Power, Mut, Kraft und Tränen - Wie Simone Braunsdorf um das Leben ihres Sohnes kämpft bei GJH, der Gangster, der Junkie, die Herrin

Mutter kämpft für Sohn mit Behinderung: Ein Leben voller Herausforderungen und Hoffnung

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Vorstellung der Moderatoren und des Konzepts

00:10:06

Nina Workhardt, die Herrin, und Stitch (Roman Lemke) eröffnen die Sendung "Der Gangster, der Junkie und die Herrin". Stitch erklärt seine Verkleidung mit einer Challenge. Nina Workhardt spricht über die Freude an der Sendung und die Möglichkeit, Tabus zu brechen und zu schockieren. Sie reflektiert ihren Weg von einer als rebellisch wahrgenommenen Jugendlichen zu einer erfolgreichen Domina und Podcasterin. Roman Lemke berichtet von seiner Woche, die er mit Free Hugs verteilen und der Strukturierung seines Lebens verbracht hat. Beide freuen sich auf den baldigen Gast Simone Braunsdorf-Krämer. Nina berichtet von einem Fotoshooting und einer Filmpremiere. Stitch erzählt von positiven Erfahrungen mit seinem Kostüm in Berlin. Die Moderatoren begrüßen die Zuschauer und freuen sich auf die Sendung.

Simone Braunsdorf-Krämer stellt sich vor

00:17:45

Simone Braunsdorf-Krämer wird als Gast begrüßt und stellt sich vor. Sie ist 47 Jahre alt, wohnt am Rande des Westerwalds, ist verheiratet und hat drei Kinder, wobei zwei bereits erwachsen sind. Sie deutet an, dass ihre "gute Idee", ein zweites eigenes Kind zu bekommen, im Zentrum des Gesprächs stehen wird. Sie erzählt von ihrer Kindheit im Westerwald und den Freiraum den sie dort hatte. Als sie 14 war, ist ihre Mutter gestorben, was eine schwierige Zeit war. Sie lobt ihren Vater für seinen Umgang mit der Situation, insbesondere seine lockere Haltung bezüglich ihrer Ausgehzeiten. Sie erzählt, dass ihr Vater nach einiger Zeit wieder heiratete und sie dadurch Stiefgeschwister bekam, zu denen sie ein gutes Verhältnis hat. Sie machte Abitur, eine Ausbildung zur Bürokauffrau und zog nach Wiesbaden, wo sie ihren ersten Partner kennenlernte und ein Kind bekam.

Schicksalsschläge und der Verlust des Partners

00:29:19

Simone berichtet, dass ihr Partner, als ihr Sohn fünf Jahre alt war, plötzlich an einem Schlaganfall verstarb. Sie stand daraufhin alleine mit ihrem Kind da und zog zurück in den Westerwald, um die Unterstützung ihrer Eltern zu haben. Sie spricht über ihre ambivalente Beziehung zum Westerwald, da sie sich dort wohlfühlt, aber ihr Herz in Wiesbaden schlägt. Sie erzählt, dass sie den Tod ihrer Mutter erst später in einer Therapie verarbeitet hat und dass ihr diese Erfahrungen halfen, mit dem Tod ihres Partners umzugehen. Ihre Gedanken und Energie waren vor allem auf ihren Sohn gerichtet. Sie spricht darüber, dass sie den Tod des Vaters offen mit ihrem Sohn thematisierte und dass sie es wichtig findet, Kinder nicht vor dem Thema Tod zu beschützen.

Neuanfang und der Wunsch nach einem weiteren Kind

00:38:03

Simone erzählt, wie sie sich nach einiger Zeit nach einer neuen Partnerschaft sehnte, auch um ihrem Sohn einen männlichen Bezugspunkt zu geben. Sie nutzte eine Dating-Plattform, um einen neuen Partner kennenzulernen, mit dem sie sich verstand und der auch gut mit ihrem Sohn auskam. Sie heiratete diesen Partner und betont, dass ein Grund für die Ehe auch die bürokratischen Erschwernisse waren, die sie nach dem Tod ihres ersten Partners erlebt hatte, da sie nicht verheiratet waren. Sie beschreibt ihre Hochzeit als ein mittelalterliches Fest mit Gewandungen und einem entsprechenden Mahl. Sie erzählt, dass sie und ihr Mann sich ein gemeinsames Kind wünschten und sie mit Zwillingen schwanger wurde, jedoch eine Fehlgeburt erlitt. Sie spricht offen über ihre Erfahrung mit der Fehlgeburt und ihre Sichtweise auf den Begriff.

Emotionale und rationale Ergänzung in der Partnerschaft

00:49:07

Simone beschreibt, wie sie und ihr Mann sich in ihrer Persönlichkeit ergänzen: Sie als der emotionale Part und er als der rationale. Diese Konstellation hilft ihnen, in schwierigen Situationen nicht in eine negative Spirale zu geraten. Im Bezug auf die Fehlgeburt in der 13. Schwangerschaftswoche spricht Simone offen über die körperlichen und emotionalen Herausforderungen, die mit dem plötzlichen Hormonumschwung einhergehen. Sie betont, wie wichtig es wäre, Frauen in solchen Situationen mehr Aufklärung und professionelle Unterstützung anzubieten, da sie sich oft alleine gelassen fühlen. Das Thema der hormonellen Schwankungen wird angesprochen und die Notwendigkeit, dass auch Männer ein offenes Verständnis dafür entwickeln, um Frauen besser unterstützen zu können. Die Gesprächspartner werden für ihre vorbildliche Haltung gelobt, da sie sich bemühen, die weibliche Perspektive zu verstehen und anzuerkennen. Abschließend wird humorvoll eine skurrile Frage zu Zwillingsschwangerschaften gestellt.

Schwangerschaft und Geburt von Jonathan mit seltener Behinderung

00:53:33

Simone berichtet über den erneuten Kinderwunsch nach der Fehlgeburt und die darauffolgende Schwangerschaft mit ihrem Sohn Jonathan. Diese Schwangerschaft war von vielen Schwierigkeiten begleitet, darunter Blutungen und vorzeitige Wehen, die schließlich in einem Notkaiserschnitt im siebten Monat mündeten. Jonathan kam mit einem extrem niedrigen Geburtsgewicht von 490 Gramm und einer geringen Körpergröße zur Welt. Zunächst gingen die Ärzte von einem unterversorgten Frühchen aus, da alle pränatalen Untersuchungen unauffällig waren. Simone gesteht offen, dass sie aufgrund ihrer persönlichen Einstellung gegenüber Kindern mit Behinderungen die pränatalen Tests durchführen ließ, um gegebenenfalls Konsequenzen ziehen zu können. Sie betont die schwierige Entscheidung und die Notwendigkeit, dass jede Frau in dieser Situation das Recht hat, ihre eigenen Grenzen zu erkennen. Trotz der anfänglichen Sorge bestätigten die Tests jedoch, dass das Kind gesund sei, was die Annahme einer Plazentainsuffizienz verstärkte.

Die Diagnose und die ersten Reaktionen

00:58:23

Simone schildert, wie ihr nach der Geburt auffiel, dass Jonathan anders aussah als andere Frühchen. Trotz anfänglicher Beschwichtigungen der Ärzte wurde schließlich Kleinwuchs diagnostiziert, was zunächst keinen großen Schock auslöste. Einige Wochen später folgte jedoch die niederschmetternde Diagnose, dass Jonathans Gehirn schwer geschädigt ist und er wahrscheinlich nie essen, sitzen, krabbeln oder laufen können würde. Zudem wurde ein seltener Gendefekt vermutet, der seine Lebenserwartung auf weniger als ein Jahr begrenzen sollte. Diese Nachricht löste bei Simone eine tiefe Krise aus, da sie sich genau davor gefürchtet hatte und sich fragte, warum ihr so etwas widerfährt. In ihrer Verzweiflung dachte sie sogar darüber nach, Jonathan zur Adoption freizugeben, was sie im Nachhinein bereut. Ihr Mann unterstützte sie, indem er ihr die Entscheidung überließ, was sie schließlich dazu brachte, Jonathan anzunehmen und für ihn zu kämpfen.

Leben mit Jonathan und Gründung einer Selbsthilfeorganisation

01:03:04

Trotz der düsteren Prognosen erreichte Jonathan fast sein zehntes Lebensjahr. Er erhielt die Diagnose MOPD Typ 1, ein sehr seltener Gendefekt, der mit zahlreichen Herausforderungen verbunden ist. Jonathan ist extrem kleinwüchsig, hat einen sehr geringen Kopfumfang und leidet unter Hirnfehlbildungen, Epilepsie, Bluthochdruck und unkontrolliertem Elektrolytverlust. Er benötigt täglich 17 Medikamentengaben und intensive Förderung durch Physiotherapie, Logopädie und Reittherapie. Trotz seiner Einschränkungen hat Jonathan mehr erreicht, als die Ärzte vorhergesagt hatten: Er kann krabbeln, sitzen, essen und hat einen ausgeprägten Sinn für Humor. Um anderen betroffenen Familien zu helfen, gründeten Simone und ihr Mann Walking with Giants Germany, eine Selbsthilfeorganisation, die den Austausch und die Unterstützung von Familien mit Kindern mit seltenen Gendefekten fördert. Die Organisation bietet nicht nur emotionale Unterstützung, sondern auch finanzielle Hilfe und dient als Sprachrohr zwischen Familien, Forschern und internationalen Organisationen.

Umgang mit der Diagnose und die Bedeutung von Unterstützung

01:08:57

Simone berichtet, dass die Diagnose von Jonathans Gendefekt unsensibel übermittelt wurde und keine sofortige Unterstützung angeboten wurde. Sie und ihr Mann suchten selbst nach Hilfe und stießen auf die Organisation Walking with Giants in Liverpool, die Familien mit ähnlichen Gendefekten zusammenbringt und Forschung betreibt. Der Austausch mit anderen Betroffenen und die Hoffnung, dass die Ärzte falschliegen könnten, halfen ihnen sehr. Sie gründeten daraufhin Walking with Giants Germany, um auch deutschen Familien in ihrer Muttersprache Unterstützung zu bieten. Simone betont, dass sie aufgrund von Jonathans Pflege nicht mehr berufstätig sein kann, was eine große Einschränkung darstellt. Sie kritisiert, dass betroffene Familien oft alleingelassen werden und dankt Roman für seine Anerkennung ihrer Arbeit. Die Diagnostik dauerte sieben Monate, was einem Zufall geschuldet war, da im selben Krankenhaus kurz zuvor ein ähnlicher Fall behandelt wurde. Simone räumt ein, dass ihr persönlicher Akku oft leer ist, besonders angesichts der lebensverkürzenden Natur der Gendefekte und des Verlusts von Kindern im Verein. Sie versucht, die Perspektive nicht zu verlieren, aber die anstrengende Pflegesituation zehrt an ihren Kräften.

Herausforderungen im Alltag und die Bedeutung der Schule

01:21:38

Simone beschreibt die anhaltende Intensität der Pflege für Jonathan, der auch nach zehn Jahren noch wie ein Baby behandelt werden muss. Im Gegensatz zu Eltern gesunder Kinder haben sie keine Aussicht auf mehr Freiraum oder Entlastung. Ein großes Problem ist Jonathans schlechtes Immunsystem, das ihn anfällig für lebensbedrohliche Infekte macht. Daher ist er im Winter im Homeschooling, um ihn vor Ansteckungen zu schützen. Trotz seiner schweren Behinderung hat Jonathan eine Schulpflicht und ein Recht auf Bildung. Er besucht eine Förderschule, wo er soziale Kontakte knüpfen und wichtige Fähigkeiten wie Rollstuhlfahren und Malen erlernen kann. Simone und ihr Mann achten sehr auf Hygiene und vermeiden Kontakte zu kranken Menschen, um Jonathan zu schützen. Sie haben gelernt, mit ihrer Angst vor Keimen umzugehen und ein Gleichgewicht zwischen Schutz und sozialer Interaktion zu finden.

Pflegegrad und Unterstützung im Alltag

01:27:29

Simone berichtet, dass sie für Jonathan relativ schnell einen Pflegegrad erhalten haben, als er zwei Jahre alt war. Sie erklärt, dass Babys normalerweise keinen Pflegegrad bekommen, da die Kriterien sich an den Fähigkeiten Gleichaltriger orientieren. Sie kritisiert die Schwierigkeiten, mit denen Familien bei der Beantragung von Leistungen und der Anerkennung von Therapien konfrontiert sind, insbesondere bei seltenen Krankheiten. Simone ist dankbar für die Unterstützung, die sie durch Walking with Giants Germany erhält, und betont die Bedeutung des Austauschs mit anderen betroffenen Familien. Sie setzt sich dafür ein, dass Familien mit behinderten Kindern nicht alleingelassen werden und die notwendige Unterstützung erhalten, um ihren Alltag zu meistern. Die Pflege von Jonathan ist eine große Herausforderung, aber Simone und ihr Mann haben gelernt, damit umzugehen und das Leben mit ihm zu genießen.

Umgang mit Corona und Pflegegrad

01:29:02

Simone spricht über die Herausforderungen während der Corona-Pandemie und wie sie und ihr Sohn, der immungeschwächt ist, die Zeit erlebt haben. Sie betont, dass es traurig war zu sehen, wie wenig Rücksicht manche Menschen genommen haben, sich aber gleichzeitig von solchen Personen distanziert hat. Simone erklärt, dass es wichtig gewesen wäre, mehr zu zeigen, warum Vorsichtsmaßnahmen notwendig sind, besonders für Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Sie teilt ihre Erfahrungen mit Hasskommentaren, die aus der rechten Ecke kommen, und wie sie gelernt hat, damit umzugehen, indem sie sich vor Augen führt, dass diese Menschen oft selbst unglücklich sind. Des Weiteren geht es um den Pflegegrad ihres Sohnes und die Diskussionen, die darüber in den sozialen Medien entstanden sind. Sie möchte den Pflegegrad nicht öffentlich nennen, um weiteren Diskussionen aus dem Weg zu gehen. Sie betont, dass sie sich nicht mehr Stress machen möchte, als sie ohnehin schon hat.

Urlaub und Wertschätzung des Lebens

01:35:15

Simone erzählt, dass sie mit ihrem Sohn Jonathan Urlaube macht, meist in Ferienhäusern, um den Tagesablauf besser an seine Bedürfnisse anzupassen. Die Urlaube sind stark durchstrukturiert, um Jonathans Medikamenten- und Essenszeiten einzuhalten. Trotz des Aufwands genießen sie die gemeinsame Zeit und Jonathan liebt es, neue Orte zu sehen, besonders das Meer und das Schwimmen. Simone betont, dass sie gelernt hat, das Leben mehr wertzuschätzen und nichts auf die lange Bank zu schieben, da sie nicht wissen, wie viel Zeit ihnen mit Jonathan noch bleibt. Sie leben jeden Tag, als wäre es der letzte, und sind dankbar für die wundervollen Menschen, die sie durch Jonathan kennengelernt haben, wie seinen Patenonkel, die Leute vom Verein und die ehrenamtliche Hospizdienstmitarbeiterin. Sie betont die Bedeutung von Dankbarkeit für die Menschen im Leben und die Unterstützung, die sie erhalten.

Umgang mit dem Tod und Social Media

01:41:15

Simone spricht offen über die Konfrontation mit dem Thema Tod und wie die Diagnose ihres Sohnes ihr Leben verändert hat. Sie erklärt, dass das Vertrauen in den Lebensweg, das man normalerweise für gesunde Kinder hat, bei Jonathan fehlt. Sie beschreibt es als eine dunkle Wolke, die über ihnen schwebt. Trotzdem genießt sie jeden Tag mit ihm und versucht, das Beste daraus zu machen. Simone teilt ihre Gedanken darüber, wie sie den letzten Abschied gestalten möchte und wie ihre Erfahrungen als Vereinsvorsitzende ihr dabei helfen. Sie spricht über die Resilienz, die sie durch die vielen Schicksalsschläge gelernt hat, aber auch über den Schmerz, der sie erwartet, wenn dieser Tag kommt. Simone berichtet von Hasskommentaren in den sozialen Medien, die aus der rechten Ecke kommen, und wie sie gelernt hat, damit umzugehen, indem sie sich vor Augen führt, dass diese Menschen oft selbst unglücklich sind.

Inspiration und Beziehungsaspekte

01:48:02

Simone spricht darüber, wie es sich anfühlt, durch ihre Herausforderungen zur Inspiration für andere geworden zu sein. Sie gibt zu, dass sie Schwierigkeiten hat, Lob anzunehmen, aber sie ist dankbar für die Anerkennung. Sie betont, dass sie den Sinn in ihrem Leben gefunden hat, indem sie mit ihrem Verein anderen helfen und Jonathans Schicksal ins Positive umkehren kann. Sie spricht über die Herausforderungen in ihrer Beziehung und wie wichtig es ist, zusammen lachen zu können. Simone erzählt, dass sie und ihr Mann nicht viel Zeit als Paar haben, da sie im ländlichen Westerwald wohnen und es lange Zeit keinen ambulanten Hospizdienst gab. Sie haben sich bewusst gegen eine Kurzzeitpflege für Jonathan entschieden, da sie dort nicht entspannen könnten. Trotz der Schwierigkeiten tanken sie Kraft bei gemeinsamen Ausflügen, wie den Ritterspielen in Freienfels.

Entwicklung und Zukunftsperspektiven

01:54:22

Simone berichtet über die Entwicklung ihres Sohnes Jonathan und die Ergebnisse eines aktuellen MRTs vom Gehirn. Während frühere MRTs eine positive Entwicklung zeigten, gibt es nun keine Veränderungen mehr im Vergleich zu vor fünf Jahren. Sie vermutet, dass Jonathan keine großen Entwicklungsschritte mehr machen wird, wie frei laufen oder richtig sprechen lernen. Trotzdem arbeiten sie weiterhin mit Therapien, um ihn bestmöglich zu fördern und fordern. Simone spricht über die Do's and Don'ts im Umgang mit ihnen und betont, dass sie freundliche Ansprachen sehr schätzt, es aber nicht mag, wenn Jonathan ungefragt angefasst wird. Sie ist offen für Fragen und möchte die Inklusion vorantreiben, indem sie über die Probleme aufklärt und Fragen beantwortet. Simone erzählt, dass sie durch Jonathan den Sinn in ihrem Leben gefunden hat und dass sie mit dem Verein anderen helfen kann. Sie ist dankbar für die Unterstützung ihrer Familie und Freunde.