aus meiner Bubble auszubrechen und ich glaube, die Bubble, die ist echt groß. Wird die Kirche austauschbar, wenn sie sich politisch äußert oder gewinnt sie genau dadurch an Relevanz? Ich glaube, sie wird nicht austauschbar, weil das ist schon auch was, worum ich zum Beispiel immer sehr bemüht bin. Wir brauchen einen Grund und der muss biblisch sein, der muss uns mit der Botschaft mitgegeben sein.
01:09:10 Warum wir uns an dieser Stelle äußern. Und das heißt aber nicht, dass wir sozusagen bei der Aussage Schöpfung bewahren stehen bleiben, sondern das heißt auch zu prüfen, was heißt es für unser konkretes Handeln. Wie können wir auch als riesige Institution, als großer Arbeitgeber Vorbild sein? Wie können wir vorangehen und können sagen, wir proklamieren nicht nur die ganze Zeit Schöpfung bewahren, sondern wir meinen es auch ernst. Deswegen, ich glaube, dass...
01:09:38 Und diese Sorge, dass manche Menschen sich, also das höre ich immer wieder raus, dann sagen, das ist mir, da kann ich vielleicht nicht mehr frei selber denken, weil die Kirche sagt mir jetzt, ich soll das machen, ich soll das machen, das ist mir zu konkret. Ich will ja irgendwie selber gucken, was ist gut, was ist böse oder was ist moralisch richtig oder falsch. Und wenn die Kirche das so stark forciert, dann wende ich mich ab. Wie würdest du auf diese Sorge, oder wie würdest du zu Menschen reagieren, die diese Sorge äußern?
01:10:08 Also würde ich erst mal sagen, ja, der christliche Glaube ist dafür da, Orientierung zu geben. Aber die biblische Botschaft ist auch nicht immer eindeutig. Es ist in Ordnung, dass du dich dran reibst. Es ist auch in Ordnung, dass wir unterschiedliche Positionierungen haben. Und trotzdem ist so ein, wie hieß er, Laurens, der zugeschaltet war, sagte ja, auch so ein Wertekompass. Das heißt natürlich, dass das auch Leitplanken sind, in denen wir uns bewegen und an denen wir uns reiben können.
01:10:34 Und wenn man sich so Jahrhunderte Kirchengeschichte anschaut, dann haben sich auch in der katholischen Kirche so manche lehramtliche Meinung über die Jahrhunderte stark verändert bei Menschen in anderen weltlichen Bezügen. Und das ist, glaube ich, also das ist...
01:10:47 Den Punkt, den ich schon nochmal machen will, mein Glaube funktioniert nicht abstrakt abgehoben. Das ist kein Eskapismus. Es ist nicht so. Ich habe irgendwie eine Lebensfrage, dann gucke ich in meine Bibel und die hat da drin die Antwort. Nee, ich gucke da rein, ich finde eine Geschichte, die mir vielleicht Orientierung gibt. Ich finde eine Figur, mit der ich mich in der Situation identifizieren kann. Das muss ich aber immer mit meinem Hier-und-Jetzt-Sein verbinden. Und das ist, glaube ich, in dem 21. Jahrhundert in der hochdigitalisierten Welt ist zum Beispiel die Frage nach Wahrheit.
01:11:14 wo wir irgendwie so geflutet sind von Fake News, auf einmal eine ganz andere wie vor 100 Jahren, wo Medienkonsum noch ganz anders war. Deswegen, ich glaube, ich würde den Leuten sagen, habt keine Angst davor, dass neben dir Christinnen sitzen, die eine andere Position haben und die auch laut in die Welt bringen, weil deine Position hat auch eine Berechtigung.
01:11:35 Das, was es ausmacht, ist, dass wir dazu im Gespräch bleiben. Und das würde ich schon sagen, dass Kirche dafür ein Ort ist, das eigentlich immer wieder zu können. Und gerade der Kirchentag zeigt, also ich saß am Kirchentag auf zwei, drei Panels, wo ich mit Leuten zusammensaß, die wirklich gar nicht, wo wir gar nicht einer Meinung waren.
01:11:55 und trotzdem respektvoll miteinander ins Gespräch gekommen sind, weil wir uns gegenseitig das Christsein nicht absprechen. Und das ist, glaube ich, die Angst, die viele haben. Wenn ich diese Meinung nicht teile, die jetzt gerade dargestellt wird, dass es die kirchliche oder die christliche Meinung ist, dass ihnen ihr Christsein abgesprochen wird. Aber das ist, glaube ich, wirklich, das ist was, wo wir auch immer wieder sagen sollten, so ist es nicht. Ich spreche auch eine Julia Glöckner, obwohl sie eine Position vertritt, die ich nicht gut argumentiert finde und auch überspitzt reingebracht.
01:12:21 sprechen nicht ab, Christin zu sein, sondern ehrlich gesagt finde ich es richtig gut, dass wir eine Bundestagspräsidentin haben, die sagt, ich bin Christin und ich bin Christin in diesem Amt und ich möchte auch, dass die ganze Republik das an Ostern mitbekommt. Jetzt will ich einmal Konrad Körner darauf reagieren lassen, weil sozusagen, ich habe rausgehört, keine Angst vor, dass da auch jemand sitzt mit einer anderen Meinung auf diese Sorge reagiert. Wie würdest du darauf reagieren?
01:12:46 Ich glaube, das ist das so, wie es sein sollte. Ich empfinde das selbst nicht so und ich bin jemand, der schon seine eigene Meinung stehen kann, aber da sitzen ja auch viele Leute, die einfach nur vielleicht wissen wollen, was sagt mir denn die Bibel, wie bin ich ein guter, besserer Mensch, wie soll ich mit meinen Mitmenschen umgehen, mit meinem Nächsten und die aber trotzdem der Meinung sind, dass Tempo 30, auch wenn das jetzt ein alter Kalauer ist, nicht das Gebot der Stunde ist. Und ich glaube,
01:13:14 Und das, also so wie du es jetzt gerade gesagt hast, würde ich sagen, okay, super, finde ich auch. Aber das Problem ist, so kommt es ja nicht rüber. Und ich glaube auch, um ehrlich zu sein, dass es so nicht wirklich die Meinung ist. Also wenn ich, es ist ja schon die Frage, akzeptiere ich jemanden als Christ, der zum Beispiel der Meinung ist,
01:13:32 Ja, wir haben eine Verpflichtung. Ich weiß, dass das jetzt ein Trigger-Thema ist, aber wir haben eine Verpflichtung, Menschen zu helfen. Aber in Deutschland wird es mit Flüchtlingen und Unterbringungen und was weiß ich und menschlichem Zusammenleben schwierig. Kann ich so jemanden noch, also wird dem das Christian abgesprochen? Und ich habe das selber auch schon teilweise erlebt oder gibt es auch Verlautbarungen dazu, wer dann Christ ist und wer nicht. Natürlich gibt es Punkte, wo auch ich sagen würde, jetzt ist aber die Grenze erreicht. Ich glaube, nur bei der Grenze sind wir mittlerweile sehr, sehr schnell.
01:14:01 Und es sind sehr, sehr schnell, dass jeder gleich Menschenwürde schreit und christliche Grundwerte verletzt. Und wenn wir so schnell zu dieser Grenze kommen, dann fühlen sich, glaube ich, Leute zurückgesetzt, die vielleicht Dinge im Detail anders sehen. Und das ist die Frage. Und vor allem Kirche. Du hast das selber gerade so schön gesagt. Es ist im 21. Jahrhundert. Was ist Wahrheit? Kirche hat ja eigentlich einen Wahrheitsanspruch. Und das ist doch eigentlich das Alleinstellungsmerkmal. Also als Partei.
01:14:29 Da kann ich sagen, ich tue das Richtige. Aber die alleinselig machende Wahrheit, die verkündet nicht mal Markus Söder. Das ist völlig klar, dass ich als Partei, da kann ich eine Meinung haben. Aber Politik hat ja einen Wahrheits- und bei der katholischen Kirche sogar noch einen Absolutheitsanspruch. Nur wir, nur die katholische Kirche verkündet die Wahrheit. Und das ist ja was Besonderes. Aber wenn ich dieses Besondere habe...
01:14:57 dann muss ich, glaube ich, mich an anderer Stelle zur Zurückhaltung ein bisschen üben in Themen, wo ich keine Wahrheit mehr gepachtet habe, wo es einfach Diskussionen gibt. Ich will einmal zurückkommen zum katholischen, äh Quatsch, zum Kirchentag mit einer katholischen, progressiven Theologin Lisa, ich hoffe, ich spreche deinen Nachnamen richtig aus, Lisa, Lisa Quarch. Quarch, ja, wunderbar. Hallo, herzlich willkommen, schön, dass du bei uns bist. Hey, ich danke auch.
01:15:27 Ich kann auch noch die Frage mit der Segnung klären gleich, wenn ihr wollt. Sehr gut. Hoffentlich habe ich jetzt keinen Mist erzählt, wenn sie Theologin ist. Das kannst du gleich mal machen und dann kannst du auch gerne dich vorstellen und vom Kirchentag berichten. Das Bild, das wir vielleicht hier mit der Grafik in einer bestimmten Richtung dargestellt haben, nochmal erweitern. Wie du den Kirchentag wahrgenommen hast, das wäre meine Frage dazu.
01:15:54 Ja, also erst mal, hi, ich freue mich, richtig hier zu sein. Ich bin Lisa und ich habe katholische Theologie studiert und ich bin Pastoralferentin. Also ich arbeite in einer Gemeinde in Frankfurt am Main und mache auch Social Media, also bin auch auf Social Media und spreche da über meinen Glauben und bin auch in einem ökumenischen Projekt. Und ich war auf dem Kirchentag und ich habe auch eine Veranstaltung mitgemacht. Dies jetzt vielleicht hilft dir nicht dafür, um das Ganze so viel zu erweitern, weil es war ein Gottesdienst, immerhin.
01:16:22 Und es ging über queere und feministische HeldInnen aus der Bibel und aus der Kirchengeschichte. Und was ich auf jeden Fall gerne nochmal so ergänzen würde, natürlich geht es auf dem Kirchentag viel auch um politische Themen. Es geht um Themen, wo darüber gesprochen wird, wie können wir unseren Glauben in die Gesellschaft einbringen. Das ist auch das Ziel des Kirchentages. Der Kirchentag ist ja keine Veranstaltung in der EKD, das könnte Anna Nicole nochmal viel besser erklären. Die evangelischen Kirche.
01:16:48 Genau, der Evangelischen Kirche in Deutschland, sondern es ist ein eingeständiger Verein mit dem Ziel, sich gesellschaftlich einzubringen und den Glauben, Christentum und Gesellschaft miteinander in Verbindung zu bringen. Und das passiert da eben. Also wir reden, auf dem Kirchentag gibt es Veranstaltungen über die Frage, wie findet der Glaube, der christliche Glaube heute statt. Ich war jetzt als Katholikin da mit dem feministischen Andachtskollektiv und habe einen Gottesdienst gemacht. Und der Gottesdienst war, obwohl das wirklich, wir heißen das feministische Andachtskollektiv. Und das waren...
01:17:17 Es ging um queere und feministische HeldInnen. Aber da waren wirklich Menschen aus allen Generationen. Also zum Beispiel mein Vater, um die 60, evangelisch, ich komme aus einer ökumenischen Familie, war in diesem Gottesdienst und ist natürlich ein bisschen voreingenommen, weil ich seine Tochter bin. Aber ich glaube, er würde mir schon auch ehrlich sagen, wie er den findet.
01:17:39 Und fand es total inspirierend und spannend und natürlich anders als sonst Gottesdienste so in der Gemeinde sind. Und auch sonst waren da jetzt nicht nur mein Vater, sondern wirklich Menschen aus allen Generationen, die sich eingebracht haben und die eben auch gerne zu solchen Formen von Gottesdiensten, von Inputs hingehen wollen. Aber fällt da was hinten runter? Religiosität, Spiritualität, gibt es da was, was dadurch fehlt, wenn eine Predigt zu politisch ist?
01:18:09 Ich würde sagen nicht. Also ich meine, das ist immer die Frage, was heißt zu politisch? Also ich nehme auch da bei mir in der, also ich arbeite jetzt ja auch in der Gemeinde und ich arbeite auf Social Media. Ich mache TikTok so.
01:18:22 Da konsumieren Leute meinen Content, die auch mit Gemeinde und Christentum erstmal gar nicht so viel zu tun hat. Und ich nehme es auch in der Gemeinde wahr, was natürlich viele Leute sind, die einfach sehr kirchenintern sind. Das, was die Menschen wirklich mich anfragen, also wo sie meine Meinung zu wissen wollen oder eben auch, wo ich besonders viel positive Resonanz zu bekommen, ist, wenn ich auf tagesaktuelle Geschehen eingehe. Also wenn ich probiere, mein Glauben...
01:18:46 in Verbindung zu bringen mit was passiert eigentlich gerade in der Welt, was passiert in der Politik, was passiert aber natürlich außerhalb, was passiert in der Popkultur, was auch immer. Also dass es wirklich so um die Frage geht, wie kommt unser Glaube heute an und da, finde ich, gehört natürlich auch dazu, dass ich mich auch positioniere zu Dingen.
01:19:04 Ich gebe damit ein Beispiel vor. Also ich möchte natürlich auch nicht dann durch das, was ich tue, Menschen dann dazu animieren oder Menschen dann dazu bekommen, dass sie es genauso sehen wie ich, sondern ich gebe ein Beispiel, wie lebe ich christlichen Glauben heute. Und ich mache die Erfahrung, so ein Beispiel zu bekommen, wo Christentum einfach in meinem ganzen Leben und eben auch in meinen politischen Einstellungen oder darin, wie ich die Welt sehe, halt wirklich auch...
01:19:31 eine Rolle spielt und einen Einfluss hat, die Basis für mich sogar ist, dass das was ist, was Menschen interessant finden und dann eben auch für sich herausfinden können, wie sehe ich das eigentlich? Möchte ich das auch so machen oder anders machen? Und das ist ja, würde ich jetzt sagen, auch das Ziel von Seelsorgearbeit. Und wenn dann Menschen sagen, in dieser Kirche, in dieser Art finde ich mich nicht wieder, das ist mir zu politisch zu modern, nenne ich es jetzt mal.
01:19:59 Also modern würde ich wirklich sagen, ist das nicht. Wenn wir in die Kirchengeschichte schauen, jetzt kann ich gerade als Katholikin sagen, aber auch wenn man auf die evangelische Kirche schaut, wenn man in die Kirchengeschichte schaut, hat die Kirche immer was mit Politik zu tun. Es ist ja eher eine Erscheinung der Neuzeit, dass sie fast weniger hat. Und es gab auch immer schon unterschiedliche...
01:20:23 Christliche Strömungen da. Also zum Beispiel in der katholischen Theologie kann ich ja zum Beispiel die Befreiungstheologie nennen, die sich ganz stark mit dem Faschismus in Südamerika auseinandergesetzt hat. Und wo es darum ging, sich gegen unterdrückerische Systeme einzusetzen. Und das ist schon eine Zeit lang her. Also es ist keine Erscheinung der letzten fünf, sechs Jahre oder der letzten zehn Jahre, wo auf einmal Kirche der Meinung ist, sich irgendwie...
01:20:49 gegen unterdrückerische Systeme einsetzen zu wollen, sondern das gibt es schon länger. Und trotzdem gibt es ja vielleicht dieses Gefühl. Genau, wenn es jetzt Menschen gibt, die sagen, sie können damit gar nichts anfangen, dafür ist ja die Kirche vielfältig. Also ich bin jetzt katholisch so, ich sehe, was es in der katholischen Kirche an so vielen unterschiedlichen Strömungen gibt. Und so wie ich die evangelische Kirche wahrnehme, gibt es da ja auch ganz, ganz viele. Es gibt ganz viele Gemeinden, wo es gar nicht um politische Themen gibt. Es gibt Bibelkreise, Angebote für alles Mögliche.
01:21:18 Es gibt Gottesdienste, wo das alles gar keine Rolle spielt. Also das ist ja, also dafür gibt es ja die Vielfalt im Christentum. Also das ist auch, was ich sehr schätze am Christentum. Aber wenn ich das, ich sage jetzt einfach mal so du, wenn ich das so sagen darf, du würdest quasi sagen, wenn jemand sich jetzt, weil du zum Beispiel beispielhaft einfach sagst, so hey, der Glaube heißt für mich, ich muss jetzt politisch das und das, ich bin politisch dieser und jener Meinung. Wenn du damit Leute, wenn damit Leute sagen, uh.
01:21:44 Der politischen Meinung bin ich aber gar nicht. Dann wäre jetzt dein Ratschlag einfach zu sagen, such dir einen anderen Bibelkreis oder eine andere Pastoralreferentin? Nee, natürlich nicht. Ich meine, das ist ja die Frage, wie viel Allgemeinheit lässt man noch zu? Ich denke mir immer, ich kann mir als Politiker leisten, jemanden stehen zu lassen, indem ich sage, ich bin einfach anderer Meinung. Sorry, tschüss.
01:22:11 Also die Kirche hat ja, die katholische Kirche hat ja den, schon im Namen nach, den allumfassenden Anspruch. Ich muss mich ja auch noch um das letzte verlorene Schäfchen kümmern. Was übrigens eine furchtbar komplizierte Aufgabe ist, deswegen bin ich auch nicht Theologe, sondern halt Politiker irgendwie geworden. Aber diesen Anspruch gerecht zu werden mit einer tagespolitischen Meinung oder mit einer persönlichen politischen Meinung, die da durchscheint, wie schaffst du das?
01:22:38 Also absolut stimme ich dir total zu. Natürlich geht es auf gar keinen Fall darum, Menschen, egal welche politischen Einstellungen die haben, das sehe ich den Leuten ja auch erstmal nicht an. Aber wenn sie mit mir reden, geht es natürlich absolut nicht darum, Menschen auszuschließen. Also auch keine politischen Meinungen auszuschließen. Ich glaube, ich habe eine Art und ich nehme das eigentlich auch so wahr, dass es so jetzt in den Kreisen, in denen ich unterwegs bin, sehr viele auch haben.
01:23:03 über Dinge zu sprechen, dass ich aus der Ich-Perspektive darüber spreche und eben wirklich eine Perspektive darauf anbieten kann. Und also ich meine, ich bin jetzt auch wirklich nicht dafür, dass jetzt Menschen in Gottesdiensten sagen, ihr müsst jetzt die oder die Partei wählen. Also das würde ich sagen, ist auch, ist dann doch ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen, sondern es geht darum, eben darüber zu sprechen, was sind...
01:23:25 Wie schauen wir auf das Tageschehen? Was sind politische Werte, die uns da wichtig sind? Natürlich können da Menschen dann auch Parteiempfehlungen daraus ableiten. Das ist klar. Jedenfalls ein Spektrum an Parteien. Aber es geht natürlich darum, klarzumachen, ich teile euch meine Perspektive mit, was die Erfahrung, die ich mit Gott mache, wie ich meinen Glauben auf die Welt beziehe. Und natürlich die Offenheit da drin zu haben. Ich möchte auch gerne hören, was deine Perspektive darauf ist.
01:23:52 Und auch die Offenheit zu haben. Ich kann auch von dir hören, etwas hören, was komplett anderer Meinung ist als ich. Und wir können dann auch zusammen danach schauen und danach suchen, ob wir irgendwie übereinander kommen, ob wir uns voneinander überzeugen sollen. Ich bin ja großer Fan von einem Zitat von einem meiner Lieblingsheiligen, wenn ich mal ein bisschen katholische Spiritualität hier noch einbringen darf, nämlich von Ignatius, der sagt, wir sollen immer probieren, das Argument der anderen zu retten.
01:24:16 Und das finde ich eigentlich so eine ganz schöne Haltung, um in Gespräche reinzugehen, gerade mit Menschen, die ganz andere Meinung haben, dass ich so immer probiere, okay, ich möchte möglichst gut die andere Perspektive verstehen und dann aber auch meine Meinung eben dazu formulieren können. Kannst du damit was anfangen? Kannst du damit leben? Ja, total. Also ich kann damit total leben. Ich würde auch, das ist, glaube ich, der seelsorgerische Anspruch, dass man die Meinung des anderen oder das Argument des anderen retten soll.
01:24:42 Ich glaube nur, aber vielleicht bin ich jetzt da zu katholisch dafür, aber wenn ich das jetzt zum Beispiel versuche runterzubrechen und dann sehe, was weiß ich, also die Synode der EKD beschließt konkrete Dinge wie das GEAS, das europäische Asylsystem.
01:25:02 auszusehen hat. Ich meine, wenn das meine Synode beschließt, also zum Beispiel, ich hätte jetzt ein Riesenproblem damit, wenn der Papst jetzt nicht nur sagt, wir sollen gerechte Welt und wir sollen auf die Umwelt gucken, sondern wenn der Papst sagt, aber das Gesetz, da darf das drinstehen und das, die Maßnahme nicht. Da hätte ich schon ein Problem damit, weil ich sage, wie soll ich jetzt, also jemand, der mir das sagt als mein Glaubenslehrer, aber ich habe eine andere politische Meinung, wie soll ich damit umgehen?
01:25:29 Also ihr sagt, gut, dann halt nett. Aber ich glaube halt, dass man damit Leute... Und das ist jetzt zum Beispiel die Frage. Also jetzt ist den Katholiken dieses demokratische Beschlussfassungsorgan irgendwie ein bisschen fremd. Aber das wäre jetzt schon eine spannende Frage. Wie gehe ich dann damit um? Ja, ja, klar, ich bin auch in der Kirchenverwaltung. Aber wir beschließen halt nur, wie der Kindergarten ausschaut. Also die Deutsche Bischofskonferenz beschließt auch sehr inhaltliche Beschlüsse.
01:25:55 katholische Büro in Berlin bezieht auch konkret Stellung zu Gesetzesvorhaben. Ja, manchmal auch ohne Mehrheit, ja. Es ist jetzt nicht nur ein evangelisches Ding. Ich glaube, wir dürfen die beiden Sachen nicht ganz vermischen, weil in der ersten Runde habt ihr vor allem über so Gottesdienstliches gesprochen. Und da würde ich nämlich schon sagen, und das ist mir auch wichtig, und ich glaube, die Predigt würde ich dabei gerne ausklammern, weil du hattest vorher auch schon so zwei, drei, wenn jemand von der Kanzel was runterpredigt.
01:26:22 Da ist oft auch wenig Dialog möglich. Es gibt auch andere Formate, aber eher selten. Aber hey, ich sitze auch richtig oft in der Kirche und denke mir, was ist denn das für eine scheiß Predigt? Oder was ist denn das für ein Gedanke? Dem kann ich gar nicht folgen. Also deswegen das so ein bisschen ausgeklammert, weil ich glaube, das würde noch ein riesiges Feld über Qualität von Predigten aufmachen. Und was mir wirklich nutzt, auch diese Frage mit, wie viel ich kommt vor in der Predigt oder wie wenig ich.
01:26:49 Für manche Gläubige ist es mega wichtig, dass auch der Pfarrer oder die Pfarrerin an ihrem eigenen Glauben teilhaben lässt. Andere sagen, nee, eigentlich möchte ich von dir nur was wiedergegeben haben. Ich will nichts von dir als Person erfahren. Also ich glaube, es ist auch eine mega Sozialisationsfrage. Aber was mir super wichtig ist, ist, dass wir im Gottesdienst einen Ort haben, wo alle zusammen Rituale feiern können. Und die sind nicht...
01:27:13 Politisch. Wir singen zusammen, wir beten das Vaterunser zusammen, wir feiern zusammen Abendmahl. Das, würde ich sagen, muss immer das Mindestmaß sein, was ich mit jedem meiner Mitchristinnen zusammentun.
01:27:26 kann, auch wenn ich weiß, dass der, der neben mir steht, Sachen tut, die ich verurteile oder für eine Meinung steht, die ich verurteile oder mir vielleicht sogar mal irgend, also mich angegriffen hat in irgendwas, ich vielleicht sogar böse auf ihn bin oder enttäuscht von ihm bin, vielleicht ist es ein Partner, der mich betrogen hat, whatever, aber zu sagen, wir sind Christen und deswegen können wir diese Rituale miteinander teilen und ich finde, das hat
Gottesdienst und Rituale als Zusammenhalt, Freiheit im Glauben
01:27:4901:27:49 immer wieder was unglaublich mächtiges, gerade wenn es inhaltlich mal geknirscht hat oder wenn man sich an was gestoßen hat. Wenn man die Predigt gehört hat, wo man sich denkt, was erzählst du denn da für ein Bullshit? Das würde ich da niemals aus dieser Geschichte raus ableiten. Aber wenn dir der gleiche Pfarrer dann das Abendmahl spendet und du mit den anderen zusammenstehst und noch den Segen zugesprochen hast, das ist glaube ich das.
01:28:09 Das, was im Kern zusammenhält. Und wo ich auch sagen würde, diese Idee von Gemeinde, wo alle zusammenkommen, die muss in diesen Ritualen immer wieder aufgeben. Aber sonst auch Freiheit. Hey, die einen gehen zur KLJB, die anderen gehen zur katholischen Landjugendbewegung. Dann gibt es auch noch andere katholische Jugendverbände. Pfadfinder. Pfadfinder. Dann gibt es Gruppen, die sich zusammenfinden. Die katholischen Frauen, genauso wie die evangelischen Frauen, die sagen, es ist uns wichtig, auch uns unter Frauen auszutauschen, weil wir hier nochmal anders über unseren Glauben sprechen.
01:28:38 können oder nochmal neue Themen entdecken können aus unserem Glauben heraus. Und ich glaube, also das würde ich sozusagen auf dieser Gottesdienstebene sagen, Gottesdienste, Rituale müssen uns zusammenhalten, aber sonst dürfen wir uns auch ein bisschen das nehmen, was für unser Glaubensleben gut ist. Also ich muss ja auch nicht in irgendwelche Sachen gehen, wo ich merke, das tut mir nicht gut, weil ich hier immer die Außenseitermeinung habe, weil ich mich hier immer für irgendwas rechtfertigen muss.
01:29:03 Ich gehe auch in die christliche Gemeinschaft nicht aus einem Pflichtbewusstsein, dass ich muss, sondern weil ich irgendwie in meinem Glauben wachsen will, weil ich mich mit Menschen austauschen will. Und ich glaube, da darf man sich selber auch gönnen, dahin zu gehen, wo man sich wohlfühlt und nicht dahin gehen zu müssen, wo man...
01:29:16 irgendwie so rein parochial gefangen ist, also so gemeindlich gefangen ist. Also ich habe jetzt auf meiner Suche nach sehr konkreten Grenzen zwei Sachen gehört. Einmal in der Predigt sozusagen sollte Politik sich raushalten, Rituale sollten zusammen gemacht werden können und da eben sozusagen das Politische raushalten. Ja anders, ich glaube die Predigt darf was und man darf sich daran reiben.
01:29:39 Und der Papst soll nicht Gesetzesvorhaben mitschreiben. Das habe ich von dir gehört. Und auch nicht zum Gegenspieler von Trump werden. Das sollen andere sein. Da braucht es dann die Demokraten dafür. Friedrich Merz? Friedrich Merz wird eine gute Politik im Sinne der Bundesrepublik Deutschland machen. Das wäre jetzt, glaube ich, dessen Wording man benutzen soll. Hoffentlich mit Trump und mit den USA.
01:30:03 Anderes Thema, anderer Stream. Eine sehr, sehr wichtige Frage müssen wir klären mit Lisa. Die Frage nach dem Segen. Ja, also ich war ja auf dem Kirchentag und ich bin ja ganz eindeutig keine Priesterin, weil wir keine Priesterinnen in der katholischen Kirche haben. Und ich habe auf dem Kirchentag eine Einzelsegnung gemacht und es dürfen auch in der katholischen Kirche alle Personen andere Menschen segnen.
01:30:28 Und Gegenstände sehen. Dankeschön. Und auch so im Gottesdienst. Genau, das Einzige, was man, was sozusagen, das ist, glaube ich, wie in der Evangelischen Kirche. Das, was jemand, der jetzt keine Ordination hat, nicht darf, ist am Ende den, also am Ende von der Eucharistiefeier, den offiziellen Segen mit der, für die ganze Gemeinde spenden. Also so das, was.
01:30:51 am Ende vom Abendmahlgottesdienst so gesprochen wird. Aber du würdest sagen, nur der Abendmahlgottesdienst bei einem normalen Gottesdienst darf jeder Katholik am Ende den großen Segen machen.
01:31:02 Du bist Pastoralreferent. Genau, was du meinst mit großer Segen, aber man darf eben... Also so nach so einem Gottesdienst, so den Endgottesdienst, okay. So ein Segen, ja. Dann hat mir der Katholik, den ich getroffen habe und der sehr begeistert war, dass hier nicht Theologen segnen dürfen, einfach Blödsinn erzählt. Also ich bin froh, auch du hast mir was mitgenommen aus diesem Stream soweit. Lisa, danke, dass du dich dazu geschalten hast, dass du Zeit hattest. Vielen Dank für die Einladung. Gerne. Hab einen schönen Abend.
Diskussion über die politische Rolle der Kirche mit Jessica Wilhelm von Maria 1.0
01:31:3301:31:33 Tschüss. Wir haben einen weiteren Raid von Wild Mix. Hier sind Menschen, die über Wild Mix gekommen sind. Herzlich willkommen. Wir reden darüber, wie politisch die Kirche sein darf. Also ihr könnt gerne direkt mal in den Chat hauen, was ihr dazu denkt. Und vielleicht auch, interessiert mich überhaupt, seid ihr überhaupt in der Kirche? Seid ihr religiös? Seid ihr spirituell? Was ist denn da eure...
01:31:58 Beziehung zu der ganzen Nummer, also schreibt auch gerne das in den Chat oder schaltet euch hier dazu. Wir haben noch ein bisschen Zeit und können über genau dieses Thema so ein bisschen quatschen und zwar als nächstes auch mit Jessica Wilhelm.
01:32:18 Jessica Wilhelm, hallo, herzlich willkommen. Hallo. Hallo. Jessica, stell dich doch mal vor, wer bist du und von welcher Organisation bist du auch und die Frage, wie politisch darf Kirche sein.
01:32:34 Genau, also ich bin von der Organisation Maria 1.0 und wir setzen uns für die katholische Lehre und die Schönheit und die Wahrheit des katholischen Glaubens ein. Und ich selber komme aus Augsburg, habe Psychologie studiert. Soll Kirche politisch sein, ist ja die Frage. Und ich würde sagen, Kirche muss als erstes mal Christus im Blick haben und Jesus im Blick haben. Wir haben vorher auch schon gehört.
01:33:03 Kirche hat einen Wahrheitsanspruch, also wir haben den Anspruch, Kirche gibt Wahrheit weiter. Und auch in dem Sinne hat sie auch einen Auftrag, irgendwie auf die Gesellschaft einzuwirken. Aber sie sollte sich dabei eben trotzdem auf ihren Kern berufen. Also wofür ist Kirche eigentlich da? Kirche ist da, nicht um Parteipolitik zu machen. Kirche ist kein gemeinnütziger Verein oder eine NGO, sondern
01:33:31 Kirche ist von Gott gestiftet zum Heil der Menschen. Und das ist das, worauf sich die Kirche in ihrem Kerngeschäft konzentrieren sollte. Ab wann ist denn die Kirche zu politisch?
01:33:42 Das ist eine gute Frage. Ich finde, das ist sehr schwierig zu beantworten, wann ist Kirche zu politisch, weil das immer ein fließender Übergang ist, sage ich jetzt mal. Und auch vielleicht auch für jede Person unterschiedlich, also jeder, das unterschiedlich wahrnimmt. Wann ist mir das jetzt zu politisch und wann passt mir das noch? Weil jeder auch einen anderen Wunsch hat da an Kirche.
01:34:09 Diese Wirtschaft tötet, ist zum Beispiel der berühmte Satz vom letzten Papst. Ist dir das zu politisch gewesen?
01:34:20 Ich persönlich habe den Satz heute tatsächlich das erste Mal gehört und habe keine direkte Meinung dazu. Ich sage mal, was wirklich wichtig wäre, ist, dass sich die Kirche wieder konzentriert auf, dadurch darauf konzentriert, Christus zu verkündigen und das Evangelium praktisch in die Welt zu tragen und den Menschen aufzuzeigen, hier, wenn du gläubig bist, wenn du
01:34:49 die Kirche hast, dann bringt dir das was, dann nutzt dir das was für dein Leben und sich erstmal da politisch eher zurückzuhalten. Darf ich eine Frage stellen? Also sozusagen an Christus halten, wahrscheinlich dann auch biblisch halten, zu diesem Wirtschaft tötet Satz, würde ja so...
01:35:13 Karl Hauer Bibelzitat passende, er geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein Reicher ins Himmelreich. Ist es dann mit sowas schon, also in deinen Augen sozusagen mit sowas schon eine Aussage vom Papst begründbar?
01:35:27 Also gerade als Katholiken haben wir ja nicht nur die Bibel, also natürlich beziehen wir uns als Katholiken auf die Bibel, wir beziehen uns aber eben auch auf die Tradition und auf das Papst. Also das sind diese drei Säulen, die wir eigentlich als Katholiken haben, auf die wir uns berufen und vor allen Dingen auch auf den Katechismus der katholischen Kirche. Und gerade die katholische Kirche hat ja auch eine katholische Soziale. Das musst du auch erklären, einmal ganz kurz, was Katechismus ist, bitte.
01:35:56 Eigentlich ein Werk, ein Buch, gibt es ungefähr so dick. Und da steht alles Mögliche drin, was man als Katholik glaubt oder an was man glaubt, wenn man katholisch ist. Und darauf beziehen wir uns als Katholiken und daran orientieren wir uns. Und die Kirche hat auch eine eigene Soziallehr oder Sozialethik, auf die sich mit Sicherheit auch Papst Franziskus berufen hat.
01:36:23 In diesem Kontext man auch seine Aussagen sehen musste. Ja, vielleicht mal so. Gibt es Themen, wo du sagst, da sollte sich die Kirche explizit raushalten? Sollte sie zum Thema Klimakrise Stellung beziehen?
01:36:41 Ich würde sagen, ja, das hatten wir vorher auch schon, hier im Sinne von Bewahrung der Schöpfung. Also wir sollten uns dafür einsetzen, die Schöpfung zu erhalten, zu bewahren. Das ist auf jeden Fall was, wo die Kirche sich dazu äußern kann und auch äußern sollte. Und die Lisa hatte auf dem Kirchentag als katholische...
01:37:08 Eine katholische progressive Theologin hat eine Predigt gehalten, ich hoffe, ich sage es gerade richtig, aber hat einen Vortrag gehalten über queere und feministische Helden der Bibelgeschichte. Ist das was, worüber die Kirche reden sollte?
01:37:24 Ich sage mal, gerade was jetzt, das ist vielleicht keine beliebte Meinung, aber wir haben als Katholiken eigentlich eine klare Definition von Mann und Frau und von Ehe und auch von was da ist.
01:37:53 dass es eine katholische Lehrposition dazu gibt und auch diesen Menschen diese Wahrheit eigentlich nicht vorenthalten. Also klar kann ich mich als Kirche queere Pastoral, queere Seelsorge kümmern. Die Frage ist aber, mit was für im Hintergrund tue ich das und auf welcher Basis tue ich das? Tue ich das auf Basis der Lehre, die ich im Hintergrund habe und meiner Tradition, meiner Lehre, meinem Katechismus oder tue ich das
Kontroverse um Liebe, Ehe und Segen in der Kirche
01:38:2101:38:21 auf Basis von einer Gesellschaft und Werten, die mir praktisch von außen dazugegeben werden, wo ich jetzt sage, es ist jetzt wichtig, dass wir das so und so sehen und deswegen ändern wir jetzt als Kirche unsere Meinung. Konrad, wie würdest du soweit reagieren auf Jessica Wilhelm? Würdest du ihr zustimmen? Ich glaube, dass es genau darum geht, alle Positionen mitzunehmen und ich finde es jetzt eigentlich ganz schön, weil wir haben jetzt ja quasi
01:38:50 Wenn ich das so sagen darf, von Maria 1.0 zu der progressiven Feminismus-Theologin haben wir jetzt ja alles. Und ich glaube, dass alle, die mitgenommen werden, und du hattest das ja vorhin, dass die im Gottesdienst nebeneinander in der Kirchenbank sitzen können und sich angesprochen fühlen, sich mal über Predigt ärgern, aber jetzt nicht in den Fürbilden sich überlegen müssen, wo bete ich jetzt mit und wo nicht, so ungefähr. Das glaube ich, finde ich total wichtig.
01:39:19 Und ja, manchmal fehlt mir schon dieser Wahrheitsanspruch. Den kann ich aber nur machen, wenn ich mich auf Grundsätze beziehe. Ich kann keinen Wahrheitsanspruch geben bei, ist Atomkraft richtig? Oder welche Stellschraube im Flüchtlingssystem muss ich für mehr Menschlichkeit drehen? Da kann ich keinen Wahrheitsanspruch beanspruchen. Aber ich kann einen Wahrheitsanspruch beanspruchen, wenn ich sage, und so habe ich jetzt Jessica auch verstanden, ich muss jedem Menschen mit seiner...
01:39:45 das glauben wir alle, mit seiner ihm innewohnenden Menschenwürde und der Gläubige würde sagen, mit seiner ihm innewohnenden Göttlichkeit begegnen. Das muss ich tun. Dann, glaube ich, wären wir auf einem Common Ground. Das wäre, glaube ich, wichtig. Das habe ich jetzt gerade bei dir, Trinzika, aber vielleicht habe ich dich auch missverstanden, nicht so ganz gehört. Weil ich finde zum Beispiel, Menschen abzusprechen, dass sie einen anderen Menschen aus ganzem Herzen lieben und eine treue Beziehung mit ihm eingehen wollen, das ist für mich schon eine Form von...
01:40:13 Also diese Unterscheidung, ich nehme dich als queere Person an, auch pastoral und seelsorgerlich. Aber hey, ich sage dir trotzdem immer wieder, Ehe besteht aus Mann und Frau und ist dafür da, Kinder zu zeugen. Was ja übrigens politisch ist. So, das finde ich, das... Nicht mehr.
01:40:31 Das passt nicht so, das passt nicht in diese allumfassende Liebe Gottes, die sagt, also wir sind nicht die, die urteilen, was Liebe ist, wie Liebe entsteht. Und ich finde, ich bin ehrlich gesagt sehr froh, dass die evangelische Kirchen auch weite Teile der katholischen Kirche bis rein in wirklich leitende Bischofskreise sagen.
01:40:50 Nee, wir müssten zwei Menschen, die sich die Verantwortung füreinander übernehmen wollen, die eine Beziehung miteinander führen wollen, die bekommen auch Gottes Segen. Weil wer wären wir, aus unseren auch normativen Bildern abzuleiten, dass gewissen Menschen Gottes Segen verwehrt wird? Ja, aber ich glaube, Gottes Segen wird ja keinem verwehrt. Das wäre ja furchtbar.
01:41:09 Der Segen für die Ehe wird, also wenn ich das gerade richtig verstanden hatte. Ich glaube, das ist jetzt ein Unterschied. Also ich bin jetzt kein katholischer Theologe. Ich glaube, das ist ein Unterschied zwischen dem Sakrament und dem Segen, der jedem Mensch zusteht und dem, was die kirchliche Lehre dazu sagt. Da bin ich jetzt kein Experte drin. Aber ich finde, das ist gerade für viele queere Menschen in der Kirche ein riesiges Thema.
01:41:32 Also werde ich ausgeschlossen? Das sind echte Fragen, wo Menschen an der Kirchentür abgewiesen werden. Wo zwei gleichgeschlechtliche Lieben vor einer Tür stehen und sagen, wir würden gerne getraut werden und dort ein Pfarrer oder ein Priester steht und sagt, nein, bei mir nicht. Das ist eine richtige Abweisung einer Sache, wo wir eigentlich sagen, dass...
01:41:53 Das ist unser Herzstück, dass wir Menschen taufen, dass wir Menschen verheiraten, dass wir Menschen auch beerdigen. Und genau in solchen Momenten auf einmal harte Unterschiede zu machen, von einem Katechismus abgeleitet.
01:42:08 Das finde ich auch hochproblematisch aus dieser Sache heraus. Wir wollen alle nebeneinander gut in der Kirche sitzen können. Jessica, ich würde dich darauf reagieren lassen. Die Kritik ist, da gibt es Menschen, die sagen, dann ist die Kirche kein Ort mehr für mich. Wie würdest du darauf reagieren?
01:42:24 Also erstmal möchte ich sagen, dass ich es auf jeden Fall so sehe, dass wir auf jeden Fall jeden Menschen annehmen sollten. Jeder Mensch hat eine innenwohnende Würde, auch eine von Gott gegebene Würde. Gott liebt jeden Menschen. Aber man muss, glaube ich, gerade in unserer heutigen Zeit einen Unterschied machen zwischen der Person und das, was eine Person tut. Also das, was ich tue, kann schlecht sein.
01:42:53 wenn ich als Person selbst erstmal grundsätzlich gut bin. Und ich würde auch jedem in Liebe und mit Liebe begegnen, aber ich als Katholikin glaube eben an das, was die kirchliche Lehre sagt und was in der kirchlichen Lehre einfach festgehalten ist. Nochmal zu hier Segen auch für gleichgeschlechtliche Paare und dergleichen. Die Sache ist,
01:43:21 Jeder kann einen Segen empfangen, egal welchem Geschlecht er sich zugehörig fühlt oder wen er liebt oder wen nicht. Und ich würde es auch definitiv sagen, natürlich kann ich jemanden auch des gleichen Geschlechts lieben und mit ihm zusammenleben, ihm treu sein. Aber es hat trotzdem nicht die Qualität, die eine Ehe hat. Eine Ehe ist etwas anderes, weil sie einfach anders definiert ist.
01:43:49 Und dementsprechend, finde ich, müssen wir dann einen Unterschied machen. Natürlich kann ich jetzt sagen, ich segne die Person, aber ich kann, und das sagt die Kirche auch eindeutig, und das hat sie auch immer wieder, gerade auch aus Rom, eindeutig so gesagt, dass diese Beziehung nicht gesegnet werden kann. Aber die einzelnen Personen eben schon. Ich würde noch einmal die Schleife drehen, das ist nicht ganz unser Thema, aber...
01:44:18 Habe ich das richtig verstanden? Du lebst dann quasi damit, dass Leute sagen, das ist nicht meine Kirche und das ist dann auch okay. Also...
01:44:32 Ja, weil wenn ich sage, also für mich ist es so, wenn ich katholisch, also ich bin tatsächlich selbst auch nicht in einem gläubigen Haushalt aufgewachsen. Ich habe mich bewusst dazu entschieden, katholisch zu werden. Und ich habe mich bewusst dafür entschieden, katholisch zu sein. Und ich habe mich dann damit auseinandergesetzt, was...
01:45:00 Was lehrt denn die Kirche eigentlich? Was sind das für Positionen? Und natürlich bin ich da auch irgendwo an Grenzen und habe gesagt, ich verstehe das nicht. Ich verstehe nicht, warum...
01:45:12 gegen eine Position XY hat. Aber irgendwo habe ich mir dann gesagt, okay gut, das ist entweder ich bin jetzt katholisch oder ich bin es nicht. Und entweder ich stehe voll hinter der Lehre oder ich tue es nicht. Und ich sage mal, ja, Katholik oder...
01:45:32 Mich interessiert, weil du hast gerade gesagt, vielleicht hast du bei einer Position so ein bisschen Zweifel gehabt, zu kämpfen gehabt und hast dich dann dafür entschieden, weil das ist die katholische Kirche. Wir haben jetzt gerade über den evangelischen Kirchentag gehört, wie viel da diskutiert wurde. Du bist in einer Organisation, die nennt sich Maria 1.0. Gibt es diese Diskussion da auch? Gibt es da einen aktiven Austausch über...
01:45:57 Über Themen, gibt es da Kritik? Kommt ihr da zusammen auf einen Nenner oder wie läuft das bei euch ab? Wie kommt ihr zu den Positionen? Sind die einfach da? Und so wie ich das jetzt interpretiere, nimmt man sie an.
01:46:10 Sie meinen jetzt wir als Maria 1.0? Genau, ja. Wir als Maria 1.0 vertreten eigentlich nur genau das, was die Kirche lehrt. Also wir setzen uns dafür ein, diese Lehre bekannt zu machen und den Menschen wieder aufzuzeigen, was sind eigentlich die Positionen in der katholischen Kirche. Weil wir feststellen, dass vielfach Leute außerhalb, aber auch innerhalb der Kirche eigentlich gar nicht mehr wissen,
01:46:38 wofür man als Person steht, wenn man sagt, ich bin katholisch. Alles klar. Okay, dann habe ich das verstanden. Dankeschön. Danke dir, dass du dabei warst und dich dazu geschalten hast. Vielen Dank, Jessica Wilhelm. Sehr gern. Einen schönen Abend für dich noch. Ich würde mal gucken, lieber Chad, gibt es was an der Kirche, was euch wütend macht, was euch traurig macht, was ihr nicht verstehen könnt? Schreibt mir das mal rein. Ich habe hier so ein paar Sachen, die ich mal
Meinungsfreiheit, Moral und die Rolle der Kirche in der Politik
01:47:0601:47:06 vorlesen möchte. Schönes Thema heute, schreibt der Jovo. Meiner Meinung nach muss die Kirche sich in die Politik einmischen, denn wenn man sich für Gerechtigkeit, Frieden und soziale Gerechtigkeit einsetzt, dann muss man auch in diese Richtung Einfluss nehmen. Ein Glas voll mit Tee, sehr schöner Nickname, schreibt
01:47:31 Wenn die Kirche auf die Seite der Schwachen tritt, ist das immer auch eine politische Entscheidung, denn es stellt Macht und Ungleichheit infrage. Und genau das stört viele, die von dieser Ungleichheit profitieren. Leansen schreibt, ich denke, es ist auch wichtig, die Deteokratisierung in der Bundesrepublik voranzutreiben. Der Begriff Gott im säkularen Grundgesetz kann man als problematisch auffassen. Die deutsche Bundesverfassung hat...
01:47:59 ich muss es wiederholen, hat keinen Gottesbezug.
01:48:05 Ja, da ist ja geschrieben, dass er einen hat. Ja. Mr. Cutie schreibt, ist nicht die Frage, wie man zusammenlebt, die größte Schnittfläche zwischen Religion und Politik? Und Goldstar2040 schreibt, für mich ist die Kirche sowieso ein Relikt aus alter Zeit, wo man sich nicht alles erklären konnte und man eine Antwort suchte. Wir können uns ja immer noch nicht alles erklären, oder?
01:48:34 Ich habe eine Frage an euch beide. Dieses Zitat. Wenn wir den christlichen Glauben nicht hätten, hätten wir überhaupt keine allgemein verbindliche Moral. Würdet ihr dem zustimmen? Wenn wir den christlichen Glauben nicht hätten, hätten wir überhaupt keine allgemein verbindliche Moral.
01:48:57 Du bist der Jurist. Ja, ich glaube, wir hätten zumindest eine andere Moral. Also natürlich haben andere völlig vom Christentum unberührte Regionen in dieser Welt irgendeine Form von Moralvorstellung. Ja, ob ich jetzt, brauche ich jetzt nach Asien gucken. Also ich glaube, in Japan gibt es wirklich sehr, sehr wenige Christen. Und die haben auch eine Moral, aber die kommt halt woanders her. Da wird vielleicht das Individuum anders betont als das Kollektiv. Da wird vielleicht dem einen...
01:49:22 Das, was wir haben oder das, was wir groß geworden sind, Menschenwürde etc., ich will jetzt hier keine Vorlesung halten, aber das kommt natürlich sehr wohl aus dem, was wir christliches Menschenbild und was wir Christentum nennen. Deswegen, ich glaube, diese allgemein verbindliche Moral, ja, die ist, und das ist vielleicht gerade eigentlich cool für diesen Abend, weil allgemein verbindliche Moral, und das muss sich doch gerade unterscheiden, was allgemein verbindliche Moral ist.
01:49:48 Das kann ich nicht durch Gesetz anordnen, was moralisch gut, was moralisch schlecht ist, sondern das kann ja nur durch so einen großen, großen Common Sense geprägt sein. Das ist ein Zitat von Gregor Gysi, linken Politiker, steht nicht im Verdacht religiöser Kirchengänger zu sein, hat glaube ich in einem Interview gesagt, er war auch schon vor seiner Hirn-OP Atheist. Er sagt auch, es gibt eine Meinungsfreiheit, die gilt auch für die Kirchen und die hat man zu respektieren.
01:50:14 Ja, das würde ich jetzt wiederum nicht sagen. Also auch wenn, also Gregor Gysi sagt, Meinungsfreiheit gilt nicht für die Kirchen. Die Meinungsfreiheit gilt erstmal für Personen. Deswegen steht es im Grundgesetz für Bürger. Und dann kann man sich überlegen, woraus leitet die sich ab auf Institutionen. Und ich meine, die evangelische Kirche hat in ihrer Lehrposition jetzt auch keine Meinungsfreiheit in dem Sinne, weil sie wird halt...
01:50:38 Da muss sie ja auch geprägt werden durch ein Parlament, also die Lehrposition der evangelischen Kirche oder durch die Bischöfe, das weiß ich jetzt nicht. Das ist, glaube ich, ein falsches Verständnis, nur weil eine Synode... Aber eine Institution kommt ja zu keiner Meinung. Unsere verwaltungstechnischen Entscheidungen über Gesetz und Haushalt, selbstverständlich sind die bindend, aber inhaltliche Entscheidungen, das ist schon ein Unterschied. Wir haben in der evangelischen Kirche kein Lehramt. Es gibt nicht das und das und das und das ist richtig. Der Protestantismus ist ja vielfältig und ist eben nicht geprägt von...
01:51:06 die Wahrheit, sondern immer wieder von der Frage, was ist Wahrheit? Was ziehe ich da raus? Also deswegen, das ist eine sehr absolute Aussage. Ja, also da kommen wir so hochtheologische Diskussionen, da steige ich dann aus.
01:51:21 Ich finde, das ist schon spannend. Aber die Meinungsfreiheit, klar, jeder in Deutschland, auch wenn er Bischof ist oder Leitungsfunktionär, kann natürlich eine Meinung haben. Das ist völlig logisch. Aber würdest du aus juristischem Sinn sagen, dass eine Institution keine Meinungsfreiheit hat? Doch, Institutionen haben eine Meinungsfreiheit, aber die bildet sich durch das Individuum dahinter. Und es ist ja jetzt schon die Frage, kann die Kirche oder soll die Kirche das in ihrer...
01:51:46 Funktion ausüben. Aber die Frage war darf. Jetzt werde ich ganz juristisch. Die Kirche ist immer noch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Und bei denen kann man mit der Meinungsfreiheit durchaus diskutieren. Weil der Staat zum Beispiel hat auch keine Meinungsfreiheit. Aber die Kirche, ich würde sagen, im Endeffekt ja. Man muss nur aufpassen, wo man da ansetzt. Darf ich noch was zu dem Gysi-Zitat sagen? Bitte, ja. Kurz, bitte. Zu dem ersten.
01:52:14 Ich würde es nicht am Christentum festmachen, aber ich finde, ich habe Philosophie studiert, deswegen einmal kurz der Zugang. Wenn man wirklich auf sehr, sehr viele der großen Philosophen guckt, ist die Frage nach dem Transzendenten. Also an irgendeinem Reflexionspunkt, an die Frage zu kommen, gibt es eigentlich was, was uns auch in unserem Menschsein reguliert?
01:52:33 Was uns ein Gegenüber ist, gibt es irgendwas, was ich mir nicht wegdenken kann. Der unbewegte Beweger. Dass das sozusagen schon seit Jahrtausenden Denkgeschichten ein wiederkehrendes Muster ist und sich dann, glaube ich, in ganz vielen unterschiedlichen Religionen und auch Kulturen irgendwie verwirklicht. Ich fand, also hilft mir mal zu verstehen, ich habe das in der Vorbereitung, bin ich immer wieder darauf gekommen.
01:52:57 Dass ich das so spannend finde, dass die CDU, die CSU, die christlichen Parteien, die sich das Christliche in die Partei schreiben, dass die die Kirchen kritisieren und die Linken, einer von den Linken springt den Kirchen zur Seite. Wäre das nicht logischer andersrum? Also zum einen muss man ja sagen, auch die CSU ist keine...
01:53:20 Konfessionell gebundene Partei, auch nicht christlich konfessionell gebunden. Kleiner Funfact, deswegen heißt es nämlich christlich-sozial mit Bindestrich, weil man eine christliche Soziallehre damals vertreten wollte. Das ist jetzt ein bisschen Parteiengeschichte. Und nicht, weil man mal gesagt hat, das Christentum ist die alleinselig machende Staatsreligion. Weil so sind wir auch nicht aufgebaut in Deutschland. Also man hat damals gegen die Sozialdemokratie, die das halt aus kommunistischen und sozialistischen Maßstäben abgeleitet hat, hat man einen christlich-sozialen Lehre.
01:53:49 Ansatz gewählt. Das ist quasi für die Gesellschaftsordnung das Wichtige gewesen. Deswegen sind die C-Parteien jetzt keine, die sagen, es gibt nur das Christentum und sonst nichts. Deswegen haben wir auch jüdische, muslimische oder ganz viele Atheisten in der CSU, die einfach sagen, ich finde das politisch richtig, was ihr macht. Ist das eine gewisse Verschiebung oder sind da manche Leute irritiert? Ja, ich glaube auch, dass das den medialen
01:54:14 Den medialen Aufschrei immer noch vergrößert. Also der oder die aus der C-Partei sagt jetzt was gegen die Kirche. Aber das ist im Übrigen ja gerade das, was ich auch mitgeben will. Also wenn Kirche sich auf eine gewisse Flughöhe verlässt, wo die ist, da diskutieren wir den ganzen Abend drüber und dann werden wir wahrscheinlich fertig. Wenn Kirche eine gewisse Flughöhe verlässt, dann muss sie sich aber auch aushalten können, dass sie dann wie jeder andere Spieler im politischen Austausch behandelt wird.
01:54:42 Und dann kannst du auch für dich keine Sonderregeln in Anspruch nehmen. Das will ich nur sagen. Und ich glaube, das ist richtig. Also du meinst Sonderregeln, Körperschaft, öffentlichen Rechten, dass die Kirche Privilegien verlieren würde? Auch keinen Lehranspruch gegenüber den Gläubigen, auch keinen Wahrheitsanspruch gegenüber den Gläubigen. Und nicht das, wo ich vielleicht sage, das was wir als Kirche sagen, das ist richtig. Und jetzt mal ganz...
01:55:07 Perplex gedacht oder ganz weit gedacht. Und wenn du mir folgst, dann erlangst du dein Seelenheil. Oder dann geht es dir irgendwo mal besser oder dann bist du ein besserer Mensch. Das kannst du dann nicht mehr machen.
Kirchlicher Auftrag, Kirchenaustritte und weltoffene Kirche
01:55:1801:55:18 Also auf den letzten Satz, wir folgen ja nicht der Kirche nach, sondern wir folgen Gott nach, wir folgen Christus nach. Die Kirche ist ja schon dafür da, die Christusnachfolge irgendwie Orientierung zu geben. Ja, aber das ist sehr spannend. Auch das ist wieder katholisch-evangelisch sehr unterschiedlich. Bei euch Kirche sogar so, ist Kirche bei euch ein Sakrament? Nee, die Kirche an sich ist kein Sakrament. Die Kirche spendet Sakramente. Nee, aber die Kirche ist sozusagen ohne Kirche...
01:55:43 Geht nicht. Die Kirche ist ein heiliges im Katholischen. Bei uns ist Kirche Institution. Das ist Organisation, die Menschen zusammen organisiert, damit sie den Glauben leben können. Das ist kein Ding an sich, während in der katholischen Kirche, glaube ich, schon auch ein Ding an sich ist. Aber ich glaube, das, was du gerade als Argumentation angeführt hast, würde ich gerne auch umdrehen. Nur weil deine Partei das christlich im Namen trägt, müssen sie sich auch gefallen lassen, dass sie aus...
01:56:12 von anderen Christinnen vielleicht noch stärker als andere angefragt werden. Also ich finde gerade im Gespräch mit PolitikerInnen, die auch sagen, ich bin Christ, ich bin Christin, da habe ich schon nochmal einen anderen Anspruch, dass sie mir auch irgendwie aus ihrem Glauben heraus begründen können, warum sie für diese Position eintreten, warum sie sich dafür entschieden haben, als Christ in die Politik zu gehen, auch in die christlich-sozial- oder in die christlich-demokratische Union. Also ich glaube, das bedingt sich so ein Stück...
01:56:40 Beidseitig. Und ich würde, was ja immer so ein bisschen mitschwingt, ist, dass Kirche sich anmaßt, dass sie bessere Politik machen könnte. Wir mischen uns nicht. Erstens werden wir oft gefragt. Also zu vielen Sachen, wo du gerade sagtest, wenn es an Stellungnahmen von Gesetzen geht und so, das ist viel zu operativ. Da werden wir gefragt. Da sind wir Teil von Stellungnahmeverfahren in Bundestagsverfahren.
01:57:07 Das wäre sozusagen eher die umgedrehte Frage. Ihr habt ja anscheinend auch einen Wert davon, dass Kirchen auch sehr kleinteilig Stellung beziehen. Und gleichzeitig würde ich schon unsere Rolle auch immer ein bisschen als Mahner sehen. Und deswegen auch gar keine Angst davor, wenn sich Christinnen, seien sie Amtsträger oder nicht, positionieren und auch mal dagegenhalten oder sagen, hey...
01:57:32 Das finde ich gerade gar nicht angemessen, gerade weil ihr dieses Christ nicht mit drin tragt, sondern das eher auch als Herausforderung zu sehen. Und da würde ich immer sagen, die besseren Argumente siegen. Also da bin ich schon auch, glaube ich, sehr rational zu sagen, ich lasse mich auch gerne überzeugen, warum es aus einem christlichen Gebot heraus nicht in Ordnung ist, den Klimaschutz bis auch ins ganz Operative und auch in Fragestellungen, die gesamtgesellschaftlich gar nicht mehr stricken.
01:57:56 strittig sind, sozusagen zu diskutieren, warum das jetzt auf einmal das ist, warum die Kirche sozusagen ins Wanken geraten sollte. Aber es bleibt immer sozusagen bei der plakativen Aussage stehen, mischt euch nicht ein, weil es ist nicht euer Job. Nein, es ist nicht unser Job, das umzusetzen, aber ich finde...
01:58:12 Auch mitzureden als Christin und auch als Kirche ist schon unser Job. Aber das ist doch eine spannende Frage, weil jetzt entweder, also entweder du bist, du hast quasi ein kirchliches Amt und vertrittst eine gewisse, was weiß ich, in der katholischen Kirche würde man sagen, Petrus Nachfolge und so weiter. Oder verkündest eine gewisse Glaubenswahrheit und sagst, Mensch, in die Richtung solltet ihr gehen. Und wenn das aber alles nicht der Fall ist, also wenn man jetzt quasi mal die evangelische Brille aufsetzt und sagen, es ist alles Institution, diese Kirche. In wessen Namen sprichst du dann, wenn du gefragt wirst?
01:58:41 Nur als Anna? Oder sprichst du für die Millionen von Protestanten in Deutschland? Und dann muss man ja schon die Frage stellen, vertritt man dann in dem Moment eine Mehrheitsmeinung dieser Protestanten in Deutschland? Kümmert man sich dann um seine Mitglieder? Also wenn man es jetzt nur als Institution sieht, dann kann ich es machen wie bei der Partei.
01:58:59 und sagen, sage ich jetzt als Abgeordneter oder als Vorsitzender von irgendeiner Organisation in der Partei, sage ich jetzt das, was meine Mitglieder denken. Für wen spricht die Kirche dann? Aber das kannst du ja auf alle beziehen, das kannst du auch auf den Papst beziehen. Spricht Papst Leo, also nicht nur sozusagen formal, selbst wenn er es formal tut, spricht er gefühlt für alle Katholikinnen auf der ganzen Welt. Nee, weil der kann ja sagen, ich bin der, der hier sagt, wo der Glaube lang geht. Ich würde da am Schluss nochmal Ulrike Bieritz reinholen, weil genau diese...
01:59:29 Frage, für wen spricht die Kirche, wenn vielleicht auch vorher eine Grafik, wenn ihre Mitglieder in den letzten Jahren
01:59:39 ausgetreten sind. In der Jahr 2023 sind das Zahlen, also über 400.000, die aus der katholischen Kirche ausgetreten sind, 380.000, die aus der evangelischen Kirche ausgetreten sind. Und für wen spricht die Kirche dann, wenn sie politische Forderungen stellt? Aber vielleicht nochmal zu Ulrike Bieritz.
02:00:04 Für wen spricht die Kirche dann und warum treten Menschen aus der Kirche? Vielleicht, weil sie sich so politisch äußert? Du musst dich einmal noch mal entmuten hier kurz vor Ende. Ja, das hat mir das nicht angezeigt, sorry.
02:00:22 Das ist genau die interessante Frage. Also es gibt ja vielfältige Gründe, warum die Leute aus der Kirche austreten. Es drehen natürlich Leute aus der Kirche aus, weil sie sich zu politisch äußert. Es sind Leute aus der evangelischen Kirche ausgetreten, weil sie sich für Flüchtlingsfragen engagiert hat, das Flüchtlingsschiff organisiert hat und auf den ins Mittelmeer geschickt hat. Es sind Leute aus der katholischen Kirche ausgetreten, weil sie sagen, das ist nicht mehr meine Kirche, weil ich eben gerne meinen Mann, meine Frau auch heiraten möchte und nicht nur segnen möchte. Also mir klingt wirklich noch so ein Satz nach, wir segnen.
02:00:52 Die Menschen, aber wir segnen nicht die Beziehungen. Da fange ich dann schon auch nochmal an zu schlucken. Also es gibt ganz, ganz viele Gründe. Aber ich denke, wenn Kirche, also wir gucken immer Kirche als Institution. Also Kirche tritt auch die Menschen und Kirche spricht am Ende. Also wenn sich so ein Bevollmächtigter oder Oberlobbyist der katholischen oder evangelischen Kirche in einem Gesetzesvorhaben zu Wort meldet, dann spricht er erst mal für das Menschenbild, für das er steht und guckt auf die Menschen. Und da ist es dann wurscht, ob das Leute sind, die noch in der Kirche drin sind.
02:01:21 sind oder nicht, sondern da guckt er einfach einen bestimmten Blick auch auf das, was Politiker eben für andere Menschen entscheiden oder welche Gesetzesvorhaben sie da gerade auf den Weg bringen wollen. Also von daher.
02:01:35 kann man jetzt nicht sagen, die dürfen jetzt nichts mehr sagen, die Kirche, weil nur noch weniger als die Hälfte der Bevölkerung irgendeiner Kirche anhört, sondern es sind für mich zwei verschiedene Sachen einfach. Das eine ist die Institution und das andere ist das, was quasi dahinter steht, worüber der ganzen Abend schon gesprochen wurde. Was ist denn die eigentliche Institution und das ist am Ende Gott und von dem muss man eine Rechenschaft ablegen. Und da muss man dann auch gucken, wie möchte ich leben, wie möchte ich für andere Leute da sein. Und deswegen ist so eine Frage gar nicht so einfach zu beantworten.
02:02:03 An der Stelle, sag ich mal. Ein bisschen verschwobelt. Wenn ich nochmal so gucke auf die Kirchenaustritte, das hält ja auch an und das hat was mit Missbrauch zu tun, das hat was mit Umgang mit Geld zu tun, das hat was mit Frust zu tun. Das hat auch was damit zu tun, wenn ich anfange, Kirchensteuer zu zahlen, habe nicht viel Geld, dann gucke ich mal, warum zahle ich da die Kirchensteuer und dann trete ich vielleicht aus und dann trete ich vielleicht später wieder ein, weil ich möchte, dass meine Kinder getauft werden.
02:02:30 Das ist alles nicht so ganz schwarz-weiß zu beantworten. Wir haben dazu ja auch Datenlage. Wir haben eine Kirchenaustrittsstudie gemacht, die nochmal auch ganz deutlich zeigt, dass alles, was du benannt hast, Ulrike, das sind Gründe, aber das sind nicht die Hauptgründe, sondern der größte Block ist tatsächlich abbrechende Sozialisation.
02:02:49 Also niemand mehr in der Familie, der den Glauben vorlebt, nicht der automatische Weg in die Kommunion, in den Kindergottesdienst, in die Konfirmation. Also die Identifikationsfiguren vor allem im familiären Kontext fehlen. Und ich finde, das ist eigentlich die größte Aufgabe, die wir als Kirchen haben. Wie können wir Menschen vom Kindesalter, aber auch bis an ein größeres Alter, also Berührungspunkte geben, wo sie als Menschen den ersten Berührungspunkt zum Glauben bekommen können.
02:03:16 Das muss, also ich finde, das muss viel, viel weltoffener sein, als was, wo man von klein auf reingewachsen ist. Ich habe das Gefühl, in einem System, wo man von klein auf reingewachsen ist, hält man viel mehr aus, als wenn man da erst viel später herangeführt wird. Deswegen ist, glaube ich, diese Grundhaltung, die viele, auch katholische Theologinnen, wie wir auch heute eine gehört haben, und auch viele evangelische Teilen, zu sagen, wir...
02:03:42 Wir müssen wirklich eine weltoffene Kirche sein, die auch für Lebensformen, für Beziehungsformen, für die Themen, die heute dran sind, offen ist, um die Menschen über die Themen natürlich dann auch mit der biblischen Botschaft und mit dem Glauben in Kontakt zu bringen. Und das ist, glaube ich, für viele, die über Jahrzehnte einfach hineingewachsen sind in diese Kirche, die da von klein auf drin waren, das ist für die eine riesige Herausforderung, auf einmal zu sehen, dass wir neue Wege brauchen, Menschen irgendwie...
02:04:10 unserer Botschaft nahe zu machen. Aber das würde ich sagen, das ist ja eigentlich die Aufgabe des Christentums. Glaube und erzähl von deinem Glauben. Lass andere daran teilhaben. Also wir sehen immer die sinkende Kurve und denken, wir müssen alle festhalten. Und ich denke mir eigentlich nur so, nee, wir müssen wieder viel mehr über unseren Glauben in der Öffentlichkeit erzählen. Wir brauchen viel mehr unterschiedliche Identifikationsfiguren, vom ganz Konservativen bis zum ganz Liberalen, die sagen so, ich bin Christin.
02:04:34 Du identifizierst dich, du könntest auch Christin sein und dir könntest es vielleicht auch was geben. Also Ulrike sagt, jemand im Chat sagt übrigens gar nicht mal so verschwurbelt zu dir. Und ich wollte noch ganz kurz einwerfen, es gibt auch andere Zahlen. Ich habe eine Umfrage von YouGov, die den Missbrauchsskandal schon bei den Austritten und das Zahlen der Kirchensteuer als sehr starke Argumente sieht. Ulrike, dann haben wir auch noch einen Zusatzgast. Ganz kurz vor Schluss. Ich mache auch schnell.
02:05:00 Die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, die Anna Nicole angesprochen hat, sagt ja auch, wenn ich meinen Pfarrer kenne, dann habe ich einen eheren Bezug. Es hängt immer an Menschen und was ein Phänomen ist. Wir können aus der DDR lernen. Leute, gerade in den Ostteilen dieser Republik, sind viel verbundener zu ihrer Gemeinde, weil man sich viel eher dazu bekennen musste, weil man in der Schule ausgelacht wurde, wenn man sagt, wie ist ja die Dove, die in die Kirche geht.
02:05:23 Und da sind wir bei dem dritten Thema. Warum reden eigentlich Christen so wenig vom Glauben? Weil Glauben ist in Deutschland immer noch eine Privatangelegenheit. Und das schließt auch in das, was Anna-Nikola Heinrichs sagt. Also mehr über den Glauben reden und vor allem es vorleben, es als selbstverständlich ansehen. Dann ist man nicht mehr der komische Idiot, der da sonntags hinrennt, sondern es ist einfach ganz selbstverständlich. Und da hakt es auch. Ich will jetzt hier keine Mission betreiben, aber das sind alles auch Gründe, warum sich manche so schwierig tun, also schwer tun einfach mit Glauben und Kirche.
Fazit und Ausblick
02:05:5102:05:51 Danke dir Ulrike. Wir sind so kurz vor Schluss. Wir haben jetzt unseren zweiten Zuschaltgast, den ich jetzt aber noch ganz kurz dazuhören will. Josse ist 19, du hast die Diskussion verfolgt. Vielleicht kannst du mal so ein Fazit einleiten. Was ziehst du aus der ganzen Sache? Wie hat sich deine Meinung vielleicht verändert im Laufe dieser zwei Stunden? Also mir persönlich war doch der Fokus ein bisschen sehr stark auf der Religion der Kirche.
02:06:21 Ich denke, wir leben in einer Gesellschaft, in der wir eine so große Vielfalt an Religionen haben, die weg von der Kirche gehen, weg von dem christlichen Glaube. Und das hat mir ein bisschen gefehlt. Allgemein finde ich aber, dass es komplett richtig ist, dass sich jegliche Institutionen, die einfach eine große Volksschaft haben, sich auch zu aktuellen Themen melden.
02:06:49 Ich finde nur, dass bei wirklich so großen politischen Parteien da dieser Deckmantel einer bestimmten Religion einfach eine zu große Gruppe ausschließt. Ja, Josse, danke, dass du dich kurz vor Schluss noch dazu gemeldet hast. Sorry, dass es jetzt ein bisschen spät geworden ist. Nächstes Mal kommst du ein bisschen früher, dann kannst du teilnehmen, aber ich freue mich sehr, dass du dabei gewesen bist. Danke.
02:07:12 Ihr zwei, was habt ihr heute mitgenommen? Was möchtet ihr noch kurz vor, in den letzten vier Minuten sagen? Wir können ja Pingpong machen. Ich fange an. Ich brauche noch ein bisschen mehr Lehre über die katholische Kirche, um wirklich auch in solchen, also wahrscheinlich wir beide, weil wir manchmal so ein bisschen über das System des anderen stolpern und uns da vielleicht auch ein bisschen drin geflüchtet haben. Aber ich glaube, es zeigt auch ganz gut, dass es...
02:07:41 Und das ist ehrlich gesagt auch das, was ich finde, was für mich Christ sein oder vor allem auch viele biblische Geschichten ausmachen, dass sie halt nicht eindeutig sind und dass sie eigentlich erst an Leben gewinnen, wenn wir da drüber ins Gespräch gehen, wenn wir uns austauschen, wenn wir uns dran reiben, wenn wir Position an Position austauschen oder wenn wir Positionen gegenüberstellen, uns vielleicht auch mal nicht dazu verhalten. Also ich glaube, es lohnt, der Abend hat mir gezeigt, dass es sich lohnt, glaube ich, da drüber im Gespräch zu bleiben.
02:08:10 Und sich hoffentlich, und das ist natürlich immer schwer, weil man will ja in Diskussionen auch immer den anderen von seiner Meinung überzeugen, aber trotzdem auch immer wieder die Perspektive einnimmt, dass der andere auch recht haben könnte. Wie der Heilige, dessen Namen ich jetzt vergessen habe, vielleicht das sagen würde. Wobei, da ging es um das Argument. Ja, ne, aber doch, war schon ein bisschen in die Richtung wahrscheinlich. Sagt auf jeden Fall Anna Nicole Heinrich, vielen Dank. Konrad Körner, was hast du mitgenommen?
02:08:36 Ja, ich habe mitgenommen, dass katholisch und evangelisch doch ein bisschen unterschiedlicher sind, als man das immer so auf den ersten Blick sieht, obwohl ich mal in dem Lehrstuhl für evangelisches Kirchenrecht gearbeitet habe. Ich habe mal bei einer katholischen Pastoraltheologin gearbeitet. Siehst du, wir hätten beide mitnehmen sollen. Das ist, glaube ich, am Ende ja die Frage ist, was ist für die Kirche der richtige Weg, nicht so sehr für die Politik. Also die Politik kann sich mit allem irgendwie anfreunden, auch wenn das jetzt der Auslöser für heute war.
02:09:04 Sondern dass am Ende ja die Frage ist, wie viele Leute nimmt man mit und was ist so der kirchliche Auftrag, wo ist vielleicht auch die Sonderstellung. Und ich habe mitgenommen, dass man, wenn man das will, und das ist glaube ich das Schöne, dass man viele unterschiedliche Meinungen, das haben wir heute ja gemerkt, aushalten kann und diese Unterschiedlichkeit wahrnehmen kann.
02:09:26 Hervorragend. Danke euch beiden. Morgen 18 bis 22 Uhr auf diesem schönen ARD-Twitch-Kanal gibt es die ESC-Vorschau zum zweiten Halbfinale und Conchita Wurst ist da. Also ich würde auf jeden Fall hier wieder streamen und dabei sein. Danke euch beiden. Es hat mir großen Spaß gemacht. Wir sind raus. Tschüss.