Rambozambo im Amt – Schluss mit Bürokratie-Wahnsinn? Politik & wir mit der CDU und Behörden-Insidern

Bürokratie bremst Wirtschaft: Milliardenverlust und sinkendes Vertrauen?

Steckt Deutschland fest in Gesetzen, Normen und Verordnungen? Das ifo-Institut hat herausgefunden, dass die Bürokratie jedes Jahr 146 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung kostet. Auch das Vertrauen in die staatlichen Institutionen leidet darunter. Denn für uns Bürgerinnen und Bürger sind Behördengänge oft mit Frust verbunden. Der neue Bundestagsabgeordnete Bastian Ernst (CDU) ist angetreten, um Deutschland effizienter zu machen. Aber wie? Wir sprechen im Stream mit ihm und dem Digitalexperten Thilak Mahendran.

Just Chatting

00:00:00
Just Chatting

Einführung in das Thema Bürokratieabbau

00:10:16

Die Sendung "Politik und Wir" widmet sich dem Thema Bürokratieabbau unter dem Titel "Rambo-Zambo im Amt, Schluss mit Bürokratiewahnsinn". Im Wahlkampf herrschte Einigkeit über die Notwendigkeit des Bürokratieabbaus, besonders bei der CDU. Die Sendung beleuchtet, wie eine funktionierende Verwaltung die Lebensqualität verbessern kann, und lädt die Zuschauer ein, ihre Erfahrungen mit Behördengängen zu teilen. Zwei Gäste werden vorgestellt: Bastian Ernst (CDU-Bundestagsabgeordneter) und Tilak Mahendran (Think-Tank für digitales Regierungshandeln). Bastian Ernst betont die Wichtigkeit des Themas für alle Bürger und freut sich auf die Diskussion. Tilak Mahendran, der Erfahrung in der Verwaltung und bei IBM gesammelt hat, erklärt, dass er in der Verwaltung gearbeitet hat und die Strukturen erst verstehen musste. Er kritisiert, dass in Deutschland bei Digitalisierungsprojekten oft nur über einfache Formulare gesprochen wird, während international bereits konkrete KI-Anwendungen diskutiert werden. Er betont die Notwendigkeit interner Kompetenzen im Staat und den idealistischen Grund für seinen Wechsel in die Verwaltung.

Bürokratie-Quiz und Zuschaltung eines Bürgers

00:18:54

Ein Bürokratie-Quiz wird durchgeführt, um das Publikum interaktiv einzubeziehen. Fragen zur Dauer von Behördengängen und zur Existenz bestimmter Gesetze werden gestellt. Die Zuschauer beteiligen sich aktiv im Chat. Im Anschluss wird Dirk aus Südbaden zugeschaltet, der von seinen Erfahrungen mit Behördengängen im Zusammenhang mit dem Bau seines Eigenheims berichtet. Er kritisiert die hohen Bürokratiekosten von über 20.000 Euro, einschließlich der Kosten für einen Energieberater, die durch kurzfristige Änderungen in Förderrichtlinien entstanden sind. Er fordert mehr Planungssicherheit für Familien und kritisiert, dass Förderungen ohne Vorwarnung gestrichen werden. Des Weiteren bemängelt er den langwierigen Genehmigungsprozess für den Bauantrag und die zusätzlichen Auflagen bezüglich der Wärmepumpe. Er wünscht sich, dass die Politik mehr gesunden Menschenverstand bei Entscheidungen walten lässt und dass nicht nur Unternehmen, sondern auch Bürger von Bürokratieentlastungen profitieren.

Reaktionen der Gäste auf die Bürgererfahrung und Diskussion über Gesetzgebung

00:31:50

Bastian Ernst (CDU) reagiert auf Dirks Schilderungen und bestätigt, dass die langsame Bauleitplanung und der gesamte Bauprozess auf kommunaler Ebene ein bekanntes Problem sind. Er betont, dass dies zu steigenden Kosten führt und die Planungssicherheit der Bürger beeinträchtigt. Er fordert weniger Vorgaben und mehr Flexibilität im Bauprozess sowie die Beibehaltung von Fördermitteln. Tilak Mahendran (Think-Tank) hebt Dirks Erfahrung mit der Wärmepumpe hervor und kritisiert, dass Gesetze oft ohne ausreichende Beteiligung der Betroffenen entstehen. Er plädiert für eine frühere Einbindung von Bürgern wie Dirk in den Gesetzgebungsprozess, um die Auswirkungen auf die Betroffenen besser zu verstehen und unnötige Bürokratie zu vermeiden. Er schlägt vor, den Zugang zur Beteiligung durch digitale Lösungen zu erleichtern und auch Organisationen zu stärken, die Stellungnahmen abgeben können.

Serviceorientierung, Datenhaltung und Föderalismus

00:38:46

Dirk schildert weitere Beispiele für unnötige Bürokratie, wie die getrennte Ummeldung beim Meldeamt und der Zulassungsstelle sowie die mehrfache Antragstellung für Kinder- und Elterngeld. Er plädiert für eine zentrale Datenhaltung und eine bessere Kommunikation zwischen Behörden. Tilak Mahendran erklärt, dass die serviceorientierte Kundenfreundlichkeit in Deutschland nicht ausreichend berücksichtigt wird und verweist auf das Registermodernisierungsgesetz als mögliche Lösung. Er betont die Notwendigkeit eines Datenaustauschs zwischen Behörden und verweist auf das Beispiel Estland mit seiner "Datenautobahn". Bastian Ernst räumt ein, dass der Föderalismus die Umsetzung von bundesweiten Lösungen erschwert, sieht aber Potenzial für Verbesserungen auf Gemeindeebene. Er betont, dass Verwaltungsmitarbeiter oft an Gesetze und Verordnungen gebunden sind und wenig Ermessensspielraum haben. Er kritisiert, dass jede Gemeinde eigene Punktesysteme für die Bauplatzvergabe entwickelt und fordert eine stärkere Vorgabe von oben, um den Prozess zu vereinfachen und Kosten zu sparen.

One-In-Two-Out-Regelung und EU-Gesetzgebung

00:51:38

Die One-In-Two-Out-Regelung, bei der für jedes neue Gesetz zwei alte Gesetze gestrichen werden sollen, wird diskutiert. Es wird betont, dass diese Regelung in anderen Ländern erfolgreich eingesetzt wird, jedoch EU-Richtlinien bisher ausgenommen sind. Der Nationale Normenkontrollrat wird bei neuen Gesetzen einbezogen, um Redundanzen und unnötige Bürokratie zu identifizieren. Es wird die Frage aufgeworfen, wie die Mehrheit der Gesetze erfasst werden kann und wie verhindert wird, dass unbequeme Regularien abgebaut werden. Die EU sollte sich auf große Themen konzentrieren und nicht in kleinste Details regulieren. Die CDU wird dafür kritisiert, in ihrer Regierungszeit die Bürokratie aufgebaut zu haben, wobei in den letzten zehn Jahren ein Anstieg der bürokratischen Regelungen um 20 Prozent verzeichnet wurde, was Deutschland jährlich bis zu 146 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung kostet. Es wird betont, dass die CDU nicht allein regiert hat und dass der Fokus auf der Zukunft und dem Land liegt, unabhängig von der Parteizugehörigkeit.

Bürokratieoptimierung vs. -abbau und Lieferkettengesetz

00:56:15

Es wird hervorgehoben, dass Bürokratie auch Gleichbehandlung und Gerechtigkeit sichert und dass es wichtig ist, Bürokratie zu optimieren und zu verbessern, anstatt sie pauschal abzubauen. Das Lieferkettengesetz wird als Beispiel für ein Gesetz genannt, dessen Intention zwar gut ist, aber dessen Umsetzung zu einem Wettbewerbsnachteil für Unternehmen führen kann. Es wird diskutiert, ob das Gesetz wirklich etwas verbessert oder ob es nur zu mehr Dokumentationspflichten und Problemen führt. Die Dokumentations- und Berichtspflichten sollten bereits während der Gesetzeserstellung als potenzielle Probleme erkannt werden. Es wird die Frage aufgeworfen, wie der Prozess verbessert werden kann, ohne das Gesetz grundsätzlich in Frage zu stellen. Eine Vorständin von Mercedes sieht das Lieferkettengesetz als gut bewältigbar, während mittelständische Unternehmen sich mit Sachen beschäftigen, wo sie sagen, dafür erhöhen wir nicht unsere Produktivität.

Sorge um Demokratieabbau und Digitalisierung in der Verwaltung

01:02:19

Es wird die Sorge geäußert, dass unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus demokratische Innovationen geschliffen werden könnten. Die Anfrage der CDU-CSU mit 551 Fragen im Bundestag wird als Beispiel genannt, das wenig mit Bürokratieabbau zu tun hat. Es wird betont, dass es beim Bürokratieabbau darum gehen sollte, effizienter, schneller und besser zu werden, und nicht darum, die Demokratie zu schleifen. Die Probleme in der Verwaltung werden angesprochen, wie Personalmangel, fehlende finanzielle Mittel und hochmotivierte Mitarbeitende, die überlastet sind. Es wird die Notwendigkeit betont, die Führungskultur innerhalb der Verwaltung zu verändern und die Durchlässigkeit zwischen Verwaltung, Industrie und Wirtschaft zu fördern. Es wird ein Film über die Digitalisierung in der Verwaltung gezeigt, der die Probleme verdeutlicht, wie z.B. das Ausdrucken von digital eingereichten BAföG-Anträgen. Es wird kritisiert, dass schlechte Prozesse auch nach der Digitalisierung schlecht bleiben.

Digitalisierung, Datenschutz und Bürokratie in der Landwirtschaft

01:16:05

Es wird die Frage aufgeworfen, wie der Datenschutz und die Digitalisierung vereint werden können und dass man mit einer positiven Grundeinstellung an das Thema herangehen sollte. Es wird kritisiert, dass Behörden trotz hoher Datenschutzstandards gehackt werden. Eine Landwirtin schildert die immense Bürokratie-Last in der Landwirtschaft und fordert zentrale Datenbanken, funktionierende Onlineportale, schnellere Genehmigungsverfahren und die Streichung unnötiger Aufzeichnungspflichten. Es wird betont, dass Landwirte fast ein Drittel ihrer Arbeitszeit im Büro verbringen. Die Landwirtschaft verliert an Wettbewerbsfähigkeit durch starke Dokumentationspflichten. Es wird die Notwendigkeit von Planungssicherheit für Landwirte betont, die Millionen in ihre Betriebe investieren. Die Abhängigkeit der Landwirte von der Preisgestaltung des Lebensmitteleinzelhandels wird angesprochen. Es wird gefordert, dass die Entscheidungsträger wissen, was sie umzusetzen haben und dass systematische Lösungen gefunden werden.

Herausforderungen und Chancen bei der Gründung und dem Wachstum von Startups in Deutschland

01:31:52

In Deutschland dauert die Gründung eines Unternehmens im Durchschnitt vier bis acht Wochen, was im Vergleich zu anderen Ländern sehr langsam ist. Dies liegt unter anderem daran, dass Gründer lange auf ihre Steuernummer oder Umsatzsteuer-ID warten müssen. Viele Startups, die schnell wachsen, möchten hochqualifizierte Experten aus dem Ausland rekrutieren, aber die Visa-Prozesse sind oft langwierig und aufwendig. Es wird gefordert, die Prozesse zu digitalisieren und zu vereinheitlichen. Zuwanderung wird als positiv für Deutschland angesehen, jedoch wird das Thema oft negativ behaftet gesehen. Die Anerkennung von Berufsabschlüssen aus anderen Ländern sollte beschleunigt werden, wobei im Bereich Sprache nachgeschärft werden muss. Qualifizierten Migranten sollte alles bereitgestellt werden, um hier arbeiten zu können. Es wird eine positivere Grundstimmung gegenüber Arbeitsmigration gefordert und eine strategische, digitalisierte Herangehensweise an das Thema Migration. Die Botschaften könnten stärker in den Prozess eingebunden werden. Es gibt unterschiedliche Zuständigkeiten zwischen den Ministerien, was die Lösung des Problems erschwert. Die Einführung eines Digitalministeriums wird als notwendig erachtet, um die Maßnahmen zu bündeln. Es stellt sich die Frage, ob die Mitarbeiter in den Ministerien die notwendigen Fähigkeiten mitbringen, um solche Projekte umzusetzen. User-Interviews sind wichtig, um die Prozesse zu verbessern, bevor sie digitalisiert werden.

Bürokratie in der Pflege und die Notwendigkeit der Digitalisierung

01:38:46

Die Bürokratie in der Pflege ist ein großes Problem, da Pflegefachpersonen bis zu 80 Prozent ihrer Arbeitszeit mit bürokratischen Aufgaben beschäftigt sind. Es wird gefordert, diesen Anteil auf maximal 50 Prozent zu senken, um den Fachkräftemangel zu reduzieren. Das Thema Pflege wird in der politischen Diskussion vernachlässigt, obwohl große Probleme auf uns zukommen. Es wird gefordert, die Tätigkeiten, die Menschen in der Pflege ausüben, stärker zu differenzieren und die Ausbildungsgänge zu verbessern. Es kann nicht sein, dass man für eine Ausbildung in der Pflege bezahlen muss. Das duale Ausbildungssystem sollte in der Pflege wieder stärker etabliert werden. Bürokratieabbau bedeutet nicht, dass die Dokumentation von Medikamenteneinnahmen entfällt, sondern dass die Prozesse optimiert und digitalisiert werden. Eine Pflicht zur ausschließlichen digitalen Erledigung von Vorgängen sollte nicht zur Norm werden, da nicht jeder Zugang zu den neuesten Technologien hat. Self-Service-Terminals in Behörden könnten eine gute Alternative sein. Wichtig ist, dass die digitalen Prozesse gut aufgesetzt sind und der Zugang vielfältig ist. Es gibt Menschen, die bereits versuchen, etwas zu bewegen, aber manchmal wird zu lange geredet und keine Entscheidung getroffen. Es ist wichtig, die Ressourcen in den Köpfen der Menschen besser zu nutzen und auf sie zu hören.

Föderalismus als Herausforderung und Chance für die Digitalisierung der Verwaltung

01:44:45

Der Föderalismus mit seinen drei Verwaltungsebenen (Bund, Länder, Kommunen) führt zu Kompetenzgerangel und Ineffizienz. Ein dualer Student der Verwaltungsinformatik aus Brandenburg berichtet von unterschiedlichen Standards und Vorgehensweisen in verschiedenen Bundesländern, z.B. bei der Übermittlung von Personalakten oder der Beihilfe. Es wird gefordert, sich an das Onlinezugangsgesetz (OZG) zu erinnern und Rahmenbedingungen zu schaffen, an die sich die Bundesländer halten können. Der Föderalismus macht die Verwaltung ineffizient, ist aber notwendig, um die Digitalisierung gut zu machen. Es bedarf einer Modernisierung des Föderalismus und einer besseren Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Die Herausforderung besteht darin, digitale Angebote in die Breite zu bringen und einen technischen Kern zu schaffen, der von allen genutzt werden kann. Es wird eine Anpassung des Grundgesetzes (Artikel 91c) gefordert, um die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern neu zu denken. Es gibt rechtliche Herausforderungen, die es verhindern, dass fertige Lösungen oder Standardsoftware für alle Kommunen bereitgestellt werden können. Eine große Föderalismusreform wäre sinnvoll, aber es traut sich niemand ran. Es gibt das Konnexitätsprinzip, wonach der Bund Gesetze macht, die von den Kommunen ausgeführt werden müssen, aber diese nicht ausreichend mit Geld ausstattet. Die einzelnen Ebenen sind überlastet und es gibt Befindlichkeiten der Landesfürsten und des Bundes. Es ist die Aufgabe der Politik, diese Probleme anzugehen und den Föderalismus zukunftsfest aufzustellen, finanziell und technisch. Es braucht Standardisierung und eine einheitliche Infrastruktur, auf der die Bundesländer eigene Angebote erstellen können. Die Einkommensteuererklärung ist ein Positivbeispiel für die Digitalisierung im Föderalismus.

Demokratiegefährdung durch mangelnde Digitalisierung und die Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Veränderung

01:58:04

Mangelnde Digitalisierung kann demokratiegefährdend sein, da das Vertrauen in Institutionen sinkt, wenn Behördengänge mit Frustration verbunden sind. Es besteht die Gefahr, dass die Bevölkerung die Demokratie in Frage stellt und sich autoritäre Lösungen wünscht. Es ist wichtig, die Versprechen der Demokratie einzulösen und den Staat lieferfähig zu machen. In den letzten Jahren wurden über 16 Milliarden Euro für Digitalisierungsprojekte ausgegeben, aber die Wirkung ist gering. Dies führt zu Frustration, insbesondere wenn gleichzeitig soziale Leistungen gekürzt werden. Das Beispiel Estland zeigt, wie eine vollständig digitalisierte Verwaltung aussehen kann. Es ist wichtig, von Estland zu lernen und zu experimentieren, aber auch die Unterschiede im Föderalismus zu berücksichtigen. Es braucht eine Einigung über Standards und Basiskomponenten, die zentral bereitgestellt werden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen müssen verändert werden, um die föderale Zusammenarbeit zu modernisieren. Die Gesellschaft muss offener für Innovation und das Scheitern sein. Es braucht mehr Ingenieursinformatik und weniger juristisches Denken. Die Politik muss dafür sorgen, dass es besser wird, damit die Menschen positiver gegenüber weiteren Schritten sind. In vier Jahren sollte spürbar sein, dass die Wirtschaft entlastet wird, Landwirte und Unternehmen mehr Freiheiten haben und Bauanträge einfacher gestellt werden können. Es muss verhindert werden, dass Startups über lange Bearbeitungszeiten klagen und die E-Akte flächendeckend eingeführt ist. Die Bundesländer müssen bereit sein, Macht abzugeben, um die Digitalisierung voranzutreiben. Die Zufriedenheit der Bevölkerung sollte dabei im Vordergrund stehen.